Beiträge von Elvira

    Paul sah Kilian an, als das Gespräch abbrach. „Semir?! Melde dich!“ Er sah auf dem Display, dass das Gespräch immer noch stand. Er konnte genau mithören, was bei Semir passierte. „Harmut?!“ „Bin schon dabei! Ich hab es gleich! Sorg dafür, das der Anruf andauert!“ forderte er Paul auf. Nach wenigen Minuten nickte er „Hab ich! Das Signal kommt vom Gebiet in der Nähe des Flughafens. Ich kann es auf 50 km eingrenzen und sagen, dass es von hier kommt. In der Nähe von „November!“ gab Hartmut von sich. „November?“ kam erstaunt von Paul. „Ja, das ist eine Straße, die direkt am Flughafen vorbei geht. Von dort gehen etliche Wege ab. Okay, Herr Freund! Sie werden uns leiten!“ befahl Kim Krüger und zog Paul und Kilian mit sich. „Wir fahren los!“ „Alles klar, ich versuche Sie so dicht wie möglich ran zu bringen!“ versprach Hartmut noch, als sie schon auf dem Weg nach draußen waren. Auf dem Hof wollte Paul auf der Fahrerseite einsteigen, doch Kim Krüger war schneller und ließ sich auf den Fahrersitz des Mercedes nieder. Paul sah sie erstaunt an. „Wollen Sie hinterher laufen, oder steigen Sie auch ein?“ fragte Kim keck und schon stieg der junge Polizist ein. Kilian grinste leicht auf dem Rücksitz. Die Fahrt ging los. Nach guten zehn Minuten hatte sie die Ausfahrt Rösrath erreicht und fuhren ab. „Okay Hartmut, wo müssen wir lang?“ „Ihr seid schon recht nahe. Fahrt in Richtung Flughafen und dann müsst ihr auf den November fahren.“ erklärte Hartmut und Kim folgte den Anweisungen. Nur wenige Minuten später waren sie dort. „Okay, wo lang müssen wir jetzt?“ wollte Paul wissen. „Jetzt fahrt auf den Grengeler Mauspfad gerade aus! Ungefähr 11 km bis zum Pannberg. Dann Brander Straße und von Auf dem neuen Feld in den Wolfsheideweg. Von dort müsst ihr suchen, denn da ist nur Grün und ganz genau kann ich es nicht sagen. Aber dort gibt es nur wenige Gebäude.“ befahl Hartmut weiter.


    Karsten Stöcker packte Semir am Shirt und zerrte ihn aus dem Raum. „Ich hab es mir anders überlegt! Wir werden dich schon mal an die Nadel legen und uns dann Winther holen. Du wirst dann leider schon tot sein, wenn Winther hier eintrifft und uns seinen Lebenssaft gibt. Es ist mir einfach zu riskant, zwei von euch hier zu haben. Mario!“ rief der Mann und stieß Semir wieder in den kalten Raum, wo man ihm schon einmal Blut abgenommen hatte. Semir wehrte sich so gut es ging, doch Mario packte ihn und warf ihn regelrecht auf die Liege, die kurz ächzte. Dann lag er und Haufe drückte ihm die Luft ab, während Stöcker ihn festband. „Und nun wieder locker lassen!“ befahl Stöcker höhnisch. Mario drückte fester zu, um den Befehl zu unterstützen. Nur wenig später war die Nadel in der Vene versunken und wieder floss Semirs Blut durch den Schlauch in einen Beutel. „Lassen Sie uns doch vernünftig sein! Sie können nicht gewinnen!“ versuchte Semir erneut, doch Stöcker lachte nur. „Ich bin vernünftig. Ich werde mich jetzt mit Mario um Sandra kümmern und die Leiche verschwinden lassen. Ich wünsche gut zu sterben. Wenn du dann das Zeitliche gesegnet hast, wirst du ebenfalls auf nimmer wiedersehen verschwinden. Die Kölner Unterwelt wird mir sicher gratulieren, dass ich einen Bullen beseitigt habe.“ grinste Stöcker. Er band noch den linken Arm von Semir fest, damit er sich die Nadel nicht selbst rausziehen konnte. Die Füße waren bereits mit Gurten fixiert. Stöcker sah Mario an und nickte ihm zu. Der Druck an Semirs Hals ließ nach und der Hauptkommissar sog Luft ein. „Stöcker, lassen Sie doch den Wahnsinn! Meine Kollegen werden gleich hier sein, und…“ Es klatschte als Stöcker dem Polizisten eine Ohrfeige verpasste, die so heftig war, dass der Kopf zur Seite ging. „Halt einfach dein Maul!“


    Kim und Gefolge brauchten über fünfzehn Minuten bis sie endlich etwas gefunden hatten. „Also näher geht es wirklich nicht. Und das ist das einzige Haus, was auf der ganzen Straße zu finden ist und es ist Licht im Haus.“ mutmaßte Kim, als sie die Straße, die Hartmut herausgefunden hatte, erreicht hatten. Kim stand etwas abseits, aber dicht genug, um das Haus zu beobachten. „Was jetzt? Wollen wir hier nur gucken oder gehen wir rein?“ wollte Kilian wissen. „Renner! Sie informieren das SEK! Aber ich will nicht voreilig handeln und unbescholtene Bürger aufschrecken.“ mahnte Kim. Etwas schmollend warf Kilian sich wieder nach hinten und verschränkte die Arme. Die Zeit verging und langsam wurde es auch Paul zu langweilig. „Frau Krüger, wir sollten wenigstens mal klingeln.“ schlug er vor und Kim nickte. Paul stieg aus und wollte gerade hingehen, als zwei Männer das Haus verließen. Sie trugen einen Sack aus dem Haus und gingen zu dem Auto, welches nicht weit von dem von Kim stand. Kilian beugte sich vor. „Das ist er! Paul, ich erkenne den Kerl eindeutig wieder! Das ist er!“ Er wollte aussteigen, doch Paul hielt ihn zurück. „Warte, ich würde zu gern wissen, was die dort in den Kofferraum gelegt haben. Kim nickte. „Ich auch!“ knurrte sie. Die Männer stiegen ein und fuhren ab. „Wir sollten uns anhängen!“ stieß Paul aus. „Sehe ich auch so, aber die Verstärkung wird gleich hier sein und einer muss sie einweisen.“ Kim wandte sich an Kilian. „Sie werden hier bleiben und auf die Verstärkung warten, dann stürmen Sie das Haus!“ befahl sie und der junge Mann auf der Rückbank nickte. Paul reichte ihm seine Waffe. „Ich hoffe du brauchst sie nicht!“ mahnte er seinen Freund und dieser stieg aus. Kim gab Gas, als die hintere Tür geschlossen wurde und raste mit Paul davon. Nur wenig später stand Kilian allein auf der Straße. Er wartete noch bis der Wagen um die Ecke bog und ging dann auf das Haus zu, denn er hatte nicht im Geringsten die Absicht zu warten.


    Kim und Paul hatten den Wagen von Stöcker und Haufe im Blick, die Fahrt selbst war nur kurz, denn schon nach vier Kilometern hielt der Wagen an und die Männer holten den Sack aus dem Kofferraum. „Sieht irgendwie komisch aus.“ meinte Kim. Paul nickte. „Ja, es sieht aus, als sei ein menschlicher Körper in dem Sack. So wie die den tragen. Mir wird gerade ganz anders. Hier wäre eine gute Möglichkeit, eine Leiche zu verstecken. Das Gelände ist so abgelegen, dass sich hier sicher keiner hin verirrt.“ Kim nickte nachdenklich. „Sie denken, dass es Gerkhan ist, den sie dort verscharren?“ Paul sah sie an. „Ich hoffe es nicht, aber sicher werden wir es erst wissen, wenn wir die Typen gefragt haben.“ Kim zog ihre Waffe und prüfte sie. Sie wandte sich an Paul. „Haben Sie noch eine Waffe?“ Paul öffnete das Handschuhfach und holte die Zweitwaffe hervor. „Immer parat.“ Sie stiegen aus und schlichen an den Wagen von Stöcker und Haufe heran. Die Männer selbst waren einige Meter in den Wald gegangen. Sie schlichen hinterher und bemerkten, dass die beiden ein Loch gruben. „Sieht wirklich aus wie ein Grab.“ murmelte Paul. Kim nickte. „Okay, Sie von links, ich von rechts! Diesen Typen werden wir jetzt mal den Abend versauen.“ Sie teilten sich, damit sie von zwei Seiten gleichzeitig eingreifen konnten und stellten die Männer in einem überraschenden Augenblick. Weder Stöcker noch Haufe konnten etwas unternehmen, als Paul aus seiner Deckung kam. Auch Kim Krüger hielt ihre Waffe im Anschlag. „Auf den Boden und Hände weit austrecken!“ brüllte Paul und sah kurz zu Kim Krüger. Die Männer führten den Befehl aus. Paul klopfte zunächst Stöcker nach Waffen ab und legte ihm Handfesseln auf dem Rücken an. Dann war Haufe dran. Nur wenig später waren die Männer festgenommen.

