Beiträge von susan

    Jetzt bin ich heut erst dazu gekommen, die letzten Kapitel nachzulesen. Vorweihnachtsstress, ne kranke Mutter und selber den halben Tag im Wartezimmer verbracht. Aber anstatt jetzt auf den Inhalt einzugehen-du läufst wieder zu alter Form auf Jenni und das gefällt mir!
    Alex hat also ne alte Verbindung zu Joshi und zwar ne gute! Und Semir ist echt ein guter Partner-er kümmert sich rührend um seinen Freund und packt auch dessen Krankenhaustasche-prima!

    So-soeben wurde auch ich eingebuchtet. Warst du schon mal im Gefängnis, Campino, dass du das so realistisch beschreiben kannst? :D Wieder ist der Ort und die Menschen darin vor meinem inneren Auge realitätsnah erstanden. Allerdings hätte Kevin nicht so grob zu seinem Zellengenossen zu sein brauchen-der wird nachts nicht mehr ruhig schlafen können!
    Nun steckt Kevin auch gleich sein Revier ab-allerdings sind die Aufseher anscheinend bestechlich und schauen gepflegt weg als Kevin formvollendet begrüsst wird-aber was soll das jetzt heißen: zu spät? Ich will sofort wissen, wie es weitergeht!

    Und wie sollen Castor und Pollux von so nem mickrigen Meerschweinchen satt werden-du musst auch an die armen halb verhungerten Hunde denken! Ich stelle mir da schon so nen fetten grauen Stallhasen vor, wie meine Oma die früher gezüchtet hat. Lies ihnen halt: "Belgischer Riese" vor, dann können Francesca und Giuseppe sich drunter nichts vorstellen :D.

    Ben ist voll auf Kevin´s Seite, obwohl er sich im Krankenhaus verplappert hat. Er glaubt aber fest, dass Kevin kein Mörder ist und will ihm auf jeden Fall helfen, obwohl alle Fakten gegen ihn sprechen. Vermutlich sieht er da auch die Chance den Schaden den er da angerichtet hat, wenigstens teilweise wieder gut zu machen.
    Semir behält zwar einen kühlen Kopf, aber als Ben André ins Spiel bringt, fängt er doch an nachzudenken.
    Und Plotz dieses Ekelpaket schlägt sich den Bauch voll und bringt voller Genugtuung seinen ehemaligen Partner vor den Kadi. Der ist glaube ich jedem unsympathisch so toll wie du den beschrieben hast-nur die Sache mit dem Cheeseburger nehme ich Ben nicht ganz ab-normalerweise hätte er den selber gefuttert!

    Am nächsten Morgen begann derselbe Ablauf wie am Vortag. Allerdings nahm Ben diesmal Wechselwäsche in einer Plastiktüte mit, packte mehr Speisen und Getränke ein und versuchte seinen Ganzkörpermuskelkater zu ignorieren. Von unterwegs aus dem Bus rief er Semir an: „Hör mal-ich würde gerne im Büro eine Wanze oder sowas anbringen, damit ich verfolgen kann was Bruckner so spricht-kannst du dich mal mit Hartmut in Verbindung setzen und mir die dann zukommen lassen? Ich denke ich werde so gegen 12.30 Uhr Mittag machen-vielleicht können wir da irgendwie die Übergabe bewerkstelligen!“ sagte er und Semir versprach da was einzufädeln. Ben hatte auch an einen MP3-Player gedacht und lenkte sich während der Reinigungsarbeiten mit flotter Mucke über einen Knopf im Ohr ab. Lucky freute sich wieder wie verrückt ihn zu sehen und auch heute knuddelte Ben nebenbei ausgiebig hunderte von Hunden und Katzen. Am späten Vormittag kam ein Lieferwagen und brachte eine Fuhre neue Tiere-ein paar verängstigte etwa vier bis fünf Monate alte Welpen, die miteinander in einen leeren Zwinger kamen. Ben musste schlucken-es waren kleine Labradore und Goldies, eigentlich wunderhübsche Tiere, aber sie hatten Durchfall, waren matt und aus ihren jungen Augen sprach grenzenlose Erschöpfung und sie wollten auch überhaupt nicht fressen oder trinken, geschweige denn spielen. „Da kommt später noch der Tierarzt!“ sagte Bruckner, der gegen zehn endlich aufgetaucht war und Ben nickte. Als der Tierarzt dann da war-ein mittelalter Mann mit ostdeutschem Akzent-musste Ben die Welpen halten, während die ein paar Spritzen bekamen und vor Angst jaulten. Er nahm sie danach liebevoll auf den Arm und tröstete sie, während er den jeweils nächsten in den Behandlungsraum trug und Lucky stand eifersüchtig und angespannt in seinem Zwinger und beobachtete ihn. Bruckner besprach sich danach im Büro noch mit dem Arzt und wieder versuchte Ben erfolglos zu lauschen. Als sich dann die Tür öffnete und der Arzt sich zu gehen anschickte, hörte er noch wie sie sagten: „Das ist die perfekte Gruppe um dieses Durchfalldiätfutter auszuprobieren!“ und Bruckner richtete dann eine Tonne her, aus der Ben die Kleinen ausschließlich füttern sollte. „Die kriegen viermal täglich!“ sagte er, aber keiner der Kleinen rührte das Futter an-wenigstens tranken sie ein wenig und Ben hatte beinahe das Gefühl, wie wenn Tim krank war-diese Babys oder beinahe schon Junghunde waren so hilflos und kuschelten sich rührend zusammen und versuchten sich gegenseitig zu trösten. Ben sah in dem Lagerraum noch eine Wärmelampe und die installierte er über einem der Kunststoffkörbchen, denn er fand, dass die Kleinen ziemlich kalt waren und anscheinend tat es ihnen gut, denn langsam verstummte das Winseln.

    Gegen zwölf rief Hartmut ihn an. Ben ging ran und der Rotschopf sagte: „Hör mal-ich werde jetzt dann an dem Tierheim vorbeijoggen und da kurz umknicken. Du kommst dann raus, hilfst mir wieder auf die Beine und dabei stecke ich dir die Wanze und das Empfangsgerät das aussieht wie ein Player mit Kopfhörern zu. Das Abhörteil ist in einer Art Knetmasse, die fast überall kleben bleibt-du kannst sie also einfach irgendwohin drücken-sie haftet auf allen fettfreien Untergründen!“ erklärte er ihm und so machten sie es. Ben nahm gerade draußen vor den Zwingern seinen Mittagsimbiss ein, als Hartmut mit einem kurzen Schmerzensschrei umknickte und Ben hinaus eilte, wo die Übergabe stattfand. Hartmut hinkte danach demonstrativ weiter und Bruckner, der die Sache vom Büro aus beobachtet hatte, kam heraus und sagte scharf: „Dir ist schon klar, dass jemand Fremdes auf diesem Grundstück nichts verloren hat-ich möchte nicht, dass sich hier Hinz und Kunz rumtreiben-aber der Typ ist ja jetzt wohl wieder flott-jetzt schau dass du an deine Arbeit kommst und nicht stundenlang Mittagspause machst!“ Ben wollte zunächst protestieren, er hatte nämlich gerade mal fünfzehn Minuten pausiert und dabei heißhungrig seine drei Wurstbrote hinuntergeschlungen, aber dann machte er sich kommentarlos wieder an die Arbeit. Allerdings versuchte er den ganzen Nachmittag vergeblich ins Büro zu kommen, aber entweder war Bruckner draußen und hatte abgesperrt oder er wimmelte ihn gleich ab, sobald er nur die Türklinke herunterdrückte. Erst am Abend ergab sich die Gelegenheit und Ben huschte hinein, während Bruckner kurz zur Toilette war und der Polizist klebte die Wanze direkt unter die Schreibtischplatte. Als sein Boss zurückkam deutete nichts darauf hin, dass jemand im Büro gewesen war, aber als Bruckner danach ein Telefongespräch führte, konnte Ben jedes Wort über seinen Knopf im Ohr verstehen und lächelte zufrieden.

