Beiträge von susan

    Semir stürmte, nachdem er die Tür zum Schloss geöffnet hatte durch die Eingangshalle los. Hartmut folgte ihm ein wenig langsamer. Im Gegensatz zu Semir, der nachdem er den Lichtschalter betätigt hatte, einfach blitzschnell weitergerannt war, nahm Hartmut die Dinge, die hier ausgestellt waren, durchaus wahr.
    Semir durchquerte die Wohnräume, aber inzwischen konnte man, zwar gedämpft, aber doch deutlich, wieder hören, wie Ben überrascht und voller Schmerzen aufschrie. Semir suchte, wo es in Richtung der Schreie führte und wenig später fand er sich auf dem Weg nach unten zum Verließ. Als Semir dort anlangte, sah er sich hektisch um. Er war sich so sicher gewesen, seinen Freund da zu finden, aber der Kerker war leer! Allerdings konnte Semir verschiedene Folterwerkzeuge wahrnehmen und dazu Blut auf dem Boden. Ben´s Blut? Momentan war alles ruhig und so suchte er hektisch, wohin sein Freund wohl verschwunden sein könnte. Er erklomm wieder die Stufen nach oben und tatsächlich-vorhin von ihm nicht bemerkt, führte noch ein anderer Weg augenscheinlich ins Freie! Semir kam an der zersplitterten Holztür vorbei und meinte dann, seinen Augen nicht zu trauen, als sich sein Sehvermögen an die Gegebenheiten des Burghofs angepasst hatte.

    Ben, der auch im Halbdämmer und auf die Entfernung nicht gut aussah, lag festgebunden auf einem Tisch mitten im Hof. Nicht weit von ihm loderte ein Lagerfeuer, das unter anderen Umständen sicher romantisch gewesen wäre. Aber so waren die herumtanzenden Gestalten eher einer irren Phantasie, als dem realen Leben entsprungen. Teufel, Vampire und Werwölfe umrundeten den Tisch und bei jeder Berührung mit Ärmel oder Klaue schrie Ben kurz auf. Obwohl das Farbensehen in diesem diffusen Licht schwierig war, konnte Semir erkennen, dass das Blut von Ben´s Armen und Beinen auf den Boden tropfte.
    Als wäre die Choreographie abgesprochen, verharrten die Tänzer abrupt, ein anderer übernahm die Handykamera und der wilde Reigen begann von neuem. Einer der Tänzer ergriff nach einer ganzen Weile, in der Semir fieberhaft überlegte, wie er alleine mit diesen Typen fertig werden sollte, mit einer spielerischen Bewegung die mit Eisenzacken gespickte Walze und setzte sie nachlässig auf Ben´s Oberkörper an. Als sich die scharfen Zacken in die Brust seines Opfers gruben, schrie der erneut gepeinigt auf. In diesem Moment zückte Semir seine Waffe und rief laut und autoritär: „Stehenbleiben, Polizei! Werfen sie die Waffen weg und treten sie mit erhobenen Händen vom Tisch weg!“ Nach einer Schrecksekunde ertönte wildes Gelächter und völlig unbeeindruckt begann der Reigen fortzufahren. Semir trat mit gezogener Waffe näher, aber sobald er in Ben´s Richtung aufrückte, hörten zwei der Gestalten auf zu tanzen und traten drohend auf Semir zu.

    Was sollte er tun? Von Hartmut war nichts zu sehen und außerdem war der, wie fast immer, unbewaffnet. Inzwischen waren die beiden Gestalten so nahe bei ihm, dass er, sogar wenn er schoss, nie alle außer Gefecht setzen konnte. Verdammt, was sollte er bloß tun, um Ben zu retten? Auf einmal nahm er hinter sich eine Bewegung war. Als er sich umdrehte, meinte er vor Schreck erstarren zu müssen-da war noch so ein Typ! Er hatte Teile einer Ritterrüstung an, einen dunkelroten Umhang um und auf dem Kopf prangte eine Art afrikanische Maske. Große Hörner wuchsen aus seinem Kopf und das Ganze war irgendwie unwirklich beleuchtet. Als die Gestalt ihre elektronisch veränderte Stimme erhob, meinte Semir seinen Ohren nicht zu trauen. Zwar verzerrt, aber unverkennbar-das war Hartmuts Stimme. Er hob an: „Meine Freunde, ich bin Minos, der Hadesrichter! Folgt mir, dann werde ich euch zeigen, was Satan für euch, seine treuen Diener, vorgesehen hat!“
    Semir meinte nun, auch seinen Augen nicht zu trauen. Weil ihre Sinne, auch durch den Genuss der Drogen und die Ekstase, in die sie sich getanzt hatten, vernebelt waren und sie nicht mehr zwischen ihrem Spiel und der Realität unterscheiden konnten, kamen zögernd die sechs unheimlichen Gestalten, gingen an ihm vorbei und folgten, wie eine Horde Schafe, der Gestalt, die vorausging. Hartmut-denn er musste das sein- geleitete sie zu einem Kellerraum, den er zuvor ausfindig gemacht und in dem er Licht angemacht hatte. Er bat sie, mit einer höflichen Geste, nacheinander einzutreten und als der letzte darin verschwunden war, warf er die Tür zu und legte den Riegel vor. Es dauerte keine 30 Sekunden, dann bemerkten die Freaks, dass sie gelinkt worden waren und warfen sich zornig von innen gegen die Tür, aber die hielt den Angriffen stand. Hartmut riss sich aufatmend die merkwürdige Verkleidung vom Körper und endlich löste sich auch Semir aus seiner Erstarrung. Während Hartmut sein Smartphone, das er zum Stimmenverzerren genutzt hatte, wieder auf Normalbetrieb umstellte, die Zentrale verständigte und einen RTW und Notarzt bestellte, rannte Semir, so schnell er konnte, zu Ben.

