Beiträge von susan

    Adalbert Stumpf hatte nach einigem Suchen den Schlüssel für den Waffenschrank gefunden. Er hatte ihn mit Klebeband hinten in seiner Nachtkästchenschublade versteckt gehabt, sich aber erst nach einiger Zeit daran erinnert. Mit triumphierendem Blitzen in den Augen marschierte er leise zum Waffenschrank und nahm eine seiner Jagdwaffen heraus, die passende Munition dazu und strich liebevoll über den Lauf. Obwohl sie schon jahrelang nicht mehr in Gebrauch gewesen war, war sie gut geölt weggesperrt worden und bei dem gleichmäßig temperierten Raum war das, als hätte man sie erst gestern abgefeuert. Leise schlich also Adalbert unbemerkt von seiner Frau, die die Kinder gerade Gemüse schnippeln ließ, was sie sehr gerne machten, nach draußen in den Garten und bewegte sich im Schutz der Büsche zu dem Ort, wo er vorhin den Mann mit der Armbrust gesehen hatte.
    Brummer hatte enttäuscht aufgeseufzt, als sein Opfer sich plötzlich aus dem Liegestuhl erhoben hatte und mit den Kindern ins Haus gegangen war. Gut-das war vielleicht besser so, denn eigentlich hatte er auch nicht vorgehabt den alten weißhaarigen Mann vor den Augen seiner Enkelkinder zu töten-die konnten ja schließlich nichts dafür, dass ihr Großvater so nachlässig gewesen und wegen mangelnder Baustellensicherung sein Sohn ins Verderben gestürzt war. Bei dem jungen Architekten war das was anderes gewesen-der hatte schließlich schon begonnen für diese schreckliche Firma zu arbeiten und deren Teufelswerk mit zu betreiben, da war es besser, ihm wurde beizeiten das Handwerk gelegt, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten konnte.
    So legte er sich auf der Mauer zurecht, gut geschützt hinter einem Busch, der ihn fast vollständig verbarg und machte seine Armbrust bereit. Stumpf würde bei dem schönen Wetter sicher über kurz oder lang wieder herauskommen, er musste nur Geduld haben!

    Der Rettungswagen war inzwischen in der Notaufnahme der Uniklinik angekommen und ein diensthabender Pfleger sagte fast ein wenig fassungslos: „Sarah-was tut ihr denn schon wieder hier?“ denn es war kaum ein Jahr vergangen seit Ben hier zum letzten Mal aufgeschlagen war und seine Akten im PC füllten inzwischen einigen Speicherplatz. Man rollte die Trage aus dem RTW und fuhr sofort weiter in einen Behandlungsraum. Semir wurde gestützt und man setzte ihn derweil in den Wartebereich, bis ein Arzt Zeit hatte sich auch um ihn zu kümmern, aber er war kein Notfall, im Gegensatz zu Ben. Von unterwegs war er schon avisiert worden und so waren bereits ein Unfall-und ein Wiederherstellungschirurg angefordert und erwarteten, was da für eine üble Verletzung hereinkam.
    Das eingespielte Team der Notaufnahme hob Ben auf die Untersuchungs- und Behandlungsliege, der durchaus wach war, aber durch das Ketamin so gedämpft, dass er erstens in Ruhe keine Schmerzen hatte, was ihn zutiefst dankbar machte, aber zudem kam es ihm so vor, als würde das Ganze um ihn herum wie ein Film ablaufen und er stände als unbeteiligter Beobachter daneben. Als man ihn allerdings bewegte, stöhnte er auf, denn das tat plötzlich schweineweh. Der Notarzt machte an den Unfallchirurgen die Übergabe, gab die Blutröhrchen vom Unfallort weiter und während man die schon ins Labor brachte, untersuchte ihn der aufnehmende Arzt erneut, so wie es der Notarzt am Unfallort schon getan hatte. Als man ihn drehte um die Blutergüsse auf der Rückseite anzuschauen, schrie Ben auf, woraufhin er ein wenig Piritramid intravenös bekam. Die ganze Zeit hielt Sarah seine Hand und redete ihm beruhigend zu. Ihr wäre es lieber gewesen man hätte ihn sofort am Unfallort intubiert, dann würde er jetzt von dieser ganzen Quälerei nichts mitbekommen, aber statt dessen fuhr man ihn jetzt erst einmal mitsamt den Vakuumschienen die ja röntgendurchlässig waren, durchs Notfall-CT und Sarah musste draußen warten, denn die hohe Röntgenstrahlung wäre eine Katastrophe fürs ungeborene Baby gewesen, gerade jetzt wo sie noch am Anfang der Schwangerschaft war.
    Man sah dann, dass Ben eine größere Blutansammlung im Pleuraraum hatte, die dringend drainiert werden musste und um beide Nieren waren ebenfalls Ergüsse zu sehen. Die Bauchorgane hingegen schienen unverletzt und wie sie schon fast erwartet hatten, wollten die Unfall- und Wiederherstellungschirurgen noch ein MRT des rechten Fußes und des Arms, außerdem zog man noch einen Neurologen zu, der die Nervenleitung im Arm messen sollte. Diese ganzen Untersuchungen, die aber zügig von Statten gehen mussten, damit man so wenig Zeit wie möglich verlor, verlangten aber, dass er wach war und auch, dass die Blutsperre am Arm, den man schon aus der Schiene genommen hatte, bald geöffnet würde, damit man weitere Nervenquetschungen ausschloss. So entschloss man sich die Amputationsverletzung sofort in örtlicher Betäubung zu nähen, ihm für alle Fälle einen mehrlumigen ZVK zu legen und einen Blasenkatheter einzuführen. Erst dann würde man die Beinschiene entfernen und ins MRT fahren und das mit der Thoraxdrainage machte man von der Sauerstoffsättigung abhängig, wenn diese fiel, bekam er sie sofort, ansonsten später in Narkose.

    Sarah hatte gespannt zugehört, was für Diagnosen bisher gestellt waren und wie der weitere Behandlungsplan aussah-da würde in der nächsten Stunde, bevor er endlich schlafen durfte, noch so einiges auf ihren Mann zukommen, aber sie würde die ganze Zeit bei ihm bleiben und ihm beistehen, wie sie ihm versicherte. Als Ben im CT gewesen war, hatte sie kurz Hildegard angerufen und die von den neuesten Entwicklungen in Kenntnis gesetzt. Die war zwar einerseits froh, dass man Ben lebend gefunden hatte, war aber auch entsetzt, als sie die Schwere der Verletzungen erfuhr. „Sarah-bleib du bei deinem Mann-du weisst, Tim und Lucky sind bei mir gut aufgehoben. Ich werde auch Konrad verständigen, aber sonst bleiben dein Kind und natürlich dein toller Hund einfach bis auf Weiteres bei mir und du meldest dich, wenn du etwas brauchst-und ach übrigens-richte Ben von mir eine gute Besserung aus und achte auch ein wenig auf dich und das Baby, iss und trink was, nicht dass du noch umfällst!“ sagte sie eindringlich und Sarah kaufte sich daraufhin am Automaten gleich eine Limo und einen Müsliriegel, obwohl sie gerade weder Hunger noch Durst verspürte, aber Hildegard hatte Recht-auch sie würde ihre Kräfte noch brauchen!

