Beiträge von Elvira

    „Los mach nicht schlapp!“, fauchte Karsten der das Dach des Turms erreicht hatte. Er stieß Semir gegen die Burgmauer. Das Seil aus seinem Mund löste sich. Vorsichtig leckte er sich über die durch das Seil in Mitleidenschaft gezogenen Mundwinkel und schmeckte Blut. „Rauf da! Dein Fahrstuhl kommt.“, lachte Karsten. „Sie sollten…sich überlegen, ob Sie es wirklich machen. Meine Kollegen werden bereits in der Nähe sein und…“, der Rest ging in ein Stöhnen über. Karsten hatte mit der Faust zugeschlagen. Vor Schmerzen windend lag Semir am Boden. „Los und laber nicht soviel!“, stieß er aus. Er zerrte Semir hoch und sah ihn fest in die Augen. „Ich bin ein Gewinner und ich werde immer gewinnen. Wenn du jetzt nicht sofort auf die Mauer gehst, werde ich dich eigenhändig über die Mauer werfen…“, drohte er. Semir sah ihn an. Er nahm dem Mann alles ab. Seine Drohungen würde er ohne mit der Wimper zu zucken wahr machen. Langsam stieg Semir auf die Mauer und sah in die Schwärze unter ihn. Es ging sicher 15 oder 20 Meter runter. Doch dann sah Semir etwas, das ihn erleichterte...das war die Chance….wenn er das schaffte, würde er sich aus den Fängen von Karsten befreien können. Sicher war Ben schon auf dem Weg hier her. „Na los! Verdammt ich hab nicht den ganzen Abend Zeit!“, fauchte Karsten. Semir stellte sich auf. „Und nun, sag Lebewohl.“, grinste Karsten. Er stellte sich hinter Semir und gab ihm einen Stoß. Semir schrie vor Schreck auf und verlor den Boden unter den Füßen. „NEIN!!! SEMIR!!“, hörte er im Fall.

    „NEIN!! SEMIR!!“, schrie Ben, als er das Dach erreicht hatte und sah, wie Karsten Semir vom Turm stieß. Er legte an und schoß den Gegner Kampfunfähig. Dann rannte er zur Mauer und sah hinunter. Von Semir war nichts zu sehen. Er war zu spät gekommen…zu spät… Langsam ließ er sich an der Mauer entlang auf den Boden senken. Was sollte er nun Andrea sagen? Wie sollte er ihr erklären, dass er zu spät gekommen war… seinen Partner nicht retten konnte? Wie sollte er Ayda und Layla in die Augen sehen können und dabei wissen, dass er ihren Vater in den Tod getrieben hatte? Ein Stöhnen riss ihn in die Wirklichkeit. Er sah wie Karsten versuchte sich humpelnd aus seiner Reichweite bringen wollte. Ben stand langsam auf und sah dem vergeblichen Treiben des Verbrechers zu. „Willst du noch eine Kugel? Ich kann dir das Knie zerschießen und dann bist du immer noch besser dran, als mein Partner. Du kannst nämlich dein verdammtes unnützes Leben hinter Gitter fortsetzen…aber die Kinder und die Frau meines Partners werden es mir immer übel nehmen….und das macht mich sauer...und wenn ich sauer bin, dann werde ich verdammt unangenehm.“, stieß er aus. Er stellte sich vor Karsten und sah ihn ins Gesicht. Die Wut die in ihm aufgestaut war, entlud sich mit einem Faustschlag in das Gesicht des Mannes. Karsten flog zurück und schlug schwer auf dem Boden auf. Ben griff in das T-Shirt und riss den Mann hoch. „Willst du auch das Fliegen lernen? Ich kann behaupten, dass du einfach die Mauer übersehen hast und gestolpert bist….“, drohte er ihm. „Nein…nein…ich..ich will nicht…sterben..das…das dürfen sie nicht….das ist Mord.“, stieß Karsten aus. „Mord? Na und? Mord an einem Mörder? Siehst du hier irgendwelche Zeugen die das bestätigten können? Ich nicht….“, stieß Ben aus. Er schien den Hang zur Wirklichkeit zu verlieren und drängte Karsten immer weiter gegen die Mauer.

    Dieter und Hotte hörten den Schrei und liefen sofort zum Turm hin. „Oh verdammt...schnell, such eine Leiter...“, stieß Dieter aus, als er sah, was sich da in den Baunetzen verfangen hatte, die rings um den Turm angebracht waren. Sofort rannte der dickliche Polizist in einen der Schuppen rein und kam mit einer großen Holzleiter wieder. Sofort wurde sie gegen das Netz gelegt und Dieter erklomm das wackelige Teil. „Semir...Hey Semir, alles in Ordnung mit dir?“, wollte er wissen und tätschelte die Wangen des bewusstlosen Hauptkommissars. Doch keinerlei Reaktionen. Vorsichtig nahm Dieter den leblosen Körper über seine Schulter und stieg die Leiter hinab. Unten angekommen nahm Hotte seinen Kollegen Semir ab und legte ihn vorsichtig auf den Steinboden. „Junge, komm schon...wach auf...“, forderte auch dieser. „Ich hole mal Wasser...“ Dieter ging zum alten Ziehbrunnen, ließ den Eimer hinab und füllte ihn mit dem kühlen Nass. Mit kraftvollen Bewegungen zog er den vollen Eimer wieder nach oben. Schnell löste er ihn von der Kette und ging zurück zu Semir. „Hotte...weg da...“, meinte er nur und leerte dann das ganze Ding mit einem Schwall auf Semirs Gesicht aus. Dieser prustete sofort los und richtete sich erschrocken auf. „Ganz ruhig Semir...wir sind hier...“, stieß Hotte aus und löste die übrigen Fesseln vom Körper seines Kollegen. Nickend dankte ihm Semir. Sagen konnte er nichts. Er war nur heilfroh, dass er lebte. „Wo...“, versuchte er und sah dann in die Richtung von Dieter. „Wo ist...“ „Ben?“, beendete Dieter Semirs Satz. Dieser nickte nur. „Er ist noch oben auf den Turm und verhaftet diesen Karsten.“, erklärte Dieter nur. Semir nickte.

    „Nein, bitte nicht...“, stieß Karsten immer wieder aus, als sie sich an der Brüstung befanden. Ben stieß ihn weiter dagegen. „Du hast meinen Partner eiskalt da hinunter gestoßen. Warum sollte ich mit dir Mitleid haben? Glaub mir, danach fühlen wir uns beide sehr viel besser.“, fauchte der junge Hauptkommissar und lehnte Karsten schon über die Brüstung, fasste nach seinem Bein und wollte ihn über die Zinnen hebeln, als er plötzlich jemanden rufen hörte. „Hey Ben...wir haben Semir...er lebt...er lebt...hast du gehört...“, schrie Dieter von unten den Turm hinauf. In Bens Kopf hallten die Worte immer wieder...Semir lebt...Semir lebt. Er sah nach unten und erblickte wirklich seinen Partner, der sich an Hotte abstützte und ihm leicht entgegenwinkte. Zögerlich erwiderte Ben diese Geste. Ben sah, warum Semir nicht tot war. Diese dicken Baunetze schienen ihn aufgefangen zu haben. Der junge Hauptkommissar sah Karsten an und fing an zu grinsen. „Das ist heute dein Glückstag...Und weißt du was, du wirst jetzt auf den schnellsten Wege nach unten kommen.“, meinte Ben und hebelte Karsten dann über die Mauer. „AAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHH...“, hörte er nur, bevor er selbst über die Brüstung sprang. Seine Jacke flatterte im Wind und die Haare nahmen torpedoförmige Ausmaße an. Plötzlich wurde er weich aufgefangen und wippte noch einige Male auf und ab, bevor er dann sah, dass auch Karsten weich in den Netzen gelandet war. Das Gesicht des Jungen war kreidebleich und wurde langsam grün. „So, das war dafür, dass du meinen Kollegen runtergeschmissen hast.“, knurrte Ben nur und ließ ihn dann von Dieter über die Leiter hinunter tragen. Danach stieg Ben selbst hinunter und ging sofort auf Semir zu.

    Hartmut öffnete seinen Koffer und fing an die Möbel von Ben zu bestäuben. „Hey…pass auf! Das ist echtes Leder.“ maulte dieser als etwas von dem Pulver auf die Couch kam. „Ja doch..ist nichts Schädliches. Fällt nicht einmal auf.“ grinste Hartmut. Auch Semir musste sich ein Lachen verkneifen. „Seit wann bist du denn so empfindlich? Wie viel Geld ist eigentlich in der Brieftasche gewesen?“ wollte er wissen. Ben zog die Schultern hoch. „Keine Ahnung…2000 oder so. Du kennst mich doch. Ich meine…was ist schon Geld? Ich habe immer eine kleine Summe dabei. Aber die Gitarre….sie ist unglaublich wertvoll für mich.“ stöhnte Ben leise. Semir schüttelte den Kopf. „Eine kleine Summe? 2000 Euro sind ne kleine Summe?“ kam empört von ihm. „Na sicher…für mich schon. Das ist Peanuts und zu ersetzten. Die Gitarre besitzt für mich einen ideellen Wert. Ich habe darauf meinen ersten Song komponiert…“ beklagte Ben sich. Er ließ sich in den Sessel sinken und hielt sich die Hände vors Gesicht. „Das glaubt mir keiner. Ausgerechnet ich werde beklaut..“ söhnte er. Semir und Hartmut grinsten sich an. „Das ist echt nett, dass ihr euch so über mein Missgeschick amüsiert. Verdammt auf der Gitarre habe ich meinen ersten Song gespielt. Das war was ganz besonderes… mir ist das Geld egal, die Gitarre…!“ stöhnte Ben. „Du….wenn die Tür nicht offen gewesen wäre, dann lägen sie noch da...“ gab Semir zu verstehen. „Ich hoffe du bist versichert…“ hängte er schnell ran. „Ja sicher…aber die ersetzen nur den finanziellen Schaden. Aber eins sag ich dir...den Kerl bekomme ich...“ knurrte Ben wütend. „Du musst zumindest eine kleinere Person suchen...“ riet Hartmut. Ben sah zu Semir. „Wie meinst du das denn?“ harkte er nach ohne den Blick von seinem Partner zu nehmen. „Die Fingerabdrücke gehören einem Kind. Das sieht man an dem Stempel….wenn du dich mal zum Laptop bewegst, kann ich es dir zeigen.“ schlug Hartmut vor. Semir und Ben gingen hin. „Hier….diese Lamellen sind nicht vollständig ausgewachsen. Dein Einbrecher war ein Kind. Das Alter ist schwer festzulegen. Ich hab übrigens kürzlich erst über eine neue Einbruchsalarmanlage gehört. Die soll sofort Anschlagen wenn sich jemand der Tür nähert.“ meinte Hartmut weiter. „Ja sicher…und jedes Mal wenn der Briefträger kommt oder die Putzfrau dann fängt das Ding an zu jaulen. Nee danke…“ lehnte Ben ab. Hartmut zuckte mit den Schultern und machte mit seiner Arbeit weiter. Doch brauchbare Spuren oder sogar Hinweise zum Täter gab es nicht.

    Niklas wachte gegen Mittag auf und verspürte zunächst großen Hunger. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es für ein Frühstück eigentlich schon zu spät war. Also kochte er, was er mit Hilfe eines Kochbuches sehr gut hinbekam, auch wenn zwischendurch mal zu viel Salz oder auch zu wenig die Kochversuche misslingen ließ. Er nahm ein Stück Fleisch aus dem Kühlschrank und suchte sich die Zutaten für ein Paprika-Sahne-Schnitzel heraus. Dazu wollte er leckeren Basmatireis kochen. Nach gut einer Stunde stand das Essen auf dem Tisch und Niklas machte sich über die Köstlichkeiten her. Zu Trinken zog er frisch gepressten Orangensaft der Cola vor. Als er fertig war räumte er alles ordentlich weg und überlegte sich was er tun sollte. Die Drogen…er musste sie aus der Hütte schaffen. Solch ein Zeug war schuld daran, dass sein Leben nicht so lief wie es eigentlich laufen sollte. Er musste dieses Zeug einfach wegschaffen. Aber zur Polizei konnte er es nicht bringen. Die würden ihn sofort verhaften und sicher in ein Heim stecken oder noch schlimmer ins Gefängnis. Nein…er musste es verstecken. Auf der kleinen Insel wo die Enten und Schwäne am Fühlinger See ihre Eier ablegten war das Zeug sicher gut geschützt. Ja…genau dahin wollte er es bringen. Und das Geld….? Er könnte damit einiges kaufen. Aber wer weiß wie lange er noch braucht einen Grabstein für Sonja zu kaufen. Sie sollte ein schönes Grab haben. Das schönste auf dem Friedhof. Und genau dafür wollte er das Geld verwenden. Mit dem was er gestern bei diesem dummen Typen geklaut hatte waren es fast viertausend Euro. Damit konnte man schon einiges anstellen. Er holte alles aus dem Loch heraus und packte es in eine Tragetasche. Auch das Geld verschwand in dem Beutel. Als er dann noch das Geld aus dem Diebstahl aus seinem Geldbeutel zog, fiel das Bild von Sonja heraus. Sie sah ihn strafend an, so kam es ihm jedenfalls vor. Niklas sah sie an. „Sonja…ich … ich kann es dir erklären. Ich…es war das letzte Mal…ich schwöre. Ich werde es nie wieder tun. Bitte…sei mir nicht böse, aber es ist so verdammt schwer mit 14 Jahren das Leben zu meistern. Aber ich werde es wirklich nie wieder tun. Nie wieder etwas Ungesetzliches. Und damit du siehst, dass ich es ernst meine werde ich dieses Zeug hier…siehst du es…das sind Drogen. Ich glaube Koks oder Heroin. Ich werde es verstecken. Dort wo es keinen Schaden anrichtet und das Geld auch. Verzeih mir bitte….“ flehte er regelrecht. Dann hob er das Bild auf und küsste es. „Ich tue es nie wieder!“ wiederholte er und steckte das Bild ein.

    Ben stöhnte leise auf als er zum Telefon griff. Er musste Semir informieren und der würde sich garantiert totlachen, soviel war ihm klar. „Gerkan…“ hörte er Andrea sagen. „Andrea…Ben hier. Kann ich Semir mal haben?“ bat er die Frau seines Partners. „Ja sicher…einen Augenblick…“ kam von ihr und nur wenig später hörte er die müde Stimme seines Freundes. „Ben...was gibt es?“ wollte Semir wissen. „Semir….ich wurde bestohlen. Meine Gitarre ist weg.“ gab Ben nun durch. „Was?“ schrie Semir ins Telefon. Ben hielt sich den Hörer vom Ohr und verzog das Gesicht. „Ist die Tür aufgebrochen? Hat der Täter dich niedergeschlagen? Bist du verletzt?“ harkte Semir besorgt nach. „Nein…nein. Mit mir ist alles in Ordnung. Die Wohnung auch. Ich habe als ich gekommen bin die Terrassentür geöffnet und als ich unter der Dusche stand hat das wohl ein Einbrecher ausgenutzt.“ erklärte Ben sachlich. „Du hast was? Ben…du wohnst im Erdgeschoss! Da…“ fing Semir seine Belehrung an. „Ja danke, das weiß ich. Ich weiß auch dass es dumm war! Aber es ist passiert. Komm bitte her und bring Hartmut mit. Und Semir! Keinen Ton zu den Kollegen!“ warnte Ben. „Wir sind gleich bei dir…“ gab Semir gepresst zurück. Ben wusste genau, dass er insgeheim über die Dummheit von ihm lachte. Ben legte auf und sah sich noch einmal um. Wie konnte er nur so dumm sein, und sich bestehlen lassen. Er war doch nur wenige Minuten im Bad und hätte es hören müssen. Er war doch Polizist. Niemand würde freiwillig in die Wohnung eines Polizisten steigen. Doch andersrum…woher sollte der Einbrecher wissen, dass er Polizist war? Es stand nicht an der Wand oder an der Klingel. „Das wird ein gefundenes Fressen für die Kollegen sein. Er Ben Jäger, Kriminalhauptkommissar der Kripo Autobahn lässt sich während des Duschens beklauen. Na bravo...spätestens Morgen wusste es die ganze PAST und er war das Gespött der Kollegen. Doch nun konnte er nichts mehr tun. Er musste warten bis die Spurensicherung kam und alles gesichert hatte.