    Der sah ihn, mit vor Schmerz verdunkelten Augen, an und stammelte undeutlich, während Semir in Windeseile die Stricke löste. „Semir, du bist gekommen!“ Der überlegte kurz, was er für seinen Freund tun konnte, aber das Einzige, was ihm sinnvoll erschien, war, den in die Arme zu nehmen und ihn zu trösten, bis die professionellen Rettungskräfte eintrafen, nicht dass er noch mehr Schaden anrichtete, als sowieso schon geschehen war, wenn er ihn bewegte. Der Tisch schien stabil zu sein, deshalb schwang er sich hinauf und bettete Ben´s schweißfeuchten Kopf mit dem geschwollenen, blutunterlaufenen Kiefer auf seinen Schoß. Er nahm dessen beide Hände in die seinen und so saßen sie noch, als wenig später die ersten Polizeistreifen eintrafen.

    Die Freaks hatten inzwischen einige Folterwerkzeuge aus dem Keller geholt. Die eisernen Zangen, die Daumenschrauben und eine mobile mit Eisenspitzen besetzte Walze, der gespickte Hase, an einem Holzstiel, wurden von den jungen Männern unter aufgeregtem Gegröle nach oben geschleppt.
    Ben hatte die Augen geschlossen. Wie es wohl sein würde zu sterben? Oft schon war er in schier aussichtslosen Situationen gewesen. Teilweise mit, teils ohne Semir. Sie waren gemeinsam dem Tod mehr als einmal nahe gewesen, aber nun würde sich sein Weg vollenden. Niemand außer Berghoff und seinen Folterknechten hatte eine Ahnung, wo er war und so tendierte die Chance, gerettet zu werden gegen Null. Gerade gestern hatte er ein paarmal einen Anflug von Mitleid bei Berghoff gespürt und gehofft, dass der doch noch ein moralisches Empfinden entwickeln und ihn frei lassen würde. Vielleicht auch gegen das Zugeständnis der Straffreiheit oder zumindest Vergünstigungen im Vollzug, aber gegen dies Freaks in ihren Fantasykostümen war er hilf-und machtlos. Mit denen konnte er auch nicht sprechen, wie mit normalen Menschen, wobei ihm das mit dem gebrochenen Kiefer sowieso schwerfiel. Ob er wohl sehr leiden würde, bis es vorbei war?

    Semir hatte es inzwischen geschafft, den richtigen Schlüssel zu finden. Er sperrte das Schloss auf und wie ein wilder Stier rannte er los, um seinen Freund und Partner zu finden. Hartmut hatte, während Semir noch Schlüssel probierte, Susanne angerufen. „Wir sind in der Burg-leider ist hier keine Polizeistreife weit und breit! Bitte schick uns sofort Verstärkung-dieser Florian Tewett ist auf jeden Fall mit dem gesuchten Fahrzeug hier und ein weiterer Wagen steht daneben. Ich weiß nicht, mit wie vielen Gegnern wir es zu tun haben, aber auf jeden Fall lebt Ben-wir haben ihn schreien hören!“ teilte er ihr mit. Susanne und die Chefin saßen angespannt in der PASt und die Administratorin leitete sofort alles in die Wege, damit schnelle Hilfe vor Ort kam. Die Chefin dagegen sprang auf, griff nach ihrer Jacke und sagte knapp: „Ich fahre jetzt sofort auf diese Burg. Auch wenn vermutlich schon alles vorbei ist, bis ich dort bin-ich kann hier nicht untätig am Computer sitzen, während meine Männer um ihr Leben kämpfen!“ und damit stürmte sie zu ihrem A-Klasse Mercedes.

    Während einer der Freaks seine Handykamera einschaltete und zu filmen begann, inszenierten die anderen Fantasygestalten einen bizarren Tanz um ihr gefesseltes Opfer. Obwohl keine Musik lief, meinten die zugedröhnten Typen Chöre zu hören und tanzten sich immer mehr in Ekstase. Entweder hatten sie scharfgeschliffene, lange, künstliche Fingernägel, oder es waren Rasierklingen in die Enden ihrer Mäntel eingenäht. Bei jeder Umrundung wurde Ben berührt und jede Berührung hinterließ einen scharfen Schnitt an Arm oder Bein. Ben hatte überrascht aufgeschrien, als die ersten Schnitte erfolgten, aber bald seine Lautäußerungen eingestellt. Wie gerne würde er tapfer sein, aber es machte erstens keinen Unterschied, ob er schrie oder nicht und zweitens konnte er auch keine Gnade erwarten. Er hatte auch die anderen Folterwerkzeuge, die auf dem Boden neben dem Tisch lagen, gesehen, aber sich nicht vorstellen können, wofür die dienten.
    Der aktuell filmende Freak hatte den Daumen nach oben gereckt. Es sah einfach toll aus, was seine Kumpels da machten! Wenn sie das auf ihren Videoplattformen international gegen Bezahlung verbreiten würden, konnten sie einen Haufen Kohle machen. Jeder Mitwirkende in diesem grausamen Spiel war die beinahe exakte Kopie eines Fantasywesens mit Superkräften aus dem Computerspiel, das gerade in ihren Kreisen angesagt war-Dantes Inferno.