    Ich glaube da muss ich euch mal erklären-es spricht überhaupt nichts dagegen, dass Sarah bei Ben bleibt, soweit sie das nervlich und ohne Wehen ertragen kann-und wir Intensivschwestern sind da aus ziemlich zähem Holz geschnitzt. Diese Arbeitsbefreiung die man sich ausstellen lassen kann, aber nicht muss, wird mit der Infektionsgefahr, die von unseren Patienten ausgeht, begründet. Dasselbe gilt übrigens auch für Zahnarzthelferinnen, Mitarbeitern beim Kieferchirurgen und Erzieherinnen, wegen der Kinderkrankheiten. Es gibt aber kein grundsätzliches Arbeitsverbot für Schwangere und die Häuser regeln das halt intern in ihrem Arbeitsvertrag. Bei uns musst du dann auf Normalstation arbeiten, wenn dein Gynäkologe keine Befreiung ausschreibt, was aber in meinen Augen auch nicht weniger belastend und gefährlich ist, aber da gehen die Meinungen halt auseinander.
    Nachdem von Ben ja keine üblen Keime, die für Sarah und das Baby gefährlich werden könnten, ausgehen, darf und wird sie natürlich soweit möglich bei ihm bleiben! ;)

    Ja das zeigt wirklich, dass diese Befangenheitssache durchaus berechtigt ist! Auch ich in der Medizin wollte nicht über die Behandlung meiner Familienangehörigen alleine entscheiden-vielleicht mit eingebunden werden, aber eben nicht die Verantwortung tragen, denn wenns schief geht kommt man ja mit sich selber nie mehr zurecht! Und wenn es um das eigene Kind geht ist man sowieso nicht zurechnungsfähig-ich spreche da aus Erfahrung!
    Bisher ist ja alles planmäßig verlaufen, aber ich bin mir gerade nicht sicher, ob das was bringen würde, den Kerl mit der Geldtasche fest zu nehmen. Vielleicht wäre es besser, Kevin in seiner perfekten Maske würde versuchen den dorthin zu verfolgen wo Ayda ist und dann verhindern, dass man sie ins Koma spritzt, wenn das nicht sowieso schon längst geschehen ist!

    Ayda und Semir arbeiten in der Kurzversion ihre Erlebnisse auf, wobei Ayda da wirklich eine echte Semir-Tochter ist-andere Kinder hätten nach so nem Erlebnis erst mal zum Kinderpsychologen gemusst, aber Ayda versucht statt dessen sogar ihre Eltern wieder zu versöhnen und schläft danach problemlos ein.
    Ich wäre an Andrea´s Stelle auch total sauer, aber wenigstens hätte ich mir die komplette Originalversion der beiden angehört. Allerdings wird wohl deshalb nicht die erneute Trennung im Raum stehen und deshalb bin ich fürs Erste schon mal zufrieden!

    Während nun der Rettungsassistent Ben´s Hemd aufschnitt und Überwachungselektroden auf seine Brust klebte, einen Blutdruckapparat um den unverletzten Oberarm schlang und den Sättigungsfühler an seinen Finger anclipste, hatte der Notarzt mit der groben Untersuchung begonnen. Er fing systematisch mit Kopf und Hals an, obwohl Sarah da tatsächlich im Weg saß. Allerdings konnte der Mediziner durchaus ermessen, welche Verzweiflung diese Beiden heimgesucht hatte und wie wichtig der Körperkontakt jetzt für sie war und so bat er die junge Frau freundlich, jetzt doch vorsichtig Ben´s Kopf auf den Boden auf ein flaches Kissen zu legen, den er währenddessen stützte, falls etwas an der Halswirbelsäule wäre und nachdem er die Pupillen kontrolliert hatte, die aber isocor waren und trotz Sedierung prompt reagierten, hatte er den Nacken betastet und Ben´s Kopf gedreht und gebeugt, dort aber keine Auffälligkeiten festgestellt, so dass man auf eine Nackenstütze verzichten konnte. Er fragte nun Ben nach dem Unfallhergang und wie er dazu gekommen war, auf so merkwürdige Weise eingeklemmt worden zu sein und als ihm der trotz seines ausgetrockneten Mundes und des desolaten Allgemeinzustands darüber Auskunft geben konnte, erschauerte der Notarzt. Erstens, dass sich der junge Polizist sozusagen bei Rettungsmaßnahmen für einen anderen Menschen in Lebensgefahr gebracht hatte und zweitens, dass er noch so wach und orientiert war. Das Ketamin war eindeutig unterdosiert gewesen und trotzdem hatte er nicht geschrien, als sein Kollege mit der Amputation begonnen hatte. Er hätte tatsächlich bei vollem Bewusstsein und trotz schrecklicher Schmerzen die archaische Operation über sich ergehen lassen, um zu überleben. Fast liebevoll setzte er seinem Patienten nun eine Sauerstoffmaske auf, denn die Sättigung war nicht besonders gut, was aber kein Wunder war bei der ganzen Situation und weil man ja auch davon ausgehen musste, dass Ben unheimlich viel Staub eingeatmet hatte.

    Als nächstes wurde der Brustkorb untersucht und betastet und der Rettungsassistent hatte inzwischen die restliche Kleidung bis auf die Unterhose vorne aufgeschnitten und selber festgestellt, dass sein Patient regelrecht glühte, dabei seine Extremitäten aber eiskalt waren-ein Zeichen dafür, dass der Körper zur Notmaßnahme der Zentralisierung gegriffen hatte, was bedeutete, dass die lebenswichtigen Organe-Gehirn, Herz, Nieren und Leber versorgt wurden, die Peripherie aber nicht. Ob man den Arm und den Fuß nun retten konnte, stand auch deshalb in den Sternen. Einige Rippen waren frei verschieblich und Ben entwich ein gequältes Aufstöhnen, als der Notarzt auf seinen Brustkorb drückte. Vermutlich bestand ein Pneumo-oder Hämatothorax, also Blut-oder Lufteinschluß im Pleuraspalt, aber die Sauerstoffsättigung war jetzt nicht so schlecht, dass man sofort eine Thoraxdrainage legen musste-das konnte auf die Klinik verschoben werden, wenn aussagekräftige CT-Bilder vorlagen.
    Der Beckenbereich war unauffällig und Ben zeigte auch keine Schmerzreaktion, als der Arzt den Bauch betastete und die Hüftknochen gegeneinander zu verschieben versuchte-wenigstens dort schien alles in Ordnung zu sein. Nun besah sich der Arzt zunächst noch den linken Arm und das linke Bein, aber außer ein paar Blutergüssen die bereits in allen Farben schillerten, gab es auch dort keine Auffälligkeiten. Man konnte auch problemlos den edlen Lederslipper ausziehen-ein Schuh, den Sarah ihn genötigt hatte zu kaufen, denn Ben würde am liebsten Tag und Nacht in seinen geliebten Sneakern oder wahlweise vielleicht noch Cowboystiefeln herumlaufen, aber das hätte ja jetzt zu den Anzügen wirklich nicht gepasst.

    Als der Arzt nun allerdings den rechten Fuß besah, entwich auch ihm, der ja so einiges gewohnt war, ein scharfer Entsetzenslaut. Dadurch dass der Rettungsassistent die Hose vorne aufgeschnitten hatte, lag nun das Bein komplett frei, nur der Schuh und die dünne Socke darin hielten den Fuß in seiner Position. Allerdings war es ein Wunder, dass der noch dran war und überhaupt zumindest teilweise noch versorgt wurde, denn alle Knochen waren gebrochen, die Sehnen des Knöchels größtenteils abgerissen und man sah, dass auch viele Blutgefäße beschädigt waren, deren Enden sich Gott sei Dank aufgerollt und so zu einer Blutstillung geführt hatten, was vermutlich Ben mit das Leben gerettet hatte. Allerdings war der Notarzt durchaus auf die ersten Laborwerte gespannt und bevor man die lebensrettende Infusion angeschlossen hatte, hatte man erst noch drei Blutröhrchen abgenommen, damit man in der Klinik überhaupt wusste wo man stand, denn durch den Verdünnungseffekt der Infusionen, die man gerade in Ben laufen ließ, waren die später abgenommenen Werte oft nicht mehr so aussagekräftig. Klar war, dass er da nun vor Ort überhaupt nichts machen konnte, außer die Wunde steril abzudecken und eine Vakuumschiene anzulegen, die der fachlich fitte Rettungsassistent inzwischen schon vorbereitet hatte. Auch Sarah hatte einen kurzen Blick auf das Bein geworfen, dann aber ganz schnell ihre Konzentration wieder auf Ben´s Gesicht gelenkt und begonnen, ihn zärtlich zu streicheln. Sie konnte ebenfalls nichts tun und sie wagte zu bezweifeln, ob man den Fuß, oder überhaupt das Bein erhalten konnte, denn erstens hing der Fuß halb weg und zweitens war da schon eine massive Infektion drin, aber es war egal-Hauptsache Ben würde überleben und gerade junge und sportliche Patienten kamen mit dem Verlust von Gliedmaßen oft erstaunlich gut zurecht.