    Hartmut war gerade im Begriff Feierabend zu machen als sein Handy klingelte. „Och nee…ich will nicht mehr.“ stöhnte der Techniker und meldete sich. „Wer stört mich jetzt?“ fragte er genervt. „Semir hier. Ich brauche dich bei Ben. Bei ihm wurde eingebrochen.“ erklärte der Deutschtürke. „Whow…und hat der Einbrecher reiche Beute gemacht?“ harkte Hartmut nach. „Keine Ahnung. Er hat mir nur gesagt, dass eingebrochen wurde. Komm bitte mit deinem Wunderkoffer zu mir und wir fahren dann zusammen hin.“ schlug Semir vor. „Warum holst du mich nicht ab?“ wunderte Hartmut sich. „Mhhhhhh….geht auch. Okay ich hole dich gleich ab. Aber bitte sei fertig ich habe keine Lust ewig zu warten.“ stimmte Semir zu. „Klar ich heiße ja nicht Ben.“ lachte Hartmut. Er beendete das Gespräch und packte seinen Koffer zusammen. Nur wenig später hupte es vor der Tür. Hartmut stieg zu Semir in den BMW. „Wann wurde denn eingebrochen? Als er im Dienst war?“ harkte er bei Semir nach. „Nein…als er unter der Dusche stand. Der Gute hatte die Terrassentür aufgelassen und das hat ein Einbrecher genutzt.“ grinste Semir. „Bitte was? Das ist nicht dein Ernst oder? Wie kann er das denn machen?“ lachte Hartmut. „Tja…während er die Dusche genoss, genoss der Einbrecher seine Dummheit.“ Kam von Semir. „Das glaube ich nicht. Wie blöd muss man sein um die Tür aufzulassen.“ stöhnte Hartmut. „Frag das Ben…“ schlug Semir vor. Sie hatten das Ziel erreicht. Semir und Hartmut stiegen aus und Semir klingelte. Der Türsummer ertönte. „Hallo…das eine sag ich dir...wenn ich den erwische..“ begrüßte Ben die Kollegen. „Beruhige dich erst mal. Was ist denn geklaut worden?“ harkte Semir nach. „Meine Gitarre! Meine schwarze Gitarre! Sie ist weg!“ klagte Ben. Semir sah ihn etwas verstört an. „die Gitarre...okay. Und was noch?“ wollte er wissen. „…Geld. Aber die Gitarre…Semir das war mein bestes Stück!“ stöhnte Ben völlig fertig. Semir schüttelte den Kopf. „Ben...dein bestes Stück hängt hoffentlich noch an deinem Körper…“ versuchte er zu scherzen. „Ha ha…sehr witzig...“ knurrte Ben nur. „Also…ich werde jetzt mal die Fingerabdrücke nehmen. Vielleicht solltest du beim nächsten Man einfach keine Türen auflassen.“ Schlug Hartmut vor. Ben sah ihn wütend an und dann zu Semir. „Du hast es schon weiter erzählt?“ fauchte er ihn an. Semir zog die Schultern hoch. „Ich musste ihm doch erklären warum er zu dir kommen soll.“ grinste sein Partner nur. Ben schluckte. „Ja…entschuldige. Aber ich bin so fertig. Meine Gitarre war das Beste was ich hatte. Perfekt gestimmt….einen tollen Sound….einfach nur klasse. Sie war einzigartig.“ erzählte er. Semir nickte. Er wusste ja dass Ben anders war als andere. Die normalen Menschen die einen Einbruch in der Wohnung entdeckten waren traurig über das Geld was entwendet wurde oder über Schmuck. Für Ben zählten hier andere Dinge.

    Karsten sah in den Rückspiegel, doch er schien keine Verfolger zu haben. Schnell fuhr er von der Autobahn runter in ein kleines Waldstück und zog Semir nach vorne. Dieser sah nun seine Chance für einen Fluchtversuch gekommen. „Los, aufstehen...“, knurrte sein Entführer nur. Langsam tat Semir, was er wollte. Die Kette war gelöst und er hatte somit etwas Spielraum. Karsten stand nun direkt vor ihm. Blitzschnell rammte Semir seinen Kopf in die Magengrube seines Peinigers. Dieser ging keuchend zu Boden und versuchte wieder aufzustehen. Doch Semir schlug nur mit der Fußspitze zu und sah, wie Karsten bewusstlos niedergestreckt wurde. Jetzt hieß es, weg von hier und diese Kette loswerden. Er musste zur Straße kommen. Die Kette rasselte hinter ihm her und verfing sich in manchem Ast. Semir röchelte und fiel nach hinten. „Blöde Kette...“, fauchte er nur und löste sie wieder. Die Fesseln saßen immer noch an seinen Handgelenken. So schnell er konnte lief er weiter. Doch er wusste, dass die Zeit knapp bemessen war. Vielleicht war Karsten schon wieder hinter ihm her. Durch die Schwäche war sein Schlag wahrscheinlich nicht hart genug. Wenn er diesen Wahnsinnigen wieder in die Hände fiel, dann war er tot, das wusste er. Diese Sorte von Irren kannte er genau. Sicherlich war dieser nicht unterzukriegen. Da...da war die Straße. Nur noch wenige Meter und er hatte es geschafft.

    Ben kam aus der Toilette und rieb sich den Nacken. Man, dieser kleine Mistkerl...warum musste da auch ein Spiegel sein, dachte er nur und rannte nach draußen. Er sah den Wagen nicht mehr. Klasse...dachte er. Die Chance, Semir zu befreien, war verpasst. „Ben, wir haben hier was für dich.“, meinte Dieter nur und sofort sah Ben zur Seite. Im Wagen saß Mirko und wurde von Hotte und Siggi bewacht. „Ihr...ihr habt ihn? Sehr gut...sofort zur PASt und in den Verhörraum.“, stieß er nur aus. Dieter nickte nur und fuhr dann zurück zur PASt. Ben blieb noch vor Ort, sah sich die Überwachungsbänder an. Verdammt, wo wollte dieser Kerl nur hin? Ben schüttelte nur mit dem Kopf, denn deutlich war die Eisenkette um Semirs Hals erkennbar. „Verdammt.“, fluchte er nur und fuhr dann zurück zur PASt. Mirko war schon im Verhörraum und sah auf, als Ben die Tür hinter sich schloss. „Ich hoffe, sie haben ihren Kollegen gefunden.“, gab er höhnisch wieder. Ben preschte auf ihn zu und packte ihn am Kragen. „Sagen sie mir lieber, wo mein Kollege ist, oder ich drehe ihnen eigenhändig den Hals um.“, fauchte Ben nur und stieß den Mann dermaßen kräftig zurück, dass Mirko mitsamt dem Stuhl nach hinten über fiel. Erschrocken sah er auf Ben, doch dieser kam nur auf ihn zu, zog ihn wieder hoch und stieß ihn auf den Stuhl zurück. „So, und ich will jetzt eine Antwort auf meine Frage...wo will er hin?“, fauchte Ben nur. „Er...er wollte an einen anderen Grenzübergang...er wollte Deutschland verlassen. Mehr weiß ich nicht...“, stieß Mirko erschrocken aus. Dieser Bulle war in seiner Wut zu allem fähig. „Das ist alles? Willst du mich verarschen? Du weißt mehr...los, mach das Maul auf...“, schrie Ben wütend und warf Mirko gegen die Trennscheibe. „Ben...beruhigen sie sich...“, stieß Kim aus, die in den Raum gestürmt kam. „Er weiß was und ich will wissen, was...“, fauchte er nur, ließ aber Mirko eine Minute los. Kim löste den Griff und schickte den jungen Hauptkommissar dann nach draußen. Dann packte sie Mirko zurück auf den Stuhl und setzte sich ihm gegenüber. „Los, erzählen sie schon...oder soll ich ihn wieder rein holen?“

    Karsten kam langsam wieder zu sich und sah sich um. „Scheiß Bulle...“, schrie er und rannte los. Doch das war nicht so einfach...immerhin gab es hier...nein, der Bulle wollte sicherlich zur Straße. Und da er etwas gehandicapt war, würde er doch nicht weit kommen, dachte sich Karsten und lief los. Tatsächlich erblickte er an der Straße eine Gestalt, dessen Umrisse eindeutig zu Gerkhan passten. Diesen Fluchtversuch würde er ihm heimzahlen. Hier ganz in der Nähe war doch eine Burg. Da würde er ihn hinbringen und dann vom höchsten Turm stürzen. Ja, das war eine gute Idee. Langsam schlich Karsten auf die Gestalt zu. Er musste leicht lachen, denn Gerkhan versuchte seine gefesselten Hände nach vorn zu bekommen und hatte sich ins Gras gesetzt. Karsten sah dem Spiel nur kurz zu und stürmte dann auf Gerkhan los. Bevor dieser wieder auf den Beinen war, sprang Karsten ihn an. „Aua….“, schrie Gerkhan als Karsten ihm sein Knie in den Rücken drückte. „Hast du echt gedacht, dass du so einfach abhauen kannst, was?“, fauchte Karsten. Er griff die Kette und zerrte die Arme nach oben. „Und nun versuch noch einmal zu entkommen… na los! Tu was…“, forderte er seinen Feind auf.

    Semir stöhnte leise. Das Knie drückte auf seine Wirbelsäule und ließ ihn keine Chance. „Was ist….willst du nicht abhauen….was?“, fauchte Karsten und drückte seine Arme hoch. Semir stöhnte gepresst. Er würde vor diesem Kerl sicher nicht schreien. „Und nun werden wir fein aufstehen und ganz brav mitkommen, ist das klar?“, fauchte Karsten in sein Ohr. Semir nickte leicht. „Sehr gut…keinen Ton…egal, wer uns entgegenkommt. Wir werden nun zum Wagen gehen und wieder einsteigen. Du wirst friedlich neben mir sitzen, sonst….werde ich dir die Kette so eng um den Hals legen, dass du dir wünscht nie geboren worden zu sein…und nun hoch mir dir!“, fauchte Karsten weiter. Semir spürte die Entlastung, als das Knie verschwand, doch dafür wurde er an der Kette die seine Hände fesselten hochgezogen. Nun schrie er auf. Er hatte das Gefühl, das seine Arme ausgekugelt wurden. „Los mach schon!“, fauchte Karsten. Semir blieb nichts anderes übrig als dem Zug zu folgen. Mühsam kam er auf die Beine. Karsten wickelte ihn die Kette um seinen Hals und zog zu. Er sah Semir in die Augen. „Und nun werden wir gemeinsam gehen….und dann bekommst du für den Fluchtversuch die Strafe…“, drohte er. Unvermittelt ließ Karsten los und stieß Semir davon. Mit Mühe konnte er sich auf den Beinen halten. Er stolperte vorwärts. Karsten hielt ihn kurz, damit er nicht noch einmal etwas unternehmen konnte. Sie gingen zum Wagen zurück und Karsten stieß ihn auf den Beifahrersitz. „So…und nun…werden wir dich mal etwas festbinden…nur keine Sorge...jeder, der uns sieht, wird nichts merken…aber du wirst es merken...glaube mir…du wirst…“, lachte Karsten. „Wo wollen Sie denn hin? Geben Sie auf…“, versuchte Semir. „Ich bin ein Gewinner…ich verliere nie…ist das klar?“, fauchte Karsten und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Semir spürte wie die Nase blutete und die Lippe aufplatzte. „Du hältst jetzt besser den Rand…sonst werde ich ungemütlich.“, drohte Karsten. Er band Semir mit Hilfe des Abschleppseils am Sitz fest und stieg dann selbst ein. Die Fahrt zur Burg konnte losgehen.

    Ben stöhnte auf und sah seinen Partner an. „Der Typ sagt nichts aus. Vermutlich hat er selbst eine große Angst vor Bachmeyer. Der Kerl räumt jeden aus dem Weg, der ihm gefährlich werden könnte. Warum machen wir nicht Feierabend und morgen weiter? Heute wird eh nichts mehr passieren und die Berichte sind auch fertig.“ schlug er vor. Semir sah auf die Uhr Kurz vor fünf. „Ja…Der Anwalt ist auch nicht da und wird heute sicher auch nicht mehr kommen. Gut….Andrea und die Mädchen freuen sich bestimmt wenn ich heim komme. Die Letzten Tage waren mehr als anstrengend. Gut…soll ich dich nach Hause fahren?“ bot er Ben an. „Ja…das ist gut. Der Dienstwagen kann hier stehen ist eh zur Inspektion dran.“ nickte Ben. Sie packten ihre Sachen ein und fuhren getrennt nach Hause. Ben schloss die Tür auf und betrat seine Wohnung. Es war stickig und so öffnete er zunächst die Terrasse und ging dann duschen. Er duschte sehr ausgiebig und hörte nicht wie sich jemand im Wohnzimmer zu schaffen machte. Nach einer guten halben Stunde war es auch genug für ihn. Er rubbelte sich rocken und betrat nur mit einem Handtuch um die Hüften das Wohnzimmer. Dann schloss er zunächst die Terrassentür und machte den Fernseher an. Auch eine Sache die wie automatisch ablief, dachte er nur. Er zog sich seine Trainingshose an und ließ sich auf die Couch fallen. „Ach ja…“ stöhnte er entspannt. Doch dann meldete sich sein Magen. Es war wieder mal Zeit zum essen. Ben ging in die Küche und machte sich ausnahmsweise ein paar Butterbrote und einen schwarzen Tee. So bewaffnet ging es zurück zur Couch. Gestärkt griff er hinter die Couch um seine schwarze Gitarre hervor zu holen. Doch seine Hand ging ins Leere. Erstaunt sah Ben hin. Vielleicht war sie nur umgefallen. Doch da war nichts. Die Gitarre war weg. „Das gibt es doch nicht!“ stieß er aus. Er schob die Couch weg und sah genauer hin. Nichts! Die Gitarre war definitiv weg. Oder hatte er sie woanders hingestellt? Nein…nein...sie stand immer hier. Er dachte kurz nach. Verdammt…sollte es …das ist nicht wahr…bitte nicht…“ dachte er nur. Er sah auf die Terrassentür. Sollte es tatsächlich sein, das sich jemand in der Wohnung befunden hatte während er duschen war? Er sah in seine Brieftasche nach und stöhnte erneut auf. Das ganze Bargeld war weg. „Das wird was werden. Man hat mich beklaut. Ich fasse es nicht. Ich war doch nur im Bad.“ stieß er aus. Stöhnend griff er nach dem Telefon und rief Semir an.

    Niklas war bereits wieder im Bus und fuhr nach Hause. Die große schwarze Gitarre die er soeben erbeutet hatte stand neben ihm. „Du solltest so ein Ding nicht einfach so transportieren. Wo hast du denn deine Tasche?“ wollte der Busfahrer wissen. „die ist zuhause. Ich habe sie heute vergessen, deswegen fahre ich ja zurück.“ log Niklas. „Ich spiele selbst auch Gitarre. Das Ding sieht echt teuer aus. Was für eine ist das?“ harkte der Fahrer nach. „Ich weiß nicht…ich habe sie …von meinem Onkel geschenkt bekommen.“ log Niklas weiter. „also wenn ich mich nicht täusche dann ist das eine C.F. Martin. Das Ding ist extrem wertvoll. Dein Onkel muss dich sehr lieb haben und sehr reich sein, wenn er dir so ein Ding schenkt.“ kam von dem Busfahrer. Niklas sah ihn an. „Ja…das hat er…“ nickte er. Niklas sah zu Boden. Wer so eine Gitarre hatte der hatte auch viel Geld dachte er sich schon vorher und hatte die Brieftasche gleich mit geplündert. Tatsächlich waren in der Brieftasche 2000 Euro drin. Niklas schluckte und hatte sich schon überlegt, ob er die Gitarre nicht stehen lassen wollte, aber das Instrument war so schön und sicher klang es auch so gut. Immerhin konnte er ja etwas Gitarre spielen. Das Geld würde er erst einmal unter einen der Holzbretter in der Hütte verstecken. Damit konnte er seinen Abschluss sicher schon anzahlen. Er stieg an der Haltestelle „Fühlinger See“ aus und ging den Rest zu Fuß. Die Gitarre wurde immer schwerer und einmal fiel sie sogar zu Boden. Als Niklas sie wieder aufhob, sah er die Kratzer auf dem Holz. „Oh verdammt…“ stieß er aus. Doch dann nahm er sie einfach wieder auf die Schulter und ging in die Hütte. Er erreichte sie eine knappe halbe Stunde später und stellte die Gitarre ab. Dann nahm er das Geld was er erbeutet hatte und zählte noch einmal nach. 2160 Euro kamen heraus. 160 Euro nahm er sich ab und den Rest wollte er verstecken. Er sah sich um. Am Boden entdeckte er ein loses Brett und zog es hoch. „Was ist das denn?“ fragte erstaunt als er sah, das dieses Versteck bereits in Nutzung war. In dem kleinen Loch lagen kleine Tüten mit weißem Pulver. „Das ist sicher Koks oder Heroin..“ stieß er aus. Denn er hatte bereits Kontakt mit den Drogen, doch er konnte bisher widerstehen. Für Drogen war er sich einfach zu schade. Er holte alles aus dem Loch und stieß noch auf ein Bündel Geld. „Das wird ja immer besser….“ strahlte er nachdem er das Geld gezählt hatte. Damit konnte er verdammt viel machen. Das war wie ein Sechser im Lotto, so sagte seine Mutter immer, wenn sie mal klar war und es Geld gab. Er packte alles wieder ins Loch. Erst das Geld, dann die Tütchen. Vielleicht konnte er sie ja irgendwann verkaufen. Dann würde er reich werden. Dann konnte er….warum eigentlich nicht? Er konnte doch jetzt schon einen Grabstein für Sonja kaufen. Doch wie sollte er erklären woher er das Geld hatte? Nein….sie musste noch etwas warten.

    Ben sah Toni Fassbender an. „So Herr Fassbender. Sie behaupten also die Drogen sind nicht von ihnen. Wie kommen sie dann ihn Ihren Wagen?“ fragte er den verhafteten Drogenhändler. „Genau so war das.“ grinste dieser. „Hören Sie auf uns zu verarschen! Sie haben mehrere kleine Händler an uns verraten um selbst ins Geschäft einzusteigen. Von wem bekommen Sie Ihre Drogen? Ist es Bachmeyer für den Sie die Drogen verkaufen?“ harkte Ben weiter nach. „Das ist doch lächerlich. Sie können mir gar nichts beweisen. Ich will meinen Anwalt sprechen und vorher sage ich gar nichts!“ fauchte Fassbender. „Schon gar nicht vor einem Kanaken der den ehrbaren Deutschen den Job weg nimmt!“ hängte er wütend an und sah Semir provozierend an. Dieser atmete tief ein und sah ihn an. „Beamtenbeleidigung ist strafbar falls Sie es nicht wissen sollten.“ Meinte er nur. Fassbender lachte. „Ist mir ziemlich egal.“ Gab er zurück und sah Ben an. „Ich werde meinen Anwalt übrigens bitten eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen diesen Typen da…“ er wies auf Semir, „machen da er mich tätlich angegriffen hat. Er hat mir die Nase gebrochen und zwei Zähne ausgeschlagen. Selbst wenn ich verhaftet bin, kann ich ja wohl auf menschliche Behandlung bestehen oder?“ wollte er von Ben wissen. Dieser lächelte und sah ihn an. „Ich bin Zeuge, dass Sie ihn zuerst geschlagen haben.“ Gab er von sich. „Die Aussage wird als Gefälligkeit gesehen. Sie sind ja schon fast die dieser Dreck dort!“ fauchte Fassbender. Er wollte Semir reizen das war offensichtlich, doch da war er an den falschen Mann geraten. „Sie haben mich angegriffen wie mein Kollege schon sagte.“ stellte er ruhig richtig. Fassbender lachte leise. „Das ist eine falsche Darstellung. Ich war völlig überrascht und fühlte mich überfallen. Das war zum eigenen Schutz…“ stieß er aus, doch weder Ben noch Semir ging darauf ein. „ich bin ein ehrbarer Bürger!! Sie dürfen mich gar nicht festhalten!“ versuchte Fassbender nun. Nun war es Semir der breit grinste. „Das können wir sehr gut. Dafür sprechen sogar mehrere Dinge. 1. Sie waren im Besitz von mehreren Kilo Koks, Haschisch, Heroin und andere illegalen Betäubungsmittel. 2. Beamtenbeleidigung und tätlicher Angriff auf einen Polizeibeamten. 3. Waffenbesitz ohne gültigen Waffenschein und ich könnte noch mehr. Wie heißt Mahmut weiter?“ wollte Semir wissen. „Leck mich!“ kam es kühl von Fassbender. Ben sah ihn an und stützte sich vor ihn auf dem Tisch. „Herr Fassbender. Sie haben bereits mehrere Drogendelikte hinter sich. Sie saßen wegen Drogenbesitzt bereits vier Jahre im Gefängnis. Sie haben Ihre eigene Schwester auf den Strich geschickt nachdem Sie sie süchtig gemacht haben! Was denken Sie was Ihr Anwalt da machen kann?“ fragte er. „Jäger…Sie konnten mir damals schon nichts wirklich nachweisen. Es war ein Indizienprozess und das wissen Sie genauso gut wie ich. Die Drogen wurden mir von Ihrem Kanakenkollegen ins Auto gelegt. Er hat mich abgelenkt und die Drogen dann in den Wagen gepackt um mir etwas anzudichten.“ wiedersprach Fassbender. Semir schüttelte den Kopf, denn er wusste dass Fassbender damit nie durchkommen würde. Die SEK-Beamten die beim Zugriff dabei waren, konnten bestätigten das Semir die Drogen nicht bei sich hatte und das Fassbender ihn angegriffen hatte. „Sie können Pluspunkte sammeln wenn Sie mit uns zusammen arbeiten..“ schlug Semir nun vor. Doch er wusste dass Faßbender dies nie annehmen würde. „Das wäre kein Vorteil für mich. Das wisst ihr genau, aber ich kann euch was versprechen. Euer Alptraum fängt gerade an. Ihr könnt uns nicht kleinkriegen. Das hat Jäger damals beim LKA nicht geschafft und ein Kanake von der Autobahnpolizei schafft das erst Recht nicht. ihr habt jetzt Feinde, die ihr euch nie gewünscht habt.“ versprach Fassbender fauchend. Semir stöhnte auf. Wie oft hatte er das schon gehört.

    Niklas rannte über den Friedhof zur Haltestelle zurück. Er wollte schnell seine Gedanken in die Tat umsetzen, doch dann blieb er plötzlich stehen. Wenn er das Versprechen einlösen wollte, dann musste er wieder zur Schule. Und wenn er dort war, dann würden die Lehrer dafür sorgen, dass er wieder ins Heim kam. Nein…er musste etwas anderes finden denn ins Heim wollte er auf gar keinen Fall mehr. Nie wieder! Nie wieder! Doch was sollte er machen um das Versprechen was er Sonja gegeben hatte doch zu erfüllen? Vielleicht konnte er mit Hilfe des Internets ja seinen Schulabschluss machen. Ja…da gab es doch diese verschiedenen Institute wo man von zuhause aus, die Abschlüsse machen konnte. Und es war anonym. Niemand wusste dort wer er war und niemand würde nachfragen. Das war eine geniale Sache, aber wie teuer würde es wohl werden? Und von was sollte er es bezahlen? Er musste sich Geld besorgen. Nur wo? Und wie? Niklas setzte sich an die Haltestelle. Er überlegte wie er zu Geld kam. Wenn er doch nur eine Möglichkeit fand um an Geld zu kommen. Doch außer Diebstahl fiel ihm nichts ein. „Nur das eine Mal, Sonja…ich verspreche es dir. Nur um das erste Versprechen einzulösen. Bitte verzeih mir…“ sagte er leise. Mit dem nächsten Bus fuhr er zum Hauptbahnhof. Dort war es am einfachsten mit Beute zu entkommen. Nur eine Stunde später stand er in der großen Halle des Kölner Bahnhofes und rempelte wie zufällig die Reisenden an. Dann bettelte er mit den Drogensüchtigen um die Wette und machte nach zwei Stunden einen Kassensturz. Nur siebzig Euro hatte er erbeutet. Das war nicht die große Beute. Also musste er was Anderes machen. Aber was? Ihm fiel ein, dass er vom Bahnhof aus sehr gut nach Dünwald und nach Weiden kam. Dort lebten die Menschen die etwas aus ihrem Leben machen konnten. Industrielle und reiche Familien. Wenn er dort einstieg dann konnte er große Beute machen und sicher auch sehr viel Geld finden. Er musste bares finden. Wie sagte sein Vater noch. Nur Bares ist Wahr es. Ein Spruch den er eigentlich hasste, aber er hatte gelernt, dass es tatsächlich so war. Er stieg aus und sah sich auf der Straße um. Nun musste er nur das richtige Haus finden. Es war schon später Nachmittag als er das Haus fand, was ihm zusagte. Jetzt kam es darauf an, dass niemand zuhause war. Niklas schlich an das Haus heran. Es hatte drei Etagen. Die oberen konnte er vergessen, denn da gab es keine Fluchtwege. Aber hier im Erdgeschoss konnte er über die Terrasse fliehen und direkt in den Wald rennen. Dann würden ihm eventuelle Verfolger nicht schaden können. Jetzt musste er warten bis es dunkel wurde. Auch wenn jetzt scheinbar niemand in der Wohnung war musste er auf der Hut sein. Am Abend war es viel einfacher in eine Wohnung zu steigen.

    Ben rauschte mit seiner Maschine durch den Verkehr. Er musste diesen Wagen finden. Wo konnten sie nur sein, dachte er und sah dann durch Zufall den Audi an einer Tankstelle stehen. Sofort nahm er die Ausfahrt, verringerte die Geschwindigkeit und bremste hinter einem Lastzug ab. Vorsichtig beobachtete er den Wagen. Verdammt, Semir schien immer noch bei ihnen zu sein. Er musste dichter ran, sonst verstand er nichts...aber das würde Semir nur noch mehr gefährden. Nein, Verfolgung und Observierung...das war das Einzige, was er im Moment machen konnte. Er musste den richtigen Augenblick abpassen, wenn einer der beiden Gangster das Auto verließ. Das war dann die Chance, ans Auto heran zu kommen. Ja, das war eine gute Idee. „Susanne...ich bin's Ben...ich stehe hier auf dem Rastplatz Frechen Süd...die beiden Gangster und Semir sind genau vor mir...sie scheinen Richtung Grenze zu wollen. Habt ihr da alles abgeriegelt?“, wollte er wissen. „Ja Ben...sie können nur noch innerhalb von NRW bleiben...aber da gibt es genug Möglichkeiten, sich zu verstecken.“, entgegnete die Sekretärin. „Deswegen bleibe ich ja auch an ihnen dran...okay, sie fahren los...ich melde mich wieder.“, stieß Ben aus, legte auf und riss sich das Headset vom Kopf. Schnell war der Helm wieder aufgestülpt und die Maschine gestartet. Der Audi fuhr langsam vom Rastplatz und beschleunigte dann auf ein rasantes Tempo. Für Bens Maschine war es keine Mühe, den Abstand konstant zu halten und dabei den Wagen nicht außer Sicht kommen zu lassen. Wie es wohl Semir ging, fragte er sich immer wieder und konnte nur ahnen, was für eine Tortur sein Kollege durchleben musste. Ben hatte die Leiche von Kaiser gesehen. Diese Typen fackelten nicht lange, wenn es um ein Menschenleben ging.

    Karsten lachte leise und biss genussvoll ins Brötchen. Auch Mirko grinste Semir an. Dieser sah aus dem Fenster. „Er hat richtig Hunger…“, lachte Mikro. „Na gut...wir wollen mal nicht so sein….geben wir ihm doch etwas...“, erklärte Karsten. Er löste den Knebel und hielt ihm sein angebissenes Brötchen hin. „Na los….oder magst du nicht?“, verhöhnte Karsten ihn. „Ich hätte gern ein frisches Brötchen.“, kam leise von Semir. „Ach der Herr hat Sonderwünsche…“, lachte Mirko. „Entweder du isst das hier, oder gar nichts…ist das klar...also was ist? Willst du oder willst du nicht?“, wollte Karsten nun wissen. Semir sah ihn an und biss dann doch endlich rein. „Na also….“, lachte Karsten. „Bekomme ich etwas zu trinken?“, bat Semir. „Ach auch noch….man du bist doch hier nicht im Hotel!“, fauchte Karsten. „Sie können mich ja auch an der nächsten Ecke raus lassen. Meine Kollegen folgen uns sicher nicht…“, versuchte Semir weiter. „Halt die Klappe!“, fauchte Karsten. Semir schwieg und sah zu Boden. „Brav so…“, lobte ihn sein Peiniger. „Karsten….an uns klebt schon seit wir von der Raststätte abgefahren sind ein Motorrad….“, kam von Mirko. Karsten drehte sich um und auch Semir sah nach hinten. Er erkannte sofort Bens Maschine und zuckte leicht zusammen. Karsten bemerkte dies. „Du kennst den Kerl oder?“, harkte er nach. Semir schüttelte den Kopf. Karsten griff in die Kette und drehte sie. „Lüg mich nicht an! Wer ist das?“, harkte er nach. Semir röchelte. „Ich…weiß…nicht.“, stieß er aus. „Du lügst…du kennst den Kerl...ist das dein Kumpel?“, fragte Karsten weiter. Semir spürte wie er langsam die Besinnung verlor. Bevor es soweit war, ließ Karsten los. Er holte pfeifend Luft. „Mirko…fahr die nächste Ausfahrt raus...mal sehen ob er wirklich folgt, oder weiterfährt...“, befahl er. Semir hatte die Augen geschlossen. Wie sollte er hier aus dieser Falle raus kommen?

    Ben sah dass der Wagen sich zur Abfahrt einreihte. „Chefin…die scheinen mich bemerkt zu haben. Sie fahren die Ausfahrt Lüdenscheid raus….“, gab Ben über Funk durch. „Gut…Bonrath steht mit seinem Privatfahrzeug bereit. Er übernimmt….Sie fahren weiter bis zur nächsten Ausfahrt und steigen dann in ein Auto um. Es ist alles bereit!“, erklärte Kim Krüger. „Okay…ich fahre weiter gerade aus…“, bestätigte Ben. Er sah den Wagen mit seinem Kollegen abfahren. „Ich hol dich da raus…das versprech ich dir…“, schwor er und fuhr an der Ausfahrt vorbei. Nun hieß es erst einmal die Geiselnehmer in Sicherheit zu wiegen. Vielleicht ließen sie Semir ja auch in der nächsten Ortschaft frei. Ben schüttelte leicht den Kopf. Das war Wunschdenken. Vermutlich werden sie Semir weiter mitschleppen und ihn quälen…ihn drangsalieren bis zum geht nicht mehr. Wusste er bereits die Namen? Hatte er die Gesichter gesehen? Wenn ja, dann war sein Leben kein Pfifferling mehr wert. Die Gangster werden ihn sicher nicht laufen lassen, wenn er die Gesichter gesehen hatte und nach der Freilassung zur Jagd auf die Beiden blies. „Ben…Dieter hier….ich habe die Verfolgung aufgenommen. Sie fahren auf der B 230 und ich denke, ich weiß genau, wohin die wollen. Es gibt ja nicht viel auf dieser Strecke….warte…nein..die fahren jetzt wieder auf die Autobahn. Ich hänge mich ran.“, hörte er Dieter sagen. „Verstanden….ich werde das Fahrzeug wechseln und die Verfolgung wieder aufnehmen. Bleib außer Sichtweite.“, bat Ben. „Klar...ich bin doch kein Anfänger. Ich werde mit auf die Autobahn fahren. Hotte steht mit seinem Wagen am nächsten Rastplatz und wird die Verfolgung aufnehmen, wenn ich an ihm vorbei bin. Dann können die Typen sich nicht verfolgt fühlen.“. meinte Dieter nur. „Semir wird es euch danken….ich mache mir ziemlich große Sorgen um ihn. Wer weiß was die Kerle mit ihm anstellen.“, kam nachdenklich von Ben. „Semir macht das schon….du weißt doch wie er ist.“, versuchte Dieter ihn zu beruhigen. „Ja ich weiß. Deshalb sag ich das ja.“, stieß Ben aus.

