Beiträge von susan

    In der PASt angekommen, steckten sie Kaul erst mal in die Zelle. „Da soll er erst einmal ein wenig nachdenken, warum er unser Gast ist-inzwischen holen wir uns die feine Dame, die vor lauter Charity nicht weiss, wie sie ihren Tag rumbringen soll!“ beschloss die Chefin. Semir bedachte sie mit einem Lächeln. Hatte er da die gleiche Wut und Entschlossenheit in ihrer Stimme wahrgenommen, die auch ihn umtrieb? Es war ihm eine Genugtuung gewesen, Kaul vor seinen arroganten Vorzimmerdamen festzunehmen. Wer andere Menschen so geringschätzte, dass er sie quälen konnte, der hatte es nicht anders verdient!

    Wenig später saßen sie wieder im BMW und waren unterwegs zu der Adresse, die Susanne herausgefunden hatte. Als sie an der riesigen Stadtvilla in bester Kölner Wohnlage läuteten, öffnete ihnen eine verhärmt aussehende, ältere Frau in schwarzem Kleid mit weisser Rüschenschürze. Semir musste die Augen zweimal schliessen und wieder aufmachen. War er schon wieder mal im vergangenen Jahrhundert gelandet? Er hatte ja gehofft, dass das bei Berghoff eine Ausnahme sei, aber anscheinend war das in höheren Kreisen normal, sein Personal zu erniedrigen und auszustaffieren, wie für einen Kostümfilm aus dem 19. Jahrhundert!
    „Könnten wir bitte mit Frau Eder sprechen?“ fragte Semir freundlich.Nach einem kurzen Zögern sagte die ältere Frau: „Tut mir leid, aber die gnädige Frau ist nicht da!“ Semir und die Chefin holten nun ihre Ausweise aus der Tasche und stellten sich vor. „Gerkan und Krüger, Kripo Autobahn! Würden sie uns dann bitte sagen, wo wir sie finden können? Wir haben nämlich einen Haftbefehl für sie! “sagte Semir knallhart, denn es war ja egal, wenn das Personal das erfuhr, das war eine rechtlich einwandfreie Sache und wenn jemand ein Verbrechen beging, musste er auch dafür einstehen. Die Frau schluckte und sagte zögernd: „Vielleicht ist sie im Fitnesstudio, wir haben zwar hier im Haus auch einen Trainingsraum, aber manchmal geht sie dahin, die haben nämlich einen sogenannten VIP-Bereich!“ Frau Krüger sagte ungeduldig: „Die Adresse bitte, wir haben nicht den ganzen Vormittag Zeit!“ und die Angestellte gab sie ihnen.
    Während sie zum angegebenen Studio in Lindenthal fuhren, sagte Semir nachdenklich: „Irgendwie war diese Frau ganz verschreckt, mich würde interessieren warum!“ und die Chefin erwiderte: „Glauben sie, dass die Eder zu ihrem Personal anders ist? Jemand der ein Vergnügen daran findet, andere Menschen, oder auch Tiere zu quälen, ist doch immer rücksichtslos und ihm fehlt es an Mitleid und Empathie. Für so jemanden zu arbeiten, muss nicht lustig sein!“ sagte sie und Semir erwiderte: „Da könnten sie Recht haben!“

    Nach gut halbstündiger Fahrt mit Stau kamen sie an dem angegebenen Club an. Sie liessen sich zum Geschäftsführer bringen, da der Einlass nur mit Karte möglich war. Ein Otto Normalverbraucher kam dort schon gar nicht rein. Während sie durch ein paar Fitnessräume geführt wurden, musterte Semir neugierig die Trainierenden. Da waren viele Gesichter dabei, die er aus der Presse, oder von Sendungen von RTL her kannte. Moderatoren, Schauspieler, Politiker-er wollte gar nicht wissen, was da der Jahresbeitrag kostete. Auffällig war auch, dass eine Menge Fitnesstrainer und Trainerinnen herumwuselten, jeder einzelne gutaussehend und durchtrainiert. Na klar, die Créme de la Créme würde sich nicht mit hässlichen Menschen umgeben, man wollte schliesslich auch was fürs Auge haben !Der Geschäftsführer begrüsste sie freundlich in seinem Büro. „Was führt sie zu mir?“ fragte er und Semir sagte wieder gnadenlos: „Wir haben einen Haftbefehl für eine ihrer Kundinnen, Melissa Eder, ist die da?“ fragte er und der Geschäftsführer bat sie, kurz zu warten. „Einen Moment bitte, ich schaue mal, ob sie heute schon eingecheckt hat.“ sagte er und rief ein Computerprogramm auf. Nach einem kurzen Blick darauf informierte er sie: „Nein, sie war zum letzten Mal vorgestern da!“ und Semir und die Chefin bedankten sich. Semir gab ihm seine Karte: „Falls sie kommen sollte, rufen sie mich bitte an!“ bat er und während er sie persönlich hinausgeleitete, versicherte ihnen der etwas geschockte Mann, sie natürlich sofort zu verständigen. Mein Gott, war er froh, dass da keine Polizisten in Uniform erschienen waren, das hätte dem Club und seinem Image sehr geschadet. Als Semir und die Chefin draussen waren, wischte er sich den Schweiss von der Stirn und ging wieder seiner Arbeit nach.

    Als Semir und Frau Krüger im Freien waren, begann Semir´s Magen laut und vernehmlich zu knurren. „Wie wär´s Chefin, sollen wir was essen gehen?“ fragte er und nach kurzem Zögern stimmte ihm die Krüger zu. „Wohin?“ wollte er wissen. Die Chefin sagte nach kurzer Überlegung: „Dorthin, wo sie jetzt mit Ben hingehen würden!“ und Semir lenkte den BMW nach kurzer Überlegung zu einem Dönerstand in der Nähe, wo er und Ben gelegentlich Pause machten. Während Semir genüsslich in den Döner mit allem biss, musterte die Chefin, die sich das Gleiche bestellt hatte, misstrauisch das belegte Fladenbrot. Dann biss sie allerdings herzhaft hinein und war begeistert. Nachdem sie beide ihre Portion verdrückt hatten, sagte die Chefin: „Das war köstlich!“ und Semir nickte lächelnd. Das hätte Ben jetzt auch geschmeckt, aber mit dem verdrahteten Kiefer würde das vermutlich noch eine Weile dauern, bis der sowas wieder essen konnte. Die Chefin fügte dann noch hinzu: „Das war nämlich mein erster Döner!“ und jetzt war es an Semir, sie fassungslos anzustarren.
    Nach einem Blick auf die Uhr-es war kurz nach eins inzwischen- beschlossen sie, nochmals zum Haus der Eders zu fahren. Wenn sie ihre Täterin diesmal nicht antreffen würden, würde sie zur Fahndung ausgeschrieben und den Ehemann würde man auch verständigen.

    Als die beiden Polizisten das Haus verlassen hatten, war die Angestellte zu ihrer Chefin geeilt, die mit einer dunklen Augenbinde mit innenliegenden Coolpads auf dem Bett lag. Der Vorabend auf einer Charityveranstaltung war lang und feuchtfröhlich gewesen. Ihr Kopf brummte, vielleicht würde sie auch wieder eine Migräne kriegen! Na ja, ganz sicher zumindest, wenn ihr Mann Sex von ihr wollte, was sie zur Zeit gar nicht aushalten konnte. Seitdem sie diesen gutaussehenden, dunkelhaarigen Mann gequält hatte, verzehrte sie sich nach dessen Körper. Sie wollte ihn weiter quälen, sehen, wie er schrie und litt und alleine bei dem Gedanken an dieses Hochgefühl, begann es zwischen ihren Beinen zu kribbeln. Sie malte sich aus, was sie noch mit ihm anstellen würde, allerdings würde es schwer werden, an ihn ranzukommen, denn sie hatte von Berghoffs grausamem Tod in der Zeitung gelesen. Aber vielleicht sollte sie einfach noch mal zur Burg fahren? Man hatte soweit nichts gehört, vielleicht war ihr Opfer noch dort und sie konnte ihn ganz für sich alleine haben? Gerade, als sie sich anziehen und auf den Weg machen wollte, stand ihre Angestellte schreckensbleich vor ihr: „Gnädige Frau, soeben ist etwas Schreckliches passiert!“ sagte sie und nun richtete sich Melissa erschrocken auf.

    Als die Spülung und der Verbandwechsel erledigt waren, war Ben vor Erschöpfung und als Nebenwirkung der Opiatgabe, die dringend notwendig gewesen war, eingeschlafen. Semir sah ihn ein wenig ratlos an. Eigentlich hatte er mit ihm über Sarah sprechen wollen, aber das war nun sichtlich gerade nicht möglich. Nach einem Blick auf die Uhr, beschloss er, nun erst einmal in die PASt zu fahren. „Richten sie ihm bitte aus, dass ich zur Arbeit gefahren bin, aber abends nochmal kurz vorbeikomme!“ bat Semir die Schwester, die versprach Ben das auszurichten.

