Andrea legte auf. Wut stieg in ihr auf. Wut auf Semir, der scheinbar nichts anderes tun konnte als Robert anzugreifen. Warum suchte er nicht einmal die Fehler bei sich selbst? Immerhin war er es, der Ayda in Gefahr gebracht hatte, er war es, der nicht fragte wie es ihr ging oder was sie gerade beschäftigte. Er war es doch, der ständig sein Leben aufs Spiel setzte und zum Teil so leichtsinnig war, dass er dabei vergaß das eine Frau und zwei Kinder daheim auf ihn warteten und Angst hatten, dass er eines Tages nicht wieder nach Hause kam. „Mama?“ riss Aydas Stimme sie aus den Gedanken. „Ja?“ fragte sie etwas fahrig. „Was ist denn los?“ wollte ihre Älteste wissen. „Nichts…wirklich…ich habe nur eben einen Anruf bekommen, der mich sehr wütend gemacht hat.“ erklärte sie. „Ging es um Papa?“ hakte das Mädchen nun nach. Andrea lächelte. Ayda hatte einen 7. Sinn wenn es um die Familie ging. „Ja….leider…“ nickte Andrea nun. „Lass mich raten…er war bei Robert.“ meinte Ayda. Andrea nickte. Ayda stöhnte auf. „Hast du Papa noch lieb?“ wollte sie nun von ihrer Mutter wissen. Andrea sah sie an. „Schatz…geh bitte wieder spielen ja…?“ bat sie das Mädchen. „gut, wenn du nicht reden willst. Können Emilie und ich am Wochenende zu Papa?“ fragte Ayda unbeirrt weiter. „Mal sehen, mein Schatz…hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?“ versuchte Andrea ihre Tochter abzulenken. „Schon lange…ich mache sie immer direkt wenn ich von der Schule komme. Das weißt du doch. Ich habe übrigens eine 1 in Mathe geschrieben und damit habe ich einen Wunsch frei. Papa hat das immer so gesagt!“ forderte Ayda nun. Andrea stöhnte leise. Ayda konnte wie Semir sein. Unnachgiebig wenn es sein musste. „Also gut…was wünscht du dir?“ gab sie nun klein bei. „Ich wünsche mir, dass wir wieder eine Familie sind. Du, Papa, Lilly und ich. Das wir alle in dem Haus wohnen und uns lieb haben!“ erklärte Ayda. Andrea ging in die Hocke. „Schatz…ich würde es dir ja sehr gern erfüllen, aber das geht nicht. Sieh mal…Mama und Papa brauche eine Pause. Aber ich verspreche dir, dass ihr am Wochenende zu Papa dürft. Würde das reichen?“ wollte sie von ihrer Tochter wissen. Ayda überlegte kurz und nickte dann. „Aber du musst mir versprechen, dass du nicht böse auf Papa bist, weil er bei Robert war.“ gab die Neunjährige von sich. Andrea musste lächeln. Ayda hatte genau wie Semir die perfekte Art so zu reden, wie es gerade passte. Nachdem das Kind wieder weg war griff Andrea zum Telefon und rief Semir an. Es meldete sich aber nur die Mailbox. Andrea wählte nun die Nummer der PAST.
Semir fuhr zur PAST und traf wesentlich später ein, als er es eigentlich vorgehabt hatte. „Hast du verschlafen oder was?“ wollte Ben von ihm wissen. „Nein…“ gab Semir zu. „Ach und wo warst du? Dienstbeginn war vor einer Stunde.“ stellte sein Freund ihn zur Rede."Ich hab dich schon ein paar Mal versucht anzurufen und wollte gerade zu dir nach Hause fahren" beschwerte sich der Hauptkommissar. „Ich war bei Robert…“ erklärte Semir. Ben stöhnte auf. „Deswegen hatte Andrea schon angerufen…“ meinte er nachdenklich. „Hat sie?“ hakte Semir nach. „Ja was denkst du denn? Dieser Robert hat sie mit Sicherheit direkt angerufen, nachdem du dort weg bist. Semir….das war der falsche Weg. So kannst du sie sicher nicht zurück gewinnen. Sie wird sicher gleich noch mal anrufen…“ meinte Ben Semir kramte in seinen Sachen nach seinem Handy, konnte es aber nicht finden."Was ist?"fragte Ben der ihn beobachtet hatte."Mein Handy, ich muss es zu Hause liegen gelassen haben" überlegte Semir. In diesem Moment klingelte Semirs Bürotelefon. Er reckte seinen Kopf und sah im Display, wer anrief. „oh verdammt…“ stieß er aus und sah Ben an. „Kannst du ihr sagen, dass ich nicht da bin…?“ bat er ihn. Ben nahm den Hörer. „Ben Jäger, Kripo Autobahn, Apparat Gerkan..“ meldete er sich. „Andrea….schön das du anrufst.“ säuselte er ins Telefon und stellte den Lautsprecher an. „Ist Semir noch immer nicht da?“ wollte die Frau seines Partners wissen. „Im Augenblick nicht, kann ich ihm etwas ausrichten?“ fragte Ben nach. „Ja das kannst du! Sag ihm bitte, dass er nicht zu feige sein soll und selbst ans Telefon gehen kann. Er hört doch sicher mit oder? Semir! Was sollte das? Kannst du nicht einmal den Fehler bei dir suchen?“ brüllte sie wütend. Ben sah Semir aufmunternd an. „Andrea, ich wollte doch nur ….ich meine, ich wollte wissen wer….“ fing Semir nun an und nahm den Hörer in die Hand. „Was denkst du dir dabei? Semir, ich will nicht noch einmal das du Robert aufsuchst, haben wir uns verstanden?“ wollte Andrea wissen. „Ja habe ich…“ gab Semir kleinlaut zu. „Gut und es gibt noch eine Planänderung!“ kündigte sie nun an. „Welche denn noch? Willst du dass ich das Haus verlasse? Es verkaufe? Oder was?“ knurrte Semir in den Hörer. „Nein, Ayda hat eine „1“ in Mathe geschrieben und da wir ja eingeführt haben, dass sie sich etwas wünschen darf, hat sie sich gewünscht das Wochenende bei dir zu verbringen. Also wenn du nichts anderes vorhast, dann darfst du sie beide am Wochenende abholen.“ Nun klang Andreas Stimme schon gelassener. Semirs Augen blitzten auf. „Danke, