Erst mal muss ich mich entschuldigen, dass das heutige Kapitel so spät kommt, aber ich habe Urlaub und habe es heute ein wenig langsam angehen lassen-dafür ein ein wenig längeres Kapitel!
Zur Frage, wer welche Patienten nimmt: Das wird bei uns jeden Tag aufs Neue entschieden. Normalerweise behält man seine Patienten, die man in einer Schicht betreut über mehrere Tage. Allerdings haben wir ja einen ziemlichen Durchsatz auf Intensiv und so kann es halt passieren, dass die Patienten, die man gestern hatte, heute schon nicht mehr da sind-entweder verlegt, oder verstorben .
Dann versucht man das auch ein wenig gerecht zu verteilen und wenn jemand schon zwei instabile Beatmungspatienten hat, bekommt er normalerweise als Dritten einen wenig aufwendigen Patienten dazu-dafür war bei der Übergabe Semir gedacht! Allerdings ändern sich halt gerade in der Notfallmedizin manche Dinge innerhalb von Sekunden und da hat der Frühdienstpfleger wirklich voll reingelangt. Mit Sicherheit wird man nun versuchen im Spätdienst die Patienten ein wenig anders zu verteilen, damit die Arbeit gerecht verteilt wird-aber wir werden sehen!
Ich möchte mich bei euch auch noch für euer Interesse an der Geschichte bedanken. Obwohl ich den Schauplatz des Geschehens nun wieder ins Krankenhaus verlegt habe, verfolgt ihr weiter die Story-ich freue mich darüber. Mir ist klar, dass genau diese Kapitel nicht jedermann gefallen, aber ich kann da nicht anders .Aber ich kann euch versprechen-ein wenig Spannung bleibt noch und so ganz außer Gefahr, nicht nur aus medizinischer Sicht, sind unsere Helden noch nicht!
Beiträge von susan
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Der anästhesiologische Oberarzt ließ Ben nun auf den Rücken drehen. Zunächst war es notwendig, ihn umzuintubieren, denn da die rechte Lungenhälfte für den Eingriff zusammenfallen musste, war es notwendig, einen Doppellumentubus zu verwenden. Dieser spezielle Tubus hatte zwei Zuleitungen und zwei Cuff´s, mit denen jeder Lungenlappen für sich beatmet werden konnte. Nachdem man nicht sicher war, ob Ben´s Atemwege schon wieder so weit abgeschwollen waren, nahm man wieder das Glide-Scope zur Hand. Zunächst wurde Ben ein Muskelrelaxans verabreicht, damit er auch wirklich keine Bewegung machen konnte und man stellte für den Eingriff auch die Sedierungsmedikamente noch ein wenig höher und die Sauerstoffkonzentration des Beatmungsgeräts auf 100%. Nun saugte man noch den Nasen-Rachenraum ab, damit kein Schleim die Sicht behinderte und zog dann nach dem Entblocken den alten Tubus über einen Mandrin, einen sogenannten Cook-Stab, heraus. Der verblieb in den Atemwegen und hielt sozusagen den Weg in die Luftröhre frei. Sofort überstreckte dann der erfahrene Narkosearzt Ben´s Kopf, fädelte den neuen Spezialtubus über den Mandrin und benutzte den sozusagen als Führungsschiene. Nun wurde sorgfältig unter Videolaryngoskopsicht der Doppellumentubus so platziert, dass man die beiden Lungenhälften getrennt beatmen konnte. Man klemmte zur Kontrolle jeweils eine Hälfte ab und horchte dann mit dem Stethoskop auf den Brustkorb. Jeweils die eine Hälfte zeigte dann keine Atemgeräusche und hob sich auch nicht, so dass man davon ausgehen konnte, dass die Tubuslage korrekt war. Er wurde sorgfältig verklebt und momentan wurde Ben noch über beide Lumen mit wieder reduzierter Sauerstoffkonzentration beatmet.
Nun drehte man ihn auf die linke Seite, überstreckte seinen Arm nach oben über seinen Kopf und band ihn in dieser Position fest. Mit Polsterkissen zur Stabilisierung lag er nun vorbereitet zur Thorakotomie. Der Intensivpfleger rasierte ihm noch die Achselhaare auf dieser Seite ab, klebte die Erdungselektrode auf seinen Oberschenkel und während die instrumentierende Schwester sich schon steril gewaschen hatte und nun vom Stationsarzt und einigen neugierigen Praktikanten, die auch etwas sehen wollten, ihre Einmalartikel angereicht bekam, desinfizierte der Intensivpfleger durch dreimaliges Abstreichen mit farbiger Desinfektionslösung das OP-Feld.Der inzwischen ebenfalls steril gewaschene und angezogenen Thoraxchirurg deckte nun mit Hilfe der Instrumentierschwester das OP-Gebiet und den ganzen restlichen Patienten mit sterilen Tüchern ab, so dass nur ein kleines Feld von vielleicht 3x3 cm auf der Mittellinie zwischen Brustwarze und Schulterblatt frei blieb. Nachdem alles vorbereitet war, griff er nun zum Skalpell und machte einen kleinen Schnitt in das freigelassene Gebiet, nachdem er zuvor den Zwischenrippenraum ertastet hatte.
Semir, der gespannt unter seiner Maske die Vorbereitungen verfolgt hatte, musste seinen Blick mit Schaudern abwenden. Allerdings veränderte sich an Ben´s Vitalparametern überhaupt nichts und so schloss Semir daraus, dass Ben wirklich in tiefer Narkose lag. Obwohl er selber fix und fertig war, musste er nun doch wieder hinschauen-war es die berufsbedingte Neugier, oder was auch immer- aber er hätte es jetzt nicht fertiggebracht, die Augen zu schließen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Der Chirurg nahm nun eine Schere zur Hand und drängte stumpf die Gewebeschichten zur Seite, unterstützt von seinem tastenden Finger und war binnen kurzem im Pleuraspalt angelangt. Als er den eröffnete, gab es ein zischendes Geräusch und es wurde Luft in den Zwischenraum gezogen. Allerdings fiel die Lunge nicht komplett zusammen, da Ben ja noch mit Überdruck beatmet wurde. Erst als der Anästhesist auf ein Nicken des Operateurs nun den Tubus, der die linke Seite versorgte, abklemmte, fiel die rechte Lunge komplett zusammen.
Der Anästhesist erhöhte den Beatmungsdruck und die Sauerstoffkonzentration des Beatmungsgeräts, so dass Ben´s Oxygenierung gewährleistet war und nachdem die Sättigung nicht maßgeblich abfiel, bedeutete er dem Thoraxchirurgen, dass er weitermachen konnte. Der ließ sich nun von der OP-Schwester einen normalen Endotachealtubus geben und führte den so in den Pleuraspalt ein, dass er in Richtung rechter Unterlappen wies. Nun bekam er das sterile Endoskop in die Hand gedrückt, das mit dem Endoskopieturm mit einem Kaltlichtkabel verbunden war. Er führte es ein, das Licht wurde gelöscht und als er in den rechten unteren Bereich des Brustkorbs kam, konnte man auf dem Monitor des Geräteturms dort schon eine nicht unerhebliche Blutansammlung erkennen, die er sofort begann über den Arbeitsgang des Endoskops abzusaugen. „Da haben wir schon die Erklärung für den Hb-Abfall!“ sagte er unter seinem Mundschutz und die Umstehenden nickten. Man konnte sehen, dass das Zwerchfell schwer gequetscht war, aber dort war eine Intervention nicht nötig. Anders sah es an der Lunge aus! Die blutete an mehreren Stellen sowohl venös, als auch arteriell. „Das hätte von alleine nie aufgehört!“ sagte der Chirurg und die anderen Fachleute nickten wieder zustimmend. Systematisch begann er nun Gefäß für Gefäß mit der Elektrozange aufzusuchen und als er es gepackt hatte, leitete er mittels eines Fußschalters Strom in die Zangenspitze, so dass die Blutgefäße eines nach dem anderen verödet wurden. Man sah sogar Rauch aufsteigen und Semir meinte unter seiner Maske den Geruch nach verbranntem Fleisch wahrzunehmen. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein.Endlich standen alle Blutungen und als der Chirurg nun den Anästhesisten anwies, vorsichtig die Klemme zu lösen und die rechte Lunge zu belüften, konnte man sehen, wie sie sich problemlos entfaltete und auch nicht mehr zu bluten begann. Zufrieden zog der Thoraxchirurg den blauen Tubus mitsamt dem Endoskop unter Sicht heraus und ließ sich noch einen Thoraxdrainageschlauch geben. Den führte er blind in den Pleuraspalt ein und vernähte dann mit einer sogenannten Tabaksbeutelnaht das Loch in Ben´s Brustkorb rund um den Schlauch herum. Der Intensivpfleger hatte erst das Deckenlicht wieder angemacht und schloss nun die vorbereitete Thoraxsaugung mit einem Pleur-Evac-System an. Ben´s Sauerstoffsättigung war nun wieder bei 98%, obwohl man am Beatmungsgerät schon wieder die Beatmungsdrücke und die Sauerstoffkonzentration reduziert hatte. Nachdem man noch einen sterilen Verband angelegt hatte, wurde Ben wieder bequemer gelagert und das Zimmer aufgeräumt.
Als Semir auf die Uhr sah, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Fast unbemerkt war es 14.00 Uhr geworden und kurz darauf stand auch schon Sarah vor ihnen. „Was habt ihr denn mit meinem Freund gemacht?“ fragte sie entsetzt, war aber bald wieder beruhigt, als sie sah, dass die Werte soweit stabil waren. „Du hättest sowieso nichts machen können!“ verteidigte der Intensivpfleger seine Entscheidung Sarah nicht zu verständigen und dann verschwand er, um seine allgemeine Patientenübergabe ans Team im Stationszimmer vorzunehmen. Die Kollegen hatten in der Zwischenzeit Sharpov versorgt und gelagert und so kam wenig später die übernehmende Spätdienstschwester mit zur Übergabe am Bett und ließ sich detailliert die Ereignisse des Vormittags schildern.
Edwina Sharpova hatte inzwischen ihre beiden Kinder, die nachmittags noch in der Ganztagsschule gewesen waren via Handy verständigt und dort Bescheid gegeben, dass die beiden die nächsten Tage nicht zum Unterricht erscheinen würden. Die 17 jährige Tochter und der 15 jährige Sohn trugen die Mitteilung mit Fassung. Sie kannten ihren Vater gar nicht so besonders gut, da er ihre ganze Kindheit höchstens einmal im Monat für ein paar Tage in Kasachstan gewesen war-nur die gemeinsamen Urlaube hatten sie einander näher gebracht. „Dann kann ich ja morgen gar nicht auf´s Fußballspiel!“ maulte der Fünfzehnjährige, aber seine Mutter bedeutete ihm still zu sein-immerhin lag sein Vater im Sterben, wenn man der Aussage der Schwester aus Deutschland Glauben schenken durfte. Aber die Sharpova würde schon herausfinden, was da passiert war-und dann ihre Konsequenzen ziehen!
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Das mit dem Arzt, der einen nicht in Würde sterben lässt, sondern versucht, sich da noch ein Scheibchen vom Kuchen abzuschneiden, würde ich sofort unterschreiben-immerhin ist Haruto Selbstzahler, Privatpatient, oder wie auch immer man das so sehen will! Der hat schon Recht, wenn er niemanden zuzieht-außer er kann sehr gut seinen Willen durchsetzen! ( traurig, aber wahr-auch wenn ich jetzt vielleicht Illusionen zerstöre!
) Er ist alt und krank und ich finde durchaus, dass man in so einem Fall der Natur ihren Lauf lassen soll.
Ob natürlich Kenji so ein würdiger Nachfolger ist, weiß ich nicht so ganz-allerdings war ja wohl der Vater auch kein Ehrenmann, sondern ein knallharter Verbrecher-wenn auch in viel Ritual verpackt!Timo hat inzwischen erfahren, dass Yvette gekidnapped wurde und ist nun gleich dabei, die geforderten Druckplatten herzustellen, allerdings hat er wirklich vergessen, Semir oder Ben da zuzuziehen!
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Aber ich habe gerade was gelernt-und vielleicht Vinzenz Kiefer auch-falls er hier reinschaut!
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Der kam gleich mit dem Pfleger zurück, um sich die Sache persönlich anzuschauen. Tatsächlich war, bis sie zurück waren, Ben´s Sauerstoffsättigung schon wieder gesunken und als nun der Arzt selber aus der Lunge absaugte, was bei Ben trotz umgestellter Sedierung wieder leichte Abwehrbewegungen hervorrief, kam schon wieder eine Menge hellrotes Blut. Der Arzt hängte noch das nächste Erythrozytenkonzentrat an, das schon am Nachtkästchen bereitgelegen hatte und zückte dann das Telefon, um seinen Hintergrund, einen erfahrenen Oberarzt zu verständigen. Der war innerhalb von wenigen Minuten im Zimmer, ließ sich den Sachverhalt schildern und beurteilte vor Ort die Lage, um dann seinerseits einen spezialisierten Thoraxchirurgen dazu zu rufen.
Semir, dem es zwar auch nicht gerade gut ging, der aber gerade froh gewesen war, Andrea relativ munter vorzufinden, machte sich nun wieder große Sorgen um seinen Freund. Die drei Ärzte und der Pfleger beratschlagten mit ernsten Mienen, was Sinn machen würde, aber als nun nach kurzer Zeit schon wieder die Sättigung sank und man größere Mengen Blut absaugen konnte, traf der Thoraxchirurg eine Entscheidung. „Ich werde hier und jetzt eine kleine Thorakotomie vornehmen, versuchen minimalinvasiv die blutenden arteriellen Lungengefäße aufzusuchen und elektrisch zu verschweißen, sonst verliert er uns in kurzer Zeit wieder so viel Blut, dass er erneut in akute Lebensgefahr kommt!“ und als die Entscheidung gefallen war, liefen in Windeseile die Vorbereitungen dazu an.
Aus dem thoraxchirurgischen OP wurde ein Endoskopieturm mit einigen steril eingeschweißten Geräten gebracht. Eine instrumentierende Schwester brachte ihr Handwerkszeug mit und geschäftig liefen die Vorbereitungen für den Eingriff an. Angstvoll sah Semir dem Treiben zu und als der Pfleger mit einem Lächeln zu ihm trat und fragte: „Wie fühlen sie sich, Herr Gerkan?“ da wies Semir beunruhigt aufs Nebenbett. „Mir geht´s schon einigermaßen, aber was geschieht jetzt mit Ben?“ wollte er dumpf unter seiner Maske wissen.
„Da wird jetzt eine kleine Blutstillung in der Lunge vorgenommen, die bei dem Sturz doch stärker verletzt wurde, als wir momentan gedacht haben. Aber keine Sorge-in einer halben Stunde ist alles vorbei!“ sagte der Pfleger tröstend, was Semir in keinster Weise beruhigte. Während der Pfleger nun seinerseits Vorbereitungen traf und das Zimmer mit den Spezialjalousien verdunkelte und stattdessen die helle Deckenbeleuchtung anmachte, dachte Semir über dessen Worte nach. Inwieweit war es vorbei-war der Eingriff dann beendet, oder war Ben bis dahin tot-das konnte man so oder so deuten.Eine Kollegin des schwer beschäftigten Pflegers, der zum wiederholten Mal an diesem Vormittag seine Patientenauswahl bedauerte-Mann so viel Arbeit-hatte inzwischen bei der Polizei angerufen und die hatten die Telefonnummer von Sharpov´s Ehefrau in Kasachstan ausfindig gemacht. Da sie leidlich gut russisch sprach, hatte sie die Aufgabe übernommen, die Angehörigen über dessen Zustand zu informieren. Als sich eine weibliche Stimme meldete, begann sie erst auf russisch zu sprechen, wurde aber von der Frau am anderen Ende kurz abgewürgt. „Sie können deutsch mit mir reden, ich beherrsche beide Sprachen!“ sagte sie kurz angebunden und nun erklärte die Schwester ihr den Sachverhalt. „Hier spricht Frau Engelbrecht vom Universitätsklinikum Köln. Sind sie Frau Sharpov?“ fragte sie und ihre Gesprächspartnerin bejahte. „Es tut mir leid, ihnen das mitteilen zu müssen, aber ihr Mann wurde heute Nacht bei uns eingeliefert. Sein Zustand ist sehr ernst, er ist nicht bei Bewusstsein und wir müssen leider mit seinem Ableben rechnen. Wenn sie ihn noch einmal sehen wollen, müssten sie sich beeilen, denn wir wissen nicht, ob er die nächsten Tage überlebt!“ brachte sie es auf den Punkt. Die Frau am anderen Ende der Leitung sog scharf die Luft ein. „Ich mache mich sofort auf den Weg, aber vor morgen kann ich vermutlich nicht da sein!“ sagte sie ein wenig verzweifelt. „Ich kann nichts versprechen, aber wir bemühen uns, ihn so lange am Leben zu erhalten!“ erwiderte die Schwester und gab noch die Durchwahl der Intensivstation durch. Als der Hörer aufgelegt wurde, sah die Frau im fernen Kasachstan sich verzweifelt um. Sie hatte erwartet, dass ihr Mann in Kürze bei ihr eintreffen würde und dann für immer bei ihr blieb, so hatte er es bei seinem letzten Besuch vor drei Wochen angekündigt-und jetzt so was! Mit Tränen in den Augen rief sie ihren persönlichen Sekretär zu sich, der den Flug für sie und die beiden Kinder organisieren sollte und wies dann das Zimmermädchen an, ihr ein oder zwei Koffer mit dem Notwendigsten zu packen.
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Das haben wir uns ja fast gedacht, dass der Japaner sich nicht mit Timos Ablehnung zufrieden gibt.
Hoffentlich war das nicht die letzte Partie Scrabble die Timo und Yvette heute morgen gespielt haben!Aber mit seiner Freundin als Geisel denke ich, dass Timo spuren wird und versucht, alle Wünsche der Geiselnehmer zu erfüllen! Allerdings glaube ich, dass Semir, der ja an dem Fall dran ist, da den richtigen Riecher hat und herausfindet, was vorgefallen ist.
Und Ben ist-so leid es mir tut-anscheinend raus aus dem Fall ! ? Allerdings fände ich das einfach wichtiger, dass seine Augen wieder heilen, als dass er arbeitet wie verrückt und letztendlich erblindet! Aber bitte: Ben-warte mit dem Aufhängen des Bildes, auch wenn du schon wieder Einzelheiten erkennen kannst! Mir rollen sich nämlich die Zehennägel auf, wenn ich mir in Ben`s hipper Wohnung einen Hirsch an der Wand vorstelle-vielleicht liegt das aber auch dran, dass ich nämlich ein paar solche Bilder geerbt habe und die total hässlich finde!
Schön dass Semir seinen Feierabend mit der Familie geniesst-wie lange? -
Das schaut ja schon vielversprechend aus! Ich finde es auch gut, wenn Vinzenz sich von Anfang an klar von der Rolle Ben Jäger distanziert und auch die Drehbuchautoren und die Regisseure das berücksichtigen. Nur so kann´s funktionieren!
Wichtig ist auch, dass Erdogan und Vinzenz gut miteinander können, und wie uns Niels Kurvin beim Fantreffen ja verraten hat, war das ein grosser Punkt in der Besetzungsfrage. Erdogan hat sicher wohlüberlegt ausgewählt, mit wem er die nächsten Jahre zusammenarbeiten will-da vertraue ich seinem Urteil!
Ich werde zwar die letzten Ben Jäger-Folgen mit Wehmut verfolgen, bin halt einfach Tom Beck-Fan,freue mich aber trotzdem auf die neue Staffel im nächsten Jahr.
Gerade weil es ja Tom´s eigener Entschluss war, aufzuhören und ihn niemand rausgeschmissen hat, hoffe ich schon, dass die Cobrafans fair zu Vinzenz sind und ihm eine reelle Chance geben. Klar werden viele, die die Serie nur wegen einem der Hauptdarstellergucken, dann abwandern, aber dafür werden andere kommen-ich freu mich auf jeden Fall drauf! Und falls da tatsächlich ein Shitstorm über Vinzenz hereinbricht, ist es vielleicht auch unsere Aufgabe als Fanclub, ihm zu versichern, dass es durchaus viele Leute gibt, die hinter ihm stehen!
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Als Andrea und ihre Begleiterinnen relativ einsilbig wieder auf Andrea´s Zimmer ankamen, teilte die Schwester ihr freundlich mit. „Frau Gerkan, der Arzt, der sie operiert hat würde gerne mit ihnen sprechen!“und Andrea nickte schweigend. Als Susanne und ihre Mutter sie fragend ansahen winkte sie kurz ab. „Bleibt ruhig da-schlimmer kann´s ja kaum kommen!“ sagte sie kurz und als der Arzt wenig später ins Zimmer trat und sie freundlich begrüßte, hatte sie außer einer versteinerten Miene und einem kurzen Nicken keine Gefühlsregung für ihn übrig. „Frau Gerkan, ich bin Dr. Rose, der Handchirurg, der sie heute Morgen operiert hat. Ich kann ihnen nur sagen, dass die Operation zufriedenstellend verlaufen ist. Ich konnte unter dem Mikroskop alle durchtrennten Sehnen wieder zusammennähen und am Zeigefinger der linken Hand war leider auch ein Nerv völlig abgeschnitten, den ich ebenfalls rekonstruiert habe. Wir können nur hoffen, dass das alles wieder zusammenwächst! Ich würde sie gerne bis morgen im Krankenhaus behalten. Da werden dann die Drainagen gezogen und sie bekommen zwei etwas komfortablere Handschienen aus Kunststoff angepasst. Wichtig ist die frühzeitig beginnende Krankengymnastik, ich gebe ihren Angehörigen eine Liste mit, damit sie heute schon dreimal wöchentliche Termine mit einem Physiotherapeuten ausmachen können. Die Ruhigstellung und Bewegung nur unter kontrollierten Bedingungen muss für sechs Wochen erfolgen und mindestens so lange werden sie auch krankgeschrieben. Ich wünsche ihnen jetzt eine gute Besserung und lassen sie sich was gegen die Schmerzen geben, das tut die ersten Tage verdammt weh!“ erklärte er und Andrea nickte gedankenverloren. Vor lauter Sorge um Semir hatte sie nur halb zugehört. Aber was mit ihr war, war unwichtig-Hauptsache Semir wurde wieder gesund! Allerdings nahm sie die Schmerztropfen, die die Schwester ihr danach unaufgefordert brachte, gerne ein-ihre Hände hatten nämlich jetzt begonnen ordentlich zu schmerzen.
Margot strich ihrer Tochter noch durchs Haar, aber Susanne und sie mussten jetzt aufbrechen, wenn sie ihr vormittägliches Pensum noch erfüllen wollten. Andrea hatte ihnen am Weg zur Intensiv nämlich noch erklärt, wo ihr Wagen mit den Kindersitzen am Flughafen geparkt war, den würden sie gleich noch abholen. Mit dem Versprechen, abends noch zu telefonieren, machten sich die beiden Frauen auf den Weg, nachdem sie aus Andreas privaten Sachen, die in einer Tüte im Schrank lagen, den Autoschlüssel geholt hatten.
Semir´s Reisetasche nahmen sie auch wieder mit, denn der Pfleger auf der Intensiv hatte ihnen bedeutet, dass Semir, solange er dort lag, keinerlei private Dinge brauchen würde, mit den ganzen Kabeln war dort ein Krankenhaushemd praktischer und hygienischer.Um Semir noch eine kleine Erholungspause nach dem Besuch der Angehörigen zu gönnen, wandte sich der Pfleger nun erst mal seinem dritten Patienten zu, um ihn zu waschen und zu versorgen. Obwohl er hoch sediert war, löste jede Manipulation weiter Streckkrämpfe aus. Mit hohen Dosen Diazepam versuchte man das in den Griff zu bringen, aber der Erfolg war eher mäßig. Als der Patient eingeliefert wurde, hatte ihn ein Polizist begleitet, um jegliche Fluchtversuche zu unterbinden. Als man aber den Zustand des Patienten reell eingeschätzt hatte, war der wieder abgezogen worden, dieser Mann wäre im Augenblick keine Gefahr für die Allgemeinheit.
Als der Pfleger Waldemar Sharpov nun wusch, absaugte und lagerte, kam der behandelnde Arzt zu ihm ins Zimmer. „Und wie sieht´s aus?“ wollte er von dem Pfleger wissen. „Er krampft immer noch, die Pupillen reagieren überhaupt nicht und er ist weiter hoch septisch!“ erklärte der. Der Arzt seufzte auf. „Ich denke, diesen Kampf werden wir verlieren, ich setze mich mit der Polizei in Verbindung, damit die die Angehörigen verständigen oder uns zumindest eine Telefonnummer besorgen.“ sagte er und ließ den Pfleger mit seinem Patienten wieder alleine.Als Nächster wurde nun doch Semir gewaschen und frisch gemacht. Seine Brust war immer noch mit Andrea´s inzwischen angetrocknetem Blut verklebt und inzwischen fror er nicht mehr, sondern ihm war furchtbar heiß. Die Temperaturanzeige war nun bei 39,5°C und so nahm der Arzt mit sterilen Handschuhen nach gründlicher Desinfektion Blut aus seinem Arm ab und spritzte es in zwei Blutkulturfläschchen. Das eine war mit Nährlösung für Aerobier und das andere für Anaerobier gefüllt. Das bedeutete, das sich dort unterschiedliche Bakterien, die fraglich im Blut schwimmen würden, vermehren konnten, falls gerade welche nachweisbar waren und man dann eine gezielte antibiotische Behandlung nach Resistenztestung einleiten konnte. Dann musste Semir noch in ein flaches Sputumschälchen husten und dieses Trachealsekret würde man ebenfalls auf Keime untersuchen.
Nun endlich hängte man die Breitbandantibiose an, die sozusagen auf Verdacht gegeben wurde, in der Hoffnung, zumindest einen Teil der Erreger abzudecken. Semir wurde noch rasiert und durfte kurz die Zähne putzen, aber danach war er redlich froh, als er seine Atemmaske des CPAP-Geräts wieder aufgeschnallt bekam. So heiß und unangenehm es darunter war, aber da hatte er wenigstens keine Luftnot! Erschöpft schloss er die Augen und fieberte weiter vor sich hin, während der Pfleger nun Ben wieder absaugte und frisch lagerte. Das Blut, das aus der Lunge kam, war nun nicht mehr nur alt, sondern es kamen frische, hellrote Anteile dazu. Mit gerunzelter Stirn konstatierte das der Pfleger und machte sich, nachdem er noch ein Blutgas abgenommen hatte, auf den Weg, um das dem Stationsarzt mitzuteilen. -
Na die erste Nacht haben die beiden schon mal überlebt! hoffentlich ruft Timo jetzt tatsächlich Semir an, damit der ihn beschützt. Aha, aber so ganz toll findet er es doch nicht, dass Yvette sich vor den fremden Typen auszieht-kann ich voll verstehen!