    Kim Krüger verschränkte die Arme vor der Brust und sah die Männer forsch an. „Ich bin ganz Ohr. Was haben die Herren ausgeheckt?“ „Was machen Sie hier?“ stellte Paul die Gegenfrage. „Ich habe keine Ruhe gefunden. Herr Winther hat es schon richtig ausgedrückt. Wir haben verdammt wenig Zeit und ich bin derzeit in der Lage, auch nach einem Strohhalm zu greifen. Also was haben Sie vor?“ erklärte Kim Krüger. „Ich werde mich diesem Stöcker ergeben. Als Austausch gegen Gerkhan.“ warf Kilian ein und Kim sah ihn erstaunt an. „Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Die werden Sie umbringen und das sie Gerkhan laufen lassen, ist auch nicht sicher!“ stieß sie erschrocken aus. „Das weiß ich. Deshalb lasse ich mir von Herrn Freund hier, einen Sender verpassen.“ Paul nickte. „Ja und wir werden ihm dann folgen. Und dann können wir beide befreien, Stöcker, Haufe und diese Lohkamp festnehmen.“ erklärte er seiner Vorgesetzin. Kim Krüger atmete tief ein. „Das klingt in der Tat nach einem guten Plan. Also gut, aber eine Voraussetzung habe ich noch. Ich werde mit Ihnen, Renner, fahren. Wir werden gemeinsam die Überwachung vornehmen und eingreifen!“ legte sie fest. Paul sah kurz zu Kilian und nickte dann. „Alles klar. Dann sollten wir loslegen.“ „Worauf warten wir noch?“ fragte Kim. „Wir müssen auf den Anruf von Stöcker warten. Kilian hat zwar mit ihm sprechen können, aber der Kerl ist nicht so einfach zu überzeugen. Er will sich melden und das kann gut dauern.“ warf Hartmut nun ein. Kim nickte nachdenklich. „Dann wollen wir mal hoffen, das Gerkhan noch lebt. Stöcker kann sich keinen Zeugen von Gerkhans Format leisten. Ich gehe nicht davon aus, dass er ihn gegen Winther eintauschen wird.“ Paul nickte leicht. „Das Risiko besteht natürlich. Und Kilian könnte auch sterben. Aber das ist uns beiden bewusst. Dennoch ist es die einzige Chance, die wir haben.“


    Semir wurde von Mario in seinen Raum zurück gebracht und zu Boden gestoßen. Dann packte Mario ihn und stieß ihn gegen die Wand. Semir stöhnte leise auf und sah den Mann an. Er wusste, dass er nicht in der Lage war, sich gegen ihn zu wehren. „Du hast Schuld, dass Sandra nun sterben musste! Sollte ich herausfinden, dass du es warst, die sie dazu gezwungen hat, dann werde ich dich eigenhändig umbringen!“ Semir hörte an dem Ton, dass dies keine leere Versprechung war. „Ich habe nichts getan. Sie ist zu mir gekommen und wollte als Kronzeugin gegen Stöcker und Ihnen aussagen.“ Mario ließ den Mann los und verließ den Raum wortlos. Semir wartete einen Augenblick, bis er sich aufraffte und wieder zum Bett ging. Noch hatte er das Handy von Sandra und vielleicht bekam er es ja doch zum Funktionieren. Er brauchte nur eine Verstärkung, um Netz zu bekommen. Einen Draht oder anderes was als Antenne genutzt werden konnte. Er hielt am Bett fest und stellte fest, dass das Gestell aus Eisen war. Wenn er das Handy am Bett hielt, dann könnte er vielleicht eine Verbindung herstellen. Schnell zog er das Handy hervor und hielt es ans Gestell. Doch leider funktionierte es nicht. Es gab kein Netz. Semir sah sich enttäuscht im Raum um. Hier schien nichts zu sein, was er nutzen konnte, doch dann entdeckte er doch etwas. Er atmete tief ein und ging auf die Heizung zu. Diese Leitungen gingen durch das ganze Haus und es wäre doch gut möglich, dass man damit das Handy überreden konnte, doch ein Netz zu finden. Er hielt es ran und grinste leicht. Tatsächlich bekam er drei Balken angezeigt. Schnell wählte er Pauls Nummer und wartete. Es dauerte eine Weile bis sein Partner sich meldete. „Paul! Ich bin es! Hör zu, orte das Handysignal! Bitte, beeile dich! Das Netz ist instabil!“ stieß er aus. „Semir?! Wo bist du? Bist du in Ordnung?!“ Semir spürte immer noch die Kälte und lächelte leicht. „Nicht wirklich. Die haben mir Blut abgezapft und mir ist extrem kalt. Ich werde es nicht mehr lange durchhalten.“ erklärte er, doch genau in diesem Augenblick hörte er den Schlüssel im Schloss. Semir schaffte es gerade noch, das Handy am Boden abzulegen und so zu platzieren, dass das Netz nicht verloren ging. Dann setzte er sich aufs Bett und die Tür ging auf.

    Karsten Stöcker zielte mit der Waffe auf Sandra, während Mario sich um Semir kümmerte, der an der Wand lehnte und die Hände leicht abspreizte. „Mario, es tut mir wirklich leid, aber ich werde dir jetzt das Spielzeug wegnehmen. Sandra hat mich zum dritten Mal verraten und das kann ich nicht durchgehen lassen.“ Mario nickte leicht und sah Sandra traurig an. „Nein…Mario bitte, du kannst doch nicht zulassen, dass er mich umbringt. Bitte hilf mir! Wir können doch ein neues Leben anfangen.“ weinte sie und wies auf Semir. „Er hat mich überredet, Ich… ich war seine Geisel. Ich wollte nur nachsehen, ob es ihm gut geht. Ich …“ Sandra stockte. Sie glaubte zu sehen, wie sich der Finger von Stöcker krümmte und wich bis an die Tür zurück. In Panik und Todesangst versuchte sie noch zu entkommen, doch die Kugel war schneller. Semir zuckte zusammen als der Schuss hallte. Erschrocken sah er zu Sandra, die zu Boden sackte. Dann wandte er sich zu Karsten. „Das war nicht nötig…“ stieß er aus. „Mario, bring unseren Gast wieder in seinen Raum!“ befahl Stöcker, ohne auf seine Äußerung einzugehen und Mario führte den Befehl aus. Er stieß Semir wieder zur Treppe und langsam ging der Hauptkommissar runter. Doch dann klingelte das Handy von Stöcker. Verwundert sah er auf das Display. „Ja?“ meldete er sich. „Hier spricht Kilian Winther. Stöcker, ich weiß dass Sie meinen Kollegen in Ihrer Gewalt haben. Ich biete mich zum Austausch an. Sie lassen meinen Kollegen frei und ich gehöre Ihnen.“ hörte er Winther sagen und grinste leicht. „Woher haben Sie meine Telefonnummer?“ hakte er nach. „Von Medic-Pool. Was sagen Sie zu meinem Angebot? Ich gegen meinen Kollegen.“ wiederholte Winther. „Ich werde es Sie wissen lassen. Aber dafür werde ich Sie anrufen.“ legte Stöcker fest und beendete das Gespräch. Er sah Mario an. „Wir werden bald auch die Blutgruppe AB negativ haben. Das war Winther. Bring ihn runter! Schon sehr bald werden wir ihn neben Winther ausbluten lassen.“ forderte er seinen Komplizen auf.