    Auch von mir Gute Besserung, Mrs Murphy!
    Ich habe selber ein Kratzen im Hals-aber ich werde jetzt erst mal reiten gehen und dann sehen, wies mir dann so geht-klar Wellnessurlaub und krank, das wäre der Supergau!
    Auch bin ich immer noch geschockt-vorgestern ist ein guter Freund-Norbert- überraschend gestorben-vermutlich was mit dem Herzen. Die Kinder sind 12,15 und 18 Jahre alt-es ist einfach nur schrecklich. Allerdings lenkt Geschichtenschreiben durchaus ab, also lasst euch überraschen.

    Ja-Hotte und Dieter haben sich gerade nicht mit Ruhm bekleckert! Das war auf der ganzen Linie eine dilettantische Bewachung und Polizeiaktion.
    Semir wurde das zum Verhängnis, allerdings ist er teilweise schon selber schuld-er hätte Tom mal lieber früher verständigt!

    Also jetzt ist Werner zweifelsfrei von zwei Seiten identifiziert. Semir ist auch überrascht, dass Dammann die Information über die Fingerabdrücke gar nicht erhalten hatte-der ist allerdings nicht sauer deswegen, sondern kündigt Semir jetzt an, dass der Fall sogar dienstlich wegen des Orts der Geldübergabe für ihn interessant sein könnte-allerdings weiss ich ja nicht-erstens ist Semir im Urlaub und zweitens ja eigentlich persönlich involviert-aber hat ihn sowas schon jemals interessiert? :rolleyes:

    Ich finde es sehr fürsorglich von Dammann, dass er sich anbietet, Martina zu ihren Eltern zu bringen-dieser Polizist wird mir immer sympathischer-so ein Schnuckel! ;)

    Hieronymus und seine Freunde hatten es inzwischen geschafft mit wuchtigen Axtschlägen die Tür aufzubrechen. Ein Teil der Crew hatte derweil angefangen, Holz aus dem kleinen Schuppen zu schleppen und einen großen Haufen im Schlosshof aufzuschichten. Einer der Freaks hielt sein Feuerzeug ans Kleinholz und bald loderten die Flammen zum Himmel. „Das gibt einen klasse Hintergrund und wofür man den Haufen sonst noch brauchen kann-wer weiß?“ sagte er gackernd zu seinem Kollegen. Gemeinsam betraten nun alle sechs nacheinander das Verließ. Als ihre Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, bewunderten die Freaks erst mal die verschiedenen Folterwerkzeuge. Sogar eine eiserne Jungfrau war zu sehen, eine Art zweiteiliger Metallpanzer mit innenliegenden Eisenspitzen, die den Verurteilten durchbohrten, wenn man die Rüstung schloss, so dass lebenswichtige Organe verletzt wurden und der Delinquent so langsam verblutete. „Aber das ist nichts für uns, das ist zu unspektakulär!“ wies Hieronymus seine Kumpels an. Nun traten zwei der Typen in den Kerker und beugten sich zu Ben: „Lebt der überhaupt noch?“ wollte der eine wissen und stieß ihn mit der Stiefelspitze an, aber da hatte Ben schon den Kopf gedreht und ihn mit verquollenen Augen angesehen. „Na Gott sei Dank!“ sagte er und sie begannen, den Schlüssel zu suchen, mit dem man das Kettenschloss öffnen konnte, mit dem Ben an der Wand fixiert war.
    Nachdem sie nirgendwo einen Schlüssel fanden, holte der eine der Jungen die Axt, mit der sie die Tür aufgebrochen hatten. Auch wenn es eine ganze Weile dauerte, aber nach vielen Schlägen zerbrach plötzlich ein Metallglied der Kette und sie konnten Ben aus seinem Verließ holen.

    Der war aus seinem Dämmerzustand erwacht, als die wuchtigen Schläge an der hölzernen Tür zum Hof zu hören waren. Nahte jetzt seine Rettung? Berghoff hatte schließlich einen Schlüssel und würde keine Türen aufbrechen müssen. Ben lauschte, ob er eine bekannte Stimme hören konnte, aber außer gedämpftem, gelegentlichen Gelächter, konnte er nichts wahrnehmen. Gut, das war jetzt unwahrscheinlich, dass seine Polizeikollegen eine solche Aktion dermaßen lustig fanden, dass die gleich vor sich hingackerten, wie eine Horde Schuljungen. Aber wer in Gottes Namen war das dann? Wenig später wurde das Geheimnis gelüftet, als Hieronymus plötzlich vor ihm stand. Ben hatte die Augen kurz aufgemacht, aber gleich wieder geschlossen, denn die Gestalten, die ihn umringten, sahen aus, wie aus Dante´s Inferno entsprungen. Er konnte sich erinnern, wie er als Kind mit Schaudern dieses Buch der Weltliteratur gelesen hatte und nächtelang nicht schlafen konnte, wenn er sich die Teufel und anderen Gestalten der Göttlichen Komödie vorgestellt hatte. Nun standen die fleischgewordenen Abbilder vor ihm, geschminkt, tätowiert und mit farbenprächtigen Umhängen, Teufelshörnern, die aussahen wie echt, Reißzähnen wie sie Werwölfe hatten und anderen geschmacklosen Details verunstaltet. Für diese Freaks allerdings war diese Kostümierung Programm-sie lebten in einer eigenen, düsteren Welt, die eher an ein Fantasyspiel, als an die Realität erinnerte. Das war ihr Weg aus dem grauen Alltag und sie verbrachten auch viel Zeit damit, in interaktiven Onlinespielen mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt zu spielen und sich im fiktiven Kampf zu messen. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion waren schon lange verwischt, dazu kam noch der regelmäßige Drogenkonsum-die Gehirne dieser Jungen waren schon eine ganze Weile nicht mehr als normal zu bezeichnen. Auch Begriffe wie Moral und Ethik kamen in ihrer Welt nicht vor-man tat rücksichtslos das, worauf man Lust hatte und jemand anderen zu quälen und zu erniedrigen war ihnen mehr wert, als alles andere.
    Zwei der Freaks hatten ihre hochwertigen Smartphones hervorgeholt, um ihre Aktion zu filmen, wenn der Mann mit der Profiausrüstung jetzt nicht bald erschien. Nach einem Blick auf die Uhr sagte Hieronymus: „Fangen wir an, ich denke, der wird nicht mehr kommen!“ und schon begannen sie Ben von seinem Strohsack zu zerren. Der schrie gequält auf, als er auf die Füße gezogen wurde. Erstens hatte er keinerlei Kraft, sich hinzustellen und zweitens gab der geschwollene Fuß unter seinem Gewicht nach. Die Freaks langten zu und irgendwie packten sie ihr Opfer und schleiften es über die Treppe nach oben ins Freie.

