Der Abend schritt voran und während sich die Kollegen im Revier mit dem Einsatz vertraut machen, las Semir die Zeitung des Tages und sah zwischendurch fern. Irgendwie genoss er das Nichtstun und erholte sich so immer mehr von seinen Blessuren. Er versuchte sich zu erinnern, doch noch immer gelang es ihm nicht. Die Tage fehlten einfach. Die Bilder die er zwischendurch sah konnten ihm keinen Aufschluss geben, was passiert war aber er spürte dass es nicht lange dauern wird bis die Erinnerung sich einstellte. Er sah aus dem Fenster. Langsam ging die Sonne unter. Es sah wunderbar aus und so stand er auf und überlegte einen Spaziergang zu machen. Es war doch auch in den letzten Tagen nichts passiert was darauf deutete, dass er in Gefahr war. Außerdem konnte er ja Atilla oder Siggi zum Schutz mitnehmen. Er musste ja auch nicht ganz Köln durchlaufen. Nur mal kurz in den Park um die Ecke. Ja…das war die Idee…eine sehr gute Idee. Semir zog sich eine Jeans an und verließ die Wohnung. Die Schlüssel steckte er in die Tasche. „Hey Semir! Hältst du das für eine gute Idee?“ wollte Atilla wissen der ihn sah, als er aus der Tür kam. „Ich will mir nur ein wenig die Beine vertreten. Du kannst mich ja begleiten während Siggi die Wohnung weiter beobachtet.“ schlug der türkische Hauptkommissar vor. Atilla sah Siggi an und dieser nickte. „Also gut…aber nicht zu weit. Eine halbe Stunde hin und eine halbe zurück. Danach bist du wieder oben!“ forderte Siggi ihn auf .Semir grinste ihn an. „Ja wohl!“ versprach er und ging los. Atilla lief hinterher. Sie gingen durch den Park. „Herrlich…endlich mal wieder etwas raus…. Die Natur genießen…“ strahlte Semir. „Du tust gerade so, als wärst du eingesperrt.“ knurrte Atilla. „Nun ja, ist ja auch irgendwie so oder?“ grinste Semir. „Wenn du das so siehst ja….lass uns einfach noch bis zur Ecke und dann gehen wir wieder zurück.“ bat Atilla. Semir sah ihn an. „Hast du Angst, dass man mich entführen könnte?“ wollte er wissen. „Man weiß nie…“ grinste Atilla. Tatsächlich gingen sie nur zwanzig Minuten später wieder zur Schutzwohnung. „Danke für deine Begleitung…“ verabschiedete Semir sich und ging wieder ins Haus in dem die Schutzwohnung lag. Er öffnete die Tür und betrat sein derzeitiges Reich. Es klingelte und Semir sah sich verwundert um. Es war nicht das Handy welches er von Tom bekommen hatte. Er ging dem Klingeln nach und fand in seiner Jacke ein fremdes Handy. Er erkannte es nicht. So ein altes Gerät wäre ihm aufgefallen. Woher kam es? Doch dann erinnerte er sich. Es lag in seinem Krankenzimmer auf dem Tischchen und er hatte es eingesteckt. Auf dem Display stand „anonymer Anrufer“. Toms Worte fielen ihm ein. „Du wirst nur an dieses Handy gehen…“ sagte sein Partner. Sollte er es ignorieren? Was wenn es wichtig war? „Ja?“. meldete er sich nach ein paar Minuten. „Semir? Daniela hier…hör zu, ich glaube ich kann dir helfen dich zu erinnern. Das Handy hab ich dir auf den Tisch gelegt. 1. Weil ich wusste das du es einstecken würdest und 2. weil ich unbedingt mit dir sprechen muss. Aber dazu müsstest du zu mir kommen. Meinst du das klappt?“ wollte seine ehemalige Freundin wissen. „Ich weiß nicht…ich stehe ja unter Schutz. Wo sollte ich denn hinkommen? Ich könnte die Kollegen mitbringen.“ bot er an. „Nein, nein…ich muss dich allein sehen. Bitte….es ist für dich doch auch wichtig dich zu erinnern.“ bettelte Daniela. Semir dachte kurz nach. Sie hatte Recht. Sie war mit ihm am letzten Abend vor seinem Verschwinden zusammen und wenn sie wusste, was passiert war, dann konnte sie ihm wirklich helfen. Doch auch die Warnung von Andrea fiel ihm ein. So dachte er kurz nach. „Du hast doch im Krankenhaus gesagt, dass du nichts weißt. Warum jetzt?“ wollte er wissen. „Das kann ich dir nicht am Telefon erklären. Bitte…komm…“ bat sie erneut. „Also gut…ich komme….wann?“ hakte er nach. „Sagen wir um Mitternacht. Du wirst sicher einen Weg finden, deine Kollegen abzuhängen oder?“ hörte er sie lachen. „Ja sicher…mach dir da mal keine Sorgen. Wohin soll ich kommen?“ fragte er nun weiter. „Zum Rhein, auf den Güterbahnhof. Ich werde auf dich warten.“ bot sie an. „Alles klar…ich komme um Mitternacht hin.“ versprach Semir und beendete das Gespräch.