    Semir, der noch ganz aufgewühlt vom Anblick der Operationswunden bei seinem besten Freund war, fuhr nachdenklich durch den morgendlichen Kölner Berufsverkehr. Normalerweise machte ihn Stau furchtbar ungeduldig, aber heute stellte er sich klaglos hinein, so hatte er noch ein wenig Zeit, über das Erlebte nachzudenken. Das musste schrecklich sein, wenn man da unten so schwer verletzt war, dass man vielleicht nie mehr Kinder zeugen konnte. Moment mal, hing das vielleicht mit der Trennung von Sarah zusammen? Aber egal-er konnte das im Augenblick nicht herausfinden und außerdem wollte er aus Ben´s eigenem Mund die Beweggründe hören, denn bei so einem sensiblen Thema konnte man eine Menge Schaden anrichten, wenn man das Falsche tat oder sagte! Auf jeden Fall mussten die beiden, noch nicht verhafteten Quäler festgenommen werden. Auch wenn es Ben nicht gesund machte, aber die sollten während einer langjährigen Haftstrafe darüber nachdenken, was sie wohl verkehrt gemacht hatten!

    In dieser Stimmung bog Semir in den Hof der PASt ein. Er wurde von Frau Krüger schon erwartet. Sie hätte auch mit jemand anderem losziehen können, die Täter zu verhaften, aber wie sie morgens mit Semir schon telefonisch vereinbart hatte, würde sie warten. Er hatte es verdient, die Genugtuung zu spüren, wenn sich die Zellentür hinter den Folterern seines Freundes schloss! Frau Schrankmann hatte am Vortag die Haftbefehle persönlich vorbeigebracht. Sie war ganz blass um die Nase gewesen und hatte zur Krüger gesagt: „Mein Gott, wie schrecklich! Ich bin ja sicher abgebrüht und manchmal auf Herrn Jäger nicht so gut zu sprechen, aber dass Menschen anderen sowas antun können, ist entsetzlich! Wie geht´s Herrn Jäger denn?“ fragte sie und die Chefin musste die Schultern zucken. „Ich habe keine neueren Informationen!“ sagte sie. „Er wurde operiert und liegt in der Kölner Uniklinik auf der Intensivstation, mehr kann ich ihnen nicht sagen." „Wenn man ihn besuchen kann, sagen sie mir bitte Bescheid, damit ich auch kurz bei ihm vorbeischaue!“ bat sie die Chefin, die sich insgeheim dachte, dass das bei Ben wohl keinen Anlass zu großer Freude geben würde. Es wäre sicher auch besser, er wüsste nicht, wer die Videos alles gesehen hatte, denn das würde ihn vermutlich nochmals runterziehen, ihr würde es zumindest unangenehm sein. Aber das waren eben auch Beweismittel und man musste das zwar mit der notwendigen Sensibilität handhaben, aber unter den Tisch fallen, konnte man sie deshalb nicht lassen. Außerdem wäre Ben vermutlich jetzt tot, wenn Semir und Hartmut nicht so einen Riecher gehabt und über die Videos seinen Aufenthaltsort herausgefunden hätten.

    So wartete sie also schon ungeduldig auf das Erscheinen Semir´s. Kaum betrat er das Büro, wurde er von allen Seiten bestürmt: „Wie geht´s Ben?“ wollten die ganzen Kollegen wissen. Semir machte ein ernstes Gesicht: „Nicht so gut, immerhin er lebt, aber er ist schwer verletzt und wird sicher lange brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen!“ erklärte er. Susanne, die ebenfalls mit versteinertem Gesicht hinter ihrem PC saß, fragte leise: „Aber er wird wieder ganz gesund?“ denn sie konnte auch nicht mehr richtig schlafen, seitdem sie die Foltervideos gesehen hatte, die man den anderen Kollegen natürlich nicht gezeigt hatte. Semir sah sie traurig an und erwiderte: „Ich weiß nicht!“ und Susanne schloss einen Moment verzweifelt ihre Augen.Die Chefin hatte die Jacke ihres schicken Kostüms genommen und stand nun abfahrtbereit in der Tür, unter dem Arm die Mappe mit den beiden Haftbefehlen. „Wollen wir, Herr Gerkan?“ fragte sie freundlich und Semir drehte sich auf dem Absatz um, seine Miene wurde ernst und mit entschlossenem Gesichtsausdruck sagte er: „Jetzt werden wir die Täter festnehmen und Ben so wenigstens ein kleines bisschen rächen!“ und damit machten sie sich auf den Weg zum BMW.

    Wenig später standen sie vor der Geschäftsadresse des ersten Täters, die Susanne ermittelt hatte. An der Rezeption zeigten sie ihre Ausweise. „Wir hätten gerne mit Herrn Kaul gesprochen!“ sagten sie zur Dame am Empfang, die mit arrogantem Gesichtsausdruck begann, in ihren PC zu sehen. „Moment, ich schaue, wann er noch einen Termin frei hat, oh tut mir leid, aber die nächsten zwei Tage ist das leider nicht möglich!“ sagte sie blasiert. Als sie nun allerdings aufblickte, erschrak sie beinahe, denn der Blick, den ihr Semir zuwarf, hätte Eisen zum Schmelzen gebracht. „Wenn sie uns jetzt nicht sofort sagen, wo er ist, werden wir sie wegen Behinderung der Polizei festnehmen und dann können sie im Kittchen darüber nachdenken, was das Vernünftigste wäre!“ sagte Semir drohend und nun wies die junge Frau eingeschüchtert nach hinten. Da stand an einer Tür: " Chefsekretariat" und Semir riss die Tür auf, um einer ebenso aufgetakelten, bildhübschen Frau gegenüber zu stehen, die ihn mit hochgezogener Augenbraue verächtlich musterte. „Wo ist Herr Kaul?“ fragte er und gerade wollte sie anheben zu fragen, was er für eine Unverfrorenheit besitze, einfach so in ihr Büro zu platzen, da hatte Semir schon die zweite Tür entdeckt, die ins Büro des Geschäftsmanns führte.Mit zwei Schritten war er dort, öffnete die Tür und sah auf den Mann, den er auf dem Video in der Kluft eines Folterknechts in Aktion gesehen hatte. Eine unbändige Wut erfüllte ihn und am liebsten wäre er über den Schreibtisch gehechtet und hätte ihm eine blutige Nase verpasst, nur so zur Einstimmung. Dann aber spürte er eine Hand am Ärmel und als er ein wenig zur Seite sah, erblickte er Frau Krüger, die ihm mit einer Handbewegung bedeutete, Ruhe zu bewahren. Sie holte ihre Mappe hervor und sagte: „Sind sie Herr Robert Kaul?“ und der nickte ein wenig verblüfft. Normalerweise gingen die Beamten der Steuerfahndung diskreter vor, da war mal wieder ein Rüffel an geeigneter Stelle notwendig. Man konnte da immer mal ein Wörtchen fallenlassen, wenn man mit dem Polizeipräsidenten beim Golfen war!

    „Herr Robert Kaul, ich verhafte sie hiermit wegen des dringenden Tatverdachts der schweren Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung an einem Polizisten!“ sagte sie eisig und nun fiel Kauls Fassade zusammen. Ach du lieber Himmel! Berghoff war doch tot, wie er aus der Presse erfahren hatte, wie waren sie nur auf seine Spur gekommen. Semir war inzwischen um den Schreibtisch herumgegangen. „Stehen sie auf!“ sagte er mit mühsamer Beherrschung zu seinem Gegenüber. Der erhob sich und Semir war es eine Genugtuung, die Handschellen um die Handgelenke zuschnappen zu lassen. Grob packte er Kaul am Arm und führte ihn vor allen Augen, vorbei an den blasierten Vorzimmerdamen, zum BMW. „Das hat man davon, wenn man einen Polizisten foltert!“ sagte er laut im Hinausgehen und die entsetzten Blicke der Damen waren ihm die reinste Genugtuung.

    Nun ist sie zu Ende, die letzte Tom Kranich-Story-na wenigstens im Moment-warte nur Elli, wenn der Knoten bei dir wieder geplatzt ist, werden die Ideen nur so sprudeln!
    Noch ein paar Sätze zum letzten Kapitel: Ja genauso empfinde ich halt das QM auch immer! Eigentlich mache ich nichts anders als vorher, nur muss ich jetzt halt erklären, warum, weshalb und wie ich das tue und vor allem das Ausfüllen des Formblatts bedeutet Zusatzarbeit. Da kann ich gut nachvollziehen, dass sowohl Tom, als auch Semir das lieber Andrea überlassen würden! Aber immerhin hat die Verständnis für ihre Männer und das tut denen gut! Semir macht bei der Krankengymnastik Fortschritte und bald darf er sicher in Andreas Obhut nach Hause!