    „Siehst du….alles umsonst. Die ganze Aufregung war umsonst… es war lediglich ein harmloser Verkehrsteilnehmer…“, lachte Karsten. Semir hatte die Augen geschlossen. Erleichtert stieß er in Gedanken ein Dankgebet aus. „Es hätte aber sein können. Gut...wir sind auf der Autobahn, aber es hätte ein Verfolger sein können.“, erklärte Mirko. „Ja…sicher…. Aber es war nicht so….na egal…“, grinste Karsten. Langsam sah er sich um. „Mirko, fahr Richtung Grenze...ich will hier raus aus diesem Land.“, knurrte er dann. Mirko nickte nur und steuerte den Audi vorbei an Lkws und anderen Kraftwagen. Immer wieder sah er in den Rückspiegel, doch dieses Mal war nichts Auffälliges dran. Plötzlich bemerkte er jedoch, wie die Autos vor ihm immer weniger wurden. „Karsten...ich will ja nicht unken, aber die Autos...“ „Was ist denn damit?“, knurrte der Mann von der Rückbank. Doch dann merkte er es selbst. „Verdammt, die wollen die Autobahn dicht machen. Gut, dann eben nach Norden...versuchen wir es anderswo...vielleicht oben in Niedersachsen.“, stieß er aus. Der Fahrer nickte nur. Semir schloss ergeben die Augen. Was sollte das nur werden? Eine Odyssee des Schreckens? Er musste schnellstens hier raus oder diese Kerle würden ihn umbringen. Ben war hinter ihm her, also konnten die Kollegen auch nicht weit sein. Die Frage war nur, würden sie etwas unternehmen können oder war das hier das Ende? Sein Ende?

    Nur Sekunden später stürmten ein Dutzend Männer aus dem Gebüsch und stürzten sich auf die Komplizen von Fassbender die am Wagen gewartet haben. Einer von ihnen zog eine Waffe und dadurch war auch Fassbender gewarnt. Wie eine Hyäne sprang er Semir an, der noch nicht ganz in Sicherheit war und schlug ihn nieder. Semir ging zu Boden, doch er verlor nicht wie von Fassbender beabsichtigt das Bewusstsein. Er drehte sich um und empfing Fassbender mit einem Faustschlag. Fassbender taumelte zurück und fiel regelrecht auf die Ladefläche. Semir sprang ihn an und wurde von Fassbender mit einem Fußtritt in den Magen zu Boden gebracht. Fassbender kam hinterher und schlug ihm die Faust auf die Nase. Semir stöhnte auf und sah für eine Weile Sternchen. Blut schoss aus der Nase und er fragte sich wo seine Kollegen waren. Er brauchte eine Weile bis er wieder Luft hatte und drehte sich zu Fassbender um. Er zielte mit der Waffe auf ihn. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hob Semir die Arme. Fassbender kam näher. „Du verdammter kleiner Kanake….das wirst du mir büßen.“ drohte er. Semir sah wie der Finger sich krümmte und kurz darauf hallte ein Schuss. Fassbender ging zu Boden und hielt sein Handgelenk in dem eben noch eine Waffe war. Semir sah etwas weiter von ihn und Fassbender entfernt stand Ben mit der Waffe im Anschlag. Semir kam auf die Beine. „Ziemlich spät Partner…“ stieß er aus und wischte sich das Blut weg. Dann sah er Fassbender an. „Sie sind verhaftet“ knurrte er und legte dem Mann die Handschellen an. „du verdammter Kanake!“ stieß Fassbender aus und trat zu. Semir machte einen Schritt zur Seite und der Tritt ging ins Leere. „Fürs Protokoll. Beamtenbeleidigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.“ gab er an seinen Kollegen weiter und sah Fassbender an. „Der Kanake kostet Sie ungefähr 200 Euro.“ lächelte er sie an. „Du weißt nicht was du für ein Fehler gemacht hast. Wie ist dein Name, Bulle?“ wollte Fassbender wissen. „Semir Gerkan…Kripo Autobahn. Und Fassbender…ich habe ganz sicher keine Angst vor irgendwelchen Hintermännern. Abführen!“ befahl Semir seinem Kollegen in Uniform. Dieser nickte und brachte Fassbender zum Streifenwagen. Semir sah Ben an. „Deine Nase wird dick.“ Gab dieser zurück. „Merke ich gerade. Warum hast du nicht früher eingegriffen?“ wollte Semir von Ben wissen. „Ich habe mir gedacht, dass du wohl mit ihm fertig wirst. Na was sollst…was meinst du…die Drohung war eindeutig oder?“ harkte Ben nachdenklich nach. Semir zog die Achseln hoch. „Wenn er wirklich mit Bachmeyer Kontakt hat, dann werden wir es sicher schnell merken, oder aber Bachmeyer sagt sich, dass Fassbender doch bleiben soll wo der Pfeffer wächst und es passiert nichts. Wir werden jetzt Fassbender verhören und dann werden wir sicher auch erfahren woher Bachmeyer seine Drogen bekommt und vor allem woher der gute Mann immer weiß wann wir zuschlagen.“ grinste Semir doch er merkte die Schmerzen der Nase und das Grinsen verzerrte sich.

    Kurz nach seinem Ausstieg stand Niklas am Automaten mit Grabkerzen. Er nahm sein letztes Kleingeld und zog sich eine rosafarbende Kerze mit Streichhölzern heraus. Dann ging es die langen Grabreihen entlang. Hier sollte sie doch liegen. Grab 1439 sagte ihm der Friedhofswärter. Dann hatte er es gefunden. Ein schlichtes Grab mit einem Holzkreuz. Sonja Brauer, geb. 27.04.2005, verstorben 17.10.2008 war darauf eingeritzt und mit schwarzer Farbe gefüllt. „Hey meine Süße….entschuldige das ich erst jetzt komme, aber ich durfte nicht zu dir.“ sagte er und stellte die Kerze auf das Grab. Er zog ein Bild seiner Schwester aus der Tasche und strich sanft über das Gesicht des süßen kleinen Blondschopf welcher dort abgebildet war. „Wie geht es dir dort wo du bist? Sicher bist du im Himmel. Dort kommen doch alle Engel hin und du warst einer. Nein…du bist einer.“ gab er von sich. Dann schwieg er eine Weile. „Ja danke…mir geht es jetzt auch wieder gut. Ich habe ein ganzes Haus für mich. Nun ja…eher eine Hütte aber sie ist völlig in Ordnung. Dort ist es sehr gemütlich und warm. Ich kann sogar fernsehen.“ erzählte er. Wieder lauschte er. „Was ich mache? Nun ja….ich gehe nicht mehr in die Schule. Wozu sollte ich etwas lernen? Ich tauge nichts! Das hat Vater gesagt und das haben auch die Leute im Heim gesagt. Und meine Lehrer auch….“ kam leise von ihm. Es schien als würde er sich vor seiner Schwester rechtfertigen. „Nein! Nein…das bin ich nicht! Ich bin nicht wie Vater! Ich ….okay…ich stehle aber nur weil ich sonst keine Möglichkeit habe. Mir hilft doch keiner!“ fauchte Niklas. Er stand auf und ging ein paar Schritte vom Grab, doch dann kam er zurück. „Entschuldige…ich wollte dich nicht anbrüllen. Das hat der Alte oft genug getan. Weißt du was ich werden will?“ fragte er und lauschte erneut. „Nein….ha…ich werde Musiker. Ich kann Gitarre spielen. Nicht besonders gut, aber das liegt nur daran, das in der alten Hütte eine ziemlich alte lag. Die ist völlig verstimmt. Und dann werde ich berühmt. Dann bekommst du einen tollen Grabstein und ganz viele Blumen…und einen Baum…“ versprach er. Er rupfte das Unkraut vom Grab. „Nein…ich bin nicht traurig. Weißt du…Mama und Papa sind ja weg und mir geht es entsprechend gut. Papa ist dort wo er hingehört. Er ist für neun Jahre im Knast und Mama? Die ist in der Nervenklinik. Sie ist den ganzen Tag am jammern weil ich sie nicht besuchen komme. Keine Schläge mehr….okay… manchmal hungere ich, aber das schaffe ich. Ich werde etwas aus mir machen. Das verspreche ich dir…Weißt du…es tut mir wirklich leid, dass ich damals nicht da war. Ich wünsche mir du könntest mir verzeihen. Wenn ich dagewesen wäre, dann hätte ich ihm das Messer in den Wanst gerammt. Dann wäre er tot und nicht du.“ wieder lief ihm eine Träne über die Wange. „Wenn ich nur an deiner Stelle wäre….dann würdest du leben und….vielleicht glücklich sein.“ kam leise von ihm. Niemand hörte das Zwiegespräch. „Ja..du hast Recht…sterben ist feige. Ich bin nicht feige! Und das werde ich dir beweisen. Ich habe beschlossen das Leben in die Hand zu nehmen und berühmt zu werden. Ich werde dich sehr bald wieder besuchen…versprochen meine Liebe…“ gab er entschlossen von sich. Er gab dem Bild noch einen Kuss und hob die Hand. „Bist bald mein Engel...“ strahlte er und rannte davon.

    Drei Jahre später in Köln:

    Niklas Brauer lief über die Wiese um den Bus zu bekommen, doch er schaffte es nicht mehr. Das öffentliche Fahrzeug fuhr ihn vor der Nase weg. „Mist!“ stieß der 14jährige aus und setzte sich auf die Bank im Wartehäuschen. Seit gut zwei Jahren war er nun auf der Straße und hielt sich mit Taschendiebstahl über Wasser. In einer alten Hütte am Fühlinger See hatte er sogar eine Bleibe gefunden. Eine alte Holzhütte mit einem noch älteren Ofen. Aber vollkommen eingerichtet. Sogar ein PC stand dort. Und scheinbar würde es dem wahren Besitzer nicht interessieren das dort immer noch Strom und Internet lief. So konnte er es nutzen und sich auch ohne Schule weiterbilden. Die Schule hatte er sausen lassen, denn er brauchte nichts zu lernen, da eh nichts aus ihm werden würde. Das hatte ihn sein Vater gesagt und auch die Erzieher im Heim wo er ein Jahr lebte hielten ihn für einen Versager und ließen es ihn spüren. Er war und blieb ein Nichtsnutz. Doch jetzt machte es ihm nichts mehr aus. Sollten die Menschen doch denken was sie wollten. Auf der Bank saß eine alte Frau, die scheinbar eingeschlafen war. Auf der Bank neben ihr die offene Handtasche. Niklas sah die Geldbörse und zog sie langsam raus. Die alte Frau bemerkte es nicht und zum Glück waren hier auch keine Passanten. Immer wieder sah er auf die Frau und nahm blind das Geld heraus. Dann steckte er die Geldbörse zurück und stand auf. Besser wenn er noch eine Station lief und dann in den Bus stieg. Wozu? Du hast doch nichts getan…dachte er dann wieder und sah das der Bus kam. Er stieß die alte Frau an die sofort hochschreckte. „Was willst du?“ fauchte sie ihn an und drückte ihre Tasche fest an sich. „Entschuldigung… ich wollte Sie nicht erschrecken, aber der Bus kommt…“ lächelte er sie nervös an. „Oh…das ist aber sehr nett von dir. Ich hätte ihn sicher verpasst.“ bedankte sie sich. Sie stiegen beide ein. Niklas sah sie mit seinen fast wasserblauen Augen an. „Schon okay…“ lächelte er und ging ganz nach hinten durch. Der Bus fuhr an. Jetzt würde er Sonja wieder besuchen. Nach gut eineinhalb Jahren konnte er sie endlich wieder besuchen. Endlich….er lächelte glücklich. Als er im Heim war durfte er nicht auf den Friedhof. Die Erzieher meinten er müsse sich seinem neuen Leben anpassen und das alte vergessen. Doch er konnte doch seine kleine Schwester nicht vergessen. Sie war gerade mal drei Jahre alt als sein Vater sie totschlug. Als …er sie in ihrem Bettchen fand und sie ihn ansah. Klagend… nein…. anklagend. Warum hast du mich nicht beschützt, so glaubte er wollte sie von ihm wissen, als sie im Bettchen lag. Die Augen weit aufgerissen. Doch was sollte er tun? Er war doch selbst ein Kind. Elf Jahre alt. Was sollte er gegen diesen Mann tun, der sich Vater schimpfte? Dennoch hatte er etwas getan. Er hatte dafür gesorgt, dass sein Vater ins Gefängnis kam. Seine Mutter musste einen Entzug machen und er kam ins Heim. „Friedhof Langenfeld!“ ertönte es aus dem Lautsprecher. Niklas stand auf und drückte den Halteknopf. Nur kurz darauf stand er am Eingang des Friedhofes. Hier lag sie also seit drei Jahren. Getötet durch die Hand des eigenen Vaters. Tränen liefen ihm wieder über die Wange. Wut stieg auf. Sein Vater war zu neun Jahren verurteilt worden. Was sind neun Jahre für ein so junges Leben seiner Schwester? Die Erinnerung an die Zeit als er noch dort wohnte kam wieder hoch. Bevor Sonja geboren war, war es sehr schlimm. Sehr oft musste er ins Krankenhaus gebracht werden, weil er gebrochene Rippen hatte, einen gebrochenen Arm oder einfach nur stark geschwollene Hämatome. Doch jedes Mal wenn man ihn fragte was passiert war, schwieg er. Wenn er damals schon etwas gesagt hätte, dann wäre sein Vater sicher schon früher weg gewesen. Vielleicht wäre Sonja dann noch am Leben. Als seine Schwester auf die Welt kam, war er es, der sie wickelte, der sie fütterte oder in den Schlaf sang. Meist lag seine Mutter mit angeblichen Migräneanfällen im Bett. Doch Niklas wusste heute, dass es einfach die Nebenwirkungen der Drogen waren, die sie konsumierte. Niklas fühlte sich damals als Punchingball seiner Eltern. Damit sie keine Schläge kassierte schlug auch seine Mutter zu. Für Niklas, der gerade mal fünf war, gab es keine Möglichkeit sich zu schützen.