    Als kurz vor seinem Feierabend die Welpen doch ein wenig fraßen war Ben erleichtert und fast glücklich und heute zog er sich komplett um bevor er nach Hause fuhr, damit er wenigstens nicht gar so streng roch, aber er hatte trotzdem viel Platz in Bus und Bahn.
    „Semir-die Wanze ist installiert!“ gab er Bescheid und der informierte ihn nun seinerseits: „Unsere Hexe hat angerufen und uns zu dem Beerdigungsritual von Heinze am Samstagabend in einem Friedwald eingeladen-der Beginn ist um 23.00 Uhr-kommst du mit?“ fragte er und Ben sagte ohne nachzudenken zu. Vielleicht konnten sie da noch andere Aktivisten kennenlernen und an Informationen kommen. Heute ging er, ohne dass Sarah etwas sagen musste, sofort duschen und danach verbrachten sie einen gemütlichen Abend auf dem Sofa und schwelgten noch in Erinnerungen an die Traufe letztes Wochenende.

    Der Samstag verging wie im Flug, aber am Morgen hatte Ben erst einmal einen traurigen Job. Zwei der Welpen-die beiden kleinsten- waren über Nacht gestorben und er trauerte um die beiden kleinen toten Körper, während er sie in Plastiktüten verpackte und einfror. Diese Hundchen hatten in ihrem kurzen Leben vermutlich nichts Schönes gehabt und er konnte so langsam verstehen, warum es so militante Tierschützer gab, die sich für das Wohl dieser unschuldigen Wesen einsetzten.
    Bruckner kam erst gegen Mittag und als Ben ihm von den verendeten Tieren berichtete-auch zwei Katzen hatten die Nacht nicht überlebt-fluchte er verhalten. „Mann-das ist ein Haufen Geld das uns da flöten geht! Gott sei Dank ist der Nachschub gesichert, aber schau, dass du die Tiere besser versorgst, damit die deine Pflege auch überleben!“ herrschte er ihn grob an und Ben blieb beinahe der Mund offenstehen-da war von dem Tierfreund und Hundeliebhaber plötzlich nichts mehr zu sehen! Heute sah er auch zum ersten Mal Castor und Pollux, denn die schlichen mit gesenkten Köpfen hinter ihrem Herrn her ins Büro und knurrten leise, wenn sie seiner ansichtig wurden. „Halte dich von meinen Lieblingen fern-die fressen gerne Exknackis zum Frühstück!“ warnte ihn Bruckner und das hätte er Ben nicht zweimal sagen brauchen, denn genauso wie Semir waren ihm diese Hunde, die funktionierten wie Roboter, zutiefst unheimlich. Sicher waren auch das im Grunde ihres Herzens nette Lebewesen, aber dieser Mensch hatte die so instrumentalisiert und hatte deren absoluten Gehorsam, dass sie sich gar nicht mehr trauten Hund zu sein, zu rennen und zu spielen, sondern die reinsten Kampfmaschinen waren.
    Blöderweise telefonierte Bruckner heute überhaupt nicht, aber wenig später fuhr ein Bauer vor und brachte ein frisch geschlachtetes Kaninchen im Ganzen, wie jeden Samstag, wenn Ben dessen Worte recht verstand. Bruckner bezahlte und holte dann seine beiden Hunde heraus und warf es ihnen vor, so wie es war. Die beiden zerfetzten das Tier vor seinen und Ben´s Augen und schlangen heißhungrig die Stücke hinunter. „Nach drei Fasttagen sind sie richtig gut in Form!“ grinste Bruckner und Ben musste einen Übelkeitsanfall unterdrücken. Als die Hunde fertig waren, war es seine Aufgabe das Blut auf dem Betonboden abzuwaschen, aber er konnte leider keine Haare der beiden Schäferhunde sicherstellen-da flogen nämlich Haare aller möglichen Hunde und des Kaninchens herum und als ein kleines Lüftchen aufkam wirbelte alles durcheinander. Aber das würde er schon noch hinkriegen.
    Bruckner wies ihn an den Katzen die doppelte Futtermenge vorzulegen, weil die morgen nicht extra gefüttert würden. Die Hunde hatten am Sonntag Fasttag und Bruckner moserte schon herum: „Jetzt muss ich wegen der blöden Welpen morgen doch rausfahren-aber du hasts gut, du hast den Sonntag frei!“ motzte er, aber Ben schwieg ganz still-hoffentlich würde das der letzte Sonntag sein den Bruckner in Freiheit verbrachte. Er war wild entschlossen Beweise sicherzustellen und diesem Menschen das Handwerk zu legen-denn von einem war er nun beinahe überzeugt, nach der Show mit dem Kaninchen-diese Hunde waren vermutlich dazu benutzt worden Heinze zu töten-er musste es nur noch strafrechtlich verfolgbar machen und Bruckner überführen.

    Ben hatte es sich nicht so mühsam vorgestellt, überhaupt zu dem Tierheim zu kommen. Er hatte das Fahrrad zwar am Vortag schon gemeinsam mit dem Bewährungshelfer an der Endhaltestelle der Buslinie deponiert und dort angekettet, aber bis er von seiner Wohnung erst mit Bus, dann mit der U-Bahn und letztendlich wieder mit dem Bus dort angekommen war, war schon locker eine Stunde vergangen. Er trat danach heftig in die Pedale um wenigstens an seinem ersten Arbeitstag nicht zu spät zu kommen und ihm wurde erst jetzt bewusst, welch ein Luxus es eigentlich war, das Auto jederzeit vor der Tür zu haben und binnen kurzer Zeit irgendwohin zu fahren. Fünf Minuten vor acht war er dann aber da und Bruckner begrüßte ihn freundlich und gab ihm eine ausgewaschene blaue Latzhose und quietschgelbe Gummistiefel. Ben hatte ein altes Shirt an und nachdem er seine Arbeitskleidung angelegt hatte, wurde er zunächst in die Fütterung eingewiesen. In einem korrekt temperierten Raum lagerten verschiedene Tonnen mit Hunde-und Katzenfutter. Überall waren Tabellen und die Zwinger und die Behälter hatten Nummern. Man musste immer die Nummer des Zwingers wissen, den Besatz an Tieren und wie viel die bekamen und dann das Futter genau bemessen.
    „Die ersten Tage werden sie das noch nachlesen müssen, aber spätestens nach einer Woche wissen sie auswendig welcher Hund in welcher Gruppe lebt-dann geht es auch schneller!“ gab ihm Bruckner Bescheid und mit einer Art Futterwagen brachten sie die vorbereiteten Näpfe zu den Zwingern. Aufgeregtes Bellen und Winseln erwartete sie, aber als sie gemeinsam die Näpfe verteilten, wurde es in dem Käfig in dem sie gerade waren immer ganz still und die Hunde stürzten sich hungrig auf das Futter. Auch Lucky bekam seine Schüssel und bevor er zu fressen begann, leckte er kurz über Ben´s Hand, aber dann fraß auch er, denn wenn so ein Hunderudel gemeinsam zu fressen bekam, würde sich der Ranghöhere schamlos an den Näpfen der anderen bedienen, wenn er als erster fertig war und noch Hunger hatte, darum wussten die Hunde-man musste sich ranhalten.
    „Der große Graue dort ist mit Vorsicht zu genießen. Er heißt Lucky und ist ein wahrer Entfesslungskünstler. Keiner unserer Hunde ist aggressiv oder bissig, aber Lucky ist unheimlich schlau. Er kann Türen öffnen und hat sogar schon einfache Riegel aufgezogen. Also immer gut absperren, sonst ist er irgendwann weg und mit ihm die ganze Truppe-und dann kriegen sie verdammten Ärger!“ sagte Bruckner scharf. Ben lag es auf der Zunge zu fragen, warum die Tiere keinen Freilauf bekamen, wobei er die Antwort ja indirekt von Michael Putz schon kannte, aber dann beschloss er die Klappe zu halten. Wenn er zu vorlaut war würde Bruckner ihn einfach rauswerfen und dann konnte er nicht ermitteln. In einigen Zwingern und vor allem in einigen Katzenhäusern waren die Tiere sichtlich schlecht beieinander. Nicht so richtig krank, aber viele kratzten sich ständig, hatten stumpfes Fell und juckende Hautausschläge und lagen matt in der Gegend herum. In einer Ecke war eine tote langhaarige Katze und Ben wurde gleich angewiesen das Tier in einen Plastiksack zu packen, die Nummer des Raumes drauf zu schreiben und dann den kleinen Kadaver einzufrieren. In einem Nebenraum standen mehrere Gefriertruhen die anscheinend für diesen Zweck vorbereitet waren. „Was geschieht mit den toten Tieren?“ fragte Ben, den es ganz schön ekelte. „Das hat dich nicht zu interessieren Benjamin!“ sagte Bruckner kurz und scharf. „Die werden schon irgendwann abgeholt-aber mach dir nicht um Dinge Gedanken, die dich nichts angehen!“ fertigte er ihn kurzerhand ab. Ben lagen ein paar Worte auf der Zunge-er hatte Bruckner ja auch das Du nicht angeboten und in seiner Legende hatten sie als seinen Namen Benjamin Wirth gewählt, denn die logische Abkürzung war ja Ben oder Benni und so war das unverdächtig falls er mal von jemandem gesehen wurde der ihn kannte. Eigentlich sollte er jetzt aus Prinzip Mark ebenfalls duzen, aber er merkte genau, dass er gerade eingenordet wurde und sagte nun devot: „Ja Herr Bruckner!“ und senkte den Blick, was den anderen Mann dazu brachte selbstgefällig zu lächeln.