    Kilian fluchte verhalten. „Er hat das Gespräch beendet.“ erklärte er unsinnigerweise, da Hartmut und Paul mitgehört hatten. „Dann müssen wir warten. Ich denke so langsam, dass es wirklich klappen könnte. Okay, wir werden es durchziehen, ohne die Krüger zu informieren. Wir werden dich mit einem Sender versehen und du wirst dich an die Befehle von diesem Stöcker halten. Du wirst dich nicht wehren und ich werde eine Hundertschaft auf die Beine stellen, damit man dich und Semir dort rausholt. Kilian, es ist verdammt gefährlich, ist dir das bewusst?“ Kilian nickte. „So könnte ich wenigstens etwas gut machen. Ich meine, dein Partner ist ja eigentlich nur wegen mir in Gefahr. Ich will nicht an dem Tod eines Kollegen schuld sein. Das könnte ich nicht ertragen. Du sagtest ja auch, dass er Familie hat und ich…“ Paul legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. „Du hast keine Schuld. Semir und ich haben nicht aufgepasst. Ich hätte mit ihm zu dieser Sandra gehen müssen. Aber ich habe auf meinem Partner gehört und versagt. Das wird nicht noch einmal passieren. Ich werde auf dich aufpassen und sobald wir das Ding erledigt haben, werden wir auf unsere Freundschaft trinken.“ Kilian lächelte nervös. „Das hört sich gut an.“ gab er zu. „Also können wir uns jetzt mal dem Fall wieder zuwenden?“ warf Hartmut ein. Paul und Kilian wandten sich ihm zu. „Wir müssen den Sender so platzieren, dass er nicht auffällt. Dazu brauche ich einen Knopf von der Jacke. Ich baue ihn ein und dann können wir ihn orten.“ Paul nickte. „Der Sender ist ein GPS-Sender, oder?“ „Richtig. Wir können ihn immer orten, solange er nicht gerade unter der Erde ist.“ bestätigte Hartmut. „Gut, dann können wir die Aktion durchführen.“ stimmte Paul nun zu. „Welche Aktion?“ kam aus seinem Rücken. Paul drehte sich um. „Frau Krüger! Ich ähm…also wir…also wir hätten…“

    Semir stützte sich auf Sandra und schaffte es, mit ihrer Hilfe den Raum zu verlassen. Sie verschloss den Raum und steckte den Schlüssel in die Tasche. „Geben Sie mir Ihr Handy!“ forderte er sie auf und Sandra folgte dem Befehl. Semir sah auf das Display und konnte sich, genau wie von Sandra angemerkt, überzeugen, dass er hier kein Empfang hatte. Er steckte das Handy in die Tasche und ging zur Treppe. Mit Sandras Hilfe schaffte er die ersten Stufen, doch dann spürte er wieder, wie schwach er eigentlich war. „Kommen Sie, es sind doch nur wenige Stufen!“ „Ich kann nicht mehr…ich habe keine Kraft…“ stöhnte er leise. „Ich helfe Ihnen! Reißen Sie sich zusammen! Wollen Sie denn wirklich sterben?“ fragte sie nach, umschlang ihn und stützte ihn dann erneut. Semir riss sich zusammen und versuchte sich nicht allzu sehr, auf der Frau zu stützen. Nach einer für ihn extremen Anstrengung, hatten sie endlich die letzte Stufe erreicht. Er lehnte sich gegen das Geländer. „Geben Sie mir eine Minute. Ich muss mich ausruhen…“ bat er, doch Sandra schüttelte den Kopf. „Dafür haben wir keine Zeit! Wir müssen weiter! Sie können sich später ausruhen!“ widersprach sie ihm. „Aber ich will jetzt erst einmal sehen, ob die Luft rein ist. Warten Sie hier!“ hängte sie an und öffnete die Tür. Als sie sich davon überzeugt hatte, wandte sie sich wieder an Semir. „Okay, es ist frei!“ Semir reichte ihr die Hand und wurde von ihr zur Tür gezogen. Dann standen sie auf dem Flur im Erdgeschoss und Sandra wies auf die große Tür. „Da geht es raus.“ Semir nickte. „Was ist mit Wachen?“ wollte er von ihr wissen und sie lächelte leicht. „Wir haben keine Wachen draußen. Mario hat dieses Haus vor gut vier Jahren gekauft und hat hier schon einige Mädchen abgerichtet.“ erklärte sie. „Sind wir in Köln?“ hakte Semir nach und Sandra nickte. „Ja, in der Nähe vom Flughafen. Daher ist es auch kein Problem. Wir sind in einem sogenannten Randgebiet. Extrem laut, aber genau deshalb hat Mario es gekauft. Die Mädchen können hier schreien so viel sie wollen. Niemand hört sie.“ Sie gingen an der Küche vorbei und Sandra legte den Schlüssel wieder auf die Kommode. Semir warf einen kurzen Blick in den dunklen Raum. Es schien wirklich alles ruhig zu sein. „Okay, ich schau mal, ob die Tür verschlossen ist.“ sagte sie. Semir lehnte sich gegen die Wand und schloss nur kurz die Augen. Er sah wie Sandra an die Haustür ging und den Griff drückte. Tatsächlich ging sie auf und sie wandte sich wieder an Semir. „Okay, kommen Sie!“ rief sie ihm leise zu und als er die ersten Schritte machte, sah er in ihr Gesicht. Sie starrte erschrocken auf etwas, das hinter ihm passierte. Semir drehte sich langsam um und erstarrte.


    „Das heißt das Gebiet ist extrem groß und wir brauchen eine Hundertschaft, um Semir zu finden?“ Hartmut stimmte Paul stumm zu. „Und wenn wir uns auf den Weg machen, und das Gelände absuchen?“ warf Kilian an. „Dort sind etliche Firmen untergebracht, Forstbetriebe, Landwirtschaft. Dort sind Sperrgebiete. Wie wollen Sie das denn bewältigen? Bis Sie da durch sind, ist mindestens eine Woche vergangen! Das bringt überhaupt nichts. Das einzige was ich versuchen könnte, wäre, wenn der Kerl telefoniert, den Standort auf 50 km einzugrenzen.“ schlug der Techniker nun vor. Paul sah ihn an. „Das heißt, wenn ich mit ihm telefonieren würde, dann könntest du das Gebiet eingrenzen?“ mutmaßte er. „Ja klar!“ bestätigte Hartmut. „Okay, womit könnten wir ihn locken? Ich wüsste nicht, was ich ihm anbieten könnte.“ Paul ging auf und ab. Kilian lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme. „Ich weiß es. Ich werde mich anbieten. Er will mein Blut haben und wenn ich damit die Chance habe, deinen Partner zu retten, dann werde ich es tun.“ bot er an. „Das kommt überhaupt nicht in Frage! Das werden wir nicht tun! Du bist ganz sicher noch nicht in der Lage, dich gegen diese Typen zu wehren!“ Kilian stellte sich gerade hin und atmete tief ein. „Aber es ist die letzte Chance für deinen Partner. Wenn man ihm schon Blut abgenommen hat – und davon kannst du ausgehen – dann kämpft er vermutlich schon um sein Leben! Willst du ihn verlieren? Willst du ihn aufgeben?“ Paul drehte sich zu ihn um. „Das will ich nicht! Aber ich weiß, dass so eine Aktion von der Krüger sicher nicht genehmigt werden wird!“ brüllte er Kilian an. „Dann machen wir es ohne ihre Zustimmung. Paul, es ist die einzige Möglichkeit, an ihn ranzukommen.“ „Da muss ich ihm leider Recht geben. Ich meine, wir könnten ihn ja verkabeln. Da gibt es schon so kleine Sender, die gar nicht mehr auffallen. Ein Knopf an der Jacke reicht schon!“ mischte sich auch Hartmut ein.