    Ben sah den silberfarbenen Transporter auf den Parkplatz fahren. „an Alle…Zielperson ist da. Erhöhte Aufmerksamkeit!“ gab er über Funk durch. „Okay, Semir…er kommt. Pass auf!“ warnte er seinen Partner. „Alles klar…“ gab Semir durch. Ben konnte ihn von seiner Position genau sehen. Semir hatte seine lässigen Jeans gegen einen schicken Anzug getauscht und trug eine Sonnenbrille. Er kaute lässig ein Kaugummi und lehnte gegen einen Lamborghini, der für diese Aktion ausgeliehen war. Mit einem Mikro an seinem Revers und einem kleinen Knopf im Ohr war er mit Ben verbunden, so dass dieser alles mithören konnte was zwischen Semir und Toni Fassbender an Konversation ablief und er konnte eingreifen wenn es für Semir zu brenzlig wurde. „Pass auf, sobald ich die Drogen habe und ein paar Schritte weg bin. Zugriff! Nicht vorher!“ mahnte Semir ihn. „Nur keine Sorge, aber wenn Fassbender wirklich Kontakt zu Bachmeyer hat, dann können wir uns warm einpacken. Der wird uns jagen bis er uns hat.“ gab Ben zu bedenken. Semir lachte leise. „Fassbender hat die anderen Dealer doch nur an uns verraten um selbst einen Fuß zu fassen.“ meinte der Deutschtürke. „Außerdem ist er kein so großes Licht das Bachmeyer sich für ihn interessieren könnte.“ hängte er an. „Dein Wort in Gottes Ohr. Okay…er kommt zu dir!“ warnte Ben ihn. Semir nahm den Koffer von der kleinen Bank und ging auf das Fahrzeug zu. Er hatte seine Waffe im Hosenbund damit sie nicht direkt auffiel. „Hi…“ gab er von sich. Toni Fassbender sah ihn an. „Wo ist Mahmut?“ wollte er wissen. Semir zog die Schultern hoch. „Ist krank.“ antwortete er. „Okay…wo ist mein Geld?“ kam die nächste Frage von Fassbender. Semir lächelte stoisch und hob den Koffer hoch. „Wenn ich die Ware gesehen habe.“ erklärte er. Fassbender nickte und stieg aus. Er öffnete die Türen zur Ladefläche und wies hinein. Semir kam zu ihm und sah den Koffer. Er öffnete und sah die vielen kleinen Briefchen. Einen davon öffnete er und kostete den Inhalt. Er schnalzte und nickte. „Gut...“ grinste er. Dann übergab er den Koffer mit Geld und nahm den von der Ladefläche. Sofort wollte er zu seinem Wagen gehen und so aus der Gefahrenzone kommen, doch Fassbender war kein Anfänger. Er hielt Semir fest. „Nicht so schnell. Erst einmal sehen ob das Geld auch echt ist.“ fauchte er ihn an. Semir nickte. Er hatte mit einer solchen Aktion gerechnet und auf echtem Geld bestanden. Alles ohne Farbbomben oder Sender. Ganz sauberes Geld. Fassbender war zufrieden. „Gut…und sag Mahmut, dass er mit mir immer ins Geschäft kommen kann. Und das der Stoff den er für sein Geld kriegt etwas Besonderes ist.“ lachte der Dealer. Semir ging ein paar Schritte und nickte dann.

    Isolde Maria Schrankmann ging vom Fenster zu ihrem Platz zurück. „Frau Krüger...sie verlangen von mir, dass ich ihnen eine halbe Million Euro zur Verfügung stelle, damit sie Herrn Gerkhan freikaufen können?“, stieß sie aus und ließ sich wie ein Habicht in ihren Stuhl nieder und beäugte die Autobahnpolizeichefin. „Frau Schrankmann...es geht hier um das Leben von einem meiner fähigsten Beamten, einen Familienvater mit zwei Kinder. Also, genehmigen sie mir das Geld?“, zischte sie nur und beugte sich weiter vor. Schrankmann atmete tief durch und sah sich dann um, nahm ihre Brille und setzte sie auf die Nasenspitze. „Das hier ist nicht für Herrn Gerkhan...sondern für seine Familie...ich denke, diese ist wichtiger, als meine persönlichen Differenzen mit...diesem Herren...“, knurrte sie nur und reichte Kim das Stück Papier. „Danke...“, meinte sie nur und rannte, nachdem sie das Büro verlassen hatte, zur Zahlstelle hinunter. Die Frau schaute nur kurz, zahlte aber dann die 500.000 Euro aus. Mit dem Koffer in der Hand verließ Kim das Gebäude und fuhr zum Fuhrpark zurück. Sie suchte einen Wagen aus, packte das Geld in den Kofferraum und ließ sich von Hartmut einen Sender geben, den sie unter das Fahrgestell packte. „Ben...ich habe den Wagen und das Geld. Wie weit sind sie?“, wollte Kim wissen. „Wir haben noch keinen zweiten Eingang gefunden.“, erklärte Ben. „Sagen sie bescheid, dass ich unterwegs bin...“, erklärte Kim und startete den Wagen.

    Ben und Markus gingen zum Haupteingang zurück. „WO BLEIBT DER WAGEN?“, hörten sie schon von drinnen rufen. „DER WAGEN IST GLEICH DA.“, entgegnete Ben nur. „Was ist mit meinem Kollegen?“, wollte er dann durch das Megafon wissen. „Dem geht es gut...noch...sie sollten sich allerdings beeilen...“, stieß einer der Entführer aus und Ben sah sich um. Hoffentlich kam Kim gleich, denn lange würden sich diese Kerle nicht mehr hinhalten lassen, das wusste er. „Ben...da...“, stieß Markus aus und sofort drehte sich der Angesprochene um. Da kam ein grausilberner Audi A8. Da das Ding verspiegelte Scheiben besaß, konnte man nicht sehen, wer am Steuer war. Der Wagen hielt neben den beiden Kommissaren und Kim stieg aus. „So, dann wollen wir doch mal Semir austauschen.“, stieß sie aus und Ben nickte nur. Dieser nahm dann das Megafon und rief den Entführern zu, dass der Wagen da war. „Sehr gut...dann kommen wir jetzt raus...und wehe, eure Bullen haben einen nervösen Finger...“, stieß der Entführer aus und im nächsten Moment wurde es still. Markus wies die SEK-Leute an, sich so zu verteilen, dass sie alles gut überblicken können. Kim und Ben sahen mit nervösen Blicken zum Eingang hinüber. „Verdammt, warum brauchten sie denn so lange?“, knurrte Ben nur und stieß einen Stein von sich.

    „Hast du ihn endlich soweit?“, fauchte Karsten und sah Mirko an, der mit Semir beschäftigt war. Dieser wehrte sich verzweifelt, doch Mirko schaffte es ihm die Kette erneut um den Hals zu legen und mit den Handschellen zu verbinden. „Ja...jetzt…“, stieß er etwas atemlos aus und zerrte Semir auf die Beine. „Okay…dann knebel ihn. Ich will keine Unterhaltung mit den Kerlen da draußen.“ Semir sah ihn an. „Sie werden nicht weit kommen….“, stieß er noch aus, bevor der Knebel seinen Mund verschloss. Karsten trat auf ihn zu. „Weißt du…ich denke, wir werden sehr weit kommen, denn du wirst uns begleiten. Du und ich werden uns hinten reinsetzen und mein Freund hier wird uns durch NRW fahren. Wenn ich sehe, dass auch nur ein Wagen folgt, dann werde ich dich ganz langsam umbringen…“, drohte Karsten ihm. Semir glaubte ihm aufs Wort. Er trug keine Augenbinde mehr und auch die beiden Verbrecher hatten ihre Masken abgelegt. Semir wusste genau was das für ihn hieß. Es war ein Spiel auf Leben und Tod. Karsten griff in die Kette und dadurch zog sie sich um seinen Hals enger. Semir war gezwungen die Bewegungen zu machen, die Karsten bestimmte. „Und nun geht es los.“, raunte er ihm zu. Ein leichter Druck im Genick ließ Semir die ersten Schritte machen. Hoffentlich gab es einen der Schützen, die den Dreckskerl abknallte, dachte er nur. Mirko öffnete die Tür während Karsten Semir die Waffe gegen den Hals drückte.

    Dr. Thomas Bruch sah sich den elfjährigen Jungen an. „Hallo…ich bin der Thomas. Wie heißt du?“ wollte er von den Jungen wissen. „Niklas…“ gab er von sich. „Okay…Niklas…wo tut es dir weh?“ harkte er nach und untersuchte den Jungen. Er zog ihm das Shirt aus und sah die vielen Narben die den kleinen Körper regelrecht übersäten. Wut kam in dem Arzt hoch. „Mein Fuß….ich bin umgeknickt als ich weggelaufen bin.“ erklärte der Junge. „Okay…das sehe ich mir gleich an. Was ist mit diesen Flecken? Woher kommen die?“ harkte Thomas nach als er in der Hüftgegen die Hämatome sah. „Das war meine Mama…sie hat mich geschlagen.“ erzählte Niklas. Thomas sah ihn an. „Deine Mama? Mit ihrer Hand?“ harkte er nach. Niklas schüttelte den Kopf. „Nein…mit einer Stange oder mit dem Gürtel…oder was sie auch in die Hand bekam.“ Erzählte der Junge. Thomas schluckte schwer. Was musste dieser Junge schon alles mitgemacht haben. Die Narben waren zum Teil von Brand- und Schnittwunden. Einige an Stellen die der Junge sicher nie allein erreicht hätte. „Okay…und jetzt schau ich mir deinen Fuß an. Welcher ist es?“ fragte er sanft. Er spürte die Wut über die Eltern aufsteigen, die ihr Kind als Schlagball ausgesucht hatten. Niklas hob den linken Fuß an und Thomas untersuchte ihn. Als er auf den Knöchel drückte stöhnte Niklas auf. Es war sehr verhalten doch Thomas sah sofort, dass hier kein Bruch vorlag. „Das kühlen wir und dann wird es wieder.“ lächelte er. Niklas nickte nur. Der Junge schien mehr Schmerzen zu haben, als er zugab, doch er war es vermutlich gewohnt nichts zuzugeben. „Willst du mir erzählen, was passiert ist?“ wollte Thomas von ihm wissen. Niklas sah ihn an. „Ich habe es der Polizei erzählt. Sie ist tot….weil ich zu spät zuhause war. Wenn ich nicht den Bus verpasst hätte, dann hätte ich sie retten können. Dann hätte er sie nicht umbringen können. Ich bin ein Versager, ein Nichtsnutz, ein Klotz am Bein. Genau wie meine Eltern es immer sagen. Ich kann nichts. Ich kann gar nichts. Nicht einmal ein dreijähriges Mädchen retten.“ stieß er aus. Thomas sah ihn an. „Woran bist du schuld?“ harkte er sofort nach. „Sonja…ich hätte sie retten können. Aber ich war nicht da. sie hat mich so traurig angesehen. Ich weiß sie gibt mir die Schuld. Genau wie meine Eltern. Ich bin einfach nichts wert.“ stieß Niklas erneut aus. Dr. Thomas Bruch war zwar kein Psychologe aber er sah dass hier einer dieser Kollegen sicher sehr viel Arbeit leisten musste, um diesen Jungen aus seiner Lethargie herauszuholen. Hier hatten die Eltern ganze Arbeit geleistet. Diese kleine Seele war völlig zerstört und sie zerstörte sich nun durch Selbstvorwürfe weiter. „Was hättest du denn machen können?“ harkte er nach. Vielleicht konnte er den Jungen überzeugen, dass er gar nichts hätte ändern können. „Ich hätte meinen Vater ein Messer in die Rippen rammen können, dann hätte er Sonja nichts tun können. Sie war doch noch so klein. Sie war doch noch fast ein Baby…“ weinte der Junge. Thomas Bruch nickte. „Sie war klein…aber du bist es auch noch. Du bist doch gerade elf. Weißt du was…wir fahren dich jetzt ins Krankenhaus. Da kannst du dich da erholen und ruhig schlafen. Was hältst du davon?“ schlug Thomas vor. Niklas sah ihn an und nickte nur. „Leg dich hin. Ich gebe dir jetzt etwas das du keine Schmerzen mehr hast und schon einmal schlafen kannst. Ist ein kleiner Picks und dann träumst du, ja…?“ lächelte Thomas den Jungen an. Niklas nickte nur. Tapfer ertrug er die Spritze mit der Dr. Bruch ihn das Beruhigungsmittel in entsprechender Dosis verabreichte.

    Simon und Mathias gingen in das Haus, was noch bis vor kurzem Niklas Zuhause war. „Diese Eltern haben das nicht verdient!“ stieß Simon wütend aus. „Simon…du kennst die Umstände nicht. Du weißt nicht was wirklich passiert ist. Der Junge könnte auch etwas getan haben. Diese Kinder sind heute nicht mehr so sanft wie früher.“ Ermahnte Mathias ihn. „Was denn für Umstände? Die in der die Kinder geboren wurden? Der Umstand dass diese Eltern ihre Kinder zerstört haben? Du hast nicht gespürt wie sehr der Junge zitterte. Er hat geweint. Er hat schlimme Stunden erlebt und der Kerl wird vermutlich sogar noch schuldunfähig freigesprochen. Mich kotzt diese Sache an.“ Knurrte Simon zurück. Sie hatten die Wohnung erreicht. Die Tür stand offen und so betraten sie diese. „Hallo? Hier ist die Polizei!“ rief Mathias durch die Wohnung. Immerhin war es möglich dass die Mutter auch anwesend war. „Boah! Stinkt das hier…“ stieß Simon aus als sie an der Küche kamen. Dann ging es ins nächste Zimmer. Simon sah in das Bett und zuckte zurück. „Oh mein Gott…“ stieß er bestürzt aus. Mathias kam ebenfalls herein. „Oh nein…das arme Ding.“ kam nun auch von ihm. Vor ihnen im Kinderbett lag ein kleines Mädchen in einer Blutlache. „NIKI!!! Wo steckst du Nichtsnutz denn schon wie….wer sind Sie?“ stieß eine Frau aus. Simon sah sie an. "Frau Brauer? Simon Berger, Polizeiinspektion 5“ stellte er sich vor und zeigte ihr den Ausweis. Doch Die Frau nahm es gar nicht wahr. „Was machen Sie hier? Wo ist meine Familie? Wo ist meine Tochter?“ harkte sie nach und schob ihn zur Seite. Dann sah sie Sonja in ihrem Bettchen liegen. „Oh mein Gott…wer war das? Niklas!! Du verdammter Nichtsnutz! Was hast du getan? Na warte ich finde dich und dann wirst du dir wünschen nie geboren zu sein. Du hast meinen Engel umgebracht! Wo steckst du? Wo bist du?“ schrie sie plötzlich hysterisch durch die Wohnung. Sie ging Zimmer für Zimmer durch. „Niklas! Was hast du Taugenichts getan? Hast du geklaut? Bringst du uns jetzt auch noch die Polizei ins Haus? Ich sollte dich in ein Heim geben, dann wäre ich eine Sorge los!“ fauchte sie wütend und suchte ihren Sohn überall. Simon hielt sie fest, als sie erneut an ihm vorbei ging. „Frau Brauer…hören Sie mir einen Augenblick zu. Niklas hat gar nichts getan. Ihr Mann war es. Und er wollte auch Niklas töten. Verstehen Sie mich?“ fragte er. Claudia Brauer sah ihn an. Die Augen waren glasig. „Sonja….mein Engel? Lassen Sie mich zu meiner Tochter…bitte….ich will sie noch einmal sehen…bitte..“ weinte sie. Simon nickte und brachte sie ans Bett. Claudia nahm ihre Tochter auf den Arm und wiegte sie sanft hin und her. „Mein kleiner Engel…warum hat Niklas dir das angetan? Warum hat er das nur gemacht?“ weinte sie. Simon sah Mathias an. „Ich denke sie sollte in die Klinik gebracht werden.“ meinte er. Mathias nickte und orderte den Notarzt in die Wohnung. Claudia Brauer wurde umgehend in die Klinik gebracht.

    Ben fuhr mit Dieter und Hotte zur Kartbahn. „Wir werden hier alles auf den Kopf stellen!“, befahl er als sie ausgestiegen sind. Zwei der jungen Leute sah er gerade ankommen. „Hey!!! Kommt mal her!! Na los!! Ich hab nicht ewig Zeit!!“, forderte er die Beiden harsch auf. Sie sahen sich an und wurden unsicher. „Los doch!! Hört zu…ich weiß das die Räuber, Karts benutzen…alle anderen Kartbahnen konnten nachweisen, dass sie nicht darin verwickelt sind...nur eure Bahn nicht…also und labert keine Scheiße….es geht diesmal nämlich um Entführung…also?“, forderte Ben die beiden auf .Er hatte vor, mit offenen Karten zu spielen um den Jungs zu zeigen, dass es kein Spiel mehr war. Felipe blickte zu Leon und dieser wieder zu ihm zurück. Das Schweigen ging eine ganze Weile, was Ben mehr und mehr auf die Nerven ging. Er packte Felipe an genau der Schulter, wie er vorher das Tattoo hatte. „Ahhh...“, stieß dieser aus und ging in die Knie. Die Narbe war doch noch nicht ganz verheilt. Sofort ließ Ben los, wollte dann aber auch die Gründe des Schmerzes erfahren und riss dem Jungen den Kragen seines Pullovers soweit zur Seite, dass der rote Fleck deutlich sichtbar war. „Ich rate jetzt einfach mal ins Blaue hinein...da war mal ein Spinnentattoo?“, fauchte Ben nur. Zögerlich nickte Felipe. „Okay...dann mal los...wollt ihr mir vielleicht was erzählen?“, stieß er aus und sah die beiden Jungs an.