Und Kim Krüger ist sauer! Sie hat ein zweistündiges Nickerchen während der Arbeitszeit gemacht und ist jetzt vermutlich sowohl über sich selber erbost, dass ihr sowas passiert ist, dann auf Hartmut böse, dass er sie nicht geweckt hat und zudem keine sinnvolle Deutung für den Armbandspruch gefunden hat und jetzt ist Semir auch schon weg, den sie sonst vielleicht noch hätte ein wenig runtermachen können! Ich würde sagen-das sind die Hormone-PMS lässt grüssen, Frau Krüger!
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Susanne setzte sich nun mit Margot an den Eßzimmertisch. Zuvor hatte sie für beide eine Tasse Kaffee aus dem Automaten in der Küche gezogen. Erwartungsvoll sah Margot sie an und nun erzählte Susanne in groben Zügen die Ereignisse der Nacht, soweit sie ihr bekannt waren. Margot schlug entsetzt die Hände vor den Mund. Sie hatte mit ihrem Mann erst eine Unterhaltungssendung im Fernsehen angeschaut und war dann bald zu Bett gegangen, so war ihre erste Information über die Geiselnahme heute Morgen im Radio auf der Herfahrt erfolgt, aber sie hatte das nur am Rande zur Kenntnis genommen. Gut, dass sie nicht gewusst hatte, wie das alles zusammenhing und wer die Hauptpersonen waren, sonst hätte sie vermutlich vor Aufregung noch einen Unfall gebaut. „Ich muss sofort zu meiner Tochter!“ sagte sie entschlossen und Susanne nickte. Genau das hatte sie auch vorgehabt und so machten sich die beiden Frauen, nachdem sie noch zwei Taschen für Andrea und Semir mit den nötigsten Krankenhausutensilien gepackt hatten, in Susannes Auto auf den Weg zur Uniklinik.
„Ayda hat heute um 12.05 Uhr Schulschluss und mit den Erzieherinnen habe ich ausgemacht, dass ich Lilly auch so um die Zeit abhole, die wussten teilweise schon Bescheid von der Geiselnahme, es war ja auf allen Kanälen im Fernsehen!“ informierte sie Margot noch und die nickte. „Da haben wir ja genügend Zeit und auf der Rückfahrt besorge ich dann noch was fürs Mittagessen!“ beschloss sie, tatkräftig wie immer.
Wenig später waren sie in der Klinik angelangt und fragten an der Information, auf welchen Stationen Andrea und Semir lagen. „Herr Gerkan liegt auf der Intensivstation, Besuche dort nur für enge Angehörige nach Absprache mit dem Pflegepersonal!“ erklärte ihnen der Pförtner und die beiden Frauen nickten. Erst ging es jetzt mal zu Andrea und dann würde man weitersehen.
In der Abteilung Unfall-und Wiederherstellungschirurgie hatten sie kurz darauf Andrea´s Zimmer ausfindig gemacht und als sie hineingingen, schlug die gerade wieder die Augen auf. Sie hatte die ganze Zeit schon überlegt, ob sie es sich zutrauen sollte, alleine zu Semir zu gehen, aber sie war schon noch etwas wacklig auf den Beinen und konnte ja nicht einmal einen Aufzugknopf bedienen. Ein Lächeln zog über ihr Gesicht, als sie sah, wer da vorsichtig ins Zimmer trat. Die waren wie vom Himmel gesandt! „Mama, Susanne!“ rief sie und ihre Freundin stürzte auf sie zu und schloss sie liebevoll in ihre Arme. Auch ihre Mutter trat näher und strich ihr übers Haar. Tränen der Erleichterung flossen über Andrea´s Gesicht-nun würde alles gut werden!Sie schwang nach der kurzen, aber intensiven Begrüßung die Beine aus dem Bett. „Ich muss sofort zu Semir!“ teilte sie den beiden mit und als Margot fragte, ob sie denn schon fit genug dafür war, sagte sie entschlossen: „Natürlich, ich war vorhin schon mit der Schwester auf und wäre sonst auch alleine aufgebrochen!“ Gemeinsam suchten sie nun noch etwas anzuziehen für Andrea aus der Reisetasche, halfen ihr dabei und als sie in ihre Schuhe geschlüpft war, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zu Semir.
Als sie draußen an der Intensiv läuteten, holte der zuständige Pfleger sie ab. „Normalerweise dürfen ja nur maximal zwei Besucher zu unseren Patienten, aber wenn sie kurz machen, dürfen sie ausnahmsweise schnell zu dritt rein!“ sagte er, während er sie zu dem Patientenzimmer führte. Andrea voraus traten sie ein und die blieb momentan entsetzt von dem Anblick stehen. Eingemummelt bis zum Hals lag Semir in seinem Bett. Auf dem Gesicht hatte er eine festgeschnallte Maske, die aussah, wie ein Elefantenrüssel. Er fror erbärmlich und immer wieder schüttelte es ihn. Andrea war mit zwei Schritten bei ihm. Als sie sich in der Notaufnahme verabschiedet hatten, war er so fit gewesen, aber wie er jetzt aussah, war ja schlimm! Der Pfleger löste kurz die CPAP-Maske und ersetzte sie durch eine Sauerstoffbrille, damit sein Patient sich wenigstens kurz mit seinen Angehörigen unterhalten konnte. Trotz auf 8 Litern aufgedrehtem Sauerstoff begann Semir aber schon nach kurzer Zeit blaue Lippen zu bekommen. Er lächelte zwar seine Frau liebevoll und erleichtert an, aber er konnte kaum sprechen, weil die Luft knapp wurde. „Wie geht´s dir?“ wollte er wissen und Andrea küsste ihn sanft. „Mir geht´s schon wieder ganz gut. Ein Arzt hat zwar noch nicht mit mir gesprochen, aber die Schwester hat gesagt, es sei alles gut verlaufen und ich darf aufstehen und essen und trinken!“ sagte sie. „Nur kann ich überhaupt nichts selber machen!“ sagte sie und wies auf ihre beiden in Gipsschienen eingewickelten Hände mit den kleinen Saugdrainagen hin, die in einem Netzüberzug seitlich daran steckten. „Aber was ist mit dir?“ fragte sie dann entsetzt, denn Semir´s Gesichtsfarbe wurde nun immer blauer, so dass der Pfleger in Windeseile das CPAP-Gerät wieder anschloss. „Frau Gerkan, ihr Mann war vorhin nochmal kurz bewusstlos und hat leider genau da erbrochen und dabei Magensaft eingeatmet. Er hat nun eine Aspirationspneumonie, also eine gefährliche Form der Lungenentzündung entwickelt und muss deshalb nun mit dieser Beatmungsmaschine unterstützt werden. Er ist gerade dabei aufzufiebern und wir werden am Fiebergipfel Proben gewinnen und ihn dann antibiotisch behandeln. Vertrauen sie uns, er ist in guten Händen!“ sagte er noch tröstend, als er sah, wie sehr seine Mitteilung Andrea mitnahm. Margot war nun hinter ihre Tochter getreten und führte sie sanft weg, um sie zurück in ihr Zimmer zu bringen.
Susanne hatte erst voller Entsetzen Semir angeschaut. Sie war in keinster Weise auf diesen Anblick vorbereitet gewesen. Sie hatte gedacht, der läge putzmunter in seinem Bett und würde nur gegen Widerstand im Krankenhaus zu halten sein und jetzt das!Als sie dann sah, wer blass und beatmet im Nebenbett lag, war sie gleich nochmals eine Ecke mehr fertig. Ben sah auch aus, als wäre er schon tot! Während die vielen Maschinen um ihn herum blinkten, waren unten an seinem Bett lauter blutgefüllte Beutel. Oben hing neben einigen Infusionen, die aber alle durch Infusionspumpen kontrolliert eingeleitet wurden, noch ein Blutbeutel und ein weiterer lag auf dem Nachtkästchen zur Transfusion bereit. Sie trat nun zu ihm und legte ihre Hand vorsichtig auf die seine, die fest angebunden war. Der Pfleger wollte gerade rufen: „Nicht anfassen!“ denn er machte sich darauf gefasst, dass nun wieder eine Blutdruckschwankung seinen Patienten gefährden würde, aber nichts passierte. Reglos ließ Ben über sich ergehen, dass Susanne mit Tränen in den Augen flüsterte: „Ihr dürft nicht sterben, hört ihr! Wir brauchen euch doch noch!“ und dann verließen die drei geschockten Besucher wieder das Intensivzimmer.