    Insgesamt fand ich diese Geschichte recht rund, die Handlung war spannend, gut erzählt und logisch aufgebaut. Ich muss gestehen, ich musste mir gleich deswegen mal wieder ein paar Tom Kranich Folgen gönnen und für meinen Geschmack war er nach Tom Beck einfach der beste Partner für Semir. Auch bei René und Erdogan hat die Chemie gestimmt und das kommt in den Folgen einfach gut rüber.

    Gib den Mut nicht auf, Elli,mit dem neuen Partner kommen auch wieder neue Einfälle, tolle Geschichten, die nicht so trandöselig wie meine, sondern echte Kriminalgeschichten mit viel Action sind, ich bin mir da sicher. Bis dahin-ich lese immer alte Storys, wenn ich Zeit habe und da sind ganz viele sehr schöne dabei!

    So meine Lieben!
    Ich hoffe, ihr habt den ersten Teil der Feiertage gut rumgebracht!
    Meinem Katerchen geht es relativ gut, er schläft viel, ist aber immer dabei, wo die Familie gerade ist und nimmt sein verbundenes Bein relativ gut an! Wir hoffen also, dass das heilen wird. Ich selber habe gestern einen ungemütlichen Sturz vom Pferd gebaut, aber es ist dank Helm glimpflich abgegangen-jetzt lahmen wir halt gemeinsam, Katzi und ich-wobei ich trotzdem jetzt gleich wieder reiten gehe!

    Wie ihr sicher schon erwartet habt, gibt es ein neues Geheimkapitel. Sollte ich jemanden vergessen haben, oder ein neuer Leser interessiert sich dafür-kurze PN!
    Schönen 2. Weihnachtfeiertag euch Allen!
    Eure susan

    Puh, jetzt haben sich aber die Ereignisse überschlagen! Während Seegers Tanja und ihren Vater in Sicherheit bringt, wird Ben von Timo und Paul gekidnapped.
    Tom wird von seinem eigenen Freund erschossen-puh, dabei hätte man dem sicher helfen können, denn Polizisten werden geschult, wie man jemand kampfunfähig schiesst, ohne ihn umzubringen, aber er soll auch keine Aussage machen und wird deshalb eiskalt hingerichtet!
    Nun haben sie zwar Tanja nicht erwischt, aber nun ist Ben in den Händen der Verbrecher und bekommt vermutlich den Hass des rachsüchtigen Doktors zu spüren-und das an Weihnachten! ;( Semir mach schnell-fordere Verstärkung an und befreie deinen Freund!

    So, jetzt waren der Reihe nach alle da, die Semir noch was zu sagen hatten. Mann die Engelhardt ist aber süß! Semir entschuldigt sich schon im Vorraus und sie teilt ihm dann mit, dass sie ihn nur besuchen wollte.
    Aber der liebste Besuch kommt als Letztes-Andrea und nun hat er sie geknackt! Obwohl sie schon so oft gestritten haben, kann sie sich ihren Gefühlen nicht entziehen und hat sich eingestanden, dass sie erstens furchtbar eifersüchtig war, als Semir von Daniela geküsst wurde und zweitens vor Sorge fast vergangen ist, als Semir verschwunden und augenscheinlich in großer Gefahr war. So intensive Gefühle hat man nur für jemanden, den man liebt!
    Ja Andrea, das wirst du im Laufe der Jahre noch lernen müssen, dass es nicht so einfach ist, auf Semir aufzupassen, das haben schon andere versucht, aber trotzdem war das vermutlich der Beginn einer bis heute stürmischen Beziehung!

    Semir war mit zwei Schritten bei seinem Freund. „Ben, was ist los?“ fragte er erschrocken.“Hast du so große Schmerzen, oder ist es was anderes?“ wollte er wissen und griff nach Ben´s Hand. Er hätte ihn gerne in den Arm genommen, aber das ging beim besten Willen nicht mit diesen ganzen Schläuchen, Kabeln und Verbänden. Ben klammerte sich wie ein Ertrinkender an Semir´s Hand fest, aber er konnte momentan überhaupt nicht reden, so erschüttert war er nach dieser Visite. Normalerweise hätte er sich zusammengerissen, wenn Besuch gekommen wäre, aber Semir war sozusagen kein Besuch. Er, Andrea, Ayda und Lilly waren seine Familie, sogar seine einzige Familie, seitdem Sarah weg war. Sein Vater und Julia waren zwar seine engsten leiblichen Verwandten und ihr Verhältnis zueinander war schon wieder in Ordnung, im Gegensatz zu früher, aber diese Nähe und dieses Vertrauen, das er zu den Gerkans hatte, war das, was er persönlich als seine Familie bezeichnen würde. Vor Semir, der ihn schon in allen Lebenslagen gesehen hatte, traute er sich, sich gehen zu lassen. Sonst versuchte er meistens cool zu wirken, aber dazu war im Augenblick nicht der Zeitpunkt.

    Semir hielt hilflos Ben´s Hand, wenn er bloß wüsste was los war, aber Ben war gerade nicht fähig zu sprechen, so hatten ihn seine Emotionen überwältigt. Semir´s Gedanken schweiften in die Vergangenheit. So hatte er Ben eigentlich meistens dann erlebt, wenn er eine seiner Freundinnen verloren hatte. Nach Saskia´s Tod hatte er ihn in der Wohnung besucht und da war er ähnlich fertig gewesen und hatte sich die Schuld daran gegeben, dass sie umgebracht worden war. Genauso nach dem grausamen Mord an Laura, die in seinen Armen gestorben war. Sicher hatte es etwas mit der Trennung von Sarah zu tun und langsam begann Semir dem detektivischen Spürsinn seiner Frau zu glauben, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war.Gerade begann Ben sich wieder ein wenig zu fangen, da kamen der junge Urologe, der Ben in der Nacht nach der Einlieferung untersucht hatte und eine Schwester mit dem Verbandswagen um die Ecke. Auf diesem Wägelchen waren alle Dinge enthalten, die man üblicherweise für verschiedene Verbände brauchte. Die Schwester wollte gerade den Besucher hinausschicken, da gebot ihr der Arzt Einhalt. „Einen Moment, Schwester, wir wollen erst unseren Patienten fragen, ob er möchte, dass sein Besuch bei der Wundspülung dabeibleibt, der war auch bei der Aufnahmeuntersuchung an seiner Seite und das hat Herrn Jäger anscheinend sehr gut getan!“ sagte er, denn mitleidig hatte er sofort erfasst, wie fertig sein Patient nach der Visite war. Und jetzt würde er zum Seelenschmerz noch einen körperlichen Schmerz hinzufügen, denn leider würden der Verbandwechsel und die Spülung weh tun, auch wenn man Herrn Jäger natürlich wieder gut Schmerzmittel geben würde, aber es wäre doch keine Narkose.

    Zunächst aber trat er erst einmal zu seinem Patienten und ergriff dessen andere Hand, um einen körperlichen Kontakt und emotionale Nähe herzustellen, wie einem schon im Medizinstudium in den Psychologiepflichtvorlesungen beigebracht wurde. „Herr Jäger, ich weiß, was der Chefarzt ihnen vorhin erzählt hat und natürlich hat er nicht Unrecht mit seinen Ausführungen und Befürchtungen. Allerdings heilen solche Verletzungen nach meiner Erfahrung wesentlich besser, als man im ersten Augenblick erwartet. Der Beckenboden ist sehr gut durchblutet und daher findet eine rege Stoffwechseltätigkeit statt. Natürlich war alles infiziert, aber wir haben das Wundgebiet während der Operation ordentlich gereinigt, halten es jetzt sauber und unter Kontrolle und außerdem bekommen sie ja auch Antibiotika. Im Moment noch ein Breitbandantibiotikum, aber wir haben auch Abstriche entnommen und können, wenn das Keimspektrum damit nicht abgedeckt sein sollte, nach dem Antibiogramm aus dem Labor dann zielgerichtet behandeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass andere Organe, wie der Chefarzt befürchtet hat, also in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, ist gar nicht so groß. Natürlich war der eine Samenleiter abgerissen und musste rekonstruiert werden, aber für die Fortpflanzung wichtige Organe sind bei Mensch und Tier paarig angelegt und auf der anderen Seite war ja nichts verletzt. Meine persönliche Einschätzung der Situation, ohne natürlich meinem Chef zu nahe treten zu wollen, ist gar nicht so schlecht. Ich würde die Chance, dass da unten wieder alles in Ordnung kommt mit weit über 50% ansiedeln. Allerdings muss ich jetzt gemeinsam mit der Schwester die Drainagen spülen und das wird nicht angenehm werden. Natürlich bekommen sie Schmerzmittel, aber eine Narkose ist wegen so einer Wundspülung nicht indiziert. Wenn sie möchten, darf ihr Freund dabeibleiben, aber wir können ihn jetzt auch rausschicken!“ stellte er Ben vor die Wahl, dessen Tränen inzwischen versiegt waren und der aufmerksam zugehört hatte.