    Sandra wartete bis Mario tief und fest schlief und schlug dann die Decke zur Seite. Sie stand auf, nahm ihr Handy und ging zur Tür. Noch einmal sah sie zu Mario, doch dieser bekam nichts mit. Sie verließ das Zimmer und sah auf den langen Flur. Auch hier war alles ruhig. Leise schlich sie die Treppe ins Erdgeschoss runter und achtete darauf, dass die Treppen nicht zu laut knarrten. Sie nahm einen Schlüssel von der kleinen Kommode, die auf dem unteren Flur stand und der zur der Tür des Raumes passte, in dem der Polizist gefangen gehalten wurde. Als sie im Keller war, sah sie sich auch hier um. Auch hier war niemand und so schloss sie die Tür auf, trat ein und machte Licht. Der Polizist lag gekrümmt auf dem Bett und schien zu schlafen, doch als sie näher kam, sah sie, dass er wach war. Er hatte seine Arme um den Oberkörper geschlungen und zitterte extrem. Als sie ihn berührte, zuckte er zusammen und sah sie mit glasig wirkenden Augen an. „Ganz ruhig, ich will Ihnen helfen. Ich kann Sie hier rausbringen. Vertrauen Sie mir, bitte.“ „Kalt…mir ist so kalt…“ gab der Mann von sich. „Ich weiß, aber wenn wir erst einmal hier raus sind, dann kann man Ihnen helfen. Kommen Sie...“ Sandra war sehr erstaunt. Die Stimme des Polizisten, von dem sie sich die Rettung erhofft hatte, klang schwach. Er war mehr ein Häufchen Elend, als die starke Hand des Gesetzes. Dennoch war er ihre Chance. „Kommen Sie, wir müssen uns beeilen. Ich will diesen fetten Kerl nicht neben mir haben. Ich sage gegen ihn aus, wenn Sie mich beschützen.“ „Ich bin derzeit überhaupt nicht in der Lage, jemanden zu schützen. Ich bin müde, mir ist kalt und ich will schlafen.“ erklärte der Polizist. „Das ist mir klar und es ist auch verständlich, aber wenn Sie hier bleiben, dann werden Sie nicht mehr lange leben. Bitte helfen Sie mir…bitte! Wenn wir erst einmal auf der Straße sind, können Sie doch ein Auto anhalten.“ Nun sah der Mann sie an. Er schien wacher zu werden und auch agiler. „Haben Sie ein Handy?“ Sandra nickte. „Ja, aber das bringt Ihnen hier unten nichts. Sie haben hier keinen Empfang.“ Langsam schälte sich der Mann aus der Decke und setzte sich auf die Bettkannte. „Dann sollten wir gehen.“ lächelte er und stand vollends auf. Sicher wäre er zusammen gebrochen, wenn Sandra nicht zugegriffen hätte. Sie stützte ihn und ging mit ihm nach oben.


    Enttäuscht fuhren Paul und Kilian wieder zur PAST. Doch auf den Weg dahin klingelte Pauls Handy. Ein Blick auf das Display zeigte ihm, dass Hartmut am anderen Ende war. „Hartmut? Hast du was herausgefunden?“ wollte er sofort wissen, als er sich meldete. „Ja. Aber besser ihr kommt direkt her!“ bat der Techniker. „Wir sind schon unterwegs!“ Paul trat das Pedal durch und raste durch die nächtlichen Straßen. Er brauchte für die Fahrt weniger als zehn Minuten. „Was hast du herausgefunden?“ „Das Kilian Recht hat. Stöcker ist nicht in Neuseeland. Ich bin zwar noch nicht dahinter gekommen, wie er es macht, aber das Handysignal geht über mehrere Breitengrade.“ fing Hartmut an und ging zum Monitor. „Kommt, ich zeige euch, was ich meine!“ Paul und Kilian gingen zu ihm. „Also, das erste Signal habe ich ja in Neuseeland ermittelt, aber und jetzt wird es sehr interessant, denn es ist nicht das einzige Signal. Ich habe mit Hilfe eines Programmes, was ich mit entwickelt habe, herausgefunden, dass das eigentliche Signal sich hier befindet. Also in Deutschland und zwar im Großraum Köln.“ Paul sah ihn an. „Semir ist in Köln?“ Hartmut stutzte. „Ich weiß nicht ob Semir sich in Köln befindet, aber der Benutzer der Handynummer tut es. Und zwar hier!“ Hartmut ging zu der Wand mit der Karte von Köln und zog einen Kreis um einen Außenbezirk, in dem sich auch der Köln-Bonner-Flughafen befand. „Das ist ein verdammt großes Gebiet! Kannst du das nicht noch mehr eingrenzen?“ Paul warf Hartmut einen Blick zu. „Leider nein. Ich habe schon alles versucht, aber es geht wirklich nicht.“ „Hartmut, ich muss Semir finden! Sein Leben ist in großer Gefahr und besonders jetzt nachdem Kilian in das Haus von Stöcker gedrungen ist!“ Hartmuts Blick wanderte zu Kilian. „Was haben Sie gemacht?“ Kilian senkte seinen Kopf. „Das zu erklären ist wirklich zeitraubend. Okay, wie groß ist das Gebiet genau?“ Hartmut lachte auf. „Der Köln-Bonner-Flughafen hat eine Größe von…“ „Hartmut! Ich meine nicht den Flughafen! Ich meine das gesamte Gebiet, in dem sich dieser Stöcker aufhalten kann!“ „Der Flughafen allein hat 10.000 km² und dazu kommt dann noch das Umland in dem dieser Stöcker auch sein kann.“ stellte Hartmut sachlich fest. Paul stöhnte leise auf.

    Also wirklich, da lässt Semir sich sein Auto klauen. Hat er denn nicht gelernt? Das war ja nicht das erste Mal. In „Rabenmutter“ hat er es auch schon erlebt. Die Diebin hat schon einiges auf dem Kerbholz und kann beim ersten Mal auch Paul linken.

    Paul als Lockvogel. Das Auto war ja schon mal sehr protzig nur beim Glücksspiel sollte er aufpassen. Er brauchte ja nicht lange, bis die Kohle weg ist. Aber sein Blick war goldig. Schlechtes Gewissen pur. Und während Paul sich auf die Zielperson konzentriert, lernt Semir die Schimmelarten. Interessant, wie sein Kollege schon bemerkte.

    Diese Diebestour, die auf dem Empfang dann stattgefunden hatte, war etwas merkwürdig. Auch wenn es sogenannte Meisterdiebe waren. Wenn mich ein fremder umarmt und sich an meine Halskette oder die Armbanduhr zu schaffen macht, behaute ich, würde ich es merken. Oder nicht?

    Und beide lassen sich überwältigen? Semir dient als Faustpfand während Paul einen Wagen klauen soll, der eine Geheimwaffe sein soll? Verständlich, dass Semir dem BKA-Mann Wächter nicht mehr vertraute. Immerhin hat er ihn ja in die Falle gelockt.

    Eine schöne Geste von Semir zum Schluss, auch wenn das in der Realität sicher nicht möglich, dass Elena auf freiem Fuß bleibt und für das BKA als Informantin dienen soll, was Trickdiebstahl angeht.

    Während Hartmut sich mit der Handynummer von Stöcker beschäftigte, fuhren Paul und Kilian zur PAST um Kim Krüger auf dem Laufenden zu bringen. Sie sah sofort auf, als die beiden Kollegen eintraten. „Gibt es etwas Neues?“ wollte sie sofort wissen. „Ja, aber nichts Positives. Hartmut hat die Handynummer geprüft. Stöcker befindet sich eindeutig in Neuseeland. Das heißt dann auch, dass er es nicht sein kann, der Kilian das Blut abgenommen hat.“ Kim senkte den Blick und stöhnte auf. „Dann stehen wir wieder am Anfang.“ Kilian schüttelte den Kopf. „Nein! Es gibt noch eine Spur, die wir noch gar nicht in Betracht gezogen haben. Die Wohnung von Mario Haufe! Er und Sandra waren zwar gemeinsam in Ehrenfeld gemeldet, wo Semir verschwunden ist, aber Haufe hat auch eine eigene Wohnung. Dort, wo er seine Nutten erzieht und einreiten lässt.“ Sofort sah Kim ihn an. „Warum kommen Sie erst jetzt damit?“ fauchte sie wütend. „Es ist mir nicht relevant genug gewesen.“ Paul stöhnte auf. „Nicht relevant? Kilian, das ist sehr wohl relevant! Wo ist die Wohnung? Weißt du das?“ Kilian nickte. „Im Neandertaler Bruch. Das ist ein Randbezirk von Düsseldorf, wo ich nicht leben möchte. In dem Viertel findet man alles Drogenhändler, Zuhälter und sonstigen Abschaum. Wer dort wohnt, ist eigentlich schon am Ende.“ Kim sah zu Paul. Dieser wandte sich wieder an Kilian. „Wie lautet die Straße? Und nun lass dir nicht jede Information aus der Nase ziehen!“ ging es bei Paul weiter, der immer wütender auf seinen Freund wurde. „Das ist am Mühlenacker 197. Ein Mehrfamilienhaus, welches Haufe gehört. Er ist der einzige der dort noch wohnt, weil das Haus einsturzgefährdet ist.“ Paul sah zu Kim und diese nickte. „Wir werden mit dem SEK direkt hinfahren!“ legte sie fest. „Bis die da sind, könnte es zu spät sein!“ stieß Paul aus. „Wollen Sie es im Alleingang machen?“ Paul sah zu Kilian. „Ich fahre mit Kilian hin. Zum einen ist es ja nicht klar, dass es wirklich der Ort ist, wo Semir sich aufhält und zum anderen will ich niemanden nervös machen. Bitte Frau Krüger, lassen Sie uns erst einmal nachschauen.“ Paul legte seinen Kopf schief und sah seine Vorgesetzte flehend an. „Also gut, sehen Sie sich um und sollte es eine heiße Spur sein, dann informieren Sie mich umgehend!“ Paul nickte und verließ mit Kilian das Revier.