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Yvette versucht Timo auf dem Pfad der Tugend zu halten-hätte ich ihr eigentlich gar nicht zugetraut! Allerdings war es die blödeste Idee von allen, die Japaner anzurufen und sich dann schlafen zu legen-ob es da noch ein Morgen gibt? Lieber hätten sich die beiden gleich mit der Polizei in Verbindung gesetzt, wenn auch Ben in diesem Moment nicht der richtige Ansprechpartner ist. Aber er würde schon Semir Bescheid sagen und der könnte was unternehmen!
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Zunächst wandte man sich Semir zu. Der chirurgische und der anästhesiologische Chefarzt, die mit einem Gefolge von mindestens zehn weiteren weißbekittelten Ärzten und Praktikanten die große Morgenvisite durchführten, füllten das Zimmer und wandten sich zunächst Semir zu. In kurzen Worten wurde er vorgestellt, die Aspiration erwähnt und das weitere Vorgehen abgesprochen. Semir war zwar schläfrig unter seiner Maske, aber er bekam alles mit, was um ihn herum vorging. Nur wenn er versuchte, die Maske wegzuziehen, bekam er sofort kaum mehr Luft und der Pfleger bat ihn, das zu unterlassen. „Herr Gerkan-leider ist die Naloxonwirkung bei ihnen so plötzlich abgeklungen, dass man damit nicht rechnen konnte. Nachdem wir nicht genau wissen, wieviel von dem Fentanyl sie in ihren Organismus aufgenommen haben, hatten wir sowieso vor, sie solange zu überwachen, bis wir völlig sicher sein könnten, dass kein Wirkspiegel mehr vorhanden ist. Die Halbwertszeit von Fentanyl beträgt etwa 4 Stunden, das bedeutet, dass nach dieser Zeit die Serumkonzentration halbiert ist, nach weiteren vier Stunden dann nur noch ein Viertel des Wirkstoffs vorhanden ist, usw. Nachdem wir allerdings nicht wissen, wie hoch der Ausgangswert war, hätten wir sie normalerweise 24 Stunden überwacht und wenn bis dann nichts gewesen wäre, entlassen.
Nachdem sie nun leider genau in dieser kurzen Zeit erbrochen haben, als das Fentanyl in ihrem Gehirn wieder angeflutet ist, hat die Magensäure in ihren Bronchien großen Schaden angerichtet. Durch die Säure wurden Teile ihrer Lunge verätzt und nun können die Erreger, die sich immer in den Atemwegen befinden, sich in diesen geschädigten Gewebebezirken ungestört vermehren. Wir werden den Fiebergipfel abwarten und dann Blutkulturen abnehmen-erst dann ist ein Erregernachweis vielleicht möglich- und natürlich auch das Sekret, das sie abhusten können, untersuchen. Danach beginnen wir mit einer Breitbandantibiose, die wir eventuell in einigen Tagen umstellen, wenn wir wissen, welche Keime bei ihnen aktiv sind. Bis dahin bitte so viel maschinelle Atemgymnastik wie möglich machen, denn dann können wir eine Intubation eventuell umgehen. Wenn es aber nicht klappt, könnte es sein, dass wir sie schlafen legen müssen.“ erklärte ihm und auch den Umstehenden der anästhesiologische Chefarzt und Semir nickte nun stumm unter seiner Maske. Anscheinend würde er nicht so bald nach Hause können-so ein Mist!
Nun wandte man die Aufmerksamkeit Ben zu, der gerade wieder friedlich vor sich hinschlummerte. Auch sein Fall wurde vorgestellt und als der chirurgische Chefarzt die Blutansammlungen in den ganzen Beuteln sah, wurde sein Gesicht sehr ernst. „Da sind wir bei weitem noch nicht über dem Berg-wie ist denn der aktuelle Hb-Wert?“ wollte er wissen. „Trotz Massentransfusion wieder leicht sinkend, aktuell bei 8,2 mg/dl!“ referierte der Stationsarzt aus dem Kopf-vor der Visite machte es einen guten Eindruck in der Chefetage, die relevanten Werte auswenig zu lernen. „Er bekommt auf jeden Fall nochmals zwei Erythrozytenkonzentrate, engmaschige Sonographiekontrollen und bitte auch ein Thoraxröntgen!“ ordnete der Chefarzt mit einem Blick auf die Sauerstoffsättigung an, die trotz Beatmung mit höherer Sauerstoffkonzentration nur um die 90% schwankte. Er zog sich nun Handschuhe an und betastete Ben´s Bauch und Rücken, was diesen wieder unvermittelt wacher werden ließ. Er verzog das Gesicht, presste gegen die Beatmung und versuchte seine Hände loszubekommen. Der Pfleger sprang hinzu und gab ihm wieder einen Bolus mit Narkosemittel. „Er ist sehr schwer zu sedieren!“ erklärte er. „ Solange man ihn in Ruhe lässt, geht er gut zu beatmen, aber sobald man ihn anfasst, wird er überschießend wach. Geht man dann allerdings mit den Sedierungsmedikamenten hoch, bricht er vom Blutdruck völlig ein und braucht wieder viel Noradrenalin. Stellt man das dann aber höher, hat er Hochdruckkrisen bis 200 mm/Hg und beginnt dann wieder verstärkt zu bluten!“ schilderte er sein Dilemma und die beiden Chefärzte hörten es sich konzentriert an. „Nachdem er ja wohl so bald noch nicht extubiert werden kann, stellen wir das Sedierungsmittel um. Er bekommt ab sofort Midazolam und kein Propofol mehr, vielleicht ist das besser!“ wurde nun einstimmig beschlossen und der Pfleger nickte. Vielleicht würde das funktionieren, allerdings wagte er es zu bezweifeln. Innerlich wollte Ben einfach nicht schlafen, er hatte nicht vor, sich ausknocken zu lassen und das war das Hauptproblem. Vielleicht wurde es wieder besser, wenn Sarah da war-denn die Nachtschwester hatte ihm sowas berichtet. Viel Ruhe und keine Aufregung wäre jetzt das Beste für die beiden Patienten in diesem Zimmer!
Die Visite zog weiter und Semir und Ben schlummerten wieder friedlich vor sich hin. -
Ah-jetzt haben wir wieder was über die japanische Schrift erfahren-und da soll einer sagen, dass das Lesen von Fanfictions nicht bildet!
Ein wenig enttäuscht bin ich aber schon von Hartmut, dass er nicht fliessend japanisch in Wort und Schrift beherrscht!
Aber Hauptsache sein PC kann das-man muss nicht alles wissen-nur wissen wo man nachschlagen kann!
Hab ichs mir doch gedacht! Ben hat einfach zuviel gemacht und seine Augen überlastet-der lernts auch nicht mehr! Ich hoffe aber, er wird jetzt langsam vernünftig! -
Tatsächlich klappte das mit den Kindern besser, als Susanne erwartet hatte. Sie konnten zur Schule und zum Kindergarten auch laufen, so dass Susanne keine Kindersitze benötigte. Als sie gegen 8.30 Uhr wieder zum Haus der Gerkan´s zurückkam, bog Margot gerade in die Einfahrt ein. Sie sprang beinahe aus dem Wagen-Susanne musste sich wundern, wie diese schon kurz über 70 jährige Frau fit und beweglich war-körperlich, wie geistig. Sie half ihr, ihren Koffer ins Gästezimmer zu tragen und Margot forderte dann Susanne auf, ihr zu erzählen, warum Tochter und Schwiegersohn im Krankenhaus gelandet waren.
Andrea hatte ihre Narkose inzwischen ausgeschlafen und wurde auf ihr Zimmer auf der normalen Station gebracht. Sie fühlte sich relativ wohl, obwohl ihre Hände schon ziepten. Als sie kurz darauf zum ersten Mal zur Toilette musste, wurde ihr bewusst, was ihr in nächster Zeit bevorstand! Sie schaffte es gerade die Glocke zu drücken, aber eine Schwester musste mitgehen und ihr bei beinahe allen Verrichtungen helfen! Sie musste-noch bevor sie nach Semir sah-sofort ihre Mutter anrufen, die Susanne entlasten und sich vermutlich in nächster Zeit bei ihnen einquartieren müsste. Sie bat die Schwester, ihr die Nummer auf dem Handy zu wählen und als kurz darauf ihr Vater hin ging, sagte der ganz erleichtert: „Kind, schön dich zu hören, geht´s dir gut?“ und Andrea bejahte und bat darum, ihre Mutter sprechen zu dürfen. „Die ist schon vor ´ner guten Stunde mit dem Auto zu euch gefahren. Semir hat sie angerufen und da war sie nicht mehr zu halten!“ erklärte er, um dann zu klagen, dass er jetzt ganz unmotorisiert dasaß. Andrea versprach ihm, dafür zu sorgen, dass er den Wagen bald zurückbekam und verdrehte innerlich die Augen. Mensch, der hatte Sorgen, bei ihnen ging´s um Leben und Tod und ihr Vater machte sich nur Sorgen um seinen Komfort-typisch! Nachdem Semir aber anscheinend schon alles organisiert hatte, lehnte sie sich noch ein wenig im Bett zurück und ruhte sich aus. Der Weg zur Intensivstation wäre ihr im Augenblick noch zu weit gewesen, aber später würde sie sich auf den Weg machen.