    Der Notarzt überlegte kurz, ob er Ben sofort in Narkose legen und intubieren sollte, sah dann aber davon ab, da der durch das jetzt vorwiegend analgetisch wirkende Ketamin anscheinend mit den Schmerzen erstaunlich gut zurecht kam und der Blutdruck zwar niedrig, aber noch nicht besorgniserregend war. Brachte man ihn so in die Klinik konnten die notwendigen Untersuchungen ohne großen Aufwand durchgeführt werden, vielleicht wollten die Unfallchirurgen auch zuerst noch ein MRT des Fußes und des Arms, etwas was unter Beatmungssituation extrem schwierig war, weil dann kein Metall am Patienten sein durfte. Also warnte man ihn kurz vor, Sarah nahm ganz fest seine linke Hand in die Ihrige und man deckte den Fuß steril ab und legte ihn mitsamt Schuh in eine Vakuumschiene und stabilisierte so das Ganze. Ben seufzte kurz auf und quetschte einen kurzen Moment Sarah´s Hand, aber dann war er wieder ganz ruhig.

    Nun besah der Notarzt noch Ben´s Arm, der zwar noch dran und auch versorgt war, allerdings hatte Ben darin keinerlei Gefühl abwärts des Ellenbogens, nur bis dorthin tat es weh. Allerdings war auch das schwer beurteilbar, aber bevor man die Blutleere öffnete, musste man die Wunde versorgen, die Semir da verursacht hatte. Auch diese Extremität kam mitsamt Blutsperre in eine Vakuumschiene und als man Ben nun vorsichtig drehte, um seinen Rücken zu besehen, erschauerte Sarah von Neuem. Gut dass man ihr noch nicht ansah, dass sie schwanger war, sie hätte sonst befürchtet, dass ihre medizinischen Kollegen sie nicht bei ihrem Partner gelassen hätten, um das Baby nicht zu gefährden, sie selbst wusste allerdings, dass es ihr auf jeden Fall besser ging, wenn sie bei Ben sein konnte und über alles informiert war, denn die Ungewissheit zerrte viel mehr an ihren Nerven, als die Realität-und als Intensivschwester war man einfach andere Dinge gewohnt, als die Normalbevölkerung.
    Ben´s kompletter Rücken und sein Po waren von Blutergüssen durch den Steinschlag übersät. Manche davon waren faustgroß und entzündet, die würde man alle aufschneiden und drainieren müssen. Gerade in der Nierenpartie war es besonders schlimm und Sarah hoffte nur, dass da irgendwas im Beutel sein würde, wenn man Ben in der Klinik einen Katheter legte. Allerdings war im Bereich der Wirbelsäule keine Verletzung zu entdecken und so drehte man Ben bei dieser Gelegenheit nun vorsichtig auf ein Rettungstuch, hob ihn damit auf die Trage und wenig später waren Ben und Sarah im Fond des RTW verschwunden. Semir wurde ebenfalls noch kurz vom Notarzt durch untersucht und dann auf dem Beifahrersitz des RTW verstaut-er sollte auch im Krankenhaus durchgecheckt werden, aber ein liegender Transport war nicht erforderlich und durch die Infusion hatte sich sein Kreislauf so weit stabilisiert, dass er schon wieder zum Rettungswagen laufen konnte.
    So machte sich das Fahrzeug auf den Weg in die Uniklinik, denn nur dort konnten abgetrennte Gliedmaßen wieder angenäht werden und an der Unfallstelle begannen die Aufräumungsarbeiten.

    Oh Mann-starker Tobak die beiden letzten Kapitel! Die Entführer nehmen Kontakt auf und die Übergabeformalitäten werden besprochen, die Chefin eingeweiht und Kevin von Ben verständigt. Gut dass die beiden jetzt professionell agieren können, ohne private Aversionen wegen Jenny gerade in den Vordergrund treten zu lassen.
    Ich bezweifle ja auch, dass es Sinn macht den Geldboten fest zu nehmen, aber Semir ist einfach verzweifelt und versucht nach dem letzten Strohhalm zu greifen.
    Sein Alptraum in der Nacht war mal wieder erste Sahne beschrieben-er war so real, aber so sind nun leider manche Träume! Aber jetzt warten wir alle voller Bangen auf die Geldübergabe und das was danach kommt-arme Ayda!

    Puh das waren zwei Kapitel, die ich mit angehaltenem Atem gelesen habe. Manchmal ist es gut, wenn Kinder keinen Kadavergehorsam haben, denn sonst wäre Ayda jetzt nicht mehr am Leben. Die Angst Semir´s um seine Tochter hast du klasse beschrieben und ich war sehr erleichtert, als sich die beiden relativ unversehrt wieder in den Armen gehalten haben-wobei ich mir Andrea´s Blick am Abend sehr gut vorstellen kann!
    Sehr spannend war auch das Eingreifen Semir´s im Haus-durch seine Aktion rettet er vermutlich sowohl Alex als auch Ben das Leben und beinahe wäre er auch noch getroffen worden!
    Ben ist auch nur leicht verletzt (schade eigentlich :D ) und fhrt auch brav mit ins Krankenhaus, wo seine Schusswunde versorgt wird. Ich habe ein wenig den Überblick verloren, aber wie viele Gangster sind jetzt noch flüchtig? Und wie gehts Sascha?

    Nachdem alle Helfer weit genug weg waren, drehte sich Hartmut um und sah mit einer gewissen Faszination dem Inferno zu. Die Brücke ächzte und plötzlich brach oben die Fahrbahn einfach ab und folgte dem Rest des Bauwerks in die Tiefe. Der Schwertransport oben, der ja erst mit wenigen Achsen auf der Brücke gestanden hatte, ragte mit den Vorderrädern in die Luft, aber die Fachleute dort droben hatten den nach hinten so gut gesichert, dass er nicht abstürzte und man wenig später sah, wie das riesige Fahrzeug von einem sofort nachgeforderten Bergekran, der schon gewartet hatte, zentimeterweise nach rückwärts in Sicherheit gezogen wurde. Die Brücke derweil war nur noch ein staubender Haufen verbogenen Metalls und zerborstenen Betons und von dem ehemaligen Gebäude war einfach nichts mehr übrig, eine gezielte Sprengung hätte das nicht anders hin bekommen.
    Hartmut war fast ein wenig traurig, dass sein kleiner Roboter Robby jetzt wohl zerstört war, da bewegte sich plötzlich etwas in dem Schutt und unendlich langsam erschienen zwei Greifarme und wuchteten eine Metallstrebe weg und auf seinen Ketten rollte Robby, oder vielmehr was noch von ihm übrig war zu Hartmut, dem jetzt ein glückliches Lächeln im Gesicht stand. Sein letzter Sprachbefehl hatte gelautet: „Raus hier!“ und Robby hatte sein Kommando befolgt. Nachdem Ben und Semir jetzt von vielen medizinischen Helfern umringt waren und er damit seine Aufgabe erledigt hatte, bewegte sich Hartmut langsam mit seiner Maschine zu seinem Wagen und wenig später saß, lag oder wie auch immer man sagen wollte Robby wieder im Kofferraum und Hartmut ertappte sich, dass er zu ihm sprach wie zu einem Hund: „Robby das wird schon wieder-wir fahren jetzt in die KTU und dort repariere ich dich!“ erklärte er und nachdem er der Chefin zugewinkt hatte, die neben einem am Boden sitzenden Semir stand und aus einiger Entfernung beobachtete, wie Ben versorgt wurde und die dankend die Hand gehoben hatte, ging Hartmut aufs Gas und fuhr zurück an den Ort, wo er beinahe am liebsten war-seine KTU.