    Als sie vor dem Haus ankamen, wurden sie enttäuscht. Das Haus schien vollkommen verlassen und war bereits an der Rückseite eingestürzt. „Also hier werden wir nichts finden.“ stieß Paul aus. Kilian sah ihn an. „Lass uns doch wenigstens mal rein gehen und nachsehen. Ich meine, vielleicht finden wir einen Hinweis auf den Aufenthalt. Du kannst doch nicht schon aufgeben!“ beschwor er Paul und dieser sah ihn an. „Das Haus stürzt ein! Guck es dir doch mal an! Wo soll man da jemanden festhalten?“ Kilian zog seine Augenbrauen zusammen. „Das ist mir klar, aber dennoch könnten wir Hinweise finden! Mario und dieser Stöcker! Sie stecken unter einer Decke!“ Paul nickte. Kilian hatte schon Recht, ein Blick in die Ruine konnte nicht schaden. „Also gut, aber wir werden keine Treppen rauf oder runter gehen. Ich habe absolut keinen Bock verschüttet zu werden.“ Kilian lachte verächtlich auf. „Wir müssen alles durchsehen, denn Hinweise können auch im Keller versteckt sein, aber gut. Dann gehe ich eben das Risiko ein.“ Er ging los und Paul rannte hinterher. Nach gut zwei Stunden waren sie mit dem Haus durch. Leider war auch hier das Ergebnis niederschmetternd. Kein Hinweis wo Semir sich aufhalten konnte, keine Information wo Stöcker war und auch über Mario wurde nichts gefunden. Das Haus schien nur auf den Einsturz zu warten. Paul griff zum Handy und rief Kim Krüger an, um ihr das niederschmetternde Ergebnis mitzuteilen. „Okay, danke.“ sagte sie nur, doch in diesen beiden Worten lag viel Enttäuschung. Paul sah Kilian an. „Kilian, bitte versuch dich noch einmal zu erinnern. Irgendwas musst du doch noch wissen! Irgendetwas, das uns hilf! Bitte!“ flehte er seinen Freund an. Er sah auf die Uhr. Es war schon fast Mitternacht.

    Als sie im Fahrzeug saßen, griff Paul zum Handy und rief Jenny an. „Jenny, überprüfe bitte mal folgende Handynummern: 0163-6448783! Ich will wissen wo sich der Nutzer aufhält! Außerdem soll Hartmut mal ein Bewegungsprofil erstellen!“ „Alles klar. Mache ich sofort. Habt ihr etwas Neues erfahren?“ wollte die junge Kollegin wissen. „Nichts was uns hilft. Wir kommen gleich rein, sorge du bitte dafür, dass du die Infos von dem Netzbetreiber bekommst. Uns läuft die Zeit davon!“ mahnte Paul und beendete das Gespräch. Er sah Kilian an und dieser erwiderte den Blick. „Hoffst du wirklich, dass du den Typen orten kannst? Wenn er wirklich so intelligent ist, dann wird er das Handy sicher nicht nutzen.“ Paul grinste leicht. „Glaub mir, Hartmut wird das regeln. Wir fahren direkt hin und ich wette mit dir, dass er uns genau sagen kann, wo dieser Stöcker sich befindet. Ich denke mittlerweile auch nicht mehr, dass er in Neuseeland ist.“ Kilian lächelte leicht. „Warum?“ wollte er dann wissen. „Ich weiß nicht, ehrlich gesagt. Es ist ein dumpfes Gefühl. Wenn es sich gleich wirklich rausstellt, dass Stöcker in Deutschland ist, dann werde ich mich bei dir entschuldigen. Aber jetzt ist es wichtig, dass wir Semir finden.“ Kilian nickte. „Schon gut, ich habe mich ja auch nicht gerade besonders klug verhalten.“ Paul lenkte den Wagen durch die Stadt und fuhr zur PAST. Nur wenig später saßen sie Hartmut gegenüber. „Hast du das Bewegungsprofil schon erstellt?“ Hartmut sah sie an. „Ich bin dabei. Also ganz klar ist, der Kerl ist tatsächlich in Neuseeland. Zumindest sagt es das Handy.“ Kilian und Paul sahen sich an. „Das kann nicht sein! Das geht nicht! Der Kerl war es! Wirklich! Ich bin doch nicht verrückt!“ fauchte Kilian. Paul sah zweifelnd zu Hartmut. „ist es wirklich sicher, dass der Nutzer in Neuseeland ist?“ „Laut dem Provider ja. Aber es fehlt noch das Bewegungsprofil. Das dauert aber. Es ist ja gut möglich, dass er eine Weiterleitung installiert hat. Dann könnte er in Neuseeland angezeigt werden, ist aber eigentlich doch nicht dort. Um das heraus zu finden, brauche ich aber auf jeden Fall mehr Zeit.“ Paul nickte. „Okay, tu was du kannst Hartmut, aber tu es schnell!“ bat er den Techniker.


    Semir wachte erst am frühen Abend auf. Er setzte sich auf und spürte sofort den Schwindel, dennoch zwang er sich, sitzen zu bleiben. Er atmete einige Male tief durch und sah sich um. Auf dem Tisch stand ein Tablett. Er sah auf seine Uhr. Es war fast 18 Uhr und das hieß er hatte den ganzen Tag geschlafen. Dennoch fühlte er sich müde und ihm war immer noch kalt. Nur langsam, wie ein uralter Mann, ging er zum Tisch und setzte sich. Auf dem Teller lagen rote Beete und Pellkartoffeln außerdem ein Stück Leber. Neben dem Teller lagen zwei Bananen. Semir nahm die Gabel und fing an zu essen. Er war kein Freund von roter Bete, doch er wusste, dass sie die Blutbildung anregen sollte. Als er jedoch ein Stück der Leber abschnitt, bemerkte er, dass diese vom Schwein war und ließ sie liegen. Kartoffeln, rote Beete und auch die Bananen verdrückte er. Wieder nahm er eine der Colaflaschen und trank sie in einem Zug leer. So gestärkt, saß er noch eine Weile auf dem Stuhl und versuchte die Müdigkeit zu bekämpfen, doch das war nicht so einfach. So schleppte er sich wieder zum Bett und legte sich hin. Er überlegte, wie er hier verschwinden konnte. Allerdings gestand er sich auch ein, in diesem Zustand sicher nicht ohne Hilfe fliehen zu können. Er müsste nur hier aus diesem Raum kommen. Draußen standen sicher Autos und kurzschließen sollte auch kein Problem für ihn sein, doch die Tür ließ sich derzeit nicht öffnen. Vielleicht schaffte er es ja auch, an ein Handy zu kommen. Dann könnte er Paul informieren und der würde ihn dann befreien. Ja, das war doch die Idee. Er musste ein Handy in die Finger bekommen, doch wie sollte er es anstellen? Darüber kannst du dir den Kopf zerbrechen, wenn du ein wenig geschlafen hast. Du musst zu Kräften kommen, mahnte er sich selbst und schlief nur wenig später ein.