    „Wir...wir haben nur mitgezogen...wir wollten nicht, dass jemandem etwas passiert.“, erklärte Leon sofort und wimmerte herum. „Das mit dem Wachmann...das...das wollte ich nicht...bitte, glauben sie mir...“ Felipe nickte nur heftig. „Wir wollten das Geld eigentlich nicht für uns...wir wollten Goldfinger eins auswischen und dann...dann hat aber Karsten uns immer mehr in die Scheiße geritten.“, erklärte der Deutschspanier nur und sah dann betreten zu Boden. Ben sah die Beiden nur an. Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber irgendwie hatte er Mitleid mit den Beiden. Immerhin waren es ja irgendwie noch Kinder und wenn das mit dem Wachmann wirklich ein Unfall war, konnte man da etwas tun. Aber erstmal war es wichtig, Semir zu finden. „Wo ist mein Kollege? Wenn ihr irgendwas wisst, dann müsst ihr mir helfen. Jungs bitte...der Mann hat zwei Kinder und eine Frau...es kann sich nur strafmildernd auswirken, wenn ihr mir helft.“, erklärte Ben. Sofort sahen Leon und Felipe sich an, als ob sie das geahnt hätten. „Karsten und Mirko halten ihn mit einem anderen Mann im Waldbunker gefangen. Wir haben es gesehen. Sie werden ihn umbringen...die sind skrupellos.“, stieß Leon aus. Ben nickte nur. „Okay, ich lasse euch aufs Revier bringen und ihr macht dort eure Aussage...“, erklärte er und ließ sich dann eine Wegbeschreibung geben. Die beiden Jungs wurden weggebracht und Ben nahm sich fest vor, ihnen einen guten Anwalt zu besorgen. Irgendwie meinte er, dass diese Jungs etwas Besseres als den Knast verdient. Vielleicht...vielleicht konnte Ben da was tun. Doch erst war Semir dran. „Chefin, ich brauche das SEK am alten Waldbunker nahe Hürth...“, erklärte der junge Hauptkommissar nur. „Haben sie Semir gefunden?“, wollte Kim wissen. „So in etwa...zumindest weiß ich jetzt, wo er ist...zwei von den Jungs haben geplaudert...sie haben mir verraten, wo Semir ist. Chefin, bitte kümmern sie sich um die Beiden...sie haben geholfen, das sollten wir berücksichtigen.“ Kim versprach es und benachrichtigte sofort das SEK. Ben fuhr los und hoffte, dass er nicht zu spät kam.

    Karsten sah dem ganzen Treiben von Mirko einige Zeit zu, doch dann ging er dazwischen. „Hey, lass das...wir brauchen ihn noch...“, stieß Karsten aus und zog Mirko von dem Bullen weg. „Aber...er...er...“, knurrte dieser nur. „Ja, ich hab's gesehen...Man, jetzt mach schon...fessle ihn an den Eisenring und dann können die beiden hier stehen, bis sie sauer werden.“, fauchte Karsten nur. „Ich will schleunigst hier weg.“ Mirko nickte nur und schnallte Semir fest. Dieser röchelte nach Luft. Sein ganzer Hals schrie nach einer Erfrischung und seine Beine schmerzten, besonders das linke. Scheinbar war irgendein Knöchel verstaucht, als er unsanft auf dem Boden aufgeschlagen war. Er hörte aber noch ein Atmen ganz in seiner Nähe. Vorsichtig versuchte er zu registrieren, wer oder was da war. Waren die Typen etwa doch nicht raus? Semir versuchte, die Augenbinde an der Wand abzuscheuern. Tatsächlich schaffte er es, sie ein Stück nach oben zu schieben. Jedenfalls so weit, dass sein rechtes Auge etwas frei war. Vorsichtig blickte er sich nach dem Atmen um und sah dann, dass noch jemand rechts neben ihn an der Wand gefesselt war. Sieh mal an, dachte der Deutschtürke nur, als er sah, wer da neben ihm stand. Das ist doch Herr Kaiser... Dann leuchtete es Semir ein. Natürlich...er war der Mittelsmann und er hatte den Jungs auch ihren Plan verraten. Wegen ihm stand er hier und musste dem Tod entgegen sehen. Dieses Arschloch...dachte Semir nur und hörte dann schnelle Schritte auf ihn zukommen. Was war da los?

    Bisher hielt er sich für einen starken Jungen, aber jetzt weinte er wie ein Mädchen. Sein Vater hatte ihn gebrochen. Mit Sonjas Tod war auch ein Stück von ihm gestorben. Wie sollte er seinen Vater achten, wenn dieser Mann so böse war? Wie sollte er seine Mutter ehren, wenn sie sich um nichts kümmerte? Wie oft hatte er die Schläge des Mannes eingesteckt ohne auch nur ein Wort zu sagen. Wie oft hatte er gelogen wenn er mal wieder im Krankenhaus war oder von den Lehrern auf die blauen Flecke angesprochen wurde? Immer wieder hatte er gelogen weil ihm seine Eltern wichtig waren. Aber auch um Sonja vor Schlägen zu schützen. Alle vier bis sechs Wochen bekamen sie Besuch von einer Frau die vom Jugendamt kam. Immer wieder wollte Niklas ihr sagen, was die Eltern taten, doch dann wagte er es aus Angst vor Schlägen nicht. Diese Menschen konnten ihm nicht helfen. Sonja war so klein, so unschuldig. Zierlich und zerbrechlich. Und nun hatte sein Vater sie gebrochen. Sonja war tot. Doch ab sofort, das schwor sich Niklas, würde ihm niemand mehr Leid zu fügen. Niemand wird ihn so abfällig behandeln. Nie wieder würde er dies zulassen. Er ging noch ein paar Schritte bis er aus der Sichtweite seines Vaters war und zog das Handy. Schnell war die Notrufnummer der Polizei gewählt, die er schon kannte als er fünf war. „Polizeinotruf! Was kann ich für Sie tun?“ hörte er eine weibliche Stimme. „Hallo..hier ist Niklas Brauer…Siegerstraße 9 in Köln. Mein Vater…hat meine Schwester umgebracht und jetzt will er auch mich umbringen. Bitte helfen Sie mir…bitte…“ flehte er weinend. „okay…ganz ruhig Niklas…ich schicke dir einen Wagen, aber wenn das ein Witz war, dann ist er ganz schlecht und es wird auch Folgen für dich haben!“ warnte ihn die Frau. „Ich habe Angst…bitte….er bringt mich um…bitte…“ flehte er erneut. „Okay….die Kollegen sind gleich da. Kannst du dich verstecken? Oder dich einschließen?“ harkte die Frau nach. „Ich bin draußen…ich soll Bier kaufen. Ich will nicht mehr. Bitte holen Sie mich hier weg. Er kommt...ich sehe ihn…er kommt gerade raus…er sucht mich!“ stieß Niklas aus als sein Vater auf die Straße trat. Niklas atmete heftig und stellte sich hinter einen Baum. Dieser war dünner als er selbst und gab ihm keine Deckung. „NIKLAS!!“ hörte er seinen Vater schreien. Niklas presste das Handy fest an sein Ohr und atmete stoßweise. „Niklas? Was ist passiert? Bist du noch da? Niklas!!“ rief die Frau ihn am Telefon. „Er kommt….er kommt genau auf mich zu..“ gab Niklas durch. „Niklas! Hör mir zu…lauf die Straße runter! Schnell die Kollegen sind schon fast da! LAUF!!“ forderte die Frau ihn eindringlich auf. „Ja…ja…“ stieß Niklas aus und rannte los. „Du verdammter Taugenichts! Bleib Stehen und gib mir mein Bier!!“ schrie sein Vater und torkelte hinter ihm her. Niklas drehte sich immer wieder um. Sein Vater war ziemlich betrunken und genau das machte ihn so gefährlich. Niklas sah nicht wohin er lief und rannte einfach nur die Straße runter. Er strauchelte und fiel auf die Straße. Bevor er sich aufraffte quietschten Bremsen. Direkt vor ihm stand ein Streifenwagen. Niklas stand auf und humpelte „Helfen Sie mir!! Bitte…er will mich umbringen!!! Bitte helfen Sie mir!!“ flehte er und versteckte sich hinter dem Wagen.

    Kriminalkommissar Simon Berger und Hauptwachtmeister Mathias Meister sahen sich an. Sofort als der Junge um Hilfe bat stieg Simon aus und stellte sich schützend vor den Jungen. Er sah ihn an und streckte die Hand aus. „Okay…ganz ruhig, Niklas. Er wird dir nichts tun.“ Versprach er. Niklas Vater kam näher. Simon drehte sich um und zog die Waffe. Er richtete sie auf Johann Brauer. „Bleiben Sie stehen!“ forderte er den Betrunkenen auf. „Niklas! Komm her und gib mir mein Bier! Oder willst du deiner Schwester folgen? Komm her oder ich verprügel dich bis du nicht mehr laufen kannst!“ fauchte Johann Brauer und machte einen weiteren Schritt auf Niklas zu. Simon spannte sich. „Bleiben Sie stehen!“ wiederholte Simon nun noch härter. Mittlerweile war auch Mathias ausgestiegen und näherte sich Brauer von hinten. Nur wenig später griff er den linken Arm des Mannes und drehte ihn auf den Rücken. Johann schrie auf und fing an sich zu wehren, doch als Simon ebenfalls eingriff war die Situation schnell im Griff. Sie legten Brauer Handschellen an und ließen ihn von dem zweiten Streifenwagen welcher nun eintraf abführen. Niklas hatte alles aus sicherer Entfernung mitbekommen und wagte sich nicht aus seinem Versteck. Simon ging zu ihm. „Hey…es ist alles in Ordnung. Komm her…Du musst keine Angst mehr haben. Er wird dir nichts mehr tun. Komm her…komm zu mir…“ forderte er den völlig verängstigten Jungen auf. Nur zögerlich kam Niklas heraus. Immer noch humpelte er. Simon bemerkte es natürlich. „Hast du dich verletzt?“ harkte er nach. „Er hat sie umgebracht!! Er hat sie einfach umgebracht!!“ platzte es aus dem Jungen heraus. Dann fing er an bitterlich zu weinen. Simon nahm ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. „Hey…es ist alles gut…es wird alles gut. Schhhhhht…. Alles ist gut..“ versuchte er den Jungen zu beruhigen. Der kleine Körper zitterte und bebte. „Meine Mama…hat ihr nicht geholfen…ich war nicht da….ich bin schuld das sie tot ist…ich hätte sie beschützen müssen….“ Schluchzte der Junge. Simon strich sanft über den Rücken. „Beruhige dich….Mathias! Ruf einen Notarzt!“ forderte er den Jungen auf. „Es wird alles gut. Niemand wird dir etwas tun.“ Versprach er erneut und strich dem Jungen über das lockige dunkle Haar. Doch Niklas ließ sich nicht so einfach beruhigen. „Wo ist es passiert? Kannst du es uns zeigen?“ bat Simon. Niklas schluchzte und wies auf das Haus was nicht weit entfernt war. Mittlerweile war der Rettungswagen eingetroffen und die Sanitäter kümmerten sich um Niklas. Simon sah Mathias an. „Okay…dann werden wir uns die Wohnung mal vornehmen. Mal sehen ob wirklich was dran ist.“ schlug er vor. Mathias nickte und schon waren sie verschwunden.

    So hier ist meine druckfrische Story und ich hoffe sie gefällt euch. Auch wenn sie am Anfang sehr traurig ist.

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    Es war ein warmer Herbsttag 2008 als der 11jährige Niklas mit dem Bus von der Schule nach Hause fuhr. Er war viel zu spät dran, da er einen Bus verpasst hatte, aber was sollte man tun? Erst wurde er in der Schule von den Lehrern festgehalten weil sie mal wieder blaue Flecke an ihm entdeckt hatten und dann fingen ihn noch ein paar Schultyrannen ab, die ihm das letzte Geld abnahmen. Nun endlich war er daheim. Zuhause…was für ein Wort? Eigentlich sollte man sich zuhause geborgen führen, sich wohl fühlen und entspannen, doch bei Niklas war es anders. Sein Zuhause war eine alte heruntergekommene vom Schimmel verseuchte Wohnung in der übelsten Gegend von Köln. Sein Vater war ständig besoffen und seine Mutter nahm seit vielen Jahren Tabletten weil sie die Brutalität des Mannes nicht mehr aushielt. Und er war mit seiner kleinen Schwester Sonja mittendrin. Seine Eltern schlugen ihn und er wusste auch, dass er jetzt wieder Schläge bekommen würde. Immerhin war er eine Stunde zu spät. Aber vielleicht war seine Mutter ja auch wieder so vollgepumpt das sie schlief und sein Vater so besoffen das niemand was mitbekam. Ein Trugschluss wie sich herausstellte als er die Tür leise ins Schloss drückte. „Wo kommst du jetzt her?“ schrie seine Mutter ihn an. Niklas zuckte zusammen. „Die Schule ist bereits seit zwei Stunden aus!“ schrie seine Mutter ihn an und hob die Hand. Niklas zog sich zusammen und nahm schützend die Arme über den Kopf. „Den Bus! Ich..ich habe den Bus verpasst.“ entschuldigte er sich leise und sah seine Mutter durch die Arme an. „Den Bus? Du hast dich ganz sicher mit diesen nichtsnutzigen Freunden herumgetrieben! Was denkst du wer deine Arbeit macht? Ich vielleicht? Sonja muss gefüttert werden! Der Müll muss raus! Die Wäsche wartet auch schon seit Tagen! Du bist zu nichts zu gebrauchen! Da hast du es wieder…ich habe meine Migräne….du machst nur Scherereien!“ stöhnte sie auf „Du hast Schuld wenn ich jetzt wieder Tabletten nehmen muss!“ hängte sie an und schlug ihrem Sohn gegen den Kopf. Niklas schrie auf, obwohl es nicht schmerzte. „Ich kümmere mich sofort um Sonja…“ gab er zu. „Das brauchst du nicht mehr. Dein Vater hat es getan. Sie ist ruhig…“ gab sie abfällig von sich. Niklas sah sie an. Er hatte ein sonderbares Gefühl in der Magengegend. „Was soll das heißen?“ fragte er heiser. „Was weiß ich…sie ist auf jeden Fall ruhig. Ich hätte euch ins Heim geben sollen, dann wäre mein Leben viel einfacher.“ Sie drehte sich um und ging in ihr Schlafzimmer was als solches schon lange nicht mehr zu identifizieren war. Überall lag die Schmutzwäsche herum und Kartons in denen die Pizzareste sicher schon Beine bekam. Niklas sah ihr nach und dann ging er ins Kinderzimmer. Dieses kleine Zimmer mit dicken Schimmelflecken an der Wand war das einzige was wenigstens sauber war. Dafür sorge Niklas wenn er nach Hause kam. Das war die einzige Zeit wo auch Sonja sich bewegen konnte und aus ihrem Bett kam. Doch heute war alles anders. Er sah seinen Vater am Bett stehen. Reglos stand der Mann einfach da, aber man roch die Alkoholfahne.