    Der Notarzt hatte sofort mit mehreren Sanitätern zugegriffen, als Semir mit Ben im Eingang erschienen war und man hatte Ben so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone gebracht, obwohl dem natürlich jede Bewegung trotz Ketamin weh tat. Semir war von der Chefin und dem Einsatzleiter am Arm gepackt und mit gezerrt worden und erst als sie aus der Gefahrenzone waren, merkte er, wie der Stress und die Anspannung nachließen, die ihm vorher einen Adrenalinschub ohnegleichen verpasst hatten und seine Beine begannen nachzugeben. Ein Rettungsassistent hüllte ihn sofort in eine goldglänzende Rettungsdecke und bis er sich versah hatte er eine Infusion liegen, die ihm half den Schock zu überwinden.

    Sarah war auch gerannt, so schnell sie konnte und hatte sich aufatmend neben ihrem geliebten Mann auf den Boden gehockt, als die Retter ihn ablegten und erst einmal ihr medizinisches Equipement auspackten. Sie nahm unendlich zärtlich seinen Kopf auf ihren Schoß und es war ihr ziemlich egal, ob dadurch der Notarzt schlechter an ihn ran kam-sie musste ihm jetzt einfach nahe sein und während auch Ben-zwar unter Schwierigkeiten, weil seine Venen durch den Schock, den Blutverlust und die Austrocknung schlecht zu finden waren-endlich eine Infusion angehängt bekam, begannen nun Sarah´s Tränen der Erleichterung zu laufen und vermischten sich mit den feuchten Spuren auf Ben´s staub-und schmutzüberzogenem Gesicht.

    Auf der Straße wurden die Fahrzeuge die nun auf den Stau auffuhren, direkt an der letzten Ausfahrt von der Brücke abgeleitet. Die Autobahnpolizei, die inzwischen mit allem verfügbaren Personal angerückt war, hatte blitzschnell eine Umleitung ausgeschildert und so quälten sich binnen Kurzem lange Autoschlangen durch den Kölner Vorort und verstopften die Straßen. Nachdem die Brückensperrung ja länger andauern würde, würde man versuchen den Verkehr auf Dauer weiträumig umzuleiten, aber jetzt musste man probieren die Autofahrer, die in dem Stau standen nacheinander zum Wenden zu bewegen und von der Autobahn runter zu bringen, sonst würden die da noch ewig stehen. So sah sich Sarah, die ja wenige Fahrzeuge nach der Abfahrt parkte, plötzlich einem groß gewachsenen Polizisten gegenüber, der sie gerade bitten wollte zu wenden, als er nun erkannte, wer da vor ihm saß.
    Sarah, die bei geöffnetem Fenster Verkehrsfunk gehört, nebenbei zum wiederholten Male erfolglos versucht hatte Semir zu erreichen und einen Moment abgelenkt gewesen war, sagte überrascht: „Dieter!“ denn vor ihr stand mit einer Polizeikelle in der Hand der langjährige Kollege ihres Mannes. Der war nicht minder überrascht-mit allem hätte er gerechnet, aber nicht mit Ben´s Frau. „Sarah-was tust du hier?“ fragte er und sie entschied sich, ihm die Wahrheit zu sagen. „Ich suche nach Ben!“ erklärte sie und nun überzog ein Schatten Dieter´s Gesicht, denn natürlich wussten inzwischen alle Polizisten, die an diesem Einsatz beteiligt waren und vor allem Ben´s und Semir´s Kollegen, was für ein Drama sich wenige Meter unter ihnen abspielte. „Hat dir niemand gesagt, dass Semir ihn gefunden hat?“ fragte er leise und Sarah schüttelte den Kopf. „Er ist unter der Brücke eingeklemmt!“ klärte Dieter sie nun auf und Sarah wurde blass und ein Entsetzenslaut kam über ihre Lippen. „Ich muss zu ihm!“ flehte sie und nach kurzer Überlegung stieg Dieter in das Polizeifahrzeug, das Jenni und er auf dem Seitenstreifen abgestellt hatten, bat seine junge Kollegin die Stellung zu halten, die gerade den rückwärtigen Verkehr aufhielt, damit die wendenden Fahrzeuge abfahren konnten und so bahnte Dieter mit Blaulicht und Martinshorn einer vor Sorge zitternden Sarah den Weg, denn sonst hätte sie keine Chance gehabt, schnell durch die verstopften Straßen zu gelangen.

    Wenig später kamen sie am Unglücksort an, wo sie auch das Auto der Chefin und Hartmut´s Wagen erspähten. Sarah stellte ihren Kombi ab und Dieter machte den Männern, die die Gefahrenstelle weiträumig absperrten, voller Autorität klar, dass das hier die Ehefrau des Unfallopfers war und sie die gefälligst durchlassen sollten. So wurde auch für Sarah das Absperrband gehoben, während Dieter sich wieder auf den Weg zurück zur Autobahn machte, um den Verkehr zu regeln, wie es seine Aufgabe war.
    Gerade hatte Semir das Skalpell weg gelegt und der Roboter die Steine von den beiden Opfern geräumt, da erschien Sarah neben der Chefin. Mit einem Blick erfasste sie die Situation und ihre Pupillen weiteten sich vor Entsetzen. Sie sah den eingeklemmten Ben, die Blutsperre an seinem Oberarm und die Wunde an seinem Bizeps. Es war sonnenklar, was man da im Begriff war zu tun, aber wenn es die einzige Möglichkeit wäre, ihren geliebten Mann dort rauszubringen, dann würde sie ihm sogar eigenhändig den Arm abschneiden-wichtig war nur, dass er überlebte! Gerade wollte Sarah nach vorne stürzen und zu Ben kriechen, da erfasste die Chefin, wer da plötzlich neben ihr stand. Mit einem festen Griff packte sie Sarah am Arm und sagte mit Autorität in der Stimme: „Halt!“ Sarah versuchte sich zu befreien und war kurz davor in Tränen auszubrechen, während die Chefin nun ihren Griff verstärkte und drinnen von neuem Gesteinsbrocken auf Semir, Ben und Robby herunterfielen, der aber von Hartmut via Cybersteuerung navigiert, ohne Verzögerung die Flex ablegte und den Rettungsspreitzer bereit machte. Man hatte inzwischen ein Einsatzfahrzeug nahe an den Eingang manövriert und von dort eine Luftleitung verlegt, denn dieser Spreitzer funktionierte hydraulisch, man brauchte also Druckluft für den Betrieb. Das und der abgesicherte Akku im Trennschleifer verhinderten Funkenflug und das war auch gut so, denn niemand wusste, ob es sonst nicht vielleicht zu einer Staubexplosion kommen würde und auch das ausgelaufene Enteisungsmittel, das Alkohol enthielt, war eine gefährliche Chemikalie.