Dort hatte der Pfleger inzwischen seinen dritten kritischen Patienten versorgt. Dieser Russe war auch ein Opfer der Fentanylaffäre geworden, aber ihn hatte es wesentlich schwerer erwischt. Der hatte schon im Flugzeug erbrochen und bis seine Sauerstoffzufuhr wieder gesichert war, hatte es viel zu lange gedauert. Er lebte zwar, war aber kontrolliert beatmet und inzwischen bereits hoch septisch und der Pfleger wagte zu bezweifeln, dass der das folgenlos überstehen würde. Noch war es zu früh eine Prognose zu treffen, aber als nun auch noch Streckkrämpfe eintraten, war schon damit zu rechnen, dass sein Gehirn schwere Schädigungen erlitten hatte.
Als der Pfleger wieder zu Semir und Ben zurückkam, schlief Semir mit der Maske auf dem Gesicht relativ friedlich, seine Sauerstoffsättigung war zwar mit 60% Sauerstoffbeatmung mittels nichtinvasivem Beatmungsgerät knapp im Normbereich, aber die Lunge hatte durchaus was abgekriegt. Das würde noch ein Weilchen dauern, bis der sich wieder erholt hatte, zumal die Temperaturanzeige, die kontinuierlich über ein Datenkabel am Dauerkatheter auf den Monitor übertragen wurde, nun bereits 38.6°C anzeigte. Semir fieberte auf und sie würden später zunächst versuchen Trachealsekret zu gewinnen und am Fiebergipfel Blutkulturen abzunehmen, aber danach sofort mit der Antibiose anfangen.
Der Pfleger zog nun Handschuhe an und saugte Ben erst im Mund und dann noch endotracheal ab. Solange man ihn in Ruhe ließ und nicht anfasste, war er ruhig und ließ sich prima beatmen, aber sobald man etwas an ihm machte, wurde er überschießend wach und versuchte, sich nach Kräften zu wehren. Die Drainagen förderten weiter blutiges Sekret, aus der Lunge kam älteres Blut und auch im Urinbeutel war es mehr rot als gelb. Der Pfleger seufzte. Da hatte er wirklich drei schwerkranke Patienten erwischt! Während er bei Ben noch Mundpflege machte und dann den Verband kontrollierte, war er sehr dankbar, dass Sarah wenigstens den schon gewaschen hatte, sonst wäre er an diesem Vormittag mit seiner Arbeit nicht fertig geworden.
Eine Kollegin half ihm noch Ben umzudrehen und wieder gut festzubinden. Das Blutgas wurde erneut kontrolliert und als wenig später die große Visite in der Tür stand, hatten der Pfleger und der Stationsarzt dem Chefarzt viele Neuigkeiten über ihre drei Zugänge zu berichten. -
Na da haben sich aber Ben und Semir bei Timo Brescher beinahe die Klinke in die Hand gegeben! Semir hat gleich den Verdacht, dass der Japaner kein Guter ist und notiert sich dessen Autonummer. Auch Timo musste schon blutige Bekanntschaft mit der japanischen Höflichkeit machen, aber dass er die Hirsche gleich in Serie herstellt...das wird für Ben sicher noch ein böses Erwachen geben, wenn er wieder Durchblick hat-na ja, wenn es soweit kommt! Denn irgendwie kriege ich gerade Angst um Ben´s Augenlicht und bin sehr froh, dass er zum Augenarzt geht und den mal nachschauen lässt!
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Semir meinte, er müsste ersticken! Knapper und knapper wurde die Luft, die er mühsam versuchte in seine Lunge zu ziehen. Er bekam furchtbare Angst und war völlig hilflos und verzweifelt. Plötzlich war nicht nur sein zuständiger Pfleger da, sondern das Zimmer füllte sich mit Menschen, die ihm helfen wollten. Auch der Arzt war da und gab einige Anordnungen, die Semir in seiner Panik nicht verstehen konnte. Er merkte, dass ein Medikament in seinen Zugang gespritzt wurde und dann schnallte man eine dichte Maske auf seinem Gesicht fest. Erst wollte er sie herunterreißen, weil er das Gefühl hatte, es wäre eng darunter und er würde erst recht keine Luft kriegen, aber als das Morphium zu wirken begann, man ihm gut zuredete und seine Hände ein wenig festhielt, merkte er, wie es mit dem Atmen mit der Maschine leichter wurde.
Aus dem Augenwinkel hatte er noch bemerkt, wie Ben plötzlich unruhig wurde und sich zu befreien versuchte, aber vom Pfleger binnen kurzem medikamentös zur Ruhe gebracht wurde. Dann nahm eine wohlige Müdigkeit von ihm Besitz und er schloss die Augen, atmete willig in die Maske und genoss es, wieder genügend Sauerstoff zu bekommen. Seine Gesichtsfarbe wurde wieder rosig und die anderen Pflegekräfte, die geholfen hatten, verließen das Zimmer wieder, um sich um ihre eigenen Patienten zu kümmern. Nur der Arzt, der noch einige Anordnungen traf und der zuständige Pfleger blieben im Zimmer. „Das war knapp!“ sagte der Arzt. „Ich dachte schon, wir kämen um eine Intubation nicht herum!“ und der Pfleger nickte dazu. „Bitte noch einen DK und ich lege nachher noch eine Arterie.“ Informierte er den Pfleger, der dazu nickte. Das war ja klar, dass man Semir nun auch ein wenig verkabeln musste, wenn sich eine Aspirationspneumonie dermaßen schnell entwickelte.
Semir schlief ein wenig vor sich hin und bemerkte es kaum, dass sich jemand zwischen seinen Beinen zu schaffen machte. Es drückte kurz und dann floss der Urin in den Beutel, was Semir in dem Moment aber völlig egal war. Er wurde wieder zugedeckt und verstand nur am Rande, wie der Arzt etwas zu ihm sagte von wegen, dass jetzt etwas pieken würde. Sollten sie doch machen-er schwebte gerade auf Wolke sieben und gönnte seinem Körper den nach der Aufregung dringend notwendigen Schlaf.
Der Arzt hatte sich steril angezogen und kurz oberhalb von Semir´s Handgelenk einen arteriellen Zugang gelegt, mit dem man den Blutdruck invasiv messen konnte und zugleich engmaschige Blutgaskontrollen vornehmen. Als alles verklebt war, schloss der Pfleger noch den Druckbeutel an und nullte den Messdom, damit er eine korrekte Kurve auf dem Monitor hatte. Während der Arzt nun seine Patienten, beginnend in einem anderen Zimmer, an den übernehmenden Arzt der Tagschicht übergab, räumte der Pfleger ein wenig auf, um sich zunächst seinem dritten Patienten im Nebenzimmer zu widmen. Die beiden Polizisten sollten sich ein wenig ausruhen, bevor er bei ihnen mit seiner Arbeit weitermachte!Susanne machte sich Sorgen! Niemand hatte ihr Bescheid gesagt, wie die Operation bei ihrer Freundin verlaufen war-hoffentlich war alles gut gegangen. Susanne hatte zwar versucht, ein wenig Schlaf auf dem Wohnzimmersofa zu ergattern, aber sie kam einfach nicht zur Ruhe und lauschte immer angstvoll auf das Klingeln des Telefons. Nachdem die Kinder fest schliefen, was sie aber x-Mal kontrolliert hatte, war fast die ganze Nacht der Fernseher gelaufen und sie hatte aus der Ferne die Geiselbefreiung miterlebt. Ständig sah sie bekannte Gesichter auf dem Bildschirm und als sie ihre Freundin hatte über das Rollfeld rennen sehen, war ihr beinahe das Herz stehengeblieben. Sie hatte nur mit geballten Fäusten atemlos auf den Bildschirm gekuckt und erwartet, dass es knallen würde und Andrea umfallen würde, aber erst als der SEK-Mann sich dann nach dem erwarteten Knall vom Dach des Flugzeugs in die offene Tür geschwungen hatte und Andrea einfach weitergelaufen war, hatte sie sich getraut, wieder Luft zu holen.
Man sah, wie ein Notarzt kurz nach Andrea in die Maschine kletterte und dann verging noch einige Zeit, bis die Gangway angebracht war und die Rettungsmaßnahmen anlaufen konnten. Als Semir mit einem Tubus im Hals liegend aus der Maschine gebracht wurde, blieb ihr vor Angst beinahe das Herz stehen. Andrea wurde ebenfalls rausgeführt, hatte eine Decke über den Schultern und wurde von ihrem Team liebevoll in Empfang genommen. Gott sei Dank war sie nicht alleine! Wie gerne wäre sie jetzt bei ihr gewesen, aber die Versorgung der Kinder war genauso wichtig!Als der RTW vom Rollfeld als einer der Letzten abgefahren war, hatte Susanne mit der PASt telefoniert und dem diensthabenden Kollegen die Informationen entlockt, die ihr wichtig waren. „Die Chefin hat mich vorhin angerufen und mir die Dienstplanänderungen für morgen mitgeteilt. Bei uns ist bis zum Mittag nur die Notbesetzung aktiv und alle am Einsatz Beteiligten, brauchen erst nachmittags zur Arbeit zu kommen. Dazu gehörst du ja auch, wenn ich mir das so überlege. Sie hat gesagt, dass Semir wach war, als Andrea zu ihm in den Krankenwagen gestiegen ist und die beiden sind in die Kölner Uniklinik gebracht worden, wo auch Ben liegt.“ Susanne hatte ihm für die Auskunft gedankt und als die Berichterstattung im Nachrichtenkanal zu Ende war, hatte sie den Fernseher ausgeschaltet und erfolglos versucht zu schlafen.