Atilla und Siggi sahen wie gegen Mitternacht das Licht im Wohnzimmer von Semirs Schutzwohnung erlosch und im Schlafzimmer anging. Dann wurde es dort auch wieder ausgeschaltet. „Tja, der Junge kann schlafen gehen, während wir uns die Nacht um die Ohren schlagen müssen.“ knurrte Atilla. Siggi sah auf die Uhr. „Nicht mehr lange, dann sind Hotte und Dieter wieder hier.“ beruhigte er seinen Partner. Tatsächlich kamen Dieter und Hotte gegen halb eins an und lösten sie ab. „Okay, dann schönen Feierabend Jungs. Wir übernehmen wieder. Ist irgendwas vorgefallen?“ hakte Hotte nach. „Semir hat mit Atilla einen Spaziergang gemacht. Jetzt schläft er wohl.“ nickte Siggi. „Wieso spazieren!? Er soll in der Wohnung bleiben! Wir wissen doch gar nicht in welcher Gefahr er schwebt!“ empörte sich Dieter. „Nur keine Sorge. Wir waren doch bei ihm. Und jetzt liegt der gute Junge im Bett.“ lachte Atilla. „Nun gut…wir fahren rauf!“ legte Hotte fest. Die beiden Polizisten verschwanden im Haus und Siggi fuhr mit Atilla davon. Leise zog Hotte den Schlüssel hervor und schloss die Tür auf. „Dann wollen wir uns mal leise hineinschleichen…nicht das Semir noch wach wird.“ grinste Dieter. „Erst sehen wir nach ihm.“ schlug Hotte vor und schlich sich auf Socken durch das Wohnzimmer in das Zimmer wo Semir schlafen sollte. Erstaunt stellte er fest, dass Semir nicht im Bett lag. „Er ist gar nicht da!“ stieß Hotte aus. „WAS?“ kam entsetzt von Dieter, der sofort ins Zimmer kam. Das Bett war unberührt. „Verdammt…wo kann er nur sein?“ Sie durchsuchten die ganze Wohnung, doch von Semir keine Spur. „Verdammt, das kann doch nicht sein!“ knurrte er auch. „Es ist aber so! Warte ich rufe Siggi an.“ legte Hotte fest und wählte Siggi an. „Hört mal! Habt ihr geschlafen? Semir ist weg!“ fauchte er wütend durch das Telefon. „Willst du mich verarschen? Semir ist in der Wohnung gewesen. Er hat doch das Licht ausgemacht!“ widersprach der Kollege direkt. „Er ist nicht da! Das Bett ist unbenutzt!“gab Hotte zurück. „Verdammt…wir schwören, wir haben ihn oben am Fenster gesehen! Es war Semir, er ist doch direkt nach dem Spaziergang in die Wohnung gelaufen!“ behauptete Siggi. „Und wo warst du während er mit Atilla unterwegs war?“ wollte Hotte nun wissen. „Ich war hier im Wagen und habe das Haus beobachtet. Es war wirklich nichts los. Es ist niemand rein gegangen oder raus gekommen!“ beschwor Siggi. Dieter sah sich um. „Hier!! Eine Nachricht von Semir!“ rief er plötzlich und kam mit einem Zettel ins Schlafzimmer. „Zeig mal!“ forderte Hotte und riss ihm den Zettel aus der Hand. „Treffe mich mit Daniela am Güterbahnhof in Longerich… Sie kann mir helfen mich zu erinnern…Semir…“ las er vor. „Ja spinnt der denn total? Weiß er nicht in welcher Gefahr er schwebt? Los! Wir fahren hin!“ legte er fest. „Willst du nicht Tom informieren?“ fragte Dieter erstaunt. „Nein, das machen wir!“ lehnte Hotte ab. „Steht da genau der Treffpunkt? Ich meine der Bahnhof ist groß und….?“ gab Dieter nun zu bedenken. „Das steht nicht da…aber wir werden ihn finden! Und dann kann er sich auf etwas gefasst machen, das glaub mir mal!“ versprach Hotte. Gemeinsam verließen sie die Wohnung und machten sich auf den Weg zum Güterbahnhof.