    „Semir soll dableiben!“ entschied Ben und während der Arzt, der inzwischen Ben´s Hand losgelassen hatte, seine Hände desinfizierte, nahm die Schwester schon mal das dünne Laken von Ben, zog die Beinschiene aus dem Bett, ließ ihn eine Brücke machen und legte eine saugfähige Einmalunterlage unter seinen Unterkörper. Ben hatte nun ein wenig zu zittern begonnen, teils vor Kälte-anscheinend stieg gerade sein Fieber wieder- und teils vor Aufregung. Oh je, was stand ihm jetzt wohl bevor? Wenn Ärzte sagten, das würde nicht angenehm, dann würde das wohl ein wenig mehr als unangenehm werden. Ben atmete noch einmal tief durch und ließ die Sache, die nun gemacht werden musste, über sich ergehen.

    Gegen acht war große Visite auf der chirurgischen Intensivstation. Wieder wurde es Ben ganz anders, als er die Menge an Weißkitteln sah, die in sein Zimmer strömten. Allerdings referierten die einzelnen Fachgebiete nun über die jeweiligen Operationen und zeigten sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Eingriffe. Der Kieferchirurg betastete mit einem Lächeln Ben´s Kopf, bat ihn den Mund zu öffnen, soweit es mit den Cerclagen möglich war und sagte: „ Sie haben noch Glück gehabt, dass kein Zahn auch nur locker war. Die Verplattungen haben sich gut machen lassen und ich denke, diese Verletzung wird folgenlos ausheilen. Die ersten Tage, bis sich die Schleimhautwunden ein wenig geschlossen haben, werden wir sie über die Magensonde ernähren und sie trinken bitte nur klare Flüssigkeiten und nichts mit Milch, das gibt sonst üble Beläge. Danach können sie pürierte Sachen zu sich nehmen und in etwa zwei Wochen werden wir die Drähte entfernen und sie können wieder normal kauen!“ Mit einem prüfenden Blick kontrollierte er noch den Grad der Schwellung und der Hämatome und bat darum, doch den Oberkörper immer etwas erhöht zu lagern und weiter mit Eiskompressen zu kühlen.

    Nun trat der Unfallchirurg vor: „Wir haben im Rahmen der gestrigen Operation die Achillessehne rekonstruiert und genäht. Sie hatte sich zwar schon ziemlich weit in die Wade zurückgezogen, aber ich konnte sie doch erfolgreich mit einer Sehnenplastik versorgen und wir werden den Fuß nun noch einige Wochen in Spitzfußstellung halten müssen. Die erste Woche im Gips, danach beginnen wir mit einem Spezialschuh mit keilförmigen Einlagen, die nach und nach flacher werden!“ erklärte er. „Wie lange dauert es ungefähr, bis ich wieder normal laufen kann?“ wollte Ben nun wissen. „Bis zur völligen Wiederherstellung und Stabilität der Sehne und bis sie wieder schnell über unebene Untergründe laufen können, müssen sie mit etwa fünf bis sechs Monaten rechnen!“ antwortete der Unfallchirurg, was bei Ben ein Aufstöhnen hervorrief. Oh Gott, er sah sich schon am Schreibtisch versauern! „Die Wunden habe ich alle miteinander angefrischt, damit das Wundsekret ablaufen kann und die große, tiefe Verbrennung auf der Brust habe ich mit einem Hauttransplantat vom Oberschenkel versorgt!“ referierte nun der Operateur noch. Nun war Ben klar, warum er am Oberschenkel an einer Stelle einen Verband und Schmerzen hatte, die vorher völlig unbeschädigt gewesen war. „Wir lassen den Verband auf der Brandwunde auf jeden Fall bis übermorgen drauf, damit wir die neue Haut nicht gleich wieder versehentlich wegreißen und den ersten Verbandwechsel mache ich persönlich!“ erklärte der Chirurg noch und nun trat der urologische Chefarzt, der Ben operiert hatte, mit ernstem Gesicht vor.

    „Leider kann ich noch nicht so viel Positives berichten, wie meine Kollegen. Die Verletzungen des Unterleibs waren schwerer als erwartet. Wir haben uns zwar alle Mühe gegeben, aber ob die Zeugungsfähigkeit noch gegeben ist, wird die Zeit zeigen. Wir mussten mikroskopisch einen Samenleiter rekonstruieren und mehrere unangenehme Begleitverletzungen versorgen. Die Knochen –und Weichteildefekte waren sehr infiziert und wir müssen leider befürchten, dass die Entzündungen auch auf andere Organe übergreifen. Was wir tun konnten, haben wir getan, aber eine sichere Prognose kann ich noch nicht stellen!“ erklärte er. Ben, der zwar am Vorabend vom Intensivarzt schon aufgeklärt worden war, entfuhr trotzdem ein dumpfer Laut. Er kam sich vor, als hätte gerade jemand sein Todesurteil verkündet. Der junge Urologe, der ihn bei der Aufnahme untersucht hatte, sah ein wenig unglücklich drein. Mann sein Chef neigte ein wenig zum Dramatisieren und er persönlich würde die Situation nicht ganz so negativ einschätzen. In den meisten Fällen heilten solche Verletzungen nämlich gut, aber klar war es für den Operateur einfacher, zunächst nicht allzu optimistisch zu sein, dann wurde hinterher niemand enttäuscht, wenn das Ergebnis nicht so ganz optimal war. Aber was er mit diesem verhaltenen Pessimismus gerade seinem jungen Patienten antat, war seinem Chef natürlich mal wieder nicht klar. Für den Polizisten war eine normale Funktionalität all seiner Organe extrem wichtig. Wenn man einem älteren Mann mit erfülltem Kinderwunsch solche Eröffnungen machte, konnte der das vermutlich gelassener sehen, aber Ben, der etwa so alt wie er selber war, stand ja in der Blüte seines Lebens und soweit er erfahren hatte, hatte sich der auch noch nicht reproduziert. Das war für ihn sicher eine große Belastung! Er würde später nochmal in Ruhe mit ihm reden!

    Während die Visite weiter zog, zupfte Ben´s betreuende Schwester ihn am Ärmel. „Dr. Eckert, wir haben die Wundspülungen noch nicht gemacht, weil wir nicht wussten, welche Drainagen genau wir wie spülen sollen!“ flüsterte sie ihm zu. „Ich komme nachher, wenn die Visite zu Ende ist und mache das mit ihnen gemeinsam!“ sagte er ihr zu und folgte dann eilig der Truppe, die schon im nächsten Zimmer verschwunden war.
    Ben lag immer noch wie erstarrt da. Obwohl er ja eigentlich schon erfahren hatte, was bei ihm da unten los war und auch in der Zeit vor seiner Rettung durch die massiven Schmerzen, die Schwellung und die Blutergüsse dort vorgewarnt gewesen war, hatte es ihn trotzdem nochmals schier umgehauen aus der Mund eines Chefarztes die grausame Wahrheit zu erfahren. Insgeheim hatte er wohl gehofft, dass ihm erklärt würde, dass Alles nur ein großes Missverständnis war, sein Befund mit dem eines anderen Patienten verwechselt worden war und er Sarah bitten könnte, zurückzukommen. Aber unter diesen Voraussetzungen war das keiner Frau zuzumuten. Vor ihm lag ein einsames Leben und vielleicht wäre es sogar besser für ihn, das beizeiten zu beenden, bevor er noch andere mit seinem Schicksal belastete.

    In dieser Stimmung fand Semir ihn kurz nach acht vor, als er zu seinem Freund gelassen wurde. „Wie geht´s dir?“ fragte er liebevoll und war erschrocken, welch tiefe Verzweiflung aus Ben´s braunen Augen schimmerte. Der zuckte die Schultern, als er etwas sagen wollte, brach seine Stimme und ohne dass er sie zurückhalten konnte, begannen seine Tränen zu fließen.

    Puh, war das wieder spannend und aufregend! Ich hatte ja fast befürchtet, dass sich die Jungs versehentlich gegenseitig abknallen! Aber so haben sie sich gefunden und nun können die drei versuchen, gemeinsam Semir aufzuspüren, zu befreien und Horns Motiv für seinen andauernden übergroßen Hass herauszufinden. Ben wird mit André immer noch nicht warm-ob sich das nochmal ändern wird? Oder hat er vielleicht völlig Recht damit?