Sie war sehr erleichtert gewesen, als Semir sie angerufen hatte und ihr mitgeteilt hatte, dass Margot kommen würde. Die kannte sich im Gerkan´schen Haushalt und mit den Kindern perfekt aus. Auch wollte Susanne unbedingt nach ihrer Freundin sehen und wissen, wie die Operation verlaufen war. Semir hatte gut geklungen und nun konnte man nur hoffen, dass auch Ben das Ganze folgenlos überstehen würde. Als wenig später Ayda die Treppe herunterkam, war Susanne schon wieder gefasst und begrüßte sie freundlich lächelnd. „Guten Morgen Maus!“ sagte sie. „Mama und Papa mussten heute Nacht überraschend weg und deshalb passe ich jetzt ein bisschen auf euch auf!“ erklärte sie ihr. Ayda schaute zwar verwundert, erklärte Susanne aber dann: „Ich muss jetzt dann zur Schule und du musst mir mein Pausenbrot schmieren. Und Lilly müssen wir auch wecken, die geht auch in den Kindergarten, ob sie will oder nicht!“ Susanne nickte und musste insgeheim lächeln, als Ayda ihr altklug erklärte: „Aber ich sag´ dir schon, was du machen musst!“
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Jetzt erklärt sich Timo also vorsichtshalber bereit, die Druckplatten herzustellen. Ja mit seiner Einschätzung der Situation könnte er Recht haben! Mit den Japanern ist nicht gut Kirschen essen!
Semir und die Krüger haben recht schnell die Zusammenhänge zwischen den beiden Fällen hergestellt und während Semir jetzt doch alleine die Wohnung durchsuchen darf, versuchen Kim und Hartmut in der KTU etwas Näheres herauszubringen. Wetten, Hartmut kann die japanischen Schriftzüge entziffern-bin schon gespannt, was auf dem Armband steht! -
Aber zuvor hörte er noch zu, was die beiden Pflegekräfte zu Ben´s Krankengeschichte zu sagen hatten. „Herr Jäger wurde gestern Abend an der Hüfte angeschossen-ist aber nur ein tiefer Kratzer ohne chirurgische Intervention- und fiel daraufhin aus einiger Höhe rücklings auf eine Betonspitze, die ihn gepfählt hat. Dabei wurde die Leber so stark verletzt, dass eine Leberteilresektion notwendig wurde. Weil auch große Gefäße betroffen waren, hat er eine Massentransfusion gebraucht. Der Hb-Wert war nur noch bei 3,1. Nebendiagnosen sind noch eine Lungenkontusion und eine Nierenquetschung, die aber konservativ behandelt werden. Bitte vorsichtig sein-er achtet stark auf seine Umwelt und reagiert überschießend, wenn er zu schwach sediert ist! Deshalb hat er sich heute schon einmal selbst extubiert und ist wegen der Kehlkopfschwellung danach nur mühsam mit Glidescope zu reintubieren gewesen.
Beim Absaugen kommt immer noch relativ viel Blut, deshalb soll er vorerst noch beatmet bleiben. Der Katecholaminbedarf ist eher niedrig und an den Wachheitsgrad gekoppelt, allerdings soll er viel Volumen bekommen, damit die Niere gespült wird. Du müsstest ihn übrigens von seinem letzten Aufenthalt her kennen, er war erst vor gut einem viertel Jahr mit einer Milzruptur bei uns.“ erklärte die Nachtschwester und der Pfleger nickte nachdenklich. „Doch, jetzt, wo du´s sagst, kommt er mir schon bekannt vor. Ist das nicht Sarah´s Freund?“ wollte er wissen und die Schwester nickte. „Die Arme war die ganze Nacht da, aber jetzt hat sie sich ein wenig in ihrem Appartement im Wohnheim hingelegt-unser Doc hat sie weggeschickt, sie wäre sonst zusammengeklappt. Ruf sie aber bitte auf dem Festnetz an-die Nummer liegt vorne- wenn sich hier was verändert, sonst köpft sie uns, wenn wir sie nicht informieren.!“Nun musste Semir unter seiner Sauerstoffmaske grinsen-da hatten sie das Richtige gesagt. Wenn Sarah ihren Ben in Gefahr sah, wurde sie zur Löwin-wie seine Andrea, wenn mit ihm oder den Kindern was war! Dann verfinsterte sich aber seine Miene. So ein Mist, dass er vorhin gar nicht mitgekriegt hatte, als Sarah zurückgekommen war. Was genau sie wohl Andrea erzählt hatte? Na ja, egal, jetzt musste er erst mal Margot verständigen, damit Susanne entlastet wurde. Wie die wohl mit den Kindern zurechtkam? Eigentlich müssten die jetzt langsam aufstehen und zu Schule und Kindergarten fertig gemacht werden-ach was dachte er da drüber nach? Das war doch egal, ob die heute dahin kamen. Susanne würde das schon machen, beruhigte er sich selber. Wichtiger war, dass die nicht so weinen mussten, wenn weder Mama, noch Papa da waren. Susanne kannten sie zwar, aber normalerweise hätte man ihnen das am Vorabend erklärt, dass morgens, wenn sie aufstünden, die Eltern nicht daheim waren!
Die Pflegekräfte gingen weiter zur nächsten Übergabe am Patientenbett und Semir griff ins Nachtkästchen nach seinem Handy. Es war zwar erst 6.30 Uhr, aber Margot war Frühaufsteherin, dabei könnte sie doch länger liegenbleiben, weil seine Schwiegereltern schon beide pensioniert waren. Aber nein, die stand freiwillig vor Tau und Tag auf und ging morgens oft schon spazieren! Das würde ihm und Andrea später mal nicht passieren, hatten sie sich geschworen. Sie würden den halben Vormittag ausschlafen und dann erst den Tag geruhsam angehen lassen, wenn sie mal nicht mehr berufstätig waren!
Semir suchte die Nummer aus dem Speicher und tatsächlich war nach dem zweiten Klingeln sofort Margot dran, die schon frisch und munter klang. Sofort fragte sie besorgt: „Semir, was gibt´s, ist was mit Andrea und den Kindern?“ weil sie Semir´s Nummer auf der Rufnummernanzeige erkannt hatte. Semir räusperte sich und musste sich anstrengen, um einigermaßen verständlich herauszubringen. „Margot, leider bräuchten wir mal wieder deine Hilfe! Könntest du ein paar Tage die Kinder bei uns zuhause hüten? Andrea und ich liegen nämlich beide in der Kölner Uniklinik!“ Margot stieß einen entsetzten Laut aus. „Um Himmels Willen! Semir, was ist passiert und warum kann Andrea mich nicht anrufen, ist es etwas Schlimmes, hattet ihr einen Unfall?“ sprudelte sie heraus. Semir musste erst seine Maske wieder aufs Gesicht ziehen und ein wenig Sauerstoff einatmen, so knapp war seine Luft. Gerade begannen seine Sättigungs-und andere Alarme anzuschlagen, da brachte er gerade noch kurzatmig heraus. „Nein, ist nicht so schlimm!“ da kam auch schon der Frühdienstpfleger herein, um nach der Alarmursache zu sehen. Er hatte mit einem Blick die Situation erfasst, nahm Semir das Telefon aus der Hand, der nun angestrengt nach Luft japste und noch versuchte „Oma!“ zu formulieren. Der Pfleger meldete sich am Telefon und sagte: „Hier spricht Herr Maier von der Intensivstation der Uniklinik Köln. Herr Gerkan kann jetzt leider nicht mehr länger telefonieren, aber vielleicht kann ich ihnen helfen?“ während er das Bettkopfteil Semir´s höherstellte und den Sauerstoff weiter aufdrehte.
Margot war völlig entsetzt, als sie die Geräusche im Hintergrund hörte und machte sich große Sorgen um Andrea und Semir. „Mein Schwiegersohn hat mir gerade mitgeteilt, dass er und meine Tochter im Krankenhaus liegen. Können sie mir bitte sagen, was passiert ist und was den beiden fehlt!“ fragte sie angstvoll. Der Pfleger überlegte kurz, aber das war wohl keine Schweigepflichtverletzung und deshalb sagte er: „Herr Gerkan liegt zur Überwachung bei uns und hat Probleme mit der Atmung, deshalb kann er gerade nicht telefonieren. Ihre Tochter wurde an den Händen operiert und liegt momentan noch im Aufwachraum und schläft ihre Narkose aus. Sie kommt später auf Normalstation und kann sie dann sicher anrufen und näher informieren. Ich muss mich jetzt nur um meinen Patienten kümmern!“ sagte er, denn Semir begann nun schon ein wenig blau zu werden. „Richten sie ihm bitte aus, ich fahre sofort los zu meinen Enkelkindern und gute Besserung!“ sprudelte Margot hervor und dann legte der Pfleger das Telefon weg, denn er hatte nun Wichtigeres zu tun.