    Nach der Fütterung wurde Ben kurz gezeigt wie er mit Schaufel, Besen und Wasserschlauch die Zwinger zu reinigen hatte. Nachdem die Hunde ja nicht rauskamen lagen überall die Exkremente herum und der scharfe Uringestank trieb einem bei dem warmen Wetter die Tränen in die Augen. Sorgfältig schwang Ben sein Werkzeug und verfluchte Semir insgeheim für dessen im wahrsten Sinne des Wortes Scheißidee! Nach den Hundezwingern kamen die Katzenhäuser dran und wenn Ben gedacht hatte, dass der Hundekot schon das Ekligste an der Sache gewesen wäre, wurde er jetzt eines besseren belehrt. Er hatte nicht gewusst dass Katzenscheiße so stinken konnte und hätte sich am liebsten ein Tuch um Mund und Nase gebunden, um das besser ertragen zu können. Mit gefühlten Tonnen Katzenstreu füllte er die Katzentoiletten auf und das einzige was diese Arbeit erträglich machte, waren die Liebesbeweise der Tiere, die ihn aufmerksam betrachteten, ihm um die Füße strichen und mit lautem Schnurren um Streicheleinheiten bettelten.
    In Luckys Zwinger war er sehr froh gewesen, dass Bruckner anscheinend nicht bemerkt hatte, dass Lucky ihn schon kannte, denn der hatte sich während seiner Putzaktion an seine Fersen geheftet, hatte Streicheleinheiten erbettelt und jedem anderen Hund einen Zahn gezeigt, der sich ihm zu nähern wagte. Als Ben dann allerdings den nächsten Zwinger betrat musste Lucky sein vorlautes Verhalten büßen und bezog gleich mal eine Tracht Prügel vom Rudelführer. Ben musste vom Raum daneben hilflos zusehen, aber mehr als ein scharfes „Hey-aufhören!“ hinüber zu schreien fiel ihm auch nicht ein. Allerdings war kein Blut geflossen und als Lucky sich mit hängenden Ohren und eingezogener Rute unterwarf und sich in einer Ecke flach auf den frisch gereinigten Boden legte, war Ben insgeheim froh, dass seinem vierbeinigen Freund nichts geschehen war.

    Ben hatte nach kurzer Zeit sein Shirt ausgezogen und über einen Zaun zum Trocknen gehängt. In den Gummistiefeln stand das Wasser und er hatte selber das Gefühl zu riechen wie ein nasser Hund. Bruckner hatte sich in sein Büro zurückgezogen und Ben hatte versucht zu lauschen, konnte aber durch die geschlossene Tür nicht hören, was der am Telefon sprach. Vielleicht konnte Hartmut da eine unauffällige Wanze installieren, damit man den Mann besser überwachen konnte. Ben hatte von Semir und Jenni schon von Castor und Pollux gehört und war eigentlich angewiesen ein paar Haare mit Haut daran einzutüten, damit man deren Gene mit dem Hundespeichel auf der Leiche abgleichen konnte, aber die hatte er noch nicht zu Gesicht gekriegt. So verrichtete er die anstrengende Arbeit und konstatierte, dass er nach einer Stunde Muckibude nicht so geschafft war, wie nach dem Schaufeln, Tragen und Kehren.
    Für mittags hatte er sich ein Wurstbrot eingepackt und seine Mineralwasserflasche war schon um zehn leer gewesen, so dass er sie mit Leitungswasser auffüllen musste. Um seine Tarnung nicht zu gefährden hatte er extra das Billigwasser aus dem Supermarkt mitgebracht-nicht das teure Edelwasser das Sarah und er so gerne tranken und er hatte auch der Versuchung widerstanden morgens den halben Bäcker aufzukaufen-wie hätte er das vor Bruckner rechtfertigen sollen, dass er schon Teilchen für mehr als fünf Euro zum Frühstück aß? So knurrte zwar sein Magen noch als er seinen Imbiss eingenommen hatte, aber Sarah würde abends schon etwas Leckeres kochen und ansonsten gab es immer noch nen Pizzaservice!
    Als alle Zwinger gereinigt waren musste er noch ein Stück Rasen mähen und wieder floss der Schweiß von seiner Stirn. Gegen die stechende Frühlingssonne hatte er ein verwaschenes Schildmützchen bekommen und als er nach der Abendfütterung um sechs endlich Feierabend hatte, seufzte er erleichtert auf. Bruckner gab ihm noch den Schlüssel fürs äußere Tor und die Nebenräume, das Büro allerdings war mit einem extra Sicherheitsschloss gesichert.„Also-morgen wieder um acht-ich weiss nicht ob ich da schon da bin-wenn sie Fragen haben-hier ist meine Handynummer!“ verabschiedete ihn Bruckner und als Ben aus der Latzhose und den Gummistiefeln geschlüpft war, hatte er das Gefühl zum Himmel zu stinken. Er radelte zur Endhaltestelle, schloss sein Fahrrad ab und hatte in Bus und U-Bahn das Gefühl, dass alle Mitfahrer naserümpfend von ihm abrückten. Nach einer beschwerlichen einstündigen Fahrt schlug Sarah die Hände über dem Kopf zusammen, als er die Wohnung betrat: „Geh um Himmels Willen sofort duschen-so fasst du mir Tim nicht an!“ rief sie entsetzt und Tim sah ganz enttäuscht zu, wie sein Papa im Bad verschwand. Normalerweise machte der aus seiner Ankunft immer ein Event und warf seinen Sohn in die Luft, so dass er lachte und gurgelte, aber heute musste das warten, bis Ben sauber war. „Ich habe meine Klamotten in eine dichte Plastiktüte getan-tut mir leid Schatz-ich hätte nicht gedacht dass das so anstrengend und geruchsintensiv wird!“ entschuldigte sich Ben und ließ sich, nachdem er nun seinen Sohn ausgiebig geknuddelt hatte, am Tisch nieder und schlug beim Abendbrot zu, als hätte er vierzehn Tage nichts mehr zu futtern gekriegt. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass dieses Essen für zwei Tage reicht!“ bemerkte Sarah trocken, als Ben sich den letzten Bissen hinter die Kiemen stopfte und er zuckte nun verlegen mit den Schultern. „Du hast aber auch zu gut gekocht!“ sagte er und gab seiner Frau einen Kuss. Wenig später telefonierte er noch kurz mit Semir und erzählte von seinem ersten Arbeitstag. Er erbot sich dann Tim zu Bett zu bringen und als es fünfzehn Minuten später so verdächtig ruhig im Kinderzimmer war, in dem Tim von der Wiege vor einigen Monaten in ein Paidibett umgezogen war und wo ein Erwachsenenbett daneben stand, damit man dort auch übernachten oder Gäste beherbergen konnte, lag Ben tief schlafend neben seinem Sohn und Sarah deckte ihn noch kopfschüttelnd zu.