    Am nächsten Morgen wurde Ben von der Frühdienstschwester gewaschen. Es war ein schwieriges Unterfangen, vor allem das Zähneputzen, das aber immens wichtig war, weil die Mundhöhle so eine Keimverminderung erfuhr. Ben bekam den Mund durch die Verdrahtung gerade so weit auf, dass die schmale Zahnbürste durchpasste, aber nichtsdestotrotz war das sehr schmerzhaft und die nachfolgende antibakterielle Mundspülung mit Chlorhexidin schmeckte widerlich. Allerdings, obwohl man es nicht für möglich hielt, hatte er trotzdem Hunger und sein Magen knurrte vernehmlich. Er hatte nachts immer wieder einen Schluck Wasser genommen und die Schwester erzählte ihm: „Sobald wir mit dem Waschen fertig sind, hänge ich ihnen Sondenkost an, dass sie das vertragen haben sie ja bewiesen mit dem Wasser!“ und Ben nickte.Geduldig ließ er sich herunter waschen, er hatte ja geschwitzt und so tat das sehr wohl. Als die Schwester allerdings nacheinander die Pflaster an den genähten, sauberen Wunden, außer der hauttransplantierten Brandwunde ablöste, dieselben desinfizierte und anschließend neu verklebte, musste er die Zähne zusammen beissen, so ziepte das, trotz Schmerzmittel. „Die Unterleibsverbände lasse ich im Moment. Der Urologe hat angeordnet, dass wir einen Teil der Wunden durch die Drainagen spülen, ich finde aber leider nirgends aufgeschrieben, welche das sind. Das soll er uns selber zeigen und markieren, das machen wir später!“ sagte sie und Ben war ehrlich gesagt recht froh darüber, denn im Augenblick langte es ihm.

    Das kreislaufstützende Medikament hatte man weiter reduzieren können, allerdings waren die Blutgase nicht so berauschend und Ben´s Brustkorb schmerzte bei jedem Hustenstoß, er hatte sich in der Kälte eine saubere Erkältung eingefangen. „Normalerweise würde ich mit ihnen Atemgymnastik machen!“ sagte die Schwester, aber mir fällt gerade keine Atemmaske ein, die man mit dem Kieferbruch anbringen könnte. Versuchen sie bitte immer wieder stark auszuatmen und später probieren wir, sie mal an den Bettrand zu setzen!“ Ben nickte und zu guter Letzt holte sich die Schwester noch eine Kollegin, die ihr half den Rücken zu waschen und die Wunden dort zu versorgen. Als das Desinfektionsmittel brannte, hielt Ben die Luft an und endlich war auch das und der Leintuchwechsel geschafft. Durch die Metallbeschichtung war er wenigstens nicht so stark an seiner Unterlage angeklebt, wie das sonst sicher der Fall gewesen war.Aufatmend ließ Ben sich wieder zurücksinken, inzwischen konnte er sich wenigstens minimal bewegen, aber gegen den Schmerz in seiner Seele half das leider auch nicht. Die Schwester hängte nun mit einer Sondenpumpe eine bräunliche Nährlösung an die Magensonde. „Da ist alles drin, was man zum Leben braucht!“ erklärte sie und Ben nickte geistesabwesend.Als man ihn wieder alleine ließ, hing er seinen Gedanken nach. Was Sarah wohl gerade machte? Hatte sie ihm gestern abgekauft, dass er sie nicht mehr liebte? Obwohl, so eindeutig hatte er das ja gar nicht gesagt, aber sie war gegangen, also war er wohl überzeugend gewesen. Wieder schlich sich eine vereinzelte Träne in seinen Augenwinkel und er starrte deprimiert die Wand an und wartete, was weiter passierte.

    Semir hatte gut geschlafen. Als er nach dem Duschen mit seiner Familie am Frühstückstisch saß, erklärte er, dass er erst bei Ben vorbeischauen und danach ins Revier gehen würde. Er würde der Chefin kurz Bescheid geben, dass er ein wenig später kam, aber er brannte darauf, die beiden anderen Verbrecher, die für Ben´s Qualen verantwortlich waren, hinter Gitter zu bringen.„Und Schatz-denk dran, was wir gestern besprochen haben-versuche bitte herauszufinden, was in Ben gefahren ist, dass er mit Sarah Schluss gemacht hat!“ wies ihn Andrea an, woraufhin Lilly fragte: „Was ist Schluss machen?“ und Ayda ihr daraufhin altklug erklärte: „Wenn jemand seinen Freund nicht mehr mag, dann macht er Schluss, ach bist du dumm, Lilly!“ woraufhin die zu heulen anfing und Semir und Andrea alle Hände voll zu tun hatten, den Streit zwischen den Geschwistern zu schlichten und dafür zu sorgen, dass sie rechtzeitig in Schule und Kindergarten kamen.

    Sarah war nach dreistündigem Erschöpfungsschlaf wieder aufgewacht. Als sie in den Spiegel sah, blickte ihr zwar ein hohläugiges Gespenst entgegen, aber sie beschloss trotzdem auf ihrer Station anzurufen, dass sie ab heute wieder in den Spätdienst kommen würde. Ihre Sachen aus Ben´s Wohnung zu holen, brachte sie mit Sicherheit noch nicht fertig, aber das hatte ja auch Zeit, er würde so bald nicht nach Hause kommen. Gut, dass sie auf einer anderen Intensivstation arbeitete, als die, wo Ben lag, ihr würde es das Herz zerreissen, wenn sie ihn sehen müsste, aber so war Arbeit vermutlich die beste Ablenkung.Ihre Pflegedienstleitung fragte verwundert: „Sind sie wirklich schon wieder bereit zu arbeiten, ich dachte, ihrem Freund geht es nicht so gut?“ aber als Sarah ihr daraufhin antwortete: „Ich habe keinen Freund-ich bin solo!“ dachte die sich ihren Teil und rief die Kollegin an, die Sarah´s Dienst übernommen hätte, dass sie nun doch nicht zu kommen brauchte.

    Der Anwalt hatte eine ruhige Nacht hinter sich. Er war überzeugt davon, dass seine Strategie aufgehen würde und er Florian bald wieder frei hatte. Er würde später ins Krankenhaus marschieren und diesem Polizisten ein Angebot machen, dass dieser nicht ausschlagen konnte. Sehr zufrieden mit sich, machte er sich erst mal auf den Weg in seine Kanzlei, um zu sehen, was sonst heute anstand.

    Oh oh-Tom sagt Semir die Meinung und zwar in voller Lautstärke-geschieht ihm Recht! aber trotzdem ist auch Tom an seine Kante gegangen, als er Semir befreit hat-hab mir kurz Sorgen gemacht, aber anscheinend sind nach ein wenig Schlaf die Batterien wieder aufgeladen!
    Semir will zwar nichts davon hören, dass er so lange im Krankenhaus bleiben soll-seine Kasse vermutlich auch nicht, aber ohne Hilfe kommt er alleine nicht zurecht. Allerdings, hmmm, mir würde da schon jemand einfallen, der zusammen mit einem hohen Gehwagen auch dafür sorgen könnte, dass er nach Hause kann, mal abwarten!

    Leider kann ich euch nicht passend zum Heiligen Abend ein völlig positives Kapitel liefern, weil mir selber gerade nicht so nach Lachen ist. Meine jüngste Katze-genannt Schnucki, der uns vor einem guten Jahr zugelaufen ist, ist vermutlich unter ein Pferd gekommen und hat eine offene Unterschenkel-Trümmerfraktur mit Gelenkbeteiligung. Er wurde gestern mehrere Stunden operiert und ich konnte die Ärzte überzeugen, dass er zuhause besser aufgehoben ist und spritze und versorge ihn selber. Leute, das ist echte Intensivmedizin und schlimmer als Flöhe hüten-der junge Herr ist nämlich mit seinem Spezialgips schon wieder flott unterwegs und da stehen uns vermutlich noch lustige Wochen bevor! Jetzt bitte drückt die Daumen, dass der Bruch zusammenheilt und sich nicht infiziert! Sonst müsste man das Beinchen nämlich abnehmen, aber so hat er wenigstens eine Chance!

    Dr.Sasha Thiel sinnt nur noch auf Rache und obwohl ihm ja klar sein muss, dass seine Tarnung schon lange aufgeflogen ist, will er der Reihe nach alle umbringen, die sich mit ihm angelegt haben.
    Max wird als Erster daran glauben müssen und in Jim hat der Boss ja einen Vertrauten, der ihm die Drecksarbeit abnimmt. Allerdings wusste anscheinend zunächst niemand in welchem Polizeirevier ( hat Garmisch eigentlich mehr als eins? ;) ) Tanja gelandet ist.
    Ralph musste erst eine geeignete Location ( für was?) suchen und wird jetzt geschickt, um die drei Tölpel ausfindig zu machen.
    Die haben inzwischen ihren Überfall durchgezogen und Semir stellt fest, dass Ben nicht antwortet. Was ist mit ihm???