    Ben hatte vor Qual die Augen geschlossen und nur dumpf gestöhnt, zu mehr hatte er gar nicht mehr die Kraft. Als er nun die Augen öffnete, sah er, wo er war. Das war doch der Schlosshof mit dem Brunnen, wo er sich gewaschen hatte. Es schien ihm eine Ewigkeit her, er konnte nicht sagen, wie viele Tage seitdem vergangen waren. Wo zum Teufel war Berghoff? Er konnte ihn nirgends entdecken, obwohl ihm das wohl auch nichts mehr gebracht hätte. Der war wenigstens ansatzweise noch ein menschliches Wesen, während diese Gestalten, die da in ihren Umhängen um ihn herum huschten, einer anderen Art anzugehören schienen. In der Mitte des Hofs hatten sie einen Tisch aufgestellt, neben dem ein paar Stricke lagen. Grob packten sie ihn, legten ihn der Länge nach hinauf und banden ihn fest. Als Ben die Augen öffnete, sah er direkt in den Nachthimmel. Der Vollmond tauchte die Zinnen der Burg in ein geisterhaftes Licht, es wäre unter anderen Umständen ein schöner Abend gewesen, aber so würde es sein Todestag sein.

    Semir raste derweil mit Höchstgeschwindigkeit den Burgberg hinauf. Hartmut war ganz still geworden und rechnete jede Sekunde damit, dass sie vom Weg abkamen und in den Abgrund stürzten, aber Semir hatte den BMW voll im Griff. Als er mit quietschenden Reifen im Burghof anhielt, sprang er schon heraus, bevor der Wagen ganz zum Stehen gekommen war. Direkt neben seinem Auto standen zwei weitere Fahrzeuge, darunter der Mini, der zur Fahndung ausgeschrieben war. Plötzlich wurde die geisterhafte Stille von einem gedämpften Schrei durchbrochen, der aus der Richtung der Burg zu kommen schien. Semir erkannte sofort, wer da geschrien hatte-es war Ben. Er spurtete sofort los mit seinem Schlüsselbund in der Hand und begann mit zitternden Händen den richtigen Schlüssel zu suchen, der ihnen die Tür ins Innere des Gemäuers öffnete.

    Hieronymus und seine Freunde waren Punkt 20.00 Uhr im Burghof eingetroffen. Von Berghoff und seinem noblen Geländewagen war weit und breit nichts zu sehen, aber Hieronymus hatte auch keine Nachricht auf seinem Handy. Gut, dann würden sie eben warten! Sie ließen ein paar Bierflaschen kreisen und genossen die Vollmondnacht. Auch ohne Licht war die Gegend in einen geisterhaften Schimmer getaucht. Die Bäume rund um die Burg rauschten, ab und an schrie ein Käuzchen und als sie nach oben sahen, ragten die Zinnen der Burg trutzig in den Nachthimmel. Nach einer Weile begann Hieronymus unruhig zu werden. Er wollte sein Vergnügen und zwar jetzt und sofort! Er war für seinen Jähzorn bekannt und seine Eltern hatten schon sehr früh begonnen, alle seine Wünsche zu erfüllen, da er sonst sehr ungemütlich werden konnte. Was fiel diesem Berghoff ein? Hatte der kalte Füße bekommen und meinte jetzt, dass er aus der Sache rauskam, indem er einfach nicht erschien? Hieronymus zückte sein Handy-da hatte er die Nummer Berghoffs gespeichert- aber als er anrief ging nur die Mailbox ran. Wenig später rief ihn sein Vater an: „Florian, die Polizei war gerade bei mir, die haben mir das Video gezeigt! Lebt der Mann noch?“ fragte er. „Florian antwortete: „Ja, Berghoff ist noch nicht aufgetaucht!“, aber sein Vater sagte nur kurz: „Du musst das irgendwie zu Ende bringen, wir können keine Zeugen brauchen!“ und Florian nickte, obwohl das sein Vater ja nicht sehen konnte.

