Kim Krüger sah auf, als Semir und Alex eintraten. „Frau Krüger? Was gibt es?“ „Der Oberstaatsanwalt war eben bei mir im Büro und hat gefordert, das Sie, Herr Brandt, vom Dienst suspendiert werden.“ Alex schüttelte den Kopf. „Warum das denn?“ „Herr Sander hat mir einige Fakten auf den Tisch gelegt, die Ihren Vater betreffen.“ Er setzte sich gerade hin. „Meinen Vater? Ich kenne meinen Vater gar nicht. Ich weiß, außer seinem Namen, nichts über ihn.“ Kim nickte. „Nun, ich habe bereits mit dem Polizeipräsidenten gesprochen und Einspruch gegen die Suspendierung erhoben. Er sieht es genauso wie ich. Sie sind weiterhin im Dienst. Was ist mit dem Fall, den Sie gerade bearbeiten?“ „Bisher treten wir auf der Stelle. Das einzige was immer auftaucht, ist eine Puppe. Allerdings haben wir noch keine Ahnung, was es damit auf sich hat.“ „Haben Sie die Archive schon nach ähnlichen Fällen durchsucht?“ „Ja, es gibt keine.“ Kim nickte nachdenklich. „Was ist mit den Anfangsbuchstaben der Namen? Oder die Namen an sich. Haben die Opfer Angehörige, die so heißen? Was ist mit der Stimme des Täters?“ „Nein. Das haben wir schon gecheckt und die Anfangsbuchstaben auch. Was die Stimme angeht, sagte Dassler und auch Schumann aus, dass sie nicht gerade männlich war. Beide konnten kein Geschlecht nennen und sind aufgrund der Größe davon ausgegangen, dass es ein Mann ist. Aber helfen tut es uns nicht. Es ergibt keinen Sinn.“ „Nur weil sie keinen Sinn ergeben, muss es nicht heißen, dass Sie nicht auf der richtigen Spur sind. Vielleicht müssen wir noch mehr Puppen finden.“ Semir sah zu Alex und dann zu Kim Krüger. „Ich hoffe sehr, dass die Täter bald einen Fehler machen.“ „Was ist mit der toten Frau am Rastplatz?“ „Sie hieß Jana Kreutzer. Sie war gerade mal 28 Jahre alt. Die Kollegen haben die Eltern bereits informiert.“ Kim nickte erneut. „Das eines klar ist, ich will diesen Täter haben. Mit allen Mitteln. Sie bekommen freie Hand bei Ihrem Handeln. Egal wie Sie es machen, aber schnappen Sie sich das Schwein!“ Semir stand auf. „Das werden wir Frau Krüger, das werden wir.“ Sie verließen das Büro und gingen in das Ihrige. Semir griff im Büro zum Telefon. „Andrea, ich muss heute leider durcharbeiten.“ … „Ja, ich melde mich auf jeden Fall bei dir. Gib den Kindern einen Kuss von mir.“ … „Ich liebe dich auch.“ Er beendete das Gespräch und sah Alex an. „Wo machen wir nun weiter?“ In diesem Augenblick kam Susanne mit einem ziemlich großen Stapel an Papier in ihr Büro. „Hier habt ihr die Verdächtigen.“ Sie legte den Stapel auf dem Schreibtisch von Semir ab. Semir sah auf den Stapel und dann zu der Sekretärin. „Das ist ein Scherz oder?“ „Leider nein. Die Beschreibung passt auf über 270 Personen. Und das sind nur die, die wir in der Kartei haben. Wenn es ein Täter ist, der noch nie mit der Polizei zu tun gehabt hat, steigt die Zahl ins unermessliche.“
Bruno Herfordt fuhr nach Hause. Er parkte den Wagen von Jana in seine Garage und stieg aus. Nur wenig später betrat er seine kleine Wohnung, die im Souterrain des Hauses seiner Großeltern lag. Nach dessen Tod hatte er mit seiner Schwester das Haus geerbt. Im Wohnzimmer ließ er sich auf die Couch fallen und fühlte sich einfach nur wohl. Ja, heute war er richtig zufrieden. Irgendwie glücklich. Jana war wirklich gut gewesen. Schade dass er sie umbringen musste, doch er musste auch zugeben, dass er es genossen hatte, wie sie ihn anflehte, es nicht zu tun. Wie sie gewimmert hatte, als er sie mit Gewalt nahm. Das war es, was er brauchte. Es machte ihn regelrecht an, als er die Angst der Frau spürte. Er schloss die Augen. Diese lange Enthaltsamkeit und diese plötzliche Aktivität auf diesem Gebiet, hatten ihn geschafft. Immerhin hatte es eine gute Stunde gedauert, bis er fertig war. Einige Minuten ruhte er sich aus und stellte sich dann unter die Dusche. Nur mit einem Handtuch bedeckt, kam er wieder heraus und dachte über die nächsten Schritte nach. Er musste genau aufpassen. Wenn Jana gefunden wurde, und das konnte sehr schnell passieren, dann wissen die Bullen auch schnell, welches Auto sie fuhr und würden es zur Fahndung ausschreiben. Eines war sicher, da er ein Kondom genutzt hat, würden die Bullen an Jana keine Spuren finden, die auf ihn hinwiesen. Dennoch brauchte er ein neues Auto. Und dann ging sein Rätsel für seinen Bullenfreund weiter, aber diesmal würde es ihn persönlich treffen. Er musste nur wissen, wo er ihn packen konnte. Er musste etwas finden, was ihm wirklich wehtat. Scheinbar hatte der Bulle noch gar keine Ahnung, wer dahinter steckte. Die Verfolgung auf der Autobahn schien nur Zufall gewesen sein. Diese Bullen waren einfach zur falschen Zeit am richtigen Ort. Aber das würde nie wieder passieren. Nie wieder. Er griff in den Karton und sah sich die nächste Puppe an. Ein weiteres Puzzleteil und doch nichts sagend, dachte er nur. Er erhob sich und ging mit schleppenden Schritten ins Schlafzimmer und legte sich ins Bett. Nur wenige Minuten später war er eingeschlafen.