    Für Ben begann eine lange schmerzvolle Nacht. Sein Fieber stieg noch weiter und ihm war körperlich furchtbar unwohl, weil er abwechselnd schwitzte und fror. Jedes Mal wenn er sich umzudrehen versuchte, ließ er es wieder bleiben, weil der Schmerz durch seinen Körper fuhr. Aber viel schlimmer als die körperlichen Schmerzen war sein Kummer. Er vermisste Sarah jetzt schon. Manchmal meinte er im Fieberwahn, er würde gerade ihre kühlende Hand auf seiner Stirn spüren, oder eine andere tröstliche Berührung, aber wenn er dann die Augen öffnete, war es nur die Nachtschwester, die einen kalten Waschlappen brachte, um ihm den Schweiß von der Stirn zu wischen, oder einen frischen Eisbeutel für seinen geschwollenen Kiefer oder seine Körpermitte.Obwohl er hundemüde war, gelang es ihm nicht, in den Schlaf zu finden, sondern er zählte die Stunden, sah auf seinen Monitor und lauschte den Geräuschen auf der Intensivstation, wo es nie völlig ruhig war. Irgendein Infusomat oder Perfusor piepte ständig, dann alarmierte wieder eine Beatmungsmaschine und man hörte die Schritte des Pflegepersonals, die geschäftig umher wuselten. Einerseits war er immer froh, wenn jemand kam und nach ihm sah, aber andererseits tat es trotz Schmerzmittel immer so weh, wenn er anders hingelegt wurde, dass ihm jedes Mal die Tränen in die Augen schossen.Manchmal driftete er ein wenig ab und dann war er wieder im Folterkeller und erwachte voller Schrecken in Erwartung der nächsten Peinigung. Immer wieder schossen ihm wie Flashbacks die Erinnerungen an schöne Momente mit Sarah durch den Kopf. Er vermisste jetzt schon ihre Fröhlichkeit, ihr natürliches Wesen und vor allem ihre Liebe, aber er war sich sicher, den richtigen Schritt getan zu haben-oder doch nicht?

    Sarah war wie eine alte Frau zurück in ihr Appartement gewankt. Sie hatte das Gefühl, ihr hätte jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Ihre Zukunft, alles war zerstört, weil Ben mit ihr Schluss gemacht hatte. Sie hatte gemeint, den Mann ihres Lebens gefunden zu haben und jetzt hatte der kein Interesse mehr an ihr. Gut, er hatte eineinhalb Wochen Zeit gehabt, sich über seine Gefühle ins Klare zu kommen und war anscheinend zu dem Entschluss gekommen, dass er sie nicht mehr liebte. Es tat so fürchterlich weh, aber sie musste seine Entscheidung akzeptieren. Es war ihm anscheinend auch sehr wichtig gewesen, ihr das baldmöglichst mitzuteilen und das fand sie andererseits schon wieder nett von ihm. Er hatte sie jetzt nicht wochenlang in falscher Hoffnung gewiegt, sich von ihr pflegen lassen um nach seiner Genesung dann die Bombe platzen zu lassen. Lieber ein Ende mit Schrecken, als eine Partnerschaft, in der die Liebe nur einseitig war.
    Sie legte sich hin, aber an Schlaf war nicht zu denken. Immer wieder fielen ihr schöne Momente ein, die sie zusammen erlebt hatten. Wenn sie sich umdrehte, meinte sie, ihn neben sich zu spüren. Wie gerne hatte sie ihn beim Schlafen beobachtet, gerade wenn sie nach dem Nachtdienst am Sonntagmorgen ausgefroren heimgekommen war und zu ihm ins warme Bett geschlüpft war. Er hatte sie dann im Halbschlaf immer ganz fest in seine starken Arme genommen und dann waren sie gemeinsam wieder eingeschlafen. Sie waren das perfekte Paar gewesen-warum konnte das nicht für die Ewigkeit andauern? Er war der erste Mann gewesen, mit dem sie sich getraut hatte, eine konkrete Zukunftsplanung zu machen, sie hatten über ihre Vorstellungen von Familie gesprochen und es war für beide klar gewesen, dass sie Kinder wollten. Wie oft hatte sie sich ausgemalt, wie die wohl aussehen würden. Ob ein Junge so dunkelhaarig und drahtig wie Ben sein würde und das Mädchen ein süßer heller Blondschopf? Sie hatte sich ein Pärchen gewünscht, während er großmäulig von einer ganzen Fußballmannschaft gesprochen hatte. Aber im Gegensatz zu ihm, der keine Erfahrung mit Babys hatte, hatte sie schon oft bei ihrem Bruder auf dessen Kinder aufgepasst, deren Windeln gewechselt und sie nachts stundenlang herumgetragen, wenn sie gebrüllt hatten, wie am Spieß. Sie hatte gehofft, dass sich das schon alleine regulieren würde, wenn das erste Kind erst mal da war und Ben erfahren hatte, dass das auch mit Arbeit verbunden war. Aber sie war sich sicher gewesen, das gemeinsam mit ihm meistern zu können! Als es zwei Uhr geworden war und sie immer noch nicht schlafen konnte, stand sie auf und begann ihr Appartement zu putzen. Verbissen wienerte sie die Flächen, räumte Schränke um und schrubbte das Bad, bis sie früh um fünf so erschöpft war, dass sie doch noch ein wenig einschlief.

    Semir war nach Hause gekommen und hatte erst geholfen, seine beiden Töchter ins Bett zu bringen. Beinahe wäre er beim Geschichtenvorlesen als Erster eingeschlafen. Dann erhob er sich aber seufzend und ging zurück nach unten. Andrea hatte ihm was vom Mittagessen aufgehoben und er erzählte ihr bei einem Bier für sich und einem Glas Wein für sie, was am heutigen Tag so losgewesen war, während er mit Genuss das Gulasch verspeiste.Als er ihr von Ben´s Operation erzählte, fand sie es schon schlimm, aber als er ihr dann mitteilte, dass Ben mit Sarah Schluss gemacht hatte, sah sie ihn ungläubig an. „Semir, das kann doch nicht sein! Letzte Woche im Urlaub hat er uns noch von ihren gemeinsamen Zukunftsplanungen erzählt, er hat versprochen, ihr zuliebe ein wenig ordentlicher zu werden und ich hatte das Gefühl, der kleine Streit, den die beiden hatten, wäre eigentlich schon beigelegt. Da muss etwas anderes dahinterstecken und wenn du das nicht rausfindest, werde ich die Sache in die Hand nehmen!“ sagte sie entschlossen und Semir versprach, dem auf den Grund zu gehen. „Aber nicht mehr heute, Andrea. Ich bin hundemüde und möchte jetzt nur noch ins Bett!“ sagte er und nach der Abendtoilette legten sich Andrea und Semir bald hin und schliefen Arm in Arm ein.

    Als Semir um die Ecke bog, lag Ben wie erstarrt in seinem Bett. Was hatte er gerade getan? Das Liebste, was er auf der Welt hatte, hatte er weggeschickt. Er schluckte trocken. Aber es war doch nur zu ihrem Besten, versuchte er sich selber zu beruhigen, gerade weil er sie so liebte, war es notwendig! Trotzdem musste er mit den Tränen kämpfen, denn jetzt wurde ihm Alles zu viel. Die Schmerzen, das falsche Spiel, das er vor Sarah getrieben hatte, die immer noch vorhandenen Ängste, was die Zukunft nun wohl bringen würde? Er hatte sich so gefreut, dass das Schicksal ihm Sarah geschenkt hatte, sie war das Beste, was ihm seit langem passiert war und er hatte eine gemeinsame Zukunft, Kinder, vielleicht ein Häuschen auf dem Land geplant, wo er Sarah die Möglichkeit zur Pferdehaltung geben würde, was deren Kindheitstraum war. Er hatte sich schon mit seinen Kindern spazieren gehen sehen, vielleicht für jedes ein niedliches Pony am Zügel, obwohl er ja eigentlich eher der Stadtmensch war. Aber sie konnten auch immer eine Wohnung in Köln behalten, die finanziellen Möglichkeiten waren ja gegeben. Manchmal, wenn sie am Sonntagnachmittag auf dem Sofa gelegen hatten, hatten sie sich ihre gemeinsame Zukunft ausgemalt und schon Namen für ihre Kinder ausgesucht. Wenn er dann spaßeshalber gesagt hatte, er wolle eine ganze Fußballmannschaft, hatte sie ihn eingebremst und gemeint, so ein Pärchen wäre gerade recht-ein Junge und ein Mädchen-und er hatte dann erwidert: „ Na so für den Anfang!“ und dann hatten sie sich geküsst und miteinander geschlafen und es war so wundervoll gewesen, so eine gleiche Zukunftsplanung zu haben! Und jetzt, was war geblieben? Ein einsames Leben, die Konzentration auf die Arbeit, um sich jeden Tag von neuem von diesem furchtbaren Schmerz abzulenken, der in seinem Herzen tobte.