    Veronika sah Kilian an. „Dr. Karsten Stöcker? Der Name ist mir nicht ganz unbekannt. Ich kenne ihn von einigen Blutspenden, wo er die ärztliche Betreuung der Spender übernommen hat. Ein sehr zuvorkommender Mann. Was soll er bitte mit diesem Verbrechen zu tun haben?“ Paul lächelte leicht. „Das wissen wir nicht und deshalb sind wir ja hier. Ist es möglich, dass Dr. Stöcker Blutkonserven eigenständig verkauft?“ Veronika zog die Schultern hoch. „Also so einfach ist es nicht. Wir sammeln das gespendete Blut und dann wird es in unserer Blutbank gelagert. Dort wird das Blut be- bzw. verarbeitet. Sehen Sie, es gibt nur wirklich sehr selten Vollblutspenden, die dann auch so übertragen werden. Wenn das Blut dann konserviert ist, wird es in der Blutbank gelagert, bis die Krankenhäuser es bei uns bestellen. Unser Logistikzentrum sorgt dann für die Auslieferung. Die Kostenrechnung geht über die Landesverwaltung des roten Kreuzes. Sie sehen, es würde schwer sein, eigene Blutkonserven zu verkaufen. Eigentlich würde ich es sogar als unmöglich bezeichnen.“ behauptete Veronika. Paul nickte nachdenklich. „Und wenn er es doch machen würde? Was ist mit privaten Kliniken?“ „Das ist absolut unmöglich. Auch die privaten Kliniken müssen sich an die Vorschriften halten. Blut bekommt man nur an der Blutbank. Tut mir leid, aber ich kann Ihnen scheinbar nicht weiterhelfen.“ Paul sah kurz zu Kilian und dann wieder zu Veronika. „Spielen wir doch mal mit dem Gedanken, dass das Blut ins Ausland verkauft wird. Wie sieht es da aus?“ Sie atmete tief ein. „Da haben wir leider keinen Einblick, aber ich behaupte dennoch, dass es sehr schwer ist.“ erklärte sie. Paul dachte kurz nach. „Und wenn man seine eigene Blutbank hat?“ warf Kilian nun ein. Jetzt lachte Veronika auf. „Eine eigene Blutbank? Das ist absolut unmöglich! Die Vorschriften für eine solche Bank sind erschreckend hoch. Das kann doch nicht jeder so einfach machen.“ Kilian sah sie nur an. „Nicht in Deutschland, das ist gut möglich, aber im Ausland werden diese Dinge sicher nicht so streng gehandhabt.“ Nun zog die Frau scharf Luft ein. „Das ist leider wahr. Aber das kann man nicht ändern. Ich weiß aber, dass die Krankenhäuser in Deutschland auch nur Blut von der deutschen Blutbank verwenden, da dies dem Standard der höchsten Sicherheit für den Empfänger entspricht.“ Paul sah sie an. „Wie prüfen Sie die Händler, die Ihnen seltene Blutgruppen verkaufen wollen?“ Veronika dachte kurz nach. „Nun, wir stellen den Kontakt her und prüfen dann das Blut. Aber wie schon gesagt, ist es sehr selten, dass wir zukaufen. Bitte entschuldigen Sie mich, ich muss noch ein wichtiges Telefonat führen.“ bat sie die Männer und verabschiedete sich freundlich.


    Der Tag ging zu Ende und für Sandra fing ein weiteres Martyrium an. Sie musste sich wieder Stöcker hingeben. Auch diesmal dauerte das "Liebespiel" über eine Stunde. Wieder folgte das Ritual, dass sie duschte und dann weinte. Doch dann entschloss sie sich dazu, ab sofort nur noch das zu tun, was sie wollte. Und das hieß, sie musste von hier verschwinden. Sie musste aus diesem Teufelskreis. Sie war sich im Klaren darüber, dass es auch hieß, sich von Mario zu trennen. Mario, der Mann den sie liebte, der Mann der sie beschützte … der Mann, der sie dazu brachte mit anderen Männern zu schlafen … der Mann, der sie schlug, wenn sie nicht parierte und der Mann, der sie zwang mit dem Boss zu schlafen. Sie verzog das Gesicht, als sie sich die negativen Aspekte in Gedanken aufzählte. Wer war Mario eigentlich? Ihr Freund? Nein, er war lediglich ihr Zuhälter. Sie hatte die Schnauze voll von diesem Leben. Sie wollte nicht mehr mit jedem schlafen, sie wollte nicht geschlagen werden, nicht eingesperrt werden. Sie wollte ihren eigenen Weg gehen und dazu musste sie endlich einen Schlussstrich unter diesem, ihrem Leben ziehen. Doch sie wusste auch, dass es Risiken barg, sich von Mario zu lösen. Der Mann würde sie jagen und töten, wenn er sie fand. Also musste sie dafür sorgen, dass er nicht mehr die Gelegenheit bekam und das hieß, sie müsste dafür sorgen, dass er hinter Gittern kommt. Eigentlich konnte nur der Bulle im Keller helfen. Ja, das war es! Sie musste den Mann aus dem Keller holen und dann konnte er sie beschützen! Er konnte sie als Kronzeugin einsetzen. Ein neuer Name, ein neuer Job, ein neues Leben! Sie lächelte leicht, als sie ihren Entschluss fasste. Jetzt würde sie es in die Hand nehmen, ein neuer Mensch zu werden. Heute Nacht würde sie den Polizisten befreien und mit ihm verschwinden. Heute Nacht würde sie frei sein.

    Roman Steinberg dachte nach. „Und was die Grundstücke angeht, also mir würde da nichts einfallen, aber da kann Ihnen sicher das Katasteramt was zu sagen. Ich meine, die haben da sicher den Durchblick.“ Paul sah zu Kilian. „Was für Kontakte hat Herr Stöcker denn? Können Sie die irgendwie einsehen?“ Steinberg schüttelte den Kopf. „Nein, ich nicht, aber ich kann ihn ja mal fragen. Er dürfte in drei Tagen wieder hier sein. Das war auf jeden Fall die Nachricht, die ich heute beim Frühstück erhalten habe.“ „Sie haben Nachricht von Herrn Stöcker? Könnten Sie mir seine Telefonnummer geben? Ich könnte ihn dann ja telefonisch befragen.“ bat Paul. Roman nickte und schrieb die Handynummer auf. Paul und Kilian verabschiedeten sich und verließen Medic-Pool. „Was machen wir denn jetzt?“ fragte Kilian, als sie im Wagen saßen. „Ganz einfach, ich werde das Handy von Stöcker überwachen und orten lassen. Jenny wird im Katasteramt nachfragen, ob und welche Grundstücke auf Stöcker eingetragen sind.“ Kilian sah nachdenklich aus dem Fenster. „Was ist?“ wollte Paul wissen, als er bemerkte, dass sein Freund den Gedanken nach hing. „Ich weiß nicht, irgendwie gefällt es mir überhaupt nicht. Der einzige Händler für Blut ist das deutsche rote Kreuz, die haben doch eine Blutbank und ich glaube, die müssten uns auch sagen, wer ihre Kunden sind, oder woher sie das Blut haben.“ Paul sah seinen Freund an. „Stimmt! Dann werden wir jetzt mal das Rote Kreuz besuchen!“ legte er fest und fuhr zur nächsten Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Roten Kreuz. Nachdem sie den Grund ihres Besuches angegeben hatten, mussten sie auf einen Ansprechpartner warten. Eine Frau Mitte 30 tat auf sie zu. „Veronika Lahmers, was kann ich für die Polizei tun?“ lächelte sie Kilian freundlich an. „Paul Renner, das ist mein Kollegen Kilian Winther. Frau Lahmers, wir würden gern mit Ihnen über Blutkonserven sprechen. Dabei geht es uns vor allem um den An- und Verkauf von solchen. Sind Sie da der richtige Ansprechpartner?“ Veronika Lahmers nickte. „Ja, das bin ich. Lassen Sie uns doch in mein Büro gehen, da sind wir dann ungestört.“ Paul und Kilian waren einverstanden und folgten der Frau in die erste Etage.