    „Papa? Was ist mit Sonja?“ fragte er seinen Vater. „sie ist ruhig. Für immer…“ gab der Mann lallend von sich. „Was sagst du da?“ harkte Niklas nach. „Sie wird mich nie wieder beim Fußballspiel stören. Nie wieder…“ erklärte sein Vater und wandte sich zu ihn um. Dann ging er an Niklas vorbei ins Wohnzimmer. Er ließ sich in den Sessel sinken und sah zum Fernseher. Niklas trat an Sonjas Bett und sah hinein. Sonja lag da mit weit aufgerissenen Augen und sah ihn an. „Hey…meine Süße….ich hoffe er hat dir nicht allzu sehr weh getan.“ Sagte er zu ihr und wollte sie hochheben. Erst jetzt konnte er die kleine Blutlache sehen, die sich unter ihren Körper gebildet hatte. „Sonja? Sonja?“ seine Stimme wurde immer höher und er sah erschrocken auf den kleinen kalten Körper. „SONJA!!! NEIN!!!“ weinte er plötzlich. Er strich seiner kleinen Schwester über das Gesicht und drückte ihre Augen zu. „Meine kleine Sonja….“ weinte er. Dann ging er ins Wohnzimmer. „Sie ist tot! Du hast sie umgebracht! Du Mörder!! Du verdammter Mörder!!“ schrie Niklas verzweifelt. Sein Vater sah ihn an. „Hör auf mich anzuschreien, sonst kannst du dich gleich neben ihr legen! Ihr Bälger nervt nur.“ warnte ihn sein Vater. Nur kurz darauf stand er auf und stellte sich vor Niklas hin. Er hob die Hand und wollte zuschlagen. Niklas hatte damit gerechnet und duckte sich unter dem Schlag weg. Sein Vater taumelte. Niklas ging zurück zu Sonja und streichelte ihr das Gesicht. „Es tut mir Leid, dass ich nicht da war. Es tut mir so leid…“ weinte er herzerweichend. Sie durfte nur drei Jahre alt werden seine Sonja. Nur kurze drei Jahre. Niklas Weinen ging ins Schluchzen über. Er spürte dass er nur schwer Luft bekam. Doch dann wusste er plötzlich was er zu tun hatte. Er musste hier weg. Er musste die Polizei informieren. Sie mussten seinen Vater verhaften, er war schließlich ein Mörder. „Hey du Nichtsnutz! Ich hab kein Bier mehr, geh mir was kaufen!“ fauchte ihn sein Vater an. Niklas nickte. Hier war seine Chance zu fliehen. Er musste ja raus und jetzt konnte er Hilfe holen. Sein Vater gab ihm das Geld und sah ihn an. „Ich will dich in Fünf Minuten wieder hier haben, wenn nicht, dann wirst du dir wünschen neben Sonja zu liegen, ist das klar? Und wenn du zurück bist, dann wirf den Müll aus dem Bett in den Container!“ forderte er von ihm. Niklas nickte verängstigt. „Ich gehe…“ sagte er leise und nahm das Geld. Auf dem Flur zog er sich die Schuhe an und nahm noch schnell sein Handy aus der Schultasche. Auch wenn er kein Guthaben darauf hatte konnte er einen Notruf absetzen. Schnell verließ er das Haus und sah als er auf dem Weg war zum Haus. Sein Vater stand am Fenster und beobachtete ihn. Hass kam in ihm auf. Hass gegen den Mann, der ihn gezeugt hatte. Hass gegen den Mann, der ihn schlug seit er vier Jahre alt war. Hass gegen den Mann der seine geliebte Schwester umbrachte die ihm nichts getan hatte.

    Ben ging im Büro auf und ab wie ein Tiger. Noch immer hatten sie nichts von Semir gehört. „Verdammt, ich kann doch hier nicht so einfach herumsitzen.“, knurrte er nur und schlug dann auf den Tisch. Dann fiel es ihm wie Groschen von den Augen. Die einzigen, die von diesem Plan wussten, waren doch nur er, Semir, die Chefin und... „Dieter, Hotte...kommt, ich brauche euch sofort...“, schrie er und rannte aus dem Großraumbüro hinaus. Sofort waren die beiden Autobahnpolizisten hinter ihm und preschten mit dem Porsche hinter Bens Mercedes her. Die Fahrt ging zur V&V Sicherheitsfirma. Kreischend kamen die Bremsen zum Stehen und die Wagen hielten. Sofort sprang Ben raus und rannte in das Gebäude hinein. „Wo ist Thomas Kaiser?“, schrie er die Sekretärin an. Diese zuckte fast zusammen, als sie die Polizisten vor sich sah. „Er...er...ist in der Kantine.“, stieß sie aus. „Wo ist die?“, harkte Ben nun in einem leiseren Ton nach. Katrin Krüger wies in die Richtung. Ben, Dieter und Hotte rannten in den länglichen Gang. Doch in der Kantine war keine Spur von Kaiser. Ben sah sich jede Person, die dort saß, an. Doch Kaiser war definitiv nicht darunter. „Okay...seht in der Toilette nach und in der Küche!“, befahl Ben. Dieter und Hotte nickte und folgten diesem. Weder auf der Toilette noch in der Küche war eine Spur von Kaiser. „Okay...gehen wir noch in sein Büro und dann in die große Halle. Er muss ja irgendwo sein.“, knurrte Ben. Ihm überkam ein merkwürdiges Gefühl. Wenn Kaiser wirklich mit der Bande unter einer Decke steckte, dann konnte sich der Kerl auch schon abgesetzt haben. Er ging zur Sekretärin zurück. „Wo steckt Kaiser? Sie tun sich keinen Gefallen, wenn Sie ihn decken.“, gab er zu bedenken. „Decken? Warum...ich meine...er hat mir gesagt, dass er in der Kantine ist... und das er gleich zurück ist...“, kam leise von Krüger. „Wann war das?“, wollte Ben wissen. Katrin Krüger sah auf die Uhr. „Oh....das ist ja schon fast zwei Stunden her...“, kam erstaunt von ihr. Ben schloss die Augen. Kaiser hatte sich also abgesetzt... dachte er nur.

    Semir kam langsam zu sich. Doch die Dunkelheit lichtete sich nicht. Auch fühlte er keinen Boden unter den Füßen. Hatten die Kerle ihn über ein Loch gehängt? Er spürte die Schellen an seinen Gelenken und hörte die Kette rasseln. Verdammt....was hatten die Männer vor? Sein gesamtes Gewicht wurde von den Armen getragen und bereiteten ihm Schmerzen. „Hey?!“, rief er. Doch er hatte schon geahnt, dass ihn niemand hören wird. Er versuchte seine Hände zu bewegen, doch lösen konnte er seine Fesseln nicht. Aber vielleicht schaffte er es sich hochzuziehen und die Augenbinde los zu werden. So war er wenigstens nicht mehr blind. Klimmzüge konnte er doch sonst auch. Doch Semir machte die Rechnung ohne seinen Körper. Er hing hier schon einige Zeit und das machte sich nun auch bemerkbar. Ein Ziehen in den Schultern ließ ihm sein Vorhaben schnell vergessen. Mit den Füßen versuchte er festzustellen ob er überhaupt Boden erreichen konnte. Ohne etwas zu sehen, war er verloren. Er streckte seinen Fuß aus und stieß tatsächlich gegen etwas Hartes. Doch das konnte alles sein...ein Balken über ein Loch, oder harter Boden. Er musste etwas sehen.....nur wie sollte er die Augenbinde weg bekommen? „HEY!!!“, rief er erneut und horchte. „HILFE!!“ Nichts passierte. Er war tatsächlich allein. Irgendwo im Wald. Vermutlich sogar in einem schalldichten Raum. Ja klar...man hatte ihn ja ziemlich tief in das dicke Gemäuer gestoßen. Der Bunker...verdammt... das war der alte Bunker.....Semir erinnerte sich, dass sie vor einiger Zeit hier mal einen Drogentoten gefunden hatte. Deshalb kam ihm das Gebäude so bekannt vor. Er versuchte erneut, die Fesseln zu lösen. Hier wollte er nicht sterben...nicht so...

    Felipe und Leon fuhren nach Hause. Doch sie gingen nicht rein. Vor der Tür setzten sie sich auf den kleinen Spielplatz, der von dem Vermieter angelegt wurde. „Felipe...ich habe Angst, dass Mirko und Karsten den Fahrer töten. Wir müssen herausfinden, wo er ist...“, gab Leon zu bedenken. Felipe warf den kleinen Stein, den er in der Hand hatte und drehte seinen Fuß im Sand hin und her. „Verdammt, wenn die das tun, dann hängen wir mit drin. Aber was sollen wir machen? Selbstanzeige? Mit dem Bullen sprechen?“, wollte Felipe wissen. Leon sah ihn an. „Warum nicht? Das Geld...geben wir zurück....ich will nicht in den Knast...das kann ich deiner Mutter nein...unserer Mutter nicht antun...und du auch nicht.....lass uns diesen Jäger anrufen. Er machte doch einen vernünftigen Eindruck...wenn wir ihm erklären, dass wir Mitläufer sind, dann ..... wir könnten uns als Kronzeugen zur Verfügung stellen... dann kommen wir mit einer Bewährungsstrafe davon....“, schlug er vor. „Leon...du hast auf einen Menschen geschossen....das ist versuchter Mord...“, widersprach Felipe. „Aber ich wollte das doch nicht...es war ein Unfall...verdammt die Kugel hat sich gelöst....ich.....ich werde es erklären und wenn es sein muss, werde ich für meinen Fehler büßen...aber nun heißt es, ein Leben zu retten....hilf mir Felipe....lass uns reinen Tisch machen....bitte...“, flehte Leon regelrecht. Felipe atmete tief ein und stand dann auf. Er reckte sich etwas und nickte dann. „Du hast Recht....aber wir gehen erst zur Polizei, wenn wir wissen wo der Fahrer ist.“, schlug er vor. Leon dachte kurz nach und nickte dann ebenfalls. „Einverstanden....wo wollen wir suchen?“, wollte er wissen. Felipe zuckte mit den Schultern auf. „Ich hab, ehrlich gesagt, keine Ahnung...vielleicht haben sie ihn in die alte Ruine im Wald gebracht. Da haben wir doch letztes Jahr die Halloween-Party gefeiert.“, stieß der Deutschspanier dann aus. „Jaaa...“, kam es nur zustimmend von Leon. „Ein Anfang ist es sicherlich wert.“, erklärte er. Beide einigen sich darauf, nach dem Essen dort vorbei zu schauen.

    Semir verkrampfte sich, als er die Waffe im Genick spürte. Verdammt, er war aufgeflogen...also musste der Insider bescheid gewusst haben. Aber wer? Wer war es?, donnerte es immer wieder in seinem Kopf herum. „Du dachtest wohl, du kannst uns so einfach überlisten was? Aber nicht mit uns. Wir werden jetzt einen schönen Ausflug machen. Keine Angst, noch brauchen wir dich...“, hörte Semir die Stimme des Mannes. Als er in den Rückspiegel sah, blickten ihn durch die schwarze Maske nur zwei eiskalte Augen an. „Hören sie...ich...“ „Schnauze halten Bulle...fahr einfach die Autobahn entlang. An der nächsten Abfahrt raus und dann nach links...“, knurrte sein Entführer nur. Semir nickte und fühlte immer noch das kalte Metall in seinem Nacken. Er fuhr die Ausfahrt raus und dann nach links durch eine lange, schier endlose Waldstraße. „Jetzt nach rechts...“, zischte der Mann. Wieder nickte Semir und fuhr in einen düsteren Waldweg hinein. Es dauerte nicht lange und sie standen vor einem kaum zerfallenen, burgähnlichen Gemäuer, dessen Steine schon grün angelaufen und mit allerlei Moos und Efeu bedeckt waren. „Halt...los, aussteigen und die Hände gegen den Wagen...“, fauchte Karsten nur. „Und eine falsche Bewegung und ich blase dir deinen Schädel weg...“ Semir nickte. Was konnte er auch gegen zwei Bewaffnete schon anstellen? Er hoffte nur, dass Ben bald merken würde, was passiert war. Eine andere Chance hatte er nicht. Oder doch?

    Ben sah auf die Uhr. Schon zwanzig Minuten über der Zeit. „Mensch Semir, wo bleibt ihr denn?“, fragte er über seinen Knopf im Ohr. Doch keine Antwort. „Semir? Hallo, man lass diese dämlichen Scherze...“, knurrte er nur. Aber es kam keine Reaktion. Plötzlich kam Oliver Wunderlich in die Bank gestürmt. „Herr Jäger, kommen sie schnell...die...die Räuber haben die Tankstelle unten überfallen und den Geldtransporter samt Fahrer entführt.“, stieß der Geschäftsführer vollkommen atemlos aus. „Shit...“, fluchte Ben nur. Sie hatten ihn vollkommen gelinkt. Verdammt, dieser Plan war nach hinten los gegangen. Was hatte der Mann gerade gesagt? Geldtransporter samt Fahrer? Dann war Semir also in Gefahr. So eine...fluchte er nur und rannte dann mit dem Geschäftsführer nach unten, wo schon die Kollegen standen und alles aufnahmen. „Jäger, Kripo Autobahn...was ist hier passiert?“, wollte er wissen und drängte sich durch die Masse der Schaulustigen. Dieter musste nur grinsen. „Ben, was haben sie denn mit dir angestellt?“, lachte der große Polizist. „Dieter, klappe zu...jetzt sag mir endlich, was hier vorging?“, wollte der junge Hauptkommissar wissen. „Komm mal mit...“ Dieter führte Ben in den hinteren Raum zu den Überwachungskameras. „Die haben ihre Karts scheinbar hinter der Tankstelle positioniert, außerhalb der Kameras ihre Masken aufgezogen dann sind sie rein. Zwei sind sofort zum Geldtransporter und haben ihn mitsamt dem Fahrer entführt.“, erklärte Dieter. „Wir müssen unbedingt den Transporter finden. Semir ist der Fahrer.“, stieß Ben aus. „Was? Verdammt.“

    Leon und Felipe fuhren in ihr Versteck zurück. Bevor sie die Karts wieder auf die Bahn ließen, war nun saubermachen und umspritzen angesagt. „Hey, wo sind Mirko und Karsten?“, stieß Leon aus, als er sah, dass die anderen beiden Karts noch nicht da waren. „Keine Ahnung...aber sie kommen sicherlich noch. Wir sollten schon einmal anfangen und die Beute gut verstecken...ehe Goldfinger nach uns sucht...“, knurrte er. Leon nickte nur und schon fingen sie an, die Karts abzukleben und abzuspritzen. Nach einer halben Stunde waren die beiden Karts fertig, doch von den anderen war noch nichts zu sehen. „Ich versteh das nicht….die müssten doch längst hier sein…“, murmelte Felipe. Leon nickte nur. „Felipe….denkst du, die werden den Fahrer umbringen?“, fragte er. „Keine Ahnung…aber bisher gab es nie Tote. Warum sollte Karsten diesmal eine Ausnahme machen?“, wollte Felipe wissen „Ich weiß nicht….ich meine….diese ganzen Überfälle…es ist nicht mein Ding...ich will nicht im Knast enden und ich denke, du auch nicht. Das hat deine Mutter nicht verdient. Sie ist eine wundervolle Frau und….“, erklärte Leon leise. „Ich weiß, was du meinst…aber wir können nicht so einfach aussteigen. Das wird Karsten nicht zulassen…“, gab Felipe zu verstehen. „Dann hauen wir jetzt ab….“, grinste Leon. „Und das Geld? Nehmen wir unseren Anteil und dann hauen wir ab? Das kann ich meinen Eltern nicht antun…das hast du doch selbst gesagt.“

    Karsten legte nachdenklich auf. Diese verdammten Bullen….dachte er. Das wird dieser Fahrer, der ein Bulle war, zu spüren bekommen. Er wird an ihm den Kollegen zeigen was es heißt sich mit Karsten Rollenbeck anzulegen. Niemand sollte es wagen, sich gegen ihn zu stellen oder etwas gegen ihn zu unternehmen. Doch dann gingen seine Gedanken zu Leon. Dieser Junge schien wach zu werden und zu kapieren, dass er mit Karsten nur auf die schiefe Bahn kam. Dieser Bursche wird gefährlich werden. Vielleicht sollte er ihn und Felipe in die Tanke schicken und mit Mirko wird er dann diesen Bullen wegbringen und sich um eine anständige Bleibe für die Geisel besorgen. Ein Erdloch…oder ein Bunker. Er sah Mirko kommen und winkte ihn herbei. Mirko war der einzige, den er wirklich vertraute. Mirko war kein Feigling. Wenn Mirko sagte, er wäre dabei, dann war er das auch. „Hör mir genau zu… Der Boss hat gerade angerufen…er hat mich gewarnt, dass die Bullen uns eine Falle stellen wollen. Einer von ihnen spielt den Fahrer, während der zweite in der Bank sein wird. Wir werden deshalb die Tanke davor nehmen. Felipe und Leon gehen rein und in der Zeit schnappen wir uns den Fahrer und den Geldtransporter. Der Bulle wird merken, dass es nicht gut ist, mich als Feind zu haben. Dieser Fahrer wird es spüren. Hast du eine Idee, wo wir ihn verstecken können?“, wollte Karsten wissen. Mirko sah ihn an. „Du willst einen Bullen als Geisel nehmen? Was hast du davon? Ich meine, wenn wir das machen, dann werden alle andere Bullen Jagd auf uns machen.“, gab er zu bedenken.