    Semir sah, wie eine einzelne Träne von Ben´s Wange kullerte, der blass und zugeschwollen in seinem Bett lag. Verdammt noch mal, was hatte ihn denn nur dazu getrieben, die Beziehung mit Sarah zu beenden? Er hatte nach ihrem gemeinsamen Urlaub doch gemeint, die beiden würden sich versöhnen und bei dem Streit, den sie zuvor gehabt hatten, war es ja eigentlich um Nichtigkeiten gegangen, wobei er Sarah da teilweise verstehen konnte. Ihn selber regte Ben´s Unordnung nämlich auch manchmal auf, vor allem, wenn der sein Auto zumüllte und überall Krümel verteilte, weil er ständig unterwegs etwas essen musste! Genau das hatten Andrea und er ihrem gemeinsamen Freund ja dann mitgeteilt und er hatte das Gefühl gehabt, dass sich nach der Woche Trennung alles einfach wieder einrenken würde.

    Semir war nun mit zwei Schritten an Ben´s Bett, der wie in Trance aufblickte und nur tonlos sagte: „Ach du bist`s!“ bevor er die Augen schloss und versuchte, seine Gefühle zu kontrollieren. Wie es in ihm drinnen aussah, ging niemanden was an, auch Semir nicht, der ja schließlich eine glückliche kleine Familie hatte, etwas, was ihm nun versagt bleiben würde!Semir setzte sich auf den Stuhl, der noch von Sarah ganz nah neben Ben´s Bett stand und ergriff dessen Hand. „Du musst mir nichts erklären, ich habe gerade Sarah getroffen!“ sagte er einfach und wartete, was Ben zu diesem Thema zu sagen hatte, aber der schwieg und drehte den Kopf weg. Eine ganze Weile saßen sie schweigend beieinander, da machte Ben, der sich wieder ein wenig gefangen hatte, die Augen auf. Als er versuchte, sich ein bisschen anders hinzulegen, stöhnte er auf. Die Schmerzen brachen gerade wieder über ihn herein und er meinte, mit seinem Rücken am Leintuch festzukleben. Außerdem war ihm furchtbar warm und er hatte begonnen unter den Verbänden zu schwitzen. Vorhin war ihm so kalt gewesen, aber jetzt hatte sich das ins Gegenteil verkehrt. Auch Semir hatte bemerkt, wie warm Ben´s Hand sich wieder anfühlte, aber so einfach würde das Fieber vermutlich auch nicht verschwinden. Ben hustete und das trockene Rasseln in seinen Bronchien tat Semir gleich selber weh. Der Monitor schlug Alarm und als wenig später die Schwester um die Ecke bog, schaute sie sich überrascht um, wo Sarah war. An deren statt, saß der Freund am Bett ihres Patienten, den anscheinend einer ihrer Kollegen reingelassen hatte.

    „Herr Jäger, was gibt´s?“ fragte sie, denn der Blutdruck ihres Patienten war angestiegen, so dass sie das Katecholamin ein wenig reduzieren konnte. Dafür war die Sauerstoffsättigung nicht so optimal und sie drehte daraufhin den Sauerstoff höher. Ben stöhnte, als er nur eine klitzekleine Bewegung machte und sie fragte mitfühlend: „Haben sie wieder Schmerzen?“ und Ben nickte. Gut, eigentlich war diese Frage der pure Hohn. Er hatte die letzten Tage nicht aufgehört, Schmerzen zu haben, aber gerade war es wieder unerträglich. Der Perfusor piepte, als ihm die Schwester einen Bolus mit Opiat gab und es wurde ein wenig leichter für ihn. Auch die Pflegerin sah, dass Ben die Schweißtropfen auf der Stirn standen und griff zum Fieberthermometer, um seine Temperatur zu kontrollieren. „Würden sie bitte kurz rausgehen?“ fragte sie Semir freundlich und holte eine Kollegin dazu. Ben musste dringend gebettet und frisch gemacht werden, etwas was bisher Sarah gemanagt hatte, darum hatte sie sich da nicht drum gekümmert. Jetzt fiel ihr ein, dass sie die vorhin mit schweren Schritten um die Ecke hatte verschwinden sehen, die war vermutlich fix und fertig und hatte sich in ihr Appartement begeben, um sich hinzulegen. So würde sie jetzt ihren pflegerischen Aufgaben nachkommen und sie wusch erst vorsichtig Ben´s Gesicht mit einem kühlen Waschlappen ab und dann half ihr ihre Kollegin, Ben ein wenig unter Schmerzen und Jammern zu drehen, seinen Rücken abzutupfen und ein frisches Metallinetuch unterzulegen. Das vorige war voller Blut und Wundsekret, das war aber auch kein Wunder, denn man hatte den Rücken komplett ohne Verband gelassen, weil nicht genügend Platz für irgendwelche Kleber gewesen war. Das metallbeschichtete Tuch war sozusagen der eigentliche Verband und gemeinsam drehten sie Ben nach dem Austausch, des Leintuchs leicht auf die Seite, damit die Lunge anders belüftet wurde und legten ein Lagerungskissen unter. Auch ein Eisbeutel kam auf seine Körpermitte, dazu ein zusammengerolltes Handtuch zwischen seine Beine, wie der Urologe angeordnet hatte. Das Fieber war um die 39°C und als sie Semir wenig später wieder hereinließen, hatte Ben die Augen geschlossen und schien zu schlafen.
    Semir blieb noch zehn Minuten, aber dann erhob er sich leise, um selber nach Hause zu gehen. Auch ihm hatten die letzten Tage das Äußerste abverlangt und er musste dringend mal wieder richtig schlafen. Mit einem leisen: „Gute Nacht, Ben!“ verließ er das Zimmer und Ben öffnete die Augen erst wieder, als er sicher war, dass sein Kollege weg war.

    Gut-am Hubschrauber hängen war nicht, aber nicht minder spannend und nervenaufreibend war die Situation, als Raabe den gefesselten Semir ins Wasser wirft und der auch nach einmaligem Auftauchen untergeht.
    Raabe hat seine Rechnung allerdings ohne Tom gemacht, der in Windeseile ins Wasser hopst und Semir rettet, während sein Kollege sich Max Raabe vornimmt.
    Während Max vermutlich nicht so viel Glück hat und in seinem eigenen Sprengstoffinferno umkommt ( hoffentlich!), wird Semir von Tom nach allen Regeln der Kunst geborgen und erfolgreich wiederbelebt.
    Gut, kaum ist er zu sich gekommen, da kriegt er gleich einen Anschiss von Tom, der sich gewaschen hat, aber wo der Recht hat, hat der Recht!
    Hoffentlich wird Semir im Krankenhaus auch gut versorgt und besonders freue ich mich auf das Wiedersehen mit Andrea!

    Ben wurde wieder wach. Vielmehr befand er sich in einem Zustand zwischen Wachen und Träumen und die Schmerzen waren allgegenwärtig. Er meinte wieder in dem Verließ zu liegen, denn ihm war kalt und die Fessel um seinen Fuß tat schrecklich weh. Irgendwie tat ihm zwar alles weh, aber am Schlimmsten war diese Fußfessel. Wieder stöhnte er auf. Seine Zunge klebte trocken in seinem Mund und er schmeckte Blut. Er hatte fürchterlich Angst, dass der nächste Folterer in der Tür stehen würde und versuchte sich auf seinem Strohsack zusammenzurollen, aber seine Glieder waren schwer wie Blei. Wenn ihm nur nicht so kalt wäre! Fest hatte er die Augen zugekniffen. Er wollte die roh behauenen Wände des Kerkers nicht sehen, von denen er bald jeden Stein kannte, so lange hatte er sie verzweifelt angestarrt. Um seinem Elend Ausdruck zu verleihen, obwohl das ja sowieso nichts bringen würde, jammerte er leise vor sich hin.