    Kurzentschlossen forderte Hieronymus seine Kumpels auf: „Wir schauen, wie wir selber in die Burg kommen, ich lasse mich doch nicht verarschen!“ Die Zugbrücke war zwar unten, aber das große Tor war verschlossen. Der Burggraben war wie in alten Zeiten mit brackigem Wasser gefüllt, aber im Laufe der Jahrhunderte waren Büsche und Bäume an der Burgmauer emporgewachsen. Eine Weide ein Stück hinterhalb war so hoch, das man problemlos die Burgmauer darüber erklimmen konnte und so kletterten die grusligen Gestalten, nachdem sie vorsichtig an dem kleinen Uferstück entlang balanciert waren, über die Weide auf die Burgmauer. Innen waren einige Gebäude angebaut und über die Dächer von zwei Schuppen gelangten die Sechs in den Schlossinnenhof, in dem der Brunnen stand. Als Hieronymus mit einer mitgeführten Taschenlampe in einen Schuppen hineinblickte, waren da Holz und Kohlen gelagert. Da würden sie nachher ein schönes Feuer machen, aber zuerst mussten sie zusehen, wie sie zu ihrem Opfer kamen. Hieronymus erkannte die rohe Holztür, durch die Berghoff mit dem Feuerholz gekommen war-die führte direkt zum Verließ. Wenn sie die aufbrachen, waren sie dort, wo sie hinwollten. Einer seiner Kumpels hatte eine Axt gefunden, die zum Holzhacken im Schuppen parat lag und so begannen sie mit wuchtigen Schlägen auf die Tür einzuschlagen, um sie aufzubrechen.

    Die Chefin hatte sich bei Hartmut gemeldet: „Ich habe eine Polizeistreife gebeten, dort schon mal nach dem Rechten zu sehen!“ und Hartmut und Semir bedankten sich. Wenigstens hatten sie schon Verstärkung vor Ort. Ob sie wohl weitere Einsatzkräfte brauchen würden? Allerdings war es zwar naheliegend, aber nicht absolut sicher, dass Ben tatsächlich auf der Burg war. Sie entschlossen sich, erst mal abzuwarten und selber nachzusehen, was los war. Das SEK konnte man immer noch dazu fordern, aber mit so ein paar schmalbrüstigen Jüngelchen würden sie auch alleine fertig werden! Als sie schon kurz vor dem Ziel waren, sahen sie plötzlich den Schein von Blaulichtern vor sich auf der Bundesstraße. Die war total gesperrt, ein paar Autos stauten sich und vorne am Stau konnte man erkennen, dass da zwei Rettungswagen und ein Streifenfahrzeug standen.
    Semir checkte kurz die Lage, aber als er neben der Straße einen parallelen Feldweg erkennen konnte, stieß er kurz zurück und durchbrach das kleine Gebüsch, das diesen von der Straße trennte. Die Äste und Zweige verschrammten den Lack des BMW, aber das war egal. Semir fühlte, dass Ben nicht mehr viel Zeit hatte, er musste zu ihm und zwar sofort! Er bretterte den Feldweg entlang und fuhr kurz nach der Unfallstelle wieder auf dieselbe Weise auf die Straße zurück. Hartmut klammerte sich krampfhaft an seinem Sitz fest, sagte aber keinen Ton. Semir´s grimmigem Blick nach zu urteilen, hätte das sowieso nichts gebracht und außerdem war auch Hartmut extrem unwohl bei dem Gedanken, dass Ben jetzt mit einer Horde verrückter Freaks alleine auf der Burg war. Gut, er und Semir hatten zwar den Schlüssel, aber man konnte trotzdem nie wissen!

    Also ich wäre mir da nicht so sicher!
    Im wirklichen Leben funktioniert es genau so, dass etwas schon lange schief läuft, aber immer alle Seiten sich damit arrangieren. Irgendwann hält es dann einer der Beteiligten nicht mehr aus und dann rätseln alle, wie das nur passieren konnte.
    Einerseits möchte ich nicht, dass die Serie so real ist-bin doch eher der Friede, Freude, Eierkuchen-Typ, aber andererseits kann ich meine Augen vor der Realität auch nicht verschließen. Warten wir mal ab-aber ich habe meine Kinder durch die berufliche Situation meines Mannes-Fernfahrer international, maximal 20 Stunden die Woche zuhause und das noch nicht mal planbar-auch völlig alleine aufgezogen-ich kenne viele in der selben Situation, die das Handtuch geschmissen haben-also ich könnte der Figur Andrea das nicht verdenken!

    Tja-ich bin in mich gegangen-tatsächlich schaffe ich das vor dem Urlaub nicht mehr ohne Cliffhanger, wenn ich mich nicht spute-heute Abend gibts Abendessen!° Ach Sabrina-vielleicht sehen wir uns ja dann, wenn ich Ben wieder einfange? :D Und der wird nicht humpeln-mein Dope ist stärker!

    Der Polizist fährt nun zur Ehefrau des Ermordeten. Die ist völlig aus dem Häuschen, als sie erfährt, dass ihr Mann tot ist. Ich denke,auf die Identifizierung könnte sie jetzt auch dankend verzichten! Allerdings erfährt Dammann nun nähere Einzelheiten. Ich vertraue stark darauf, dass die Verbrecher heute Abend bei der Geldübergabe gefasst werden!