    Hartmut besah sich durch die Kameras immer wieder die Konstruktion, die auf Ben´s Arm lastete. Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Gehirn arbeitete und er abwägte, was der Reihe nach passieren würde, wenn er den Spreitzer hier oder dort einsetzte, aber dann schritt er zur Tat, denn die von neuem herabfallenden Steine machten ihnen allen deutlich, dass die Brücke nicht mehr lange halten würde. Sarah schaute voller Entsetzen auf Ben, der bewusstlos zu sein schien, aber als Semir sich nun wieder schützend über ihn beugte, als die Gesteinsbrocken von oben kamen, öffnete er unendlich müde und dankbar die Augen und sah seinen Freund an. „Was ist mit ihm?“ fragte Sarah nun im Flüsterton den Notarzt, der neben ihr stand und der teilte ihr, nachdem sie sich als Intensivschwester geoutet hatte, kurz mit, dass sein Patient Ketamin intramuskulär bekommen hatte. Nun schluckte Sarah-ja das war eine gute Idee, denn dieses starke Analgetikum, das in höherer Dosierung auch als Narkotikum wirkte, senkte den Blutdruck nicht und war deshalb in der Notfallmedizin unverzichtbar und eines der wenigen, das man nicht nur in die Vene, sondern eben auch in den Muskel spritzen konnte. Allerdings war es i.m. sehr schlecht steuerbar und man musste es da nach Versuch und Irrtum dosieren. Für eine schmerzfreie Amputation wäre die Dosis sicher zu gering, denn dann würde Ben seine Augen nicht mehr aufbekommen und Sarah erschauerte von neuem, schwieg aber still, um Hartmut´s Konzentration nicht zu stören. Er und der Roboter waren gerade die einzige Hoffnung, Ben´s Arm zu erhalten, aber sie war fest entschlossen-falls dieses Vorhaben nicht klappte- sich den Einsatzkoffer des Notarztes der neben ihr auf dem Boden stand, zu schnappen, die Hand der Chefin abzuschütteln und zu ihrem Mann zu gelangen. Sie würde ihm dann noch zusätzlich eine örtliche Betäubung spritzen und ihm den Arm abnehmen, auch wenn sie davon wahrscheinlich danach ein Leben lang träumen würde.

    Nun ging es allerdings ganz schnell. Robby setzte den Spreitzer an, kletterte dann mit seinen Ketten kurz zum Eingang zurück, um die Luftleitung zu holen, schloss die an das technische Gerät mittels Bajonettverschluss an und schon begann sich die Hydraulik auszudehnen und die Konstruktion nach oben abzustützen. Semir versuchte nun an Ben zu ziehen, aber noch steckte der fest, als dann Robby allerdings mit dem Trennschleifer das Metallgestänge durchsägte, war Ben plötzlich frei und Semir schleppte ihn in Windeseile, während Ben vor Schmerz aufschrie, nach draußen, wo er von vielen helfenden Händen in Empfang genommen wurde. „Jetzt schnell weg hier!“ brüllte Hartmut, während er sich die Cybersteuerung herunter riss, denn er hatte durch die Kameras in Robby gesehen, was als Nächstes passieren würde und so waren alle Helfer und die Opfer kaum zwanzig Meter von dem Gebäude entfernt, als die Brücke begann in sich zusammen zu brechen.

    Oh Mann-ich wüsste nicht was ich tun würde, wenn ich in Semir´s oder Andrea´s Haut stecken würde-auf jeden Fall Alles, um Ayda unversehrt zurückzubekommen.
    Ich denke die angesetzten 100 000€ sind für Ben kein Problem, aber nun will der verrückte Mediziner die Zelte in Deutschland abbrechen, die anderen Kinder entweder ihrem Schicksal überlassen oder gleich umbringen und seine Komplizen wollen jetzt ihr eigenes Ding machen-na prima!

    Ach du liebe Güte! das ist jetzt mal verdammt schief gegangen! Tatsächlich hat Ben den Peilsender verloren und auch Alex, der ihm zu Hilfe eilt, wird von den Verbrechern ausgemacht, nachdem sein Mercedes zerstört wurde. Ben ist verletzt und die Munition ist auch alle-viel schlimmer könnte es eigentlich gar nicht kommen! Aber Semir macht sich doch tatsächlich mit seiner Tochter im Auto auf um den beiden zu Hilfe zu kommen, was sicher auch dringend nötig ist-aber wegen Ayda bin ich mir da gerade gar nicht so sicher, ob mich das freuen soll! ;(

    Hartmut und die Chefin waren in diesem Moment näher gekommen und als sie jetzt sahen und nach einer kurzen Weile begriffen, was Semir da gerade im Begriff war zu tun, schrie die Chefin nur in bestimmendem Ton: „Halt, Gerkhan!“ und Semir verharrte in der Bewegung. Er hatte sich auf etwa zwei Zentimeter Länge bis zum Knochen durchgearbeitet, aber das ging schwerer, als er erwartet hatte und außerdem war ihm immer noch kotzschlecht. Auch Ben hatte zwar die Augen geschlossen und keinen Mucks mehr gesagt, aber die Schweißperlen standen auf seiner Stirn, er hatte doch gehofft, wenigstens von der ganzen Sache nichts mitzukriegen, aber er war zwar müde und der allgemeine Schmerz, auch in seinem Bein, hatte nachgelassen, aber völlig schmerzfrei war er eben nicht und er spürte jeden Schnitt.
    Semir wandte nun den Kopf und die Chefin und Hartmut erschraken, als sie die Verzweiflung in seinen Augen sahen und nachdem der Notarzt ihnen nun, als sie sich ausgewiesen hatten in kurzen Worten erklärte, was Semir für einen Auftrag ausführte, fasste sich die Chefin an den Hals und wurde blass. Hartmut hingegen wurde ganz aufgeregt-jetzt konnte Robby einmal zeigen was in ihm steckte. „Warum geht da niemand rein und hilft?“ fragte die Chefin nun, aber der Einsatzleiter der Feuerwehr belehrte sie, dass höchste Alarmstufe, also akute Einsturzgefahr bestand und kein Helfer hinein dürfe und wie zum Beweis ächzte in diesem Augenblick die Brücke und wieder prasselten einige Gesteinsbrocken auf die beiden Männer darin herunter. Semir schrie jetzt verzweifelt: „Jetzt sagt uns eine Alternative-ich muss Ben da rausholen, sonst sind wir beide tot!“ und hielt immer noch krampfhaft das Messer fest, während er sich erneut über Ben warf. Hartmut hatte inzwischen Robby angewiesen, sich zu seinen Freunden vorzuarbeiten und der kleine Roboter bewegte sich nun sicher mittels seiner Ketten und der Greifarme zu den Verschütteten und räumte die Steine weg. In einer Tasche hatte Hartmut die Cybersteuerung mitgenommen, setzte nun die Spezialbrille auf und schlüpfte in die beiden Handschuhe und nach einem kurzen Umschalten war er nun sozusagen selber in dem Gebäude, sah über die Kameras die Örtlichkeiten und konnte zwei der Greifarme nun steuern wie Hände. Kurz fiel ihm ein, dass, falls er keine Möglichkeit sah die Decke abzustützen und seine Freunde da rauszuholen, wenigstens der Arzt dann in die Handschuhe schlüpfen konnte und an Semir´s statt das Werk vollenden konnte-genauso funktionierten nämlich die in der Medizin eingesetzten Operationsroboter und das wäre auf jeden Fall besser, als einen medizinischen Laien zu so einer furchtbaren Tätigkeit abzustellen.
    Als er nun aber die Wände aus einem Blickwinkel musterte, der von außen nicht einsehbar war und das Metallgestänge und die Gesteinssäule musterte, kam ihm sofort eine Idee und er wandte sich an den Einsatzleiter. „Ich brauche hier sofort einen Rettungsspreitzer und eine Flex mit Akkuantrieb!“ befahl er und wenig später waren die beiden gewünschten Dinge vor dem Eingang. Hartmut holte nun Robby einen Augenblick retour und kurz darauf fuhr der wieder schwer beladen zu Semir und Ben zurück. Semir hatte inzwischen das Skalpell wieder in das Päckchen gelegt, in ihm keimte wieder ein kleines bisschen Hoffnung-vielleicht würden sie doch im Ganzen hier rauskommen!