Ben hatte, nachdem er so beunruhigt wach geworden war und das blöde Ding aus seinem Hals gezogen hatte, keine Erinnerung mehr an die Zeit danach. Er hatte noch gemerkt, dass er immer schwerer Luft bekam und war froh gewesen, als er wieder einschlafen durfte. Jetzt hörte er im Unterbewusstsein Alarmtöne und Geräusche, abgehackte Stimmen schwirrten durch sein Bewusstsein und er versuchte mühsam die Augen zu öffnen. Als er es geschafft hatte, starrte er völlig verständnislos auf die Szene, die sich direkt vor seinen Augen abspielte. Mehrere in brombeerfarbene Kleidung gehüllte Menschen kümmerten sich um jemand direkt vor ihm und als er die Augen zusammenkniff, um klarer zu sehen, konnte er auf einmal Semir erkennen, der blau angelaufen im Bett neben ihm lag. Seine Gedanken flossen zwar träge, aber klar war, dass er da irgendwas tun musste. Er begann gegen seine Fesseln zu kämpfen und gegen die Beatmung zu pressen.
Der Frühdienstpfleger drehte sich kopfschüttelnd zu ihm um und erfasste mit einem Blick die Situation. „Du liebe Güte, jetzt fängt der Nächste an, das kann ja ein heiterer Frühdienst werden!“ sagte stoisch und verpasste Ben einen großzügigen Bolus Narkosemittel aus dem Perfusor, bis der die Augen wieder schloss und schlaff wurde. -
Jetzt weiß also Timo schon mal, dass seine künstlerischen Fähigkeiten von dem Japaner gewünscht sind-ob der Rahmen allerdings so gesetzeskonform ist, liegt wirklich in den Augen des Betrachters-sicher will ein reicher Japaner nur ein Zimmer mit nachgemachten Banknoten tapezieren.
Semir gibt inzwischen, indem er sein Dietrichset zückt, der Chefin Einblick in seine und Ben´s Arbeitsmethoden. Die hätten jetzt gesagt: "Hast du es auch gehört? Da kam ein Schrei aus der Wohnung!" und dann völlig legaldie Tür geöffnet.
So allerdings kommen er und Kim, eher zufällig, doch zu den Bewohnern der Wohnung, die sie allerdings nur noch in Einzelteilen ( schauder ) antreffen. Wetten, dass Hartmut innerhalb kürzester Zeit nähere Informationen hat! -
Die ging schnurstracks zu Andrea in den Aufwachraum. Andrea hatte zwar die Augen geschlossen und schien zu schlafen, aber als Sarah-mit einem Lächeln von der diensthabenden Schwester begrüßt- nähertrat, schlug sie müde die Augen auf und sagte: „Hallo Sarah! Wie geht´s den Jungs-hast du die Lage im Griff?“ und Sarah riss sich zusammen und lächelte zurück. Ohne konkret auf Andrea´s Frage einzugehen, sagte sie: „Ich soll dir von Semir die allerbesten Wünsche und Grüße ausrichten-er muss am Monitor bleiben und kann dich deshalb noch nicht besuchen. Ben ist noch intubiert und beatmet, aber er liegt mit Semir in einem Zimmer und ich hoffe jetzt einfach, dass die während meiner Abwesenheit keinen Blödsinn machen!“ und Andrea musste auf diese Information hin lächeln. „Wenigstens sind unsere Männer zusammen und das ist schon viel wert!“ meinte sie und schloss wieder erschöpft die Augen.
„Wie fühlst du dich Andrea und hast du Schmerzen?“ wollte Sarah nun noch wissen, die ja Semir ausführlich Bericht erstatten musste. „Ich habe keine Schmerzen, bin aber hundemüde und möchte jetzt dann einfach ein Ründchen schlafen!“ gab Andrea zu und schloss die Augen. „Ich besuch dich morgen, wenn du auf Normalstation bist und erzähl Semir, dass es dir einigermaßen gut geht, wenn´s dir Recht ist!“ sagte Sarah und Andrea lächelte. „Klar, mach das!“ sagte sie und so verließ Sarah den Aufwachraum mit einem erleichterten Aufatmen. Sie hatte die gefährlichen Klippen umschifft und jetzt konnte Andrea ihre Narkose ausschlafen und dann sah man untertags weiter. Sie hatte beide Hände auf Gipsschienen gewickelt und hochgelagert, aus jeder Hand kam eine kleine Saugdrainage und eine Infusion versorgte sie mit Flüssigkeit und Schmerzmitteln. Um die musste sie sich gerade keine Sorgen machen-im Gegensatz zu den beiden Männern. Als sie langsam zurück auf die Intensiv ging, musste sie sich mehrmals am Türrahmen festhalten, weil ihr schummrig wurde.Auf der Intensiv angekommen, beobachtete das der Intensivarzt, der gerade seinen zweiten Zugang verkabelt hatte. „So Sarah, jetzt ist Schluss mit lustig. Du gehst jetzt sofort in deine Wohnung und legst dich da ins Bett. Vor 14.00 Uhr will ich von dir gar nichts sehen! Verabschiede dich von deinen Freunden und nimm eine halbe Tavor, bevor du dich hinlegst. Du bist sonst die Nächste, die hier am Monitor hängt, also sei vernünftig!“ redete er ihr ins Gewissen und Sarah musste einsehen, dass er Recht hatte. Sie konnte wirklich nicht mehr und so ging sie erst noch zu Ben und Semir, verabschiedete sich von den beiden Kranken, die zu schlafen schienen, richtete ihrer Kollegin die Grüße seiner Frau an Semir zur späteren Weiterleitung aus und taumelte dann mehr, als sie ging, in ihr Appartement. Den Ersatzschlüssel hatte sie auf ihrer Station deponiert und noch kurz geholt, aber als sie in ihrer Wohnung war, nahm sie die Beruhigungstablette folgsam mit einem Schluck Wasser und legte sich in voller Intensivmontur in das Bett, das ja schon von Irina benutzt worden war. Das war ihr allerdings im Augenblick völlig egal und obwohl sie nicht einmal die Läden geschlossen hatte und draußen gerade der Tag anbrach, war sie binnen kurzem eingeschlafen.
Als Semir nach einem kleinen Erschöpfungsschlummer erwachte, weil die Nachtschwester an den Frühdienstpfleger Übergabe machte, sagte sie zu ihm: „Sarah lässt liebe Grüße von ihrer Frau ausrichten, der geht es den Umständen entsprechend gut. Sie selber hat sich in ihrem Appartement ein wenig hingelegt, sonst hätte sie nämlich unser Stationsarzt auch noch aufgenommen. Es war für sie alle gestern ein harter Tag, jetzt hoffen wir, dass sie den unbeschadet überstehen!“ und Semir nickte unter seiner Maske. Er hörte zu, was die Pflegerin zu ihm und danach zu Ben zu sagen hatte.
„Herr Gerkan wurde bei der Entführung am Köln-Bonner Flughafen als Geisel genommen. Dabei wurde Fentanylgas in die Passagierkabine eingeleitet, was zur sofortigen Bewusstlosigkeit und im weiteren Verlauf zum Atemstillstand führte. Seine Frau kam anscheinend gerade rechtzeitig hinzu und hat ihn beatmet, bevor es zu schwerwiegenderen Schädigungen kam. Damit hat er vermutlich mehr Glück als unser anderer Zugang. Seine Frau liegt übrigens in der Handchirurgie, weil sie sich bei der Rettungsaktion die Hände schwer verletzt hat.
Er wurde zunächst vor Ort notfallmäßig intubiert, aber kurz darauf, nach Naloxongabe, wieder extubiert. Im Verlauf flutete heute Morgen das Fentanyl wieder an, aber leider hat er, kurz bevor wir mit dem Naloxon da waren, erbrochen und Magensaft aspiriert. Er soll jetzt engmaschige Blutgaskontrollen, Sauerstoff und großes Labor kriegen, ein Röntgen-Thorax ist auch schon im PC eingegeben. Wir haben nachgeschaut-die Halbwertzeit von Fentanyl liegt bei vier Stunden, also so langsam sind wir aus dem kritischen Bereich heraus!“ Der Pfleger nickte und Semir nahm sich vor, später zu fragen, was es mit dieser Halbwertzeit auf sich hatte. Während nun die Schwester die etwas ausführlichere Übergabe von Ben machte, schloss er noch kurz die Augen, um Kraft für seinen Anruf bei seiner Schwiegermutter zu sammeln.