    Andrea hat Semir verziehen-sie überlegt zwar noch, wie sie das QM in der Realität umsetzen soll und sind wir mal ehrlich-erfolgsorientiert arbeiten Tom und Semir schliesslich-aber vielleicht ließen sich Ressourcen ( z. B. Autos) sparen, wenn sie das, was sie gerade lernt, konsequent anwenden. Leider erreicht sie ihn gerade nicht-wir wissen zwar warum, aber Andrea ist deswegen völlig unbesorgt und trifft sich mit einer Kollegin auf ein Gläschen an der Hotelbar.
    Daniela ist derweil überrascht, was ihr Ehemann für eine linke Bazille ist-allerdings wird sie trotzdem mit ihm fliehen, wenn er ihr eine sorgenlose Zukunft bietet-oder doch nicht? ?(

    Im Gegensatz zu Semir und André finden Kevin und Ben die Identität des Übeltäters erst mal nicht anhand von Fotos heraus.
    Als sie allerdings erfahren, dass die zwei Frauen, die als Lockvogel unterwegs waren , nun tot sind, erschrecken sie, denn nun kommt die ganze Brutalität dieser Verbrecher ans Tageslicht.
    Mit diesen geben sich inzwischen Semir und André ab. Man kennt sich und Berger hat eindeutig was gegen André in der Hand-bin ja gespannt, ob er Semir darüber aufklärt, was das ist!

    Die Chefin hatte inzwischen die örtliche Polizei verständigt und gebeten, doch genau auf der Burg nachzusehen. Noch während Semir und Hartmut in Spitzengeschwindigkeit nach Burg Niedereck fuhren, traf ein Streifenfahrzeug dort ein. Zwei Kleinwagen, davon einer mit auffälliger Totenkopfverzierung standen im Burghof, aber die Türen waren verschlossen und es war alles ruhig, nirgends brannte Licht und als die Polizisten zu einem schweren Verkehrsunfall auf der benachbarten Bundesstraße gerufen wurden, verließen sie ohne zu zögern den Burgberg wieder, was hätten sie sonst auch tun sollen?

    Hieronymus hatte ein paar Kumpels aus der Szene aufgetan, die dachten wie er, allerdings ohne das nötige Kleingeld zu besitzen. Wegen seiner finanziellen Möglichkeiten war er dort der Star und als er ihnen vorsichtig die Idee mit dem Snuff-Video unterbreitete, waren die Feuer und Flamme. Er war zu seinem Vater gegangen und hatte ihm schonungslos die Wahrheit gesagt. „Papa, es war so herrlich, diesen Mann, der sowieso sterben muss, zu quälen. Berghoff muss ihn loswerden, denn es waren auch vor mir schon welche an ihm dran, soweit ich gesehen habe. Wenn der lebend gefunden wird, gibt das einen Skandal, darum haben Berghoff und ich ausgemacht, ein Snuff-Video zu drehen. Das wird dir sicher gefallen, Papa-ein anderes von mir kriegst du auch noch zu sehen, wenn Berghoff es fertig hat-und jetzt brauche ich eine Million von dir, aber ich verspreche dir, du sollst auch was davon haben!“ erklärte er und Tewett willigte nach kurzer Überlegung ein. Er holte das Bargeld aus dem Schließfach seiner Bank-da war immer einiges parat, wenn man mal schnell ein Schweigen erkaufen und jemanden bestechen musste, was in seiner Branche gang und gäbe war, und überreichte es in einem dicken Umschlag seinem Sohn. Fast beneidete er ihn, der zog durch, wovon er immer geträumt, sich allerdings nie getraut hatte. Die absolute Macht über einen anderen Menschen zu haben, ihn zu erniedrigen, zu quälen und schlussendlich wie ein Cäsar mit Daumen nach unten den Tod zu bestimmen, das war der ultimative Kick in einer Welt, die langweilig war, wenn man sich alles kaufen konnte.

    Hieronymus hatte die Zahl seiner Mitspieler, denn für sie war es ein Spiel, auf fünf beschränkt. Dann waren sie miteinander sechs-die Zahl des Teufels! Sie verabredeten sich, um 19.00 Uhr aufzubrechen, alle sollten sich gut schminken und herrichten, damit das Video auch was hermachte. Ein paar Designerdrogen warfen sie auch noch ein, um sich in Stimmung zu bringen und als Hieronymus den Vollmond am Himmel aufgehen sah, war sein Glück perfekt. Das hier war der schönste Tag seines Lebens!

    Ben war inzwischen wieder eingedämmert. Fieberschauer überliefen ihn immer wieder. Er hatte die schmutzige Decke weggeworfen, denn nun war ihm furchtbar warm. Die Schweißperlen standen auf seiner Stirn, er hatte fürchterlichen Durst und die Schmerzen machten ihm schwer zu schaffen. Er wusste nicht, welcher Körperteil am meisten wehtat, er fand keine Lage, die auch nur halbwegs erträglich war. Sein Fuß war inzwischen blauschwarz verfärbt, wo die Fußfessel ihm das Blut abschnürte, sein Kiefer tobte und die Brandverletzungen taten auch schrecklich weh. Er versuchte sich von seinen Schmerzen abzulenken und an etwas Schönes zu denken. Sarah, seine wunderschöne, liebevolle Sarah! Und wegen einer Banalität hatten sie gestritten! Ach wenn er das nur ungeschehen machen könnte! Wenn er jetzt sterben würde, würde sie nie erfahren, dass er vorgehabt hatte, sich zu bessern. Stattdessen war sie in seine unaufgeräumte Wohnung gekommen und hatte vermutlich gedacht, er sei unbelehrbar. Mit Schrecken fiel ihm ein, dass die Wäsche ja immer noch in der Maschine feucht vor sich hingammelte. Das wäre für Sarah sicher der absolute Beweis für seine Unbelehrbarkeit. Gerade als er begann, sich da hineinzusteigern, meinte er etwas gehört zu haben. Kam jetzt Berghoff zurück? Na wer denn sonst-sonst hatte vermutlich niemand einen Schlüssel zur Burg und Semir und die Kollegen hatten auch keinerlei Ansatz, wo sie nach ihm suchen sollten. Er war wie die Stecknadel im Heuhaufen und langsam musste er wohl der Tatsache ins Auge sehen, dass er diesen Ort nicht mehr lebend verlassen würde.