    Mein herzlichstes Beileid, aber wenigstens musste sie nicht mehr leiden!
    Nochmals viel Kraft und auch wenn wir manchmal wegen Kleinigkeiten aneinander geraten-es ist von mir nie böse gemeint und ich wünsche dir, dass ihr die nächsten Tage und Wochen gut rumbringt.
    Diejenigen die gehen haben keine Schmerzen mehr, kein Leid, keine Angst und hoffentlich ihren persönlichen Frieden gefunden. Die Last bleibt bei denen, die zurückbleiben-deshalb sende ich nochmals gute Gedanken und ein wenig Weihnachtsfrieden-für dich, deine Familie und alle anderen die in Trauer zurückbleiben müssen!

    Elli-das ist natürlich ein ganz schrecklicher Grund, warum man nicht weiter posten kann. Lass dir alle Zeit der Welt und kümmere dich um die wichtigen Dinge im Leben-ich weiss was das bedeutet, persönlich und beruflich.
    Wir haben uns ja bereits via Facebook kontaktiert-aber nur so viel-auch wenn es einem als gesundem Menschen nicht eingeht: Der Tod ist nicht das Schlimmste, was einem passieren kann und deshalb wünsche ich deiner Mutter-und damit dir und deiner Familie einfach das Bestmögliche, was gerade geschehen kann. Es ist natürlich blöd, dass sowas gerade vor Weihnachten passiert, aber vielleicht will eine höhere Macht in diesem Fall einfach das Bestmögliche für deine Mutter? Ich wünsche dir viel Kraft in dieser schweren Zeit-und dass trotzdem die Weihnachtsfreude nicht verloren geht!

    Alex bringt den Wagen bisher ohne besondere Vorkommnisse Richtung Zielort. Semir spricht derweil mit dem Schrottplatzinhaber-nichtsahnend, dass der ihn schon auf dem Video betrachtet hat. Wie zu erwarten war, mauert der und es ist schon merkwürdig dass da beim BKA eine Akte existiert auf die Semir keinen Zugriff hat!

    Über die Unterlagen von Michael Putz fand man dessen Bewährungshelfer heraus und informierte den davon, dass sein Schützling ermordet worden war. Er hatte zwar vom Tod Michaels gehört, aber weitere Einzelheiten hatte er noch nicht erfahren. „Das tut mir leid-auch für die armen Eltern!“ sagte der Sozialpädagoge betroffen. „Er hatte eine gute Sozialprognose und auch im Knast den Absprung von den Drogen geschafft, was nicht allzu häufig gelingt. Er war ein netter junger Mann und als ich das Stellenangebot in dem Tierheim rein bekommen habe, dachte ich mir, das wäre genau der Job, der zu ihm passt, auch wenn der schlecht bezahlt wurde.“ erzählte er. „Allerdings hat er mir auch berichtet, dass das sicher für ihn keine Lebensstellung sein würde, denn er war nicht damit einverstanden wie die Tiere dort gehalten wurden, aber ich habe ihn ermutigt trotzdem durchzuhalten und wollte ihm auch bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz als Tierpfleger behilflich sein.“ berichtete er weiter.
    „Genau deswegen rufen wir an!“ hakte nun Semir nach, der das Telefon auf Lautsprecher gestellt hatte, so dass Ben und die Chefin mithören konnten. „Sie haben doch sicher noch die Kontaktadresse-oder email. Wir wollten sie bitten einen unserer Leute sozusagen zu vermitteln. Wenn sie sagen sie hätten vom Tod ihres Klienten erfahren und hätten sich gedacht, dass doch jetzt wieder eine Stelle für einen anderen ihrer Betreuten freigeworden wäre, dann wird Bruckner da keinen Verdacht schöpfen und wir können nachprüfen, ob er irgendetwas mit dem Tod von Herrn Putz zu tun hatte. Wenn wir uns täuschen wird unser Mann einfach nach einiger Zeit das Handtuch werfen und sie können die Stelle real wieder weiterbesetzen und wenn es anders kommt-nun, dann wird das Tierheim die längste Zeit bestanden haben!“ erklärte Semir und so willigte der Betreuer in den Deal mit ein. Er schrieb noch am selben Spätnachmittag eine Mail an die Artis-Tierhilfe mit dem Inhalt, dass er vom Tod ihres Mitarbeiters gehört habe und jetzt fragen wollte, ob sie Interesse an einem weiteren Mitarbeiter aus dem Rehabilitationsprogramm hätten. Am selben Abend kam noch keine Antwort, aber am Mittwochmorgen war auf seinem Dienstrechner ein positiver Bescheid. Der Bewährungshelfer kontaktierte Semir und Ben und so wurde wenig später ein gefakter Lebenslauf und ein Bewerbungsschreiben von Ben an Bruckner übermittelt und der vereinbarte noch am selben Tag ein Vorstellungsgespräch.

    Wie er das schon bei Michael Putz getan hatte, begleitete der Sozialpädagoge seinen neuen „Schützling“ dorthin und wenig später fuhren sie vor das Tierheim, in dessen Büro das Gespräch stattfinden sollte. „Laut ihren Unterlagen Herr Wirth haben sie Tiere schon immer gern gehabt, aber eigentlich noch nie eins besessen-was vermutlich an dem Ort, wo sie die letzten vier Jahre verbracht haben, auch schwierig gewesen wäre!“ grinste Bruckner, nachdem er sich vorgestellt hatte, ein wenig herablassend. Ben der eine uralte Jeans und ein Sweatshirt trug, das er sonst zum Garagenaufräumen anzog und das Sarah schon mehrfach hatte entsorgen wollen, sah zu Boden und sagte leise: „Ja ich weiss, ich habe Scheiss gebaut, aber ich habe mich gebessert und möchte jetzt ein nützliches Mitglied unserer Gesellschaft werden und für meinen Lebensunterhalt arbeiten!“ sagte er. Bruckner hatte ihn kurz gemustert. Der Mann sah sportlich aus und konnte sicher schwer arbeiten und das Saubermachen der Zwinger und die anderen anfallenden Arbeiten waren ein Knochenjob. Seine anderen Mitarbeiter hatten ihm schon angekündigt in Kürze das Handtuch zu werfen, wenn er nicht bald wieder jemanden für die Drecksarbeit einstellte, also kam die Mail des Bewährungshelfers wie gerufen. Diese Männer frisch aus dem Knast waren froh, überhaupt irgendeinen Job zu bekommen und gaben sich zudem mit einem Hungerlohn zufrieden. Gut-der Vorgänger hatte begonnen unbequem zu werden, aber er hatte die Situation ja jetzt zu seiner Zufriedenheit gelöst. Wenn ein Junkie rückfällig wurde und wieder zu Drogen griff, verwunderte das niemanden und falls dieser Typ hier zu neugierig wurde, würde er sich auch zu helfen wissen.

    „Ihr Aufgabengebiet umfasst die Rundumversorgung aller Hunde und Katzen auf der Anlage. Sie müssen zweimal täglich füttern-wir haben aus Spenden der Industrie dankenswerter sehr hochwertiges Futter für unsere Lieblinge-dann müssen die Zwinger und Katzenräume gereinigt und die Außenanlagen gepflegt werden, wir legen nämlich sehr großen Wert auf eine saubere und ordentliche Umgebung. Außerdem liegt es in ihrem Aufgabenbereich Medikamente einzugeben, bei tierärztlichen Untersuchungen und Behandlungen zu assistieren und kranke Tiere auszusondern und in der Quarantänestation zu betreuen. Wenn wir ein Vermittlungsangebot haben ist es ihre Aufgabe das entsprechende Tier im besten Licht zu präsentieren und ich verlange eine enge Zusammenarbeit mit mir, denn ich bin für die Anlage und den Betrieb verantwortlich und der liegt mir sehr am Herzen.“ erklärte nun Bruckner und wenig später war der Arbeitsvertrag unterzeichnet. „Diese sechs-Tage Woche ist natürlich unangenehm für sie, aber wir können unseren Tieren nicht eine ständig wechselnde Betreuung antun. Am Sonntag ist für die Hunde sowieso Fasttag und die Katzen bekommen dann vorab ausreichend Trockenfutter vorgelegt. Ich schaue natürlich nach meinen Lieblingen, aber sie werden die erste Bezugsperson sein und das ist etwas sehr Schönes!“ schwärmte Bruckner regelrecht und Ben dachte für sich: „Du Ausbeuter du!“ denn der vereinbarte Lohn langte nicht einmal dafür sich eine Wohnung zu nehmen und ein einigermaßen normales Leben zu führen. „Die Dienstkleidung wird natürlich gestellt!“ sagte Bruckner dann noch großkotzig und so wurde für den nächsten Tag um acht der Dienstbeginn vereinbart. „Ich werde sie dann einweisen und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit!“ tönte Bruckner und während Ben wieder in das Auto des Bewährungshelfers stieg, sog eine graue Hundenase begeistert seinen Duft ein und winselte leise.