    Sarah, die kurz zur Toilette und etwas trinken gegangen war, kehrte zurück und trat an seine Seite. Mit einer zärtlichen Berührung strich sie ihm eine verklebte Haarsträhne aus dem Gesicht und flüsterte leise: „Was ist los, Ben?“Das konnte doch nicht sein, oder doch? Hatte ihn gerade Sarah berührt? Nein, sie hatten doch einen Streit gehabt! Die Waschmaschine, verdammt die Wäsche in der Waschmaschine, er musste ihr sagen, dass er sie doch hatte rausnehmen wollen. Aua sein Fuß! Ben wurde sehr unruhig und jammerte leise vor sich hin, ohne die Augen zu öffnen. Er versuchte mit schmerzendem Kiefer immer etwas zu sagen, aber Sarah verstand immer nur ein verschwommenes „waschasch“, oder so ähnlich. Nachdem Ben sich gar nicht beruhigen ließ, holte sie den Stationsarzt dazu. Er machte das große Licht an und sprach Ben nun mit lauter Stimme an: „Herr Jäger, machen sie die Augen auf!“ sagte er und blinzelnd befolgte Ben den Befehl. Er sah verwundert um sich, aber dann fiel es ihm wieder ein. Semir und Hartmut hatten ihn gerettet, er war im Krankenhaus und er war operiert worden. Stöhnend sah er an sich herunter und stellte fest, dass er überall von Verbänden bedeckt war. Sein allgegenwärtiger Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen und der Stationsarzt, der ihn prüfend gemustert hatte, gab ihm wieder eine kleine Dosis Opiat aus dem Perfusor. Schlagartig wurden Ben´s Schmerzen leichter, ohne allerdings ganz zu verschwinden. Er versuchte etwas zu sagen und als der Stationsarzt sich über ihn beugte, konnte er ein: „Mein Fuß!“ verstehen. Er sah nach unten und stellte fest, dass die Haut über dem Gipsverband angeschwollen war. Ah ja, da konnte man Abhilfe schaffen! „Sarah ruf doch mal in der Notaufnahme an, die sollen mit einer oszillierenden Säge raufkommen, wir müssen den Gips spalten!“ bat er Ben´s Freundin, die daraufhin das Zimmer verließ, um vom Stationstelefon aus, den Auftrag zu erfüllen.

    Der Arzt untersuchte Ben kurz durch, leuchtete ihm auch in die Augen, deren Pupillen vom Opiat etwas verengt waren. „Wollen sie einen Schluck trinken?“ fragte er freundlich und Ben nickte. Sarah hatte auf dem Nachtkästchen einen Schnabelbecher Wasser mit einem Trinkhalm vorbereitet und tatsächlich, als Ben es versuchte, schaffte er es, zwar unter Schmerzen, aber immerhin, ein kleines Schlückchen zu sich zu nehmen, obwohl sein Mund furchtbar wund war. Die Mundwinkel fühlten sich an, als wären sie eingerissen, aber trotzdem konnte er jetzt verständlicher sprechen.„Ist bei der Operation alles gut gegangen?“ fragte er den Arzt nuschelnd und der wiegte den Kopf. „In groben Zügen schon, nur die Unterleibsverletzungen waren schwerer, als wir erwartet haben. Wir können noch keine klaren Aussagen treffen, ob sie ihre Zeugungsfähigkeit behalten, denn ein Samenleiter war abgerissen und musste repariert werden und auch sonst haben wir da einige nicht so harmlose Verletzungen. Nun sah ihn Ben verzweifelt an. Der Alptraum jedes Typen war wahr geworden, seine Manneskraft war in Gefahr. „Aber machen sie sich keine Sorgen-unser Urologe hat sein Möglichstes getan und wir hoffen durchaus, dass das wieder komplett in Ordnung kommt!“ versuchte der Arzt ihn zu beruhigen, aber das hörte Ben schon nicht mehr. In seinem Kopf dröhnte es. Zusätzlich zu den ganzen Schmerzen nun auch das noch! Jetzt war es klar-so schlimm es für ihn war, aber um seine Freundin zu schützen, musste er die Beziehung beenden. Sie sollte nicht ihr Leben mit einem Krüppel verbringen. Er wusste, sie wünschte sich Kinder und sie waren ja fast soweit gewesen, das in Angriff zu nehmen, als sie den blöden Streit gehabt hatten. Aber nun war es vorbei! Besser er brachte es hinter sich! Das Gespräch hinauszuziehen würde den Schmerz nur vergrößern.

    Allerdings kamen nun Sarah und ein Pfleger mit einem merkwürdigen Gerät zur Tür herein. Man nahm sein Bein von der Schiene, auf der es hochgelagert gewesen war, legte eine Einmalunterlage darunter und schon fraß sich die Säge vorne an der Mittellinie durch den Gips. Ben hielt die Luft an. Die würden doch jetzt um Himmels willen nicht in seinen Fuß sägen? Er erwartete schier, dass sich der Gips gleich rot färben müsste, aber zu seinem Erstaunen stoppte die Säge von selber, als sie sich der Haut näherte. „Das ist eine Spezialsäge, da rotiert die Sägescheibe so, dass sie aufhört, wenn es weich wird. Man kann sich damit eigentlich nicht verletzen!“ erklärte der Pfleger, der nun den Gips mit kräftigen Händen noch auseinanderbog und während Sarah sein Bein hochhielt, eine elastische Binde darüber wickelte. Welche Wohltat! Als der Druck nachließ, war der Schmerz im Bein gleich viel besser, dafür ziepte es jetzt umso ärger unter der Gürtellinie, wie um ihn zu erinnern, was er jetzt hinter sich bringen musste.Der Arzt und der Pfleger hatten den Raum verlassen. Ben´s Bein lag wieder in der Braun´schen Schiene und Sarah hatte das grelle Licht gelöscht. Draußen begann es dunkel zu werden und nun räusperte sich Ben. „Was ist los, Schatz?“ wollte Sarah wissen und sah ihn fragend an. Anstatt lang drum herum zu reden, nahm Ben nun seine ganze Kraft zusammen und sagte mit vermeintlich fester Stimme: „Sarah, es ist vorbei! Ich bin mir in den letzten Tagen klar geworden, dass unsere Beziehung keine Zukunft hat, wir sind zu unterschiedlich!“ erklärte er und Sarah sah ihn fassungslos an. Das durfte doch nicht wahr sein? Sie hatte das Gefühl, ihr hätte jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Die ganzen SMS-es hatte sich doch so angefühlt, als wenn sie ihren blöden Streit beilegen würden. Sie war bereit gewesen, Kompromisse einzugehen und in der Zeit seiner Entführung hatte sie erst wieder festgestellt, wie sehr sie ihn liebte! Sie versuchte etwas zu sagen und begann; „Aber..“ da fiel ihr Ben ins Wort. „Geh bitte-und danke noch, dass du dich so um mich gekümmert hast!“ fügte er leise hinzu und wie in Trance erhob sich nun Sarah und verließ das Zimmer.

    Käsebleich wankte sie über den Flur, um in ihr Appartement zu gehen. Da kam ihr Semir entgegen: „Sarah, was ist los, ist was mit Ben?“ fragte er erschrocken, denn Sarah sah aus, als hätte sie gerade einen schweren Schock erlitten. Sie schüttelte den Kopf und sagte tonlos: „Er hat gerade Schluss gemacht und mich rausgeschmissen!“ und damit ging sie langsam Richtung Ausgang. Semir sah ihr entsetzt und ratlos nach. Was sollte er tun? Aber dann beschloss er, nun erst einmal nach seinem Freund zu sehen und beschleunigte deswegen seine Schritte. Was hatte Ben da nur wieder angerichtet?

    Schön dass du vor Weihnachten noch nach Hause gekommen bist, Elli und ich hoffe, es geht dir einigermaßen gut. Lass dich von deiner Familie verwöhnen und wenn dir langweilig ist, weißt du ja, wie du die Zeit ausfüllen kannst ;) .
    Nun zum Feed: Max und Karl sind mit Semir geflohen und bemerken leider auch, dass sie weiter verfolgt werden, obwohl Tom´s Männer das schon professionell betreiben.
    Max hatte die weitere Flucht schon von langer Hand geplant und nun verlagert sich der Schauplatz auf einen Kanal. Tom hat ja leider nicht mitbekommen, dass Raabe seinen Kompagnon umgebracht hat und jetzt alleine mit einem schwer verletzten Semir unterwegs ist. Hoffentlich können die Semir irgendwie da runterholen-habe da schon so Visionen, wie Tom und Semir am Hubschrauber hängen-hatten wir schon länger nicht mehr! :rolleyes:

    Ben hat eine Spur! Juhuu! Langsam beginnen Kevin und Ben die Puzzleteile zusammenzufügen. Klar, sie müssen jetzt unbedingt André befragen, aber noch viel dringender müssen sie nach Semir suchen.
    Das glaube ich, dass der in seinem Gefängnis beinahe verrückt wird-gut, dass der keine Mäusephobie hat, sondern das auch noch lustig findet, wenn ihm eine über den Fuß läuft!
    Aber ich will jetzt unbedingt wissen, wer da durch das Gebäude schleicht, sind das schon Ben und Kevin, oder ist es vielleicht André, oder jemand ganz anderer? Bitte bald weiterschreiben!