    Sarah hatte ein furchtbares Wochenende verlebt. Sie wollte zunächst die Wohnung nicht verlassen, damit sie trotz Handy keinen Anruf verpasste, aber sie war völlig hilflos, weinte viel und zermarterte sich den Kopf, was sie tun konnte und wo es Sinn machte nach Ben zu suchen. Semir hatte sie auf dem Laufenden gehalten, aber jetzt hatte sie schon längere Zeit nichts mehr von ihm gehört, wusste aber, dass er fieberhaft nach Ben suchte. Irgendwann hatte sie sich dann ins Auto gesetzt und war ebenfalls zu der Firma gefahren, wo Ben verschwunden war, aber Semir hatte ihr am Vortag erklärt, dass nicht einmal Lucky eine Spur von ihm gefunden hatte und der hätte ihn aufgespürt, wenn er auf dem Gelände gewesen wäre. Es war später Sonntagvormittag-Hildegard hatte Tim und Lucky für ein paar Stunden mit zu sich nach Hause genommen, aber versprochen, bald wieder zurück zu kommen und Sarah Gesellschaft zu leisten und außerdem achtete sie darauf, dass die auch etwas aß und trank-das neue Baby musste versorgt werden!
    Nun stand Sarah vor dem Metalltor und spähte unglücklich durch die Gitterstäbe auf das Firmengelände, als plötzlich ein Wagen vorfuhr und eine Frau um die Sechzig das Tor aufsperrte und hineinging. Sie hatte sie verwundert angesehen und kurz gegrüßt, aber irgendwie konnte Sarah sich jetzt nicht mehr vom Fleck bewegen. Als nach einer ganzen Weile die Frau wieder herauskam, trat sie zu Sarah und sagte weich: „Sie sind Frau Jäger-nicht wahr?“ denn sie hatte die junge Frau anhand des Fotos auf Ben´s Schreibtisch identifiziert. Sarah nickte stumm und Isolde Rasp sagte: „Ich bin mir nicht sicher, aber der Polizeibeamte der vorher bei mir war, hat vielleicht eine Spur, wo ihr Mann sich aufhalten könnte, auf jeden Fall ist er am Tag seines Verschwindens zu einer Hangbrücke gefahren, die von unserer Firma restauriert werden soll!“ und so war Sarah wenig später auf dem Weg zu der besagten Autobahnbrücke-nichts hätte sie jetzt mehr zuhause gehalten. Allerdings hörte sie weder Verkehrsfunk noch benutzte sie das Navi, denn sie kannte sich dort in der Gegend sehr gut aus, weil ihre Tante in der Nähe wohnte und sie die Strecke im Schlaf fand. So stand sie plötzlich in einem Megastau und es ging keinen Meter vor oder zurück. Sie war kurz nach der letzten Ausfahrt vor der Brücke und nun hieß es warten bis es weiter ging.

    Adalbert Stumpf lag in einem Liegestuhl im Garten unter einem Baum im Schatten und betrachtete zufrieden seine Enkelkinder, die in seiner Nähe spielten. Er konnte sich zwar manchmal an deren Namen nicht erinnern, aber er wusste, das war ein geliebter Teil seiner Familie, die ihn behütete und immer um ihn herum war. Schon seit langem ging es in seinem Kopf drunter und drüber, er wusste manche Dinge nicht mehr, konnte Alltagsgegenstände wie ein Telefon nicht mehr benutzen, tat sich schwer zu sprechen, aber die ganzen Sachen von früher wusste er noch durchaus. Als er beiläufig seinen Blick durch den riesigen Garten, der von einer hohen Mauer gesäumt war, schweifen ließ, meinte er eine Bewegung auf der Umzäunung zu erkennen. Unauffällig schielte er hinüber-er war nicht umsonst lange Jahre Jäger gewesen und seine Jagdwaffen waren immer noch in dem Schrank in der Bibliothek. Ein leises Lächeln überzog seine Züge-seine Frau hatte den Schlüssel dazu schon vor längerer Zeit verschwinden lassen, aber er hatte natürlich einen Zweitschlüssel, den er sorgfältig versteckt hatte. Er wusste zwar im Augenblick nicht mehr genau wo, aber er würde ihn schon finden. Jetzt hatte er den Schatten wieder gesehen-das war ein mit einer Armbrust bewaffneter Mann, der ihm irgendwie sogar bekannt vorkam-der wollte sicher seinen Enkelkindern etwas Böses, aber nicht mit ihm-er Adalbert Stumpf war durchaus noch fähig seine Familie zu verteidigen und so packte er seine Enkel an der Hand und ging mit ihnen ins Haus, wo seine Frau, die gerade das Mittagessen zubereitete, sie verwundert in Empfang nahm. Während die Kinder nun in der Küche seiner Frau beim Kochen zusahen und seine Pflegerin ihren freien Vormittag genoss, tat Adalbert als ob er zur Toilette gehen würde, machte sich aber in Wirklichkeit auf die Suche nach dem Zweitschlüssel für den Waffenschrank.

    Liebe Summer!
    Jetzt ist auch mir die Pause zu lang und ich werde die Geschichte erst dann zu Ende lesen, wie auch Jenny´s aktuelle Geschichte-wenn "fertiggestellt" darüber steht. Es ist anstrengend nach so langer Zeit wieder in eine Geschichte reinzukommen und ich würde dann lieber dranbleiben und die in einem Rutsch zu Ende lesen und vor allem auch sicher sein, dass es ein Ende gibt. Drum rate ich dir-schreib sie doch zuerst komplett fertig und poste dann regelmäßig die restlichen Kapitel, das würde mehr Sinn machen als diese langen Pausen, die für den Leser immer frustrierend sind.

    Bis hierher lief ja alles planmäßig. Ben wird zum Sklavenmarkt( der Ausdruck gefällt mir) gefahren und darf sich die zukünftigen Arbeiter aussuchen. Aber er macht einen Fehler-ich vermute, da ist soeben der Peilsender aus der Jackentasche gefallen-und nun? Jetzt ist guter Rat teuer und nicht nur dass eine ganze Gruppe schwer bewaffneter, skrupelloser Gangster in dem Haus sind, nein auch die Arbeiter wollen nicht auffliegen und werden nicht untätig bleiben-und dem Ganzen steht nun ein unbewaffneter Ben und ein zwar bewaffneter, aber nichts desto trotz in der Unterzahl agierender Alex entgegen. Semir-bitte deine Frau den Kinderarzttermin sausen zu lassen und Ayda selber abzuholen, schwing dich mit allen Leuten die du kriegen kannst ins Auto und hilf den beiden-sonst gibt es bald Ben-Alex-Gehacktes!