    Veronika bot den Männern Platz an, als sie das Büro erreicht hatten. „So, wie kann ich Ihnen helfen?“ Paul Renner sah sie ernst an. „Ich würde gern wissen, wie man Blutkonserven als Privatperson verkaufen kann.“ Veronika lachte laut auf. „Das geht nicht! Ich meine, wir können nicht jeden erlauben, Blut abzunehmen und dann zu verkaufen. Da gibt es strenge Vorschriften, die eingehalten werden müssen. Das Blut muss untersucht werden, ob ansteckende Krankheiten übertragen werden könnten. AIDS zum Beispiel aber auch Hepatitis B. Das geht nicht so einfach.“ erklärte sie. „Und wenn diese Person das alles weiß und die Blutkonserven korrekt sind?“ warf Kilian Winther ein. Veronika zog die Augenbrauen zusammen. „Also um das zu machen, müsste man schon Arzt sein und die verdienen nun wirklich genug. Die brauchen so ein Nebeneinkommen nicht. Aber gut, ich kann es Ihnen erklären. Wir, also das rote Kreuz verkauft das Blut, welches bei den Blutspenden gesammelt wird. Leider lässt die Spenderbereitschaft immer mehr nach. Gerade bei seltenen Blutgruppen ist es sehr bedauerlich und die Blutbanken haben große Probleme.“ „Das ist uns bekannt. Ich möchte Ihnen von einem Fall erzählen, den wir gerade bearbeiten. Mein Kollege hier wurde vor kurzem entführt und man hat bei ihm eine Blutabnahme vollzogen. Dabei wurde ihm mehr Blut abgenommen, als gesund war. Ein zweiter Kollege befindet sich noch in der Gewalt dieser Person. Wir wissen, dass diese Person mit dem Blut handelt und ich bin mir sicher, dass er einen Weg findet.“ Veronika wurde nachdenklich. „Sie haben doch sicher einen Verdächtigen oder? Einen Namen?“ Paul sah zu Kilian. „Natürlich gibt es Verdächtige, aber wir dürfen Ihnen aus ermittlungstechnischen und auch datenschutzrechtlichen Gründen den Namen nicht nennen.“ antwortete er. „Das ist richtig, nur wie soll ich Ihnen dann helfen. Wir kaufen nur sehr selten Blut dazu. Aber wenn es möglich ist, so an begehrte Blutgruppen zu kommen, dann sind die Händler mit Namen im Computer verzeichnet.“ Paul stutzte. „Sie sagten doch, dass Sie nur die Blutspenden verkaufen. Sie widersprechen sich da ein wenig!“ Veronika lächelte immer noch. „Herr Renner, ich möchte Ihnen gern helfen, aber das geht nur, wenn ich wenigstens einen Namen habe.“ gab sie freundlich von sich. „Dr. Karsten Stöcker!“ warf Kilian ein und erntete von Paul einen bösen Blick.

    Also das ist nun wirklich kein Schrott. Ein wenig verwirrend vielleicht, aber das passt ja dann zum Umfeld der Story. :D

    Oh man, Sturmi taucht auf, dann kann es ja nur gut werden. :D Auch wenn ich ihn in den Folgen überhaupt nicht ausstehen konnte. Irgendwie passt er in die Klapse. So, nun weiß Semir, wo er steckt, aber die Kerle sind natürlich nicht von gestern und wollen ihn nun wegbringen. Da bleibt die Hoffnung, dass Semir noch rechtzeitig kommt.

    Und was das Feeden angeht? Hey, man hat doch andere Dinge zu tun. Also nur keinen Stress. :D

    Paul und Kilian wurden unterdessen von Roman Steinberg in den Keller gebracht. Dieser bestand aus mehreren Gängen, die sehr verwinkelt waren. „Also das hier ist das Schmuckstück. Das gesamte Gelände ist unterkellert. Das heißt der Keller ist größer als das Erdgeschoss. Dies ist damals so gemacht worden, weil man eben sehr viel Lagerraum benötigte. Ich weiß zwar nicht, was Sie hier hoffen zu finden, aber sehen Sie sich ruhig um. Allerdings bitte ich Sie, nichts von den Geräten, die in den Regalen liegen anzufassen.“ mahnte er die beiden Polizisten. Paul und Kilian wechselten einen Blick und nickten beide. „Würden Sie mir einen der Räume einmal zeigen? Ich denke damit wäre ich schon zufrieden.“ bat Paul und Steinberg öffnete die nächste Tür. Dahinter lag ein leerer Kellerraum, der keine 2 m maß. „Wie hoch sind die Kellerräume?“ fragte Kilian nach. „Also da müsste ich in den Bauplan schauen, aber ich glaube, sie sind alle gleich hoch.“ war die Antwort. „Die Räume, die nicht unter dem Haus sind, können wir da auch hin?“ hakte Paul nun nach und wieder nickte Steinberg. „Es wird ein kleiner Spaziergang, aber das kriegen wir auch hin. Ich bin mir aber sicher, dass Sie auch dort nichts beanstanden oder finden werden.“ Sie gingen durch mehrere Gänge und kamen an einer Eisentür. „Hier ist die Trennung von den Räumen, die unter dem Gebäude sind. Wenn wir hier durchgehen, stehen wir quasi im Garten.“ lächelte Steinberg stolz und schloss die Tür auf. Tatsächlich ging es hier ebenerdig weiter und keiner der Räume, die die Polizisten besichtigten, entsprachen der Beschreibung von Kilian. Paul, wie auch Kilian waren leicht geknickt, denn sie hatten hier eindeutig feststellen können, dass Kilian in keinen dieser Räume festgehalten worden war. Nur wenig später saßen sie wieder bei Steinberg im Büro. „Hat Dr. Karsten Stöcker noch mehr Unterkünfte in Düsseldorf und Umgebung?“ Steinberg schüttelte den Kopf. „Nein, aber Sie könnten mir einmal erklären, warum Sie Dr. Stöcker so extrem belasten.“ schlug er vor. Paul erklärte es ihm und Steinberg fing laut an zu lachen. „Ich weiß nicht was daran witzig ist!“ knurrte Kilian. „Entschuldigen Sie, aber diese Verdächtigungen sind einfach lächerlich! Dr. Stöcker verkauft doch kein Blut! Das ist totaler Schwachsinn!“


    Semir lag auf der Liege und harrte der Dinge. Seit knappen zehn Minuten wurde ihm nun schon Blut abgezapft und es schien, als würde dieser Arzt es nicht aufhören wollen. Er fühlte sich müde und wollte schlafen, doch gleichzeitig fror er und hatte großen Durst. Er zitterte und spürte eine große Unruhe in sich. Dann endlich kam der Arzt. „So, das sollte fürs erste reichen. Du wirst jetzt in dein Zimmer gebracht und verhältst dich absolut ruhig, ist das klar?“ Semir nickte nur zögerlich. „Durst…bitte…mir ist kalt…“ sagte er mit kläglichem Ton. Dr. Stöcker nickte. „Wird alles gleich erledigt. Hey, stell dich nicht so an. Es war lediglich ein halber Liter! Das wird dich schon nicht umhauen.“ Er grinste breit und sah Semir höhnisch an. Nur wenig später zog er die Nadel raus und drückte einen Tupfer auf die kleine Wunde. Nach einigen Augenblicken wurde ihm ein Pflaster drauf gepackt, welches fest angezogen wurde. „So und die nächste Spende wird in der kommenden Woche fällig. Bis dahin solltest du dich einiger Maßen erholt haben.“ Semir schloss die Augen. Nur wenig später kamen wieder die Männer in den Raum und hoben ihn, nachdem sie ihn von den Gurten befreit hatten, hoch und brachten ihn in den Keller. Dort wurde er auf das Bett gelegt und schloss die Augen. Er fühlte sich unglaublich müde und schlapp. Wenn er jetzt einen Kampf gegen eine Fliege gemacht hätte, wäre die Fliege der eindeutige Gewinner gewesen. Er blieb daher einfach nur liegen und harrte der Dinge. Als er eine halbe Stunde allein war, öffnete sich die Tür erneut. Mario und Sandra traten ein. Sandra kam an sein Bett und hielt ihm eine Coke hin. „Trinken Sie! Das wird den Kreislauf wieder auf Trab bringen“ forderte sie ihn auf und Semir tat es. Die Cola war nicht kalt, doch es war egal. Hauptsache flüssig. Als er die 0,5 l Flasche geleert hatte, gab es noch einen Kaffee und etwas zu essen. Doch Semirs Zustand besserte sich nicht sofort. Mario und Sandra verließen den Raum wieder, doch diesmal ließen sie ihm drei der Flaschen mit der braunen Brause da und so konnte er sich bedienen, wann immer er wollte. Als er wieder allein war, zog er die Decke vom Bett und wickelte sich ein, doch wärmer wurde ihm nicht. Er zitterte immer stärker und wusste genau woher es kam. Der Blutverlust war zu groß und das war ja kein Wunder, er hatte in sehr kurzen Abständen große Blutabnahmen gehabt. Erst beim roten Kreuz und jetzt hier. Er legte sich hin und war in wenigen Augenblicken eingeschlafen.