    Tim ging es schon besser und auch die Nächte wurden wieder ruhiger. Sarah und Ben hatten die Geschenke inzwischen alle ausgepackt und begonnen die gedruckten Dankeskarten zu unterschreiben und bei manchen ein paar persönliche Worte hinzuzufügen. „Vielleicht können wir unsere Flitterwochen bald nachholen!“ sagte Sarah hoffnungsvoll, aber Ben bat sie um Geduld. „Ich arbeite ab morgen undercover in einem Tierheim. Ich weiss nicht wie lange das dauert, aber es ist Semir und der Chefin gegenüber nur recht und billig, wenn wir den Fall erst abschließen und danach wegfahren. Außerdem sollte Tim schon völlig fit sein, wenn wir verreisen und sieh mal, mit jedem Tag später wird es wärmer und wir können dann vielleicht sogar schon im Meer baden und mit Tim die erste Sandburg bauen!“ vertröstete Ben seine Frau und die seufzte auf. Ja das konnte ihr Angetrauter gut-ihr was verkaufen, dass sie hinterher dachte, das wäre auf ihrem Mist gewachsen, aber um das klar zu stellen sagte sie: „Ich bin einverstanden, dass du diesen Tierheimfall abschließt-aber versprich mir, dass wir hinterher ans Meer fahren, egal was bei euch in der Arbeit wieder los ist!“ und Ben versicherte ihr, dass genau das seine Absicht wäre. Um seine Tarnung nicht zu gefährden würde er morgen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Nähe des Tierheims fahren und das letzte Stück mit einem alten klapprigen Fahrrad zurücklegen, das Semir noch in seinem Geräteschuppen gefunden hatte. Ben hoffte bald etwas herauszufinden und sich dann für drei Wochen seiner kleinen Familie widmen zu können. Mit diesem Gedanken schlief er ein und als am Donnerstagmorgen zeitig der Wecker klingelte, machte er sich nach dem Frühstück ohne Murren auf den Weg-er war gespannt, welche Aufgabe ihn erwartete und außerdem freute er sich darauf, Lucky wiederzusehen!

    Ja Alex ist sehr gerührt über die Fürsorge, die er von den Gerkans erfährt. Das haben sie aber nicht gut im Griff mit der Schmerztherapie-sowas würde ihm bei mir nicht passieren! ;)
    Semir macht sich derweil Vorwürfe-oh Mann-er kanns nicht lassen-und erfährt dann so ganz nebenbei, dass sein Nachbar doch keine so saubere Weste hatte, wie er gedacht hat.
    Überdosis Viagra? Interessante Todesart :D -wusstet ihr, dass man dieses Medikament auch zur Erweiterung der Bronchien bei schwerem Asthma einsetzt-habe die typischen "Nebenwirkungen" dabei aber noch nicht beobachtet! Merkwürdig ist nur manchmal, das da oft die eine oder andere Tablette fehlt-gerade wenn Männer in der Schicht sind! :D

    Wie schon vermutet war das kein Pfleger der Entzugsstation-auch das Namensschild, das ein schmerzgeplagter Hartmut ausliest bringt Semir in seinen Ermittlungen nicht weiter.
    Allerdings sind noch andere Videoaufnahmen interessant-die vom Schrottplatz! Papa Joe hat doch überall die Finger drin-Semir pass auf!

    Ja Ben wickelt Hartmut mal sowas von gekonnt um den Finger-allerdings lässt sich der nicht täuschen und weiss genau, dass die Chefin da nicht eingeweiht ist-aber aus alter Freundschaft kommen nun unsere Helden an die Mordakte Schneider. Plötzlich wird ihnen so einiges klar und Semir´s Streit mit Andrea wäre also gar nicht nötig gewesen. Übrigens ehrt es Andrea, dass sie ihrem Mann nichts erzählt, was Jenny ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hat!
    Wie du Kevin´s Reaktion auf den Besuch von Plotz mit seinen Lakaien beschreibst bin ich mir sicher, dass er Schneider nicht umgebracht hat-aber hoffentlich können Semir und Ben das auch beweisen!

    Als sie an der Wohnung von Sven Heinze, die in einem mittelgroßen Wohnblock war, ankamen, wollten sie die Wohnungstür mit dem Schlüssel öffnen, stellten dann aber fest, dass ihnen da schon jemand zuvor gekommen war. Die Tür war zwar auf den ersten Blick geschlossen, aber bei näherem Hinsehen sah man, dass sie aufgebrochen und danach wieder zugezogen worden war. In der Wohnung herrschte das Chaos, alles war durcheinandergeworfen und sichtlich durchwühlt worden. Überall standen Schranktüren offen und der Inhalt war in den beiden Zimmern verstreut, Akten lagen zerfleddert auf dem Boden und ein Ladegerät, das zu einer großen Kamera gehören könnte, steckte einsam und verlassen in der Steckdose. Auch ein Laptopladegerät war am Schreibtisch, aber die zugehörige Hardware fehlte. Die Wohnung war-soweit man das erkennen konnte- modern eingerichtet und normalerweise sauber, wenn da nicht jemand gewütet hätte. An den Wänden waren einige gerahmte Tierfotografien in einer exquisiten Qualität und als Ben eine davon angeregt musterte, sagte er lächelnd: „Sieh mal Semir-ein Porträt von deinem Freund!“ und als Semir seine Aufmerksamkeit darauf richtete, sah er, dass das vermutlich tatsächlich Otto war, der da wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten auf einer Wurzel saß und mit seinen Reptilienaugen in die Kamera sah.
    Ben griff schon zum Handy. „Hartmut-wir hätten da Arbeit für dich-wir sind gerade in der Wohnung unseres Hundeopfers und die wurde durchsucht-vielleicht kannst du noch was finden, was die Verbrecher übersehen haben!“ bat er ihn her und Hartmut versprach sofort mit seiner Hilfskraft zu kommen. Vorsichtig hatten Semir und Ben Handschuhe angezogen und die Unterlagen gemustert. Der Fotograf hatte anscheinend akribisch festgehalten, wann er was im Tierschutz gemacht hatte und das Ganze mit Fotos hinterlegt. Die Befreiung einiger Nerze aus einer Nerzfarm, das Aufhalten eines Tiertransporters mit Schlachtpferden, die man von Polen nach Italien gekarrt hatte-alles war feinsäuberlich mit exakten Daten vermerkt. Ben musste die Blicke abwenden vom Leid das aus den Augen der Tiere sprach und irgendwie schoss ihm gerade Lucky durch den Kopf, wie der ihm sehnsüchtig im Tierheim nachgeblickt hatte, aber er schob den Gedanken ganz schnell beiseite. Man konnte keinen großen Hund mitten in der Stadt halten und außerdem hatte er immer schon gehört, dass bei kleinen Kindern nur ein Welpe in Frage kam. Der würde mit Tim aufwachsen und wäre dann sein bester Freund, alles andere wäre Blödsinn. Er erinnerte sich, wie er seinen Vater früher immer gepeinigt hatte, dass er einen Hund wolle, aber heute war er froh, dass der auch nach dem Tod der Mutter nicht nachgegeben hatte. Er war dann auf dem Internat gewesen und was wäre in der Zeit aus dem Hund geworden? Auch wenn sie zuhause ein riesiges Anwesen mit großem Garten gehabt hatten-er konnte sich nicht vorstellen, wie sein Vater mit einem Hund an der Leine bei Wind und Wetter durch Düsseldorf streifte-und das hätte er wohl in seiner Abwesenheit machen müssen. Julia hatte auch noch Angst vor Hunden, weil die als Kind mal gebissen worden war-nein das war besser so gewesen. Trotzdem wollte er seinen Kindern ermöglichen mit Tieren aufzuwachsen, aber dafür mussten sie erst mal ihren Plan vom Häuschen auf dem Land durchziehen, zuvor ging da gar nichts!