    Hartmut hatte Ben´s Verschwinden keine Ruhe gelassen. Er hatte mit der Chefin ausgemacht, dass er sofort verständigt würde, wenn es irgendwelche Neuigkeiten gab. Ihn zog es auch Sonntags manchmal in die KTU, die ja eigentlich geregelte Dienstzeiten hatte, aber er durfte als deren Leiter das wunderbar ausgestattete Labor und die Werkstatt auch privat nutzen und bastelte dort manchmal an Autos herum-sein Oldtimer Lucy, der nun leider das Zeitliche gesegnet hatte, war dort in mühevoller Kleinarbeit restauriert worden- und irgendein Projekt hatte er immer.
    Gerade war er fasziniert von Robotern und konstruierte schon geraume Zeit an so einer kleinen wendigen Maschine, die via Cyberfernsteuerung zum Beispiel nach verstecktem Sprengstoff suchen konnte, ohne Menschen zu gefährden. Klar gab es in der Robotertechnologie viele solcher Projekte und Hartmut , der ungern staubsaugte, hatte schon lange in seiner Wohnung einen Saugroboter, der in seiner Abwesenheit die Wohnung auf Zack brachte, das war in der heutigen Zeit ja kein Hexenwerk mehr, aber dieser neue kleine Roboter hatte so allerlei andere Finessen. Nachdem Hartmut ja einen Heidenspaß daran hatte zu basteln und zu programmieren, konnte Robby, wie er ihn liebevoll getauft hatte, wahlweise auf Rollen, oder eben auch auf Ketten durch unwegsames Gelände klettern, hatte mehrere Arme, die man ausfahren konnte und war über Sprachsteuerung oder eben auch Cybersteuerung via Brille, Kameras und Sensoren zu lenken, so dass Hartmut das Gefühl hatte, selber in dem kleinen Kerl zu sitzen, so gut funktionierte das. Er hatte sich angewöhnt, den immer Dinge aus den oberen Regalfächern holen zu lassen, Robby fuhr dann einen Teil seiner Arme selbsttätig als Stützen aus und konnte mit den Greifarmen, die wie Hände funktionierten, auch schwere Dinge heben. Manchmal dachte Hartmut daran, wie sich das Bild der Menschheit vielleicht in einigen Jahren verändern würde, wie in der Industrie ja die Robotertechnologie schon alltäglich war, so würde bald in jedem Haushalt so ein kleiner Kerl wohnen, der die Menschen unterstützte, Alte und Behinderte wieder mobil machte und die schweren körperlichen Arbeiten übernahm. Je nach Programmierung war fast alles machbar und mit den Möglichkeiten künstlicher Intelligenz würden vielleicht viele Science-Fiktion-Romane, die Hartmut seit seiner Kindheit verschlungen hatte, Realität werden.

    Gerade baute Hartmut einen Chip mit Sensor ein, der wie eine Hundenase-allerdings noch nicht so vollkommen wie diese, aber immerhin-den Geruch vieler Sprengstoffe wahrnehmen und analysieren konnte, da läutete sein Handy und nach einem Blick auf das Display ging Hartmut sofort ran. „Chefin was gibts-hat man Neuigkeiten von Ben?“ sprudelte er heraus und lauschte dann betroffen ihren Erklärungen. Die diensthabende Sekretärin hatte sofort nachdem Semir sich dort wegen der Brückensperrung gemeldet hatte-natürlich hatte er da ja mitgeteilt, dass Ben unter der Brücke eingeklemmt war-die Chefin verständigt, die sich zuhause in ihrer Wohnung gerade eine Gesichtsmaske gegönnt und auf dem Balkon im Liegestuhl gelegen hatte. Die schoss in Windeseile hoch, entfernte die Maske und fuhr in ihre Klamotten. Sie wohnte in einer anderen Ecke Kölns als die KTU und so machten die beiden aus, sich am Unfallort zu treffen.
    Hartmut sagte zu seinem neuen Adjutanten, nachdem er das Gehäuse noch rasch zugeschraubt hatte. „Robby, wir fahren jetzt Auto!“ woraufhin der Roboter selbsttätig den Kofferraum öffnete, sich via Stützen und Greifarmen hinein wuchtete und sogar die Klappe von innen verschloss. Hartmut gab die angegebene Adresse in sein Navi ein und fuhr los. Schon wurde über Autoradio die Totalsperrung der besagten Autobahnbrücke durchgegeben und Hartmut näherte sich nun über Umwegen seinem Ziel.

    Die Chefin war als Erste eingetroffen und wurde sofort, wie die inzwischen sicher hundert Schaulustige weit vom Unfallort entfernt von entschlossen aussehenden Männern des THW und der Feuerwehr aufgehalten. Sie zeigte ihren Ausweis vor und als der bullige Mann vor ihr immer noch unschlüssig war, ob er sie ernst nehmen sollte, wurde sie laut: „Wenn sie jetzt nicht sofort ihren Luxuskörper zur Seite nehmen und mich durchlassen, werde ich sie wegen Behinderung der Polizei festnehmen. Dort drinnen sind zwei meiner Männer und ich werde mich von ihnen nicht daran hindern lassen, meine Arbeit zu tun und nach ihnen zu sehen!“ sagte sie in scharfem Ton und jetzt trat der Mann doch eingeschüchtert zur Seite und hob das rot-weiße Absperrband hoch, damit sie untendurch schlüpfen konnte. In diesem Augenblick traf auch Hartmut ein und bestaunt von einer glotzenden Menschenmenge, befahl er Robby aus dem Wagen auszusteigen und nachdem der den Kofferraum sorgfältig wieder hinter sich verschlossen hatte, rollte der Roboter wie ein Hund hinter Hartmut her und gemeinsam mit der Chefin näherten sie sich nun der Unfallstelle.

    Semir hatte sich nun entschlossen nach Anlegen der Blutsperre die Tränen aus dem Gesicht gewischt und tief durchgeatmet. Auch wenn das hier das Schrecklichste war, was er sich vorstellen konnte, aber es war wohl die einzige Möglichkeit, seinem Freund das Leben zu retten und nur das zählte. Er wagte zwar nicht an die Zeit danach zu denken, jedes Mal wenn sie sich sehen würden, würden sie beide daran denken, dass er-Semir-ihm den Arm abgeschnitten hatte und der rechte war es auch noch. Ben würde ab sofort ein Behinderter sein, der auch seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte, aber was blieb ihm denn anderes übrig? Eines war ihm sonnenklar-Sarah wäre damit einverstanden und würde ihren Ben trotz Handicap weiter lieben und ihm treu bleiben, denn die Alternative bedeutet ja, ihn auf jeden Fall zu verlieren. Er musste auch an Andrea und seine eigenen Kinder denken und so wenig wie er es fertigbringen würde Ben in Todesnot im Stich zu lassen, so wenig hätte seine Familie dafür Verständnis, wenn er sinnlos sein Leben opferte, wenn es doch eine andere Möglichkeit gab. Nein, es war richtig, was er nun zu tun gedachte, auch wenn es ihm unendlich schwer fiel und ihm jetzt schon schlecht war.

    Langsam schlüpfte Semir in die Chirurgenhandschuhe, wischte mit den mit Desinfektionsmittel getränkten Tupfern, die ebenfalls in dem Päckchen lagen, Ben´s Arm rundherum knapp über dem Ellenbogengelenk ab und griff dann zu dem großen scharfen Skalpell. Er musste jetzt seine Gefühle ausschalten und nur funktionieren, sonst würde er es nicht fertig bringen. Von draußen kam nun die ruhige Stimme des Notarztes der ihn sozusagen aus der Entfernung navigieren würde. „Jetzt setzen sie das Skalpell an und schneiden kreisrund die Weichteile ab!“ befahl er und als das Messer sich in Ben´s Fleisch bohrte, riss der entsetzt die Augen auf, denn er war leider nicht völlig weggetreten und ein gewisser Restschmerz blieb. Auch Ben atmete jetzt tief durch, biss sich auf die Lippen und sagte dann zu dem völlig fertigen Semir: „Mach weiter!“ bevor er die Augen wieder schloss und die Kiefer zusammenpresste.

