„Ja, Sie haben Recht. Ich wollte von Aachen nach Köln und am Parkplatz Toresberg musste ich austreten. Als ich von der Toilette wiederkam, lag da dieser Mann auf einer Bank. Ich schwöre, dass er vorher nicht da war. Ich ging hin und hab ihn angesprochen. Er sah grausam aus. Überall hatte er blaue Flecke und er war so blass. Er wurde kurz wach und flehte um Hilfe. Ich solle ihn nach Köln fahren. Ich hab ihn also in mein Auto gebracht und bin los. Aber kurz hinter dem „Aachener Land“ ist er dann plötzlich zusammen gesackt. Ich hab Panik bekommen. Ich dachte er ist tot und bin sofort auf den Standstreifen. Da hab ich ihn dann aus dem Auto gezogen und abgelegt. Ich weiß, dass es falsch war. Aber ich war in Panik. Ich meine, ich dachte wirklich, dass er tot ist und ich… ich wollte nur weg. Aber dann war dieser verdammte Fuchs da.“ berichtete Rombach zögerlich. Paul zog tief Luft ein. „Sie haben den hilflosen Mann einfach an einer Ausfahrt niedergelegt! Sie haben nicht einmal für Nötig gehalten, die Rettung zu rufen und seinen Tot billigend in Kauf genommen!“ schrie Paul plötzlich los und Semir beruhigte ihn sofort. „Ich wollte das nicht! Bitte glauben Sie mir! Ich wollte das ganz sicher nicht, aber Sie sagten doch, dass er noch lebt! Er ist nicht tot oder? Bitte, ich… ich war in Panik.“ Semir spürte die Angst in Rombach, doch er konnte auch Paul verstehen. „Sie hätten die Rettung dennoch rufen müssen! Das wäre Ihre Pflicht gewesen!“ fauchte Paul wütend und Semir sah ihn mahnend an. „Okay, der Mann hat Sie also am Parkplatz gebeten, ihn mitzunehmen. Haben Sie noch ein anderes Fahrzeug gesehen?“ Rombach schüttelte den Kopf. „Aber ich war ja wie gesagt, auf der Toilette.“ Semir stand auf und ging zur Tür. Doch dann drehte er sich noch einmal um. „Sie werden mit Sicherheit ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung bekommen.“ Rombach nickte nur. Semir und Paul verließen das Krankenhaus und fuhren zu dem, von Rombach angegebenen Parkplatz. „Was willst du da denn finden? Glaubst du Kilian hat dort Spuren hinterlassen, die uns helfen?“ Paul hörte sich sehr resigniert an. „Sieh mal, wir haben seine Wohnung auf den Kopf gestellt – nichts gefunden. Wir haben die Kollegen von Mandy befragt – nichts gefunden. Wir haben Blut gespendet – nichts ist passiert. Warum also nicht noch eine Spur ins Nichts folgen.“ Paul lachte leise auf. „Da hast du wohl Recht.“
Sie erreichten den Parkplatz Toresberg und stiegen aus. Semir sah sich um. Es war ein typischer Parkplatz mit einem Toilettenhäuschen, ein paar Bänken und Tischen sowie mehrere überfüllte Mülltonnen. Er wandte sich an Paul. „Geh du mal zum Toilettenhäuschen und sieh dich da um. Ich mache das hier!“ Sein Partner nickte und führte den Befehl aus. Semir wusste, dass hier auf diesem Parkplatz meistens LKWs ihre Ruhepausen einhielten und zur Nacht sehr gern hier standen, doch jetzt war der Parkplatz leer. Da es die letzte Zeit nicht geregnet hatte, waren keine Spuren zu sehen. Nur ein paar Zigarettenstummel lagen am Straßenrand. Der Parkplatz selbst, war von viel Grün umgeben und durch die Bäume konnte er Maisfelder sehen. Von hier aus waren die nächsten bewohnten Häuser sehr weit weg. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Kilian über die Felder hier auf den Parkplatz gekommen war. Nicht in dem von Paul geschilderten Zustand. Paul kam wieder zu ihm. „Du hast Recht, das ist auch wieder eine Spur ins Nichts.“ Semir ging nicht darauf ein und wies auf die Felder. „Kannst du dir vorstellen, das Kilian in seinem Zustand über die Felder her gelaufen ist?“ wollte er stattdessen von ihm wissen. „Nein, ganz sicher nicht. Der konnte sich doch nach Angaben von Rombach nicht auf den Beinen halten. Und so sah er auch im Krankenhaus aus. Aber Rombach hat auch kein Auto gesehen.“ „Ja, aber irgendwie muss Kilian hergekommen sein. Ich habe die Theorie, dass die Typen Kilian hier abgelegt haben, weil sie ihn für tot hielten, oder aber kurz davor. Vermutlich haben sie gedacht, dass ihn hier keiner findet. War ja auch fast soweit. Das heißt aber auch, dass er in einem Auto gelegen hat und vielleicht sind Spuren an seiner Kleidung. Hartmut sollte das mal untersuchen!“ Paul nickte. „Ich kümmere mich drum. Okay, wenn du Recht hast, dann müssen wir hier nur etwas finden, dass es beweist. Zeugen vielleicht.“ Semir nickte nachdenklich und sah ihn dann an. Doch dann entdeckte er am Straßenrand etwas Glitzerndes. Er ging hin und hob es auf. Es war ein silbernes Armkettchen und er betrachtete es genauer, als er es in eine Plastiktüte getan hatte. Irgendwie kam es ihm sehr bekannt vor, doch ihm fiel nicht ein, wo er es schon einmal gesehen hatte.