    Auch Semir hatte verschiedene Unterlagen durchgesehen und man konnte erkennen, dass bei einigen Ordnern die Klammern geöffnet und offensichtlich etwas herausgenommen worden war. „Wetten unser Tierschützer hatte da irgendwelche Aufzeichnungen und Bilder, die jemanden belasten könnten und das hat ihm letztendlich das Leben gekostet!“ sagte er und Ben nickte. Inzwischen war auch Hartmut eingetroffen und nachdem sie ihm kurz berichtet hatten was sie vermuteten, begann er mit seinem Assistenten mit der Arbeit und Semir und Ben fuhren erst mal zum Mittagessen und dann in die PASt. Sie berichteten der Chefin und Hartmut kam wenig später auch noch vorbei. „Ich habe die Garantieunterlagen zweier hochwertiger Profikameras gefunden, auch weiss ich, was für einen Laptop unser Opfer wohl besessen hat-und hier-da war was hinter einem Bild an der Wand versteckt, es sind zwar nur ein paar Fotos, aber vielleicht hilft euch das weiter!“ sagte er und interessiert beugten sich Semir, Ben und die Chefin über die Aufnahmen. Darauf waren Mark Bruckner und der verunglückte Lieferwagenfahrer zu sehen, wie sie augenscheinlich beim Welpenkauf aus dem Kofferraum Geld übergaben. „Oh Mann-sind die putzig!“ sagte Ben, denn da sahen ihn ein paar winzige Labradorwelpen an. „Aber die sind viel zu klein, um ohne Mama gesund aufzuwachsen-die sind gerade mal vier Wochen alt-das muss so ein Deal sein von dem Michael uns erzählt hat-wetten da hat Bruckner mal wieder einen Reibach gemacht! Schau mal-das sind mindestens dreißig Welpen, ziehen wir die Anschaffungskosten von vielleicht tausend Euro ab, dann hat er da trotzdem sicher 20 000 € verdient-das rechnet sich, wenn man skrupellos genug ist. Umsonst hat der nicht so eine Hütte in Porz stehen!“ erklärte Semir und alle Anwesenden nickten. „Die Frage ist, wie wir nun an Bruckner rankommen. Es ist weder verboten ein privates Tierheim zu betreiben-ich habe es mit Jenni nachgeprüft, er hat da alle Genehmigungen-noch Welpen zu kaufen oder zu verkaufen. Na gut-vielleicht ist das nicht ganz legal, weil er ja vermutlich dafür keine Steuern entrichtet, aber da gibt es sicher einen Paragraphen, dass man als Hobbyzüchter irgendeine Ausnahmeregelung kriegt und der Typ hat wahrscheinlich die besten Anwälte, die sich da besser auskennen als der Richter selber!“ sinnierte er laut. Dann allerdings wandte er seinen Blick zu Ben: „Hör mal-könntest du dir vorstellen mal ein paar Tage als Tierpfleger in dem Tierheim zu arbeiten? Als ich mit Jenni da war hat der Lieferwagenfahrer gerade die Zwinger sauber gemacht und Bruckner gesagt, dass der sich einen anderen Mann dafür suchen müsse. Wahrscheinlich ist Michaels Stelle noch frei und Bruckner kennt dich Gott sei Dank noch nicht. Vielleicht findest du dort irgendwelche Hinweise oder die beiden verraten sich im Gespräch? Mir zumindest fällt gerade keine andere Möglichkeit ein, um an diese Typen ranzukommen!“ erklärte er und sowohl Ben als auch die Chefin nickten zustimmend. „Ich wollte schon immer als Tierpfleger arbeiten!“ spöttelte Ben und Semir sagte harsch: „Stell dich nicht so an-es ist ja nur für ein paar Tage!“ und Ben unterbrach ihn: „Ist doch schon ok-wir brauchen jetzt nur noch eine Legende für mich und einen Plan, wie ich da reinkomme, ohne dass die Verdacht schöpfen!“ überlegte er, aber Semir erwiderte : „Ich habe da schon so eine Idee!“

    Alex wird medizinisch-äh-versorgt und landet dann bei mir auf der Intensivstation :D . Dort geht es ihm bald wieder besser, aber es ist schon rührend, welche Vorwürfe sich Semir macht und dass er ihm nicht von der Seite weicht, bis er endlich aufwacht.
    Ich würde Felix, der ja erst einen schweren Verlust erlitten hat da auch nichts davon erzählen, wenn es sich umgehen lässt und so wie es aussieht wird Alex das Ganze ja überleben.
    Viel wichtiger als den Schusswechsel nachzustellen ist jetzt aber, herauszufinden, warum Müller umgebracht wurde und was die Täter gesucht haben. Gut dass die Chefin sich den Fall nicht abnehmen lässt und auf die Zusammenarbeit von Hartmut und Joshi bin ich auch gespannt!

    Nun ist es sicher: Auf Christian wurde ein Mordanschlag verübt und es wird sich zeigen, wer der falsche Pfleger war. Jeder der schon mal auf einer Entzugsstation war weiss, dass es einem Patienten dort unmöglich ist, sich Stoff oder Alkohol mitzubringen-bei der Aufnahme macht man nämlich eine Leibesvisitation und das Gepäck-auch der möglichen Besucher wird genauestens untersucht. Also hat sicher der Pfleger das Heroin mitgebracht. Ob das wohl ein Echter war, der auf der Lohnliste von Papa Joe steht-oder eher ein Verbrecher der sich eingeschlichen hat? Der wird doch nicht so blöd sein und das Namensschild dran lassen, der weiss doch sicher von der Videoüberwachung wenn er in der Klinik tatsächlich arbeitet?
    Alex führt derweil seinen Auftrag aus und informiert die Kollegen, dass sie ihn nicht aufhalten. Sogar gefälschte Papiere hat er dabei-ich denke zumindest nicht, dass der S-Klassen-Besitzer den echten Fahrzeugbrief im Wagen hatte!

    Am nächsten Morgen stand Ben pünktlich auf der Matte. „Diese Woche hatte ich mir eigentlich erholsamer vorgestellt!“ jammerte er, denn Tim hatte in der Nacht oft geweint und so war sein Erholungsschlaf doch ein wenig getrübt worden. „Allerdings musste ich wenigstens nicht aufstehen-das hat Sarah gemacht, weil ich ja zur Arbeit muss!“ grinste er dann spitzbübisch und Semir knuffte ihn. „Na die wird es schon bereut haben, dass sie am Samstag ja gesagt hat, du Macho!“ erwiderte er und dann sahen sie die reißerisch aufgemachten Überschriften der regionalen und überregionalen Zeitungen durch.
    „Mann von Hunden zerfleischt!“ stand da und man sah dann das bearbeitete Bild des Toten, auf dem keine der Verletzungen im Gesicht mehr zu sehen war. Wie man es an die Presse weitergegeben hatte stand in den Texten, dass man eine übel zugerichtete Leiche in einem Gebüsch an der Autobahn gefunden hatte und die Identität des Toten leider unbekannt war. Eine Nummer der PASt war unter dem Vermerk mit den sachdienlichen Hinweisen angegeben und noch während Semir seinem Freund von den gestrigen Ermittlungen gemeinsam mit Jenni berichtete, kam schon Susanne mit einer ausgedruckten Liste zu ihnen. „Das ist ein Teil der Anrufe, die bisher eingegangen sind-das Telefon läuft seit dem Morgen schon heiß!“ stöhnte sie und Semir sah Ben auffordernd an: „Na los, dann wollen wir mal!“ sagte er und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur ersten Adresse. Susanne hatte die Hinweise schon nach Wahrscheinlichkeit geordnet und nachdem mehrmals derselbe Name gefallen war, wies das schon darauf hin, dass der Mann bald identifiziert sein würde.