    Also erst mal@ Sabrina: Natürlich wird Ben äh Tom fürs Konzert kurz freigelassen, ich werde ihn auch so dopen, dass er keine Schmerzen spürt und den Rest kriegen wir mit ein bisschen Schminke hin-jetzt wisst ihr auch, warum er diesmal sein Hemd nicht ausziehen kann... :D

    Hmm, das mit dem Wellnessurlaub und Ben dabei, so im Grübchen-ja hmm, keine so schlechte Vorstellung, werde allerdings mal Helmut fragen müssen, was er davon hält! Also ich befürchte schon, dass ich ihn in der Zeit entweder auf der Burg zurücklassen muss, oder vielleicht besser schon im Krankenhaus bei Sarah, dass die derweil auf ihn acht gibt? Nicht dass das die letzten dreißig Ehejahre waren. :S

    Übrigens fahren wir in den Bayerischen Wald, direkt an die böhmische Grenze, da ist ein wundervolles vier-Sterne-Wellnesshotel in dem wir schon mehrfach waren. Dort liegt schon Schnee, wie bei uns auch. Wir starten am Montag, unserem Hochzeitstag und kommen am Donnerstag Abend wieder. Ihr kriegt Montags das letzte Kapitel und am Donnerstag Abend das nächste-nur so zur Info.

    Ach übrigens@ Danara: Das mit der wilden Ratte würde ich lieber bleiben lassen, die bringst du nicht mehr zahm-obwohl ich zahme Ratten als Haustiere sehr empfehlen kann, ich hatte da mal eine gescheckte, die war total lieb-hat man mehr davon, als von nem Hamster, der den ganzen Tag pennt und nächtens Radau macht!

    Während Semir rasch und konzentriert fuhr, teilte Hartmut telefonisch in der PASt die neuesten Erkenntnisse mit. „Susanne, könntest du noch herausfinden, welches Auto dieser Florian fährt?“ fragte Hartmut und wenig später gab Susanne alle Fahrzeuge durch, die auf Florians Vater zugelassen waren. Der Junge selber hatte kein Auto angemeldet, aber ein Mini würde vermutlich ihm, oder seiner Mutter gehören. Mit Farbe und Autonummer ging auch der vorsichtshalber in die Fahndung und wenig später erreichten Semir und Hartmut das riesengroße, sehr moderne Anwesen. Eine Sicherheitsmauer mit Stacheldraht umgab das Haus, überall waren Überwachungskameras angebracht und Mitarbeiter einer bekannten Securityfirma hielten am Tor Wache.

    Semir und Hartmut wiesen sich aus und wurden, nach Anmeldung, kurze Zeit später von Tewett selber empfangen. Er saß in einem hypermodernen Arbeitszimmer, das mit den verschiedensten Fernsehern, Beamern und PCs ausgerüstet war. „Womit kann ich ihnen dienen?“ fragte er die beiden Polizisten. „Wir hätten gerne gewusst, wo sich ihr Sohn aufhält!“ sagte Semir fordernd. Der Medienmogul lehnte sich provozierend langsam in seinem bequemen Schreibtischsessel zurück. „Und warum interessiert sie das?“ wollte er mit einem süffisanten Lächeln wissen. „Ihr Sohn ist dringend der schweren Körperverletzung verdächtig und soll von uns vernommen werden!“ sagte Semir knapp, dessen Zornesader oben an der Schläfe bereits zu pochen begonnen hatte. „Ich weiß nicht, wo er ist, aber dann werde ich jetzt mal unseren Anwalt anrufen, der wird dann alles Weitere in die Wege leiten und die nächsten Tage mit meinem Sohn in ihrer Dienststelle vorbeikommen!“ erklärte Tewett und wollte gerade zum Telefon greifen, als Semir wie ein Schatten über ihm war und ihn am Hemdkragen packte. „Sie werden mir jetzt sofort sagen, wo ihr Sohn ist, sonst war ihre Nase die längste Zeit gerade!“ herrschte ihn Semir an und drehte den Hemdkragen zu, dass Tewett nach Luft japste. „Das werden sie noch bereuen!“ keuchte Tewett, machte dann aber keine Anstalten mehr, zum Telefon zu greifen.

    Mit einer Kopfbewegung forderte Semir Hartmut auf, die Folter-DVD herauszunehmen. Hartmut zog wieder Handschuhe an, um keine Spuren zu verwischen und Semir fragte knapp: „Wo kann man diese DVD ansehen?“ und Tewett wies auf einen Player in einem Seitenfach seiner Medienwand. Hartmut legte die DVD ein, der Medienmann startete sie via Fernbedienung und der Beamer projezierte das Bild auf die weiße Wand gegenüber. Es war fast unerträglich, Ben und seinen Peiniger in Überlebensgröße in Aktion zu sehen. Die Schreie hallten durchs Arbeitszimmer und jede Wunde war überdeutlich zu sehen. Als der Rauch von Ben´s Brust aufstieg, meinte Semir fast, den Geruch nach verbranntem Fleisch zu riechen und sein Herz klumpte sich vor Mitleid zusammen. Hartmut indessen hatte aus den Augenwinkeln den Medienmogul betrachtet. Der sah fasziniert auf den Film, der vor seinen Augen ablief, aber anstatt des erwarteten Entsetzens, das wohl jeder normale Mensch beim Anblick solcher Bilder zeigen würde, war eine Art Entzücken in seiner Miene zu entdecken. Er leckte sich unbewusst immer wieder schnell über die Lippen und nach einer Weile war sich Hartmut sicher, dass er die Vorführung genoss.