    Paul weckte Kilian gegen sieben und sie frühstückten gemeinsam. Kilian sprach am Tisch kein Wort und auch auf der Fahrt zur PAST schwieg er eisern. „Wir werden um elf den Durchsuchungsbeschluss abholen und dann zu Medic-Pool fahren. Diesmal werden wir eine ganze Mannschaft mitnehmen und auch den gesperrten Bereich durchsuchen.“ erklärte Paul, doch auch jetzt schwieg sein Freund und sah nur aus dem Fenster. Paul nickte. „Du scheinst etwas wütend zu sein.“ stellte er fest. Kilian stieß verächtlich Luft aus. „Wie kommst du denn darauf? Ich fand es unglaublich bequem am Bett gefesselt zu sein! Verdammt nochmal! Ich war im Keller auch angebunden! An Armen und Beinen! Weißt du wie es ist, wenn man sich nicht bewegen kann? Weißt du wie hilflos man sich fühlt? Man ist allem ausgeliefert! Was wäre gewesen, wenn Feuer ausgebrochen wäre? Ich hätte sterben können, weil du mich wie einen räudigen Hund angekettet hast!“ brüllte Kilian. Paul sah ihn kurz an. „Was soll das denn heißen? Wenn du dich nicht so benommen hättest, dann wäre es gar nicht erst soweit gekommen. Und welchen Keller meinst du?“ hakte er nach. Kilian erwiderte seinen Blick. „In dem Keller, wo dieser Scheißkerl mir das Blut abgenommen hat, welchen Keller denn sonst?“ gab er etwas gleichgültig zurück und sah wieder aus dem Fenster. „Das heißt, du weißt wo du warst? Du hast dich daran erinnert und sagst es mir nicht?“ Wieder wandte Kilian den Kopf zu Paul. „Was soll das denn heißen? Es war ein Keller ja, aber ich weiß nicht wo. Aber ich erinnere mich, dass der Raum extrem hoch war für einen Keller.“ stellte er fest. „Hoch? Wie meinst du das?“ fragte Paul nun nach. „Der Raum, also dieser Keller wo ich war, der war bestimmt 2,5 m hoch. Das ist nicht typisch für einen Keller.“ erinnerte sich Kilian. „Okay, das war sehr gut. Jetzt müssten wir nur überprüfen, ob die Keller bei Medic Pool so hoch sind! Wir fahren sofort hin!“ Paul wendete und legte eine saubere 180iger hin. Kilian hielt sich erschrocken am Haltegriff fest. „Was ist mit dem Durchsuchungsbeschluss?“ Paul sah ihn an. „Scheiß drauf! Wenn dieser Steinberg wirklich kein Dreck am Stecken hat, dann wird er uns in den Keller lassen.“ Nur wenig später kamen sie in der Firma an und gingen ohne sich anzumelden zu Roman Steinberg, der erschrocken aufsah, als Paul die Tür aufriss und rein stürmte. „Was soll das denn werden?“ fauchte er und griff zum Telefon. „Einen Augenblick! Bevor Sie jetzt die Sicherheitsleute rufen, hören Sie mich kurz an. Es geht um Leben und Tod!“ stieß Paul aus. Tatsächlich zog Steinberg seine Hand zurück. Nur wenig später wurde er von Paul über das Anliegen informiert. „Sie wissen schon, was Sie da sagen oder? Das sind absolut haltlose Anschuldigungen gegen Herr Dr. Karsten Stöcker!“ protestierte er. Paul nickte. „Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann können Sie uns ja in den Keller bringen. Wir werden nichts berühren. Wir wollen einfach nur die Räume sehen.“ Nach einer kurzen Bedenkzeit stimmte Steinberg zu.


    Mario ging auf Semir zu, der sich in eine Ecke drückte. „Denkst du, dass du gewinnen kannst? Du zögerst es doch nur raus! Lass es und komm!“ forderte er den Hauptkommissar auf. „Wenn ihr fertig seid, bringt ihn direkt rüber!“ warf Stöcker ein und nun griffen auch die beiden Männer ein. Sie packten Semir jeweils an einem Arm und zerrten ihn aus der Ecke. Semir wehrte sich gegen den Griff und stemmte sich mit den Füßen gegen den Boden, als sie ihn vorwärts zerrten. „Lasst mich los!“ schrie er und versuchte nun durch Tritte sich aus dem Griff zu befreien, doch die Männer wichen geschickt aus und zerrten ihn weiter. „Er ist ganz schön störrisch!“ lachte einer der Männer, doch Karsten Stöcker sah ihn nur an. „Ja, aber nicht mehr lange, glaub mir. Sobald er einmal angezapft wurde, wird er friedlich sein, wie ein Lamm.“ Er ging voraus und als sie im Raum waren, wies er auf die kleine Liege. „Rauf mit ihm!“ forderte er. Die Männer hoben Semir hoch und zwangen ihn auf die Liege. Wieder bäumte dieser sich auf und ließ sich nur schwer bändigen, doch irgendwann lag er und wurde von den Männern an den Gelenken gehalten. Einer der Männer hielten seine Arme und der andere die Beine fest. Mario packte seine rechte Hand. Er legte sie auf die Armstütze, die den Arm gestreckt hielt und band sie am Handgelenk fest. Nun trat auch Stöcker an die Liege und sah ihn grinsend an. Semir atmete heftig ein und aus. Er hielt dem Blick des Arztes stand. „Sie werden damit nicht durchkommen!“ Karsten Stöcker lachte leise. „Oh, das sehe ich anders. Sehen Sie, ich bin in der Branche sehr hoch gelobt. Ich verschaffe den Krankenhäusern seltene Blutgruppen. Ich bin ein Samariter, wenn Sie wollen. Sie sind in der glücklichen Lage, Menschen zu retten. Mit ein bisschen Blut, welches Sie immer produzieren. Wissen Sie, was das Problem ist. Manche Menschen haben seltene Blutgruppen, aber sie trennen sich nur sehr ungern von dem Lebenssaft. Die Menschen wissen, dass die Blutbanken Engpässe gerade bei den seltenen Blutgruppen haben, aber es interessiert sie nicht. Sie sagen sich, solange ich nicht in einem Unfall verwickelt bin, brauche ich kein Blut spenden. Aber wenn sie dann in einer solchen Lage sind, dann sind sie am Jammern, dass man ihnen nicht hilft. Das ist doch wirklich ungerecht, oder?“ erklärte der Arzt sachlich. „Und Sie glauben wirklich, dass Sie mit Ihrer verbrecherischen Art an Blutkonserven zu kommen, das ändern?“ Semir versuchte erneut die Beine zu lösen, doch der Mann hielt ihn eisern fest. Der Arzt drehte sich um und der Polizist sah, dass er ein Band zum Abbinden in die Hand nahm. Die Zeit wurde verdammt eng. Nur Sekunden danach, spürte er das Band, welches sich fest um seinen Oberarm schlug. Wieder versuchte er sich zu befreien. Und gerade als der Arzt versuchte, ihm die Nadel in den Arm zu stechen, schaffte er es, sein linkes Bein frei zu bekommen. Er riss es hoch und trat den Arzt gegen den Kopf. Karsten Stöcker ließ die Spritze fallen und ging zu Boden. Doch genauso schnell wie Semir sein Bein befreit hatte, war es auch wieder von dem Mann festgehalten. Dennoch spürte Semir Genugtuung, denn als Stöcker sich wieder an ihm wandte, sah er, dass die Nase blutete. „Du verdammter Bastard!“ fauchte Karsten Stöcker und schlug Semir die Faust ins Gesicht. Semirs Kopf flog auf die Seite und für einen Augenblick sah er Sterne. „Das hat dir gar nichts eingebracht! Und jetzt ganz locker lassen!“ hörte er Stöckers Stimme wie durch Watte, dennoch spannte er die Muskeln so an, dass es unmöglich war, die Nadel zu versenken. Die Hoffnung jedoch, dass der verbrecherische Arzt sein Vorhaben aufgab, war nur Wunschdenken. Er winkte Mario ran, der sofort die Hand um Semirs Hals legte und erbarmungslos zudrückte. Semir bäumte sich auf und fing an zu röcheln. Die Augen traten aus den Augenhöhlen hervor und er wandte sich. „Locker die Muskeln oder er bringt dich um!“ warnte Stöcker ihn. Semir spürte wie die Luft immer knapper wurde und er in die Bewusstlosigkeit abzudriften drohte. Er löste seine Anspannung und Mario lockerte den Griff am Hals. Gierig zog er Luft ein und spürte im gleichen Augenblick, wie die Nadel in seine Haut drang.

    Liebe Nicci,

    Die Erklärungen werden noch kommen. Am besten verfolgst du einfach meine Story und lässt dich überraschen. Und es ist ja von Jenny überprüft worden. Angeblich ist Stöcker in Neuseeland, denn er ist abgeflogen. Aber schon sehr bald wird Paul die heiße Spur haben. :D