    Als sie an der Wohnung läuteten, die an erster Stelle auf der Liste stand, wurde ihnen von einer etwas unkonventionell aussehenden Frau im wallenden Baumwollgewand geöffnet. Sie war etwa vierzig Jahre alt und hatte die krausen hellbraunen Haare mit einem Tuch nach oben gebunden. Ihre Kleidung sah aus als wäre sie handgewebt und als sie sich ausgewiesen hatten, wurden sie auch sofort in eine liebevoll, aber sehr naturnahe Wohnung, die vor Pflanzen und Tieren nur so wimmelte, gebeten. „Ich bin Aurelia!“ stellte sie sich vor und Semir nickte abwesend, denn gerade hatte er in einer Zimmerecke etwas entdeckt, was ihm unheimlich vorkam. Ein Tier, das aussah wie ein kleiner Drache stapfte auf die Besucher zu und die wagten fast nicht sich hinzusetzen, nahmen aber dann auf anscheinend selbst gezimmerten, aber sehr bequemen Stühlen mit handgenähten kunterbunten Kissen Platz. Langsam näherte sich das merkwürdige Tier, aber zuerst sprangen gleich mal mehrere Katzen heran und rieben schnurrend ihre Köpfe an den Beinen der Besucher. Ein großer schwarzer Vogel in der Zimmerecke auf einem Gestell sitzend gab schnarrende Laute von sich und irgendwie lebte dieses Zimmer an allen Ecken. Ein Spinnrad stand in einer Nische, aber nicht als Deko, sondern sichtlich in Gebrauch und als die Frau ihnen einen Brennesseltee anbieten wollte, lehnten sie dankend ab. Inzwischend war der kleine Drache bei ihnen angekommen und Semir widerstand dem Drang aufzuspringen und schreiend davonzurennen. Verstohlen tastete er nach seiner Waffe und als das Tier nun seine kleinen Beinchen auf seinem Schuh abstellte und langsam begann an ihm hochzuklettern, überzog ein Lächeln das Gesicht der Frau: „Otto mag sie-sie sind ein guter Mann!“ erklärte sie und nahm dann mit raschem Griff das Tier hoch und setzte es Semir auf den Schoß. Der saß jetzt wie zur Salzsäule erstarrt und wagte fast nicht zu atmen und Ben, dem Semir´s Reaktion nicht entgangen war, grinste vor sich hin. „Oh-hast du jetzt nen Leguan zum Freund?“ feixte er und Aurelia fügte hinzu: „Er mag es, wenn sie ihn unterm Kinn kraulen!“ und machte es vor. Genüsslich streckte der kleine Drache seinen Kopf in die Höhe und schloss die Echsenaugen. „Beisst der nicht?“ vergewisserte sich Semir, aber die merkwürdige Frau schüttelte den Kopf. „Nur Leute die er nicht leiden kann, aber sie mag er!“ sagte sie und nun begann Semir zögernd es ihr gleich zu tun und stellte fest, dass sich die glatte Haut unterm Kinn des Tieres gar nicht feucht und glitschig anfühlte, wie er gedacht hatte, sondern weich und angenehm. Er beschloss dieses Erlebnis unter besonderen Vorkommnissen im Beruf abzuhaken und fragte nun, während er eifrig weiter kraulte:
    „Sie haben angerufen und gesagt, dass sie wissen, wer der unbekannte Tote ist!“ und die Frau nickte. „Das ist Sven Heinze-ein Mitstreiter im Tierschutz. Wir gehören beide einer Organisation an, die sich das Wohl aller Tiere zum Lebensziel gemacht hat. Sven hat nebenbei noch als selbstständiger Fotograf gearbeitet, denn irgendwie muss man ja seine Brötchen verdienen. Er hatte sich auf Tierfotografie spezialisiert und hier um sie herum sind viele seiner Modelle. Er war an einem Fall mit Tierversuchen an Hunden dran-da wurden tierquälerische Futtermischungen ausprobiert, wie uns ein Informant mitgeteilt hat und ist seit Donnerstagabend verschwunden. Ich habe mehrmals versucht ihn anzurufen, aber an sein Handy geht nur die Mailbox. Ein Freund ist auch bei seiner Wohnung vorbeigefahren, hat ihn aber nicht angetroffen und als ich heute das Bild in der Zeitung gesehen habe, war ich mir ganz sicher, dass er es ist und habe gleich angerufen!“ sagte sie. Semir nickte: „Hat er Familie?“ fragte er die Frau, aber die schüttelte den Kopf. „Wir und die Tiere sind seine Familie-seine Eltern sind schon lange tot und Beziehung hatte er auch gerade keine. Stimmt es, dass er angeblich von Hunden totgebissen wurde?“ fragte sie nun und Semir und Ben nickten. „Die armen Tiere!“ sagte nun Aurelia und Semir und Ben sahen sie nur sprachlos an. Gut-so konnte man das auch sehen, aber die beiden hatten nun eigentlich schon mehr Mitleid mit dem Opfer.

    „Denken sie, sie könnten den Toten identifizieren?“ fragte Semir und setzte Otto entschlossen am Boden ab, der nun wieder seine Wanderung durch das Zimmer fortsetzte. „Ich denke ja-können sie mich mitnehmen, oder soll ich mit dem Fahrrad kommen?“ fragte die Frau und als sie sich nach der Antwort erhob, flatterte die Rabenkrähe heran und setzte sich auf ihre Schulter. „Nein Penelope-du kannst nicht mit-Raben sind in Polizeiautos nicht erwünscht!“ wies die Frau den intelligenten Vogel zurück, der nun enttäuscht wieder zurück auf seinen Sitzplatz flog, nicht ohne zuvor ein frustriertes Krächzen ausgestoßen zu haben. Um Ben´s Beine strich immer noch ein kohlschwarzer Kater und als Aurelia sie bat kurz zu warten und den Raum verließ, um etwas zu holen, stieß Ben seinen Kollegen an: „Hey-meinst du nicht ein Besen wäre angebrachter als ein Fahrrad?“ fragte er und Semir nickte und wies auf ein Plakat an der Wand, da stand darauf: „Weissagungskurs-Beginn am 1.Juni!“ und als Signatur darunter stand: „Aurelia-Hexe“.

    Wenig später waren sie in der Gerichtsmedizin angekommen und die Frau identifizierte den Toten. Ein paar Tränen liefen über ihre Wangen, aber dann legte sie ihre Hände auf den toten Körper und begann einen merkwürdigen Singsang. Semir, Ben und der Pathologe ließen sie gewähren und nach wenigen Minuten hatte sie ihr Gebet, oder was auch immer das gewesen war, beendet. „Seine Seele ist nun frei und sein Leib kann zur Mutter Erde zurückkehren. Wir werden die Kremierung des Leichnams in Auftrag geben und ihn mit einem feierlichen indianischen Ritual beisetzen!“ kündigte sie an.
    Semir und Ben fuhren sie nun noch zu ihrer Wohnung zurück und sie gab ihnen dort den Schlüssel von Sven´s Behausung, den der bei ihr deponiert hatte und die Adresse. „Wir werden jetzt seine Wohnung durchsuchen, aber wissen sie vielleicht Näheres über den Tierschutzfall an dem er dran war, gibt’s da vielleicht Fotos davon, oder hat er etwas erzählt?“ fragte Ben. „Und wie war der Name ihres Informanten, der die Sache mit den Tierversuchen gemeldet hat-können sie uns den vielleicht sagen?“ fügte Semir noch hinzu, aber Aurelia schüttelte den Kopf. „Wir behandeln die Daten unserer Informanten vertraulich und wer Tiere liebt, weiss auch wie gefährlich die Fleischmafia, die Arzneimittel-und Hygieneartikelkonzerne und andere Tierquäler sind-wir geben solche Informationen grundsätzlich nicht weiter, sondern versuchen zu ermitteln und dann die Tiere zu retten!“ erklärte sie und nun fragte Semir geradeheraus: „War das vielleicht Michael Putz?“ und nun wurde Aurelia blass und nickte. „Woher wissen sie das?“ begehrte sie zu erfahren und Ben sagte nun: „Weil der ebenfalls ermordet wurde und zwar in derselben Nacht wie Sven Heinze-wir ermitteln in beiden Mordfällen!“ und jetzt war Aurelia geschockt. „Ich sagte ja-die Tiermafia ist gefährlich, aber ich helfe ihnen den oder die Täter zur Strecke zu bringen!“ sagte sie mit fester Stimme und ging wieder in ihre Wohnung zurück.Ben wies auf das Türschild auf dem ganz profan: „Anneliese Schmid“ stand, aber er und Semir befanden, dass Aurelia irgendwie besser passte.