    Oh verdammt-dieser verblendete Forscher, der den Tod von Kindern als "Kollateralschaden" hinnimmt denkt noch er tut etwas Ehrbares! Klar wäre ein Krebsmedikament wunderbar, aber es ist nicht anzunehmen, dass daran nicht die gesamte Pharmaindustrie schon lange forscht. Dieser skrupellose Arzt/Chemiker lässt Kinder entführen und nimmt sie sozusagen auch noch als Versuchskaninchen für sein Komamedikament. Aber das ist jetzt bitter, wenn er heraus bekommt, dass er die Tochter eines Polizisten versehentlich hat kidnappen lassen-auch wenn er nun einen gefährlichen Gegner hat, nämlich Semir, der um seine Familie kämpft-nur hilft das leider Ayda nicht im Geringsten!

    Ich denke auch die geht verdammt schief-diese Aktion! Ausgerechnet heute muss Semir seine Tochter abholen und der Peilsender wird vermutlich als Erstes entdeckt werden, dann nehmen sie Ben noch das Handy weg und schon haben wir den Salat-die Jungs sehen das einfach zu locker!

    Semir nahm trotz alledem mit zitternden Händen das Päckchen entgegen. In seinem Kopf ratterte es. Am liebsten wäre er davon gelaufen, weit weg, um eine solche Entscheidung nicht treffen zu müssen, aber weil er seinen Freund nie im Stich lassen würde, kroch er wieder zu ihm und fasste, nachdem er das Päckchen und die Spritze am Boden abgelegt hatte, nach dessen Hand. Gerade wollte er zu sprechen beginnen, da kam ihm Ben zuvor. Mit rauer Stimme sagte er: „Semir-geh jetzt nach draußen-du bringst dich hier nur unnötig in Gefahr. Ich komme hier nicht mehr raus und ich spüre es-in Kürze wird die Brücke zusammenbrechen und dann ist es vorbei. Ich will nicht dass du dein Leben für mich opferst und ich komme hier nicht mehr weg. Richte bitte Sarah aus, dass ich sie liebe und gib Tim einen Kuss von mir-bitte sorge auch dafür, dass sie nicht herkommt und von dieser ganzen Sache erst erfährt, wenn es vorbei ist-ich traue ihr nämlich zu, dass ihr sie sonst nicht davon abhalten könnt, hier hereinzukommen und ich will nicht, dass Tim als Waise aufwächst!“ Ben schloss erschöpft die Augen-der Monolog hatte ihn sehr angestrengt, aber er war bereit den Weg zu gehen, den früher oder später jeder gehen musste. „Semir geh jetzt-ich liebe dich und tu das als letzten Freundschaftsdienst!“ fügte er gefasst hinzu, aber Semir ließ seine eiskalte Hand nicht los, sondern begann stattdessen selber zu sprechen.
    „Ben-gerade hat mir der Notarzt einen Plan unterbreitet, wie wir dich hier raus bringen können. Ich habe hier ein Narkosemittel, das dich einschlafen lässt und soll dir dann den Arm abbinden und amputieren!“ unterbreitete er seinem Freund den unfassbaren Vorschlag, während nun auch bei ihm die Tränen zu laufen begannen, in Ben´s Gesicht hatte sich schon ein Rinnsal gebildet, das sich durch den Schmutz und den Staub einen Weg nach unten bahnte. Ben hörte ihm zu und eigentlich wollte er schreien: „Nein-tu das nicht!“ denn es war für ihn unvorstellbar seinen Arm zu verlieren, aber dann siegte die Vernunft und eigentlich wollte er schon leben und seine Kinder aufwachsen sehen und wenn man es sich recht überlegte, war das ohne die professionellen Helfer zu gefährden, die einzige Möglichkeit mit dem Leben davonzukommen. Wieder ächzte die Brücke und einige Steine fielen herunter. Semir hatte sich instinktiv über seinen Freund geworfen und erwartete schon, dass jetzt das Inferno begann und sie beide sterben würden, aber dann beruhigte sich die Lage wieder, da kam von Ben plötzlich das OK-„Semir-dann tu es!“ gab er sein Einverständnis, denn das eine wurde ihm nun auch klar-Semir würde nicht ohne ihn gehen und dann waren sie beide dem Tod geweiht. Mit zitternden Händen holte Semir nun die Spritze hervor, zog Ben´s Hose ein Stück nach unten und versenkte die lange Nadel tief in seinem Po. Ohne einen Mucks ließ sein Freund sich die Injektion geben und nun warteten beide, dass er müde wurde. Von draußen war nun die aufgeregte Stimme der Chefin zu hören, die aber anscheinend von den Einsatzkräften nicht vorgelassen wurde. Nach einer Weile fielen Ben die Augen zu und seine Hand erschlaffte. Semir konnte zwar vor lauter Tränen fast nichts sehen, aber entschlossen legte er nun die Manschette um Ben´s rechten Oberarm und begann sie aufzupumpen.

    Brummer hatte inzwischen eine Armbrust aus seinem Kofferraum geholt und den Wagen ein Stück vom Haus entfernt abgestellt. Er war im Verein und konnte mit dieser Waffe umgehen. Er besah sich die spitzen scharfen Pfeile, die durchaus einen Menschen töten konnten und steckte mehrere in die Tasche, bevor er sich katzengleich, obwohl er ja nicht mehr der Jüngste war, auf die Mauer schwang und dort geduckt im Schutz der Büsche und Bäume vordrang. Es war zwar schade, dass er diesmal das Brückensymbol nicht einsetzen konnte, aber wichtig war, dass dieser Stumpf starb und sein Sohn endlich gerächt würde!

    Ja auch ich glaube, dass Ayda entführt wurde um Semir dazu zu bringen die Füße still zu halten-nicht um des Geldes willen, wobei wahrscheinlich jeder Vater und jede Mutter ihr komplettes Hab und Gut opfern würden, um ihr Kind unversehrt zurück zu bekommen.
    Die Suche nach den Spuren war beklemmend und absolut nachvollziehbar-tolle Geschichte, Campino!

    Nun kommen sich Ben und Kolja beim Zaunreparieren näher. Tja man sieht Yon, dass du noch nie Zaunpfosten einbetoniert hast, sonst hättest du die beiden erst den Zaun abbauen, dann die Löcher ausheben lassen und dann den Beton bestellt-denn sogar mit Verzögerer würde der sonst zu früh abbinden :D -aber wie du ja weisst, bin ich durch den Beruf meines Mannes da vorbelastet-und außerdem tut es ja auch nichts zur Sache und ändert nichts am Verlauf der Geschichte-vielleicht haben sie auch einfach mit ner Betonmischmaschine aus Sand, Zement und Wasser den Fundamentbeton selber gemacht? Ach ja und nen Tag oder länger aushärten sollte der Beton auch noch, bevor man die Zaunriegel anschraubt.

    Auf jeden Fall erzählt Kolja-was mich sehr erstaunt-Ben freimütig, wie er illegal nach Deutschland gekommen ist und auch ich wage zu bezweifeln, dass das mit den Papieren so einfach ist-da haben die Schleuser den Geflüchteten vermutlich nen Bären aufgebunden.
    Um an Beweise zu kommen, will nun Ben sozusagen selber oder für seinen Vater als potentieller Kunde auftreten, was Semir allerdings Bauchschmerzen bereitet und mir ehrlich gesagt auch! Aber schließlich hat Ben seinen Freund überredet und jetzt werden wir sehen, wie das weitergeht!