    „Nur keine Sorge…wenn wir ihn haben, dann können wir seine Kollegen auch in Griff halten. Außerdem will ich ein Exempel statuieren. Wenn wir diesen Bullen nämlich zeigen was es heißt, sich mit mir anzulegen, dann werden seine Kollegen sich zurück halten. Er wird ihnen sagen, wie übel es ihm ergangen ist und die ziehen ihren Schwanz ein.“, lachte Karsten. „Okay…wir könnten ihn in dem alten Luftschutzbunker unterbringen. Du weißt schon..wo wir unsere Extesypartys gefeiert haben. Seit wir uns von der Gruppe getrennt haben, wird er nicht mehr benutzt. Wir sollten ihn uns mal ansehen.“, schlug Mirko vor. Karsten erhob sich. „Gut…fahren wir hin.“, nickte er. Gemeinsam mit Mirko fuhr er zu dem Bunker, der abgelegen lag. „Ja…dieses Gebäude…“, grinste er. „Das ist immer noch da…ich fass es nicht…wie lange ist das her?“, fragte er und sah Mirko an. „Vier Jahre…aber seit dem ist es auch verlassen. Die Bullen haben sogar ein neues Schloss dran gemacht…“, erklärte Mirko. Karsten sah ihn an. „Ist das ein Problem?“, wollte er wissen. „Wenn die Bullen hier ein neues Schloss rangemacht haben, was wissen die dann wohl?“, knurrte der Mann. „Keine Ahnung...“, erklärte Mirko nur. „Man du Depp...die Bullen wissen dann über das hier bescheid.“, entgegnete Karsten nur und schlug Mirko an die Stirn. „Hey, was soll das denn?“, stieß er aus. „Wir müssen was anderes finden...ha, ich hab's...“, kam es nur von Karsten und sofort ging er zum Wagen zurück. „Kommst du?“ Mirko rannte hinterher und sprang in den Wagen. Die Fahrt ging los und wenige Minuten später standen sie vor einem alten, burgähnlichen Gemäuer. „Ja, das ist es...“, stieß Karsten nur aus und grinste. Mirko verstand sofort. „Wir sehen uns das mal an.“

    „Gefällt es dir nicht?“, wollte Andrea grinsend wissen. Semir hielt das blau-grün-gelbe Hawaiihemd hoch und drehte es immer wieder um. „Andrea, soll ich das...das etwa tragen? Zum Dienst?“, stieß er aus und lag es dann wieder auf das Sofa. „Warum denn nicht? Mama hat es so gut gemeint. Sie sagte, ein bisschen Farbe würde dir sicherlich ganz gut tun.“, grinste Andrea und konnte sich selbst nicht vorstellen, dass ihr Mann das alberne Hemd tragen würde. „Ein bisschen Farbe ist ja okay...aber doch nicht gleich ein ganzer Tuschkasten.“, knurrte Semir nur und setzte sich dann in den Sessel. Sofort war Felix auf seinen Schoß gesprungen und legte sich lang und breit hin. „Hey, ich hab gesagt, du bist ab jetzt nur noch zweite Wahl.“, lächelte sein Herrchen und setzte das Katzentier wieder runter. Doch so einfach wollte es Felix nicht machen. Wieder sprang er auf Semirs Schoß und rieb seinen Kopf an der Handfläche von Semir. Dieser streichelte ihn dann doch und sah seine Frau an. „Andrea, ich will das Hemd nicht anziehen...“ „Okay, aber sobald meine Mama hier auftaucht, wirst du das Hemd tragen...ihr zuliebe.“, erklärte sie. Zögernd nickte Semir nur und ließ dann den Kater wieder runter. Er stand auf und zog Andrea dicht an sich ran. „Einverstanden...“, grinste er und küsste sie heiß und innig. „Komm, wir haben viel nachzuholen. Lass uns die ganze Nacht kuscheln.“, grinste er und zog Andrea mit sich die Treppe hinauf.

    „Guten Morgen die Herren,“ begrüßte sie der Chefarzt Dr. Günther Nagel. Er sah sich die Akte von Ben an und nickte. „Der Heilungsprozess verläuft sehr gut. Ich denke wir können übermorgen die Schlinge weglassen und anfangen den Arm wieder zu bewegen.“ lächelte er. Dann besah er sich noch die Wunden und nickte ebenfalls zufrieden. „Sieht alles sehr gut aus. Haben Sie irgendwelche Beschwerden?“ wollte er von Ben wissen. Dieser schüttelte den Kopf. „Sehr schön..“ lobte der Arzt ihn. Dann sah er Semir an. „Herr Gerkan...Dr. Neugebauer hat mir von Ihrem gestrigen Ausflug erzählt. Es ist sehr bedauerlich, dass Sie diesen Vorfall erlebt haben und ich denke Ihre Kollegen werden Schwester Sabrina sicher bald stellen. Schade dass Sie die alte Dame nicht retten konnten. So nun zu Ihnen selbst. Ich weiß dass Dr. Neugebauer Ihnen gesagt hat, dass nichts beim Sturz passiert ist. Das ist leider nicht ganz richtig. Ich gehe mal davon aus, dass der Dr. noch müde war als er sich die Bilder angesehen hat und die neue Verletzung nicht entdeckt hat. Sie werden jetzt nicht mehr um die OP herumkommen. Der Bruch den Sie eh schon hatten ist wieder offen und ein Knochen hat sich verschoben. Wir müssen das operativ richten, sonst wächst es schief zusammen und das wollen wir ja nicht.“ lächelte der Arzt ihn an. „Aber...ich wollte heute nach Hause..“ kam leise von Semir. „Daraus wird nichts. Sie werden hier wohl noch zwei Wochen mit Ihrem Kollegen das Zimmer teilen müssen.“ lehnte Dr. Nagel ab. Ben grinste leicht. „So macht er das immer. Erst jammert er, dass es langweilig ist und dann macht er eine Ehrenrunde.“ gab er zu verstehen. Semir sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „ha...ha...sehr witzig. Wann wollen Sie operieren?“ wandte er sich dem Arzt wieder zu. „Sie werden jetzt schon die Narkose bekommen und in knapp einer Stunde ist alles vorbei.“ erklärte Dr. Nagel. Nur wenig später war Semir soweit, dass er in den OP gebracht werden konnte. Ben hob noch die Hand. „Bis später ..“ gab er von sich. Semir nickte nur. Er war schon etwas im Dämmerschlaf. Doch Ben wusste auch so, dass er die Schwester hätte in der Luft zerreißen können, wenn sie hier gewesen wäre.

    Sabrina Gerolds war zwischenzeitlich dabei ihre Habe in den Koffer zu packen und dann möglichst schnell zum Flughafen zu kommen. Sie musste weg, egal wohin, Hauptsache weg aus Köln oder am besten raus aus Deutschland. Warum musste dieser Gerkan ausgerechnet dann an der Tür vorbei fahren als sie die Tat ausführte. Die Alte hätte doch eh keine Chance mehr gehabt und war schon mehr tot als lebendig. Sie hatte sie doch nur vom Leid erlöst. Sabrina stöhnte auf. Endlich ...der Koffer war fertig. Doch als sie zur Tür ging klingelte es. Panisch sah sie zur Tür. Mit leisen Schritten ging sie hin und versuchte keinen Lärm zu machen. Dann sah sie durch den Spion. Vor der Tür standen zwei Männer in Zivil. Doch Sabrina öffnete nicht. Das waren bestimmt Kollegen von Gerkan. Verdammt....was sollte sie tun? Sie kam hier nicht raus. Vielleicht verschwanden sie wenn sie merkten, das niemand öffnete. Sabrina drückte sich an die Wand und wartete. Sie atmete tief ein und aus. Ihr Herz schlug laut und sie hatte schon Angst dass man es hörte. Noch einmal klingelte es. Dann klopfte es. „Frau Gerolds! Wir haben gehört dass Sie da sind! Machen Sie auf, hier ist die Polizei! Es hat keinen Zweck sich zu verstecken!“ hörte sie die Stimme von einem der Männer. Doch Sabrina reagierte nicht darauf. Sie musste ausharren. Sicher wurde es den Männern irgendwann langweilig und sie würden gehen. Die Zeit zog sich in die Länge. „Geht doch bitte...haut ab...bitte...“ flehte Sabrina leise, doch die Männer taten ihr den Gefallen nicht. Sie sah auf die Uhr. Ihr Flieger ging in knapp zwei Stunden. Bis zum Flughafen brauchte sie eine halbe und zum einchecken auch noch mal gute zwei Stunden. Verdammt der Flieger würde ohne sie starten wenn sie jetzt nicht verschwand. Über den Balkon...ja....du Dummchen, warum hast du nicht daran gedacht? Sie wandte sich um und wollte zum Balkon gehen, als die Haustür mit brachialer Gewalt gegen die Wand flog. Sabrina drehte sich erschrocken um. Die beiden Männer die eben noch vor der Tür standen waren nun in ihrer Wohnung und richteten eine Waffe auf sie. „Nicht schießen...bitte.....nicht schießen...“ weinte sie leise. „An die Wand!“ fauchte einer der Männer sie an. Sabrina nickte und tat es. Nur wenig später klickten die Handschellen und sie wurde abgeführt.

    Semir kam eine knappe Stunde wieder aufs Zimmer. Er schlief noch tief und Ben sah die Schwester an. „Ist alles gut gegangen?“ wollte er wissen. „Ja...es ist alles in Ordnung.“ lächelte sie. „Schwester Agnes...wollen wir nicht mal etwas zusammen unternehmen? Ich meine Sie sind doch ledig und ich hätte sicher in zwei Wochen am Wochenende zeit..“ bot Ben an. „Ja...warum nicht...“ lächelte die junge Frau. „Wirklich?“ harkte Ben erstaunt nach. Nachdem Schwester Angela ihm erst vor wenigen Minuten gesteckt hatte, dass sie zwar ledig sei aber kein Interesse an Männern hätte, war für ihn der Tag so gut wie gelaufen. Und nun kam Schwester Agnes die mit ihren langen blonden Haaren die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und diesen noch hochgesteckt. Es machte ihr längliches Gesicht noch schmaler und schöner. „So aber nun wird noch etwas entspannt. Herr Gerkan wird sicher in knappen zehn Minuten aufwachen.“ lächelte sie und verschwand. „Bis bald…“ grinste Ben. Tatsächlich wachte Semir nur wenig später auf. „Hey. Partner…“ begrüßte Ben ihn. „Hallo….boah…fühl ich mich komisch.“ stöhnte Semir und richtete sich etwas auf. „Na dann wirst du wohl doch noch etwas hierbleiben müssen.“ meinte sein Partner nur und lehnte sich zurück. „Das freut dich wohl..“ wollte Semir wissen. „Nun ja…das würde mir die Zeit hier versüßen. Und wenn ich fertig bin, dann wartet Schwester Agnes auf mich.“ gab Ben zufrieden von sich. „Agnes? Nicht Angela?“ wollte Semir nun wissen. Er wurde immer wacher. „Nun ja…Angela hat mir gestanden, dass sie sich nicht mit Männern vergnügt. Nun ja…da gab es wohl ein kleines Missverständnis.“ kam von Ben. „Na eine Woche werde ich dann wohl doch noch mit dir zusammen sein. Andrea ist sicher froh, wenn sie mich nicht auch zuhause hat.“ gab Semir nachdenklich von sich. Ben nickte nur. „Ganz sicher. Sie vergnügt sich mit ihrem Liebhaber. Da würdest du eh nur stören.“ lachte er leise. Semir sah ihn an. „Wo ist mein Handy? Ich muss sie anrufen und ihr sagen, dass….“ suchte er in der Schublade. Ben lachte leise. „Das habe ich bereits getan. Sie dürfte gleich hier sein.“ erklärte er. „Danke…du bist ein wahrer Freund….“ fauchte Semir, doch dann grinste er breit. „Ob die in der PAST wohl schon vor Langeweile gestorben sind?“ wollte er wissen. Doch darauf wusste Ben auch keine Antwort.

    Andrea kam tatsächlich nur wenig später ins Krankenzimmer. Sie sah Semir etwas strafend an. „Warum kannst du nicht einfach in deinem Bett liegen bleiben und schlafen? Warum musst du auf nächtliche Tour gehen?“ wollte sie von ihm wissen. „Andrea…ich konnte nicht schlafen und wollte nur etwas frische Luft schnappen. Was kann ich denn dafür, dass diese Schwester da eine Patientin umbringt? Ich habe nichts Böses getan!“ verteidigte Semir sich müde. Andrea strich ihm übers Gesicht. „Ich weiß. Wie geht es dir? Wie ist die OP verlaufen?“ harkte sie nach. „Ich glaub ganz gut. Nur werde ich bestimmt noch eine Woche hier liegen.“ Stöhnte Semir auf. „Das ist grausam. Aber dann freust du dich umso mehr auf uns, wenn du nächste Woche entlassen wirst. Sofern du diesmal im Bett bleibst“ mahnte sie ihn. „Darauf kannst du dich verlassen. Wer weiß sonst fange ich mir noch eine Kugel von einem Arzt ein oder was. Das Krankenhaus ist ganz schön gefährlich.“ nickte Semir und grinste breit. Andrea lachte auf. „Nun übertreib nicht so. Du bist ja schlimmer als Ayda die in letzter Zeit auch so viele Geschichten erfindet. Gestern hat sie mir erzählt, dass sie eine Geiselnahme in der Schule hatte. Ich war ziemlich geschockt und dann sagte sie mir, dass sie gesehen hat wie eine Spinne eine Wespe als Geisel genommen hat. Und wenig später sei die Wespenpolizei, welche sie eindeutig als eure Kollegen einstuft, gekommen und hat die Geisel befreit. Sie erzählte, dass die Wespen die Spinne regelrecht ermordet haben. Das Kind hat eine verdammt große Fantasie und so vermutet die Lehrerin wohl eher ihre eigene Erfahrung mit der Wespe verarbeitet.“ erzählte Andrea. Semir nickte. „Sie ist meine Tochter. Das kannst du nicht abstreiten. Ganz Gerkan.“ kam stolz von ihm. Ben sah ihn an. „Stimmt….ihr seid eins.“ Stimmte er zu. Andrea sah ihn an. „Wie willst du dich eigentlich versorgen, wenn ihr raus seid? Ihr müsst sicher noch eine Weile auf Krücken gehen oder?“ harkte sie nach. Ben nickte. „Sicher drei bis vier Wochen. Nun ja….der Pizzadienst wird sicher gut verdienen.“ Stöhnte er leise. Andrea sah wieder zu Semir. „Oh nein!! Andrea…das geht nicht. Das wird zu viel für dich! Das geht auf gar keinen Fall!“ begehrte er auf. „Natürlich geht das. Du und Ben werdet zusammen gesund werden. Du wirst sicher mit den Krücken die paar Treppen schaffen. Das kräftigt die Armmuskulatur und das packen wir schon.“ versprach Andrea.

    Ende

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    So liebe Leute…das war es. Ich bedanke mich für die vielen Feeds, egal ob negativ oder positiv und kann euch versprechen, das die nächste Story schon fast in den Startlöchern steht. Jetzt muss ich nur meine QS-Prüfung nächste Woche schaffen und der Kopf ist frei für neue Ideen. Ach ja..die nächste Story heißt ganz einfach „Niklas“