    Ja ich fand auch den Kotz und seinen Dackel einfach wunderbar-sonst hat gerade Trauerkloß sozusagen das formuliert, was ich schreiben wollte-schließe mich also in allen Punkten an-muss nämlich jetzt dann gleich zur Arbeit.

    Am nächsten Morgen war Tim krank. Er hatte Fieber und dann kam auch noch ein Ausschlag dazu, so dass Sarah und Ben besorgt den Notdienst rufen mussten. „Das ist eine Viruserkrankung-man kann eigentlich nichts anderes machen, als das auszusitzen. In ein bis zwei Wochen wird der Spuk vorbei sein. Halten sie ihn ruhig, achten darauf, dass er viel trinkt und ansonsten arbeitet die Zeit für sie!“ tröstete sie der erfahrene Praktiker und so sagte Ben kurzerhand den Hotelurlaub ab-die Flitterwochen würde man auf später verschieben. Am Montag erledigte er noch allerlei Sachen, aber dann rief er kurzerhand die Chefin an: „Frau Krüger-kann ich eventuell ab morgen zur Arbeit kommen und meinen Urlaub später nehmen? Unser Sohn ist krank geworden und ich möchte jetzt eigentlich nicht meine kostbaren Urlaubstage zuhause absitzen!“ bat er und die Chefin kam ihm sofort entgegen. „Das passt ganz gut Herr Jäger, denn ich habe zwei Krankmeldungen vorliegen-wir müssen dann eben sehen, wann sie den Urlaub nachholen können. Gute Besserung dem kleinen Tim und ach ja-es war ein wunderschönes Fest am Samstag, danke nochmals für die Einladung!“ fügte sie noch hinzu und sagte gleich Semir Bescheid, der sich freute.

    Der war mit Jenni am Montag erst die Vermisstenanzeigen durchgegangen, aber da hatte nichts auf den toten Veganer gepasst. Auch von den Zahnärzten war noch keine Rückmeldung gekommen und so wurde nun doch ein Foto der Leiche so bearbeitet, dass man es veröffentlichen konnte und man ging damit an die Presse. Aus dem Genlabor war die Meldung gekommen, dass der Speichel, den der Pathologe sichergestellt hatte, eindeutig von Hunden und nicht von Wölfen kam und so lautete die Pressemitteilung dann auch und im Internet kursierten wenige Stunden später schon die wildesten Eilmeldungen und die morgigen Tageszeitungen würden wahrscheinlich von reißerischen Überschriften nur so strotzen, wie das nach Hundeangriffen ja meistens war.

    Obwohl Semir nichts Greifbares gegen Bruckner in der Hand hatte-bisher war seine einzige Verbindung zum Fall, dass er der ermordete Michael Putz sein Angestellter war und schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte, die aber noch nicht nachgeprüft und bestätigt oder widerlegt waren-fuhr er dennoch mit Jenni zu dessen Haus. Kurz zuvor hatte er noch die Mitteilung erhalten, dass die Hunde, deren Besitz Bruckner anhand der Impfpässe und Chips nachweisen konnte, von ihm abgeholt und wieder in sein Tierasyl zurückgebracht worden waren.
    An der Villa war niemand und so machten sich Semir und Jenni auf den Weg zu dem privaten Tierheim und tatsächlich wurde ihnen dort von Bruckner persönlich geöffnet. Lautes Bellen drang vom ganzen Gelände und die beiden abgerichteten Schäferhunde folgten ihrem Herrn wie Schatten. Der Fahrer, den Semir im Krankenhaus vernommen hatte, war mit Gummistiefeln und Latzhose dabei die Zwinger zu reinigen, hatte aber die Nase gerümpft und schickte die Hunde, die devot schweifwedelnd und freundlich Kontakt mit ihm suchten, rigoros weg. Er hatte anscheinend gar nicht bemerkt, dass jemand gekommen war und rief angeekelt aus dem Käfig, den er gerade saubermachte: „Das sage ich dir Mark-schau bloß, dass du da wieder jemanden findest, der diese Drecksarbeit macht-ich helfe dir jetzt kurzfristig aus, aber auf Dauer ist das nichts für mich!“ teilte er seinem Kumpel mit und Jenni und Semir wechselten ein paar Blicke.
    Jenni hatte unwillkürlich nach ihrer Waffe getastet und war froh, als die bereit in ihrem Holster ruhte, denn Castor und Pollux waren ihr unheimlich. Dabei hatten sie und Semir zuvor eigentlich ausgemacht, dass sie versuchen würden die Schäferhunde zu streicheln und so eventuell an Speichelproben zu kommen, die man mit der DNA im Labor abgleichen konnte, aber nun traute sich keiner der beiden sich auffällig zu verhalten, geschweige denn auch nur die Hand auszustrecken, weil die beiden Hunde keinerlei Interesse an Kontakt mit den Fremden hatten, sondern argwöhnisch jeden ihrer Schritte beobachteten und leise grollten.

    Mark Bruckner bat sie jovial herein, legte seine Hunde in einer Ecke ab und fragte, wie er ihnen helfen könne. Semir überlegte kurz und beschloss aber dann, mit der Tür ins Haus zu fallen und die Reaktionen Bruckners genau zu beobachten. „Wir wollten ihnen mitteilen, dass ihr verstorbener Angestellter Michael Putz sich nicht, wie zunächst angenommen, selbst den goldenen Schuss gesetzt hat, sondern ermordet wurde!“ teilte er Bruckner mit, der aber Überraschung heuchelte. „Oh das tut mir aber leid-vor allem für die armen Eltern, aber wer sich im Drogenmilieu bewegt, muss damit rechnen, dass so ein Dealer oder Rauschgifthändler keine Gnade kennt!“ sagte er und fügte dann noch selbstgefällig dazu. „Ich habe ihm ja eine Chance gegeben und er kam auch mit den Tieren gut zurecht, ich hätte mir aber nie getraut, da Geld oder Wertsachen offen herumliegen zu lassen-sie verstehen?“ sagte er und Semir wurde innerlich recht zornig. Da unterstellte dieser Mann einem Ermordeten unlautere Absichten und der hatte auch keine Chance mehr, sich deswegen zu rechtfertigen. Die Vorwürfe allerdings, die Putz erhoben hatte, waren ebenfalls schwer nachzuprüfen und der Tierarzt in Leverkusen, zu dem angeblich die Hunde zum Impfen und Zahnsteinentfernen gebracht werden sollten, hatte telefonisch die Sache sofort bestätigt-vielleicht war Putz ja auch wirklich auf der falschen Fährte gewesen. Allerdings hatte der Semir gegenüber glaubwürdig gewirkt, während ihm Bruckner mit den beiden Hunden, die wie Marionetten funktionierten, unheimlich und verdächtig war. Der hatte Dreck am Stecken-da war Semir sich ganz sicher! Aber wie sollte man das herausfinden?
    Zunächst hatte Semir noch vorgehabt, Bruckner von dem Leichenfund zu erzählen und auf dessen Reaktion darauf zu achten, aber dann unterließ er es. Dieser Typ war aalglatt, der konnte sich wunderbar verstellen und wenn er spitz kriegte, dass man ihn mit dem toten Veganer versuchte in Verbindung zu bringen, würde er vermutlich alle Spuren verwischen und Semir traute ihm sogar zu, dass er Castor und Pollux verschwinden ließ und dann hatten sie gar nichts mehr in der Hand. So fuhren Jenni und er unverrichteter Dinge wieder weg und als sie hinausgingen folgte ihnen ein sehnsüchtiger Blick eines grauen, riesigen und zotteligen Hundes, der seine Nase zwischen den Gitterstäben durchsteckte.

    Das geht schon gut los!
    Alex wird zu den wieder vereinten Gerkans eingeladen, die auch wie selbstverständlich Dana als drittes Kind aufgenommen haben und schon geraten Semir und er in einen Mordfall. Einbrecher haben den Nachbarn umgebracht und sind gerade dabei in dessen Haus etwas zu suchen, als sie von den beiden Polizisten überrascht werden. Bei der Verfolgungsjagd wird leider nicht nur einer der Einbrecher und Mörder verletzt, sondern auch Alex kriegt was ab-ich würde mich freuen, ihn auf meiner Intensivstation begrüßen zu dürfen! :D