    Nach ein paar Minuten, in denen man deutlich von allen Seiten Florian gesehen hatte, stoppte Hartmut die Wiedergabe und Semir sagte: „Wir haben anhand dieser Aufnahmen ihren Sohn zweifelsfrei als Täter identifiziert und werden ihn deshalb verhaften!“ Tewett schwang seinen Stuhl herum und sagte: „Sie wissen genau, dass Videoaufnahmen vor Gericht nicht zur Urteilsfindung herangezogen werden dürfen. Wer wüsste besser als ich, welche Möglichkeiten des Betrugs durch geschickte Computeranimation möglich sind. Das Video beweist gar nichts, das wird ihnen mein Anwalt sicher auch nochmal mitteilen! Mein Sohn ist nicht da und ab sofort verweigere ich jede Aussage!“ erklärte er und sagte ab da auch keinen Ton mehr. Beinahe verzweifelt mussten Semir und Hartmut wieder abziehen, denn gerade bei so einem Typen war eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl nicht angebracht. Als sie das Tor passiert hatten, fragte Semir die Wachleute: „Ist Florian mit dem Mini, oder mit einem anderen Auto aufgebrochen?“ und ohne zu zögern antwortete einer der Sicherheitsleute: „Der ist mit zwei Kumpels vor etwa eineinhalb Stunden mit dem Mini weggefahren. Die waren gut drauf und hatten irgendetwas besonders Tolles vor!“
    Semir bedankte sich und Hartmut hatte mittlerweile mit Susanne telefoniert. Wenig später rief Susanne zurück und ein Lächeln überzog Hartmuts Gesicht: „Ich glaube, wir haben ihn-er ist auf Burg Niedereck, die liegt etwa eine knappe Fahrstunde von hier entfernt. Die ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich und steht zum Verkauf-allerdings ohne detailliertes Bildmaterial in den Medien, daher konnten wir auch die Folterkammer nicht abgleichen!“ Semir sah nun Hartmut mit offenem Mund an, während er schon mit quietschenden Reifen losfuhr in die Richtung, die Hartmut ihm wies. Der gab ins Navi die von Susanne angegebene Adresse ein und erklärte Semir. „So wie dieser Tewett geschaut hat, war mir klar, dass er sofort seinen Sohn anruft, sobald wir weg sind-außer wenn er doch zuhause gewesen wäre. Susanne hat die ausgehenden Anrufe verfolgt und festgestellt, wo der Angerufene steckt und das ist eben auf dieser Burg. Das wären schon zu viele Zufälle auf einmal, wenn das nicht passen würde!“

    Sie fuhren eine Weile in hoher Geschwindigkeit und schwiegen beide. Fast gleichzeitig kam ihnen dann allerdings ein Gedanke. Stockend sagte Semir: „Nur wenn Ben überlebt und gegen Florian Tewett aussagen kann, stellt er eine Gefahr dar, denn wie Florian´s Vater schon richtig bemerkt hat-eine Videoaufnahme alleine hat vor Gericht wenig Aussagekraft, wenn sie überhaupt verwendet werden darf. Die werden ihn umbringen!“ und nun fuhr Semir noch schneller, wenn das überhaupt möglich war.

    Gelobt seien die modernen Medien. Wenn Haukes Foto am nächsten Tag in der Lokalpresse veröffentlicht wird, werden sich sicher viele melden, aber heute ist es wichtig, damit Oma Krause wenigstens ihr Geld behält. Denn für einen toten Enkel wird sie wohl nicht bezahlen!
    Ausserdem kann man jetzt Werner & Co eine Falle stellen.
    Nachdem sich der Polizist mit einer Puddingschnecke gestärkt hat-hmmm, würde mir jetzt auch schmecken-fährt er zu Frau und Oma von Hauke, um die Todesnachricht zu überbringen. Nicht schön, aber besser als die Ungewissheit!

    Die arme Tanja!
    Zum x-ten Mal vergewaltigt-ich hoffe ja nur, dass die Typen wenigstens ein Kondom anziehen, sonst wird sie vielleicht noch schwanger oder holt sich irgendwas!
    Aber gut, dass sie noch die Kraft hat an Flucht zu denken-ihre Bewacher rechnen vielleicht gar niht mehr damit und werden nachlässig. Aber vielleicht wird sie auch bald befreit!

    Semir und Ben rufen natürlich wieder im passendsten Zeitpunkt in der PASt an-der arme Hartmut, der darf sich sicher gleich was anhören von der Chefin, aber erst mal sind Semir und Ben dran!

    Na so ganz alleine ist Semir ja nicht-Hartmut ist doch bei ihm !
    Aber es gibt heute Abendessen-das Morgenkapitel wäre mal wieder länger geworden, aber die 10000 Zeichen waren zu knapp :D -also bis zum Abend, wenn ich aus Augsburg zurück bin. Ich muss euch doch ein wenig besänftigen, denn nächste Woche fahre ich mit meinem Mann auf Wellnessurlaub, da gibts mal ein paar Tage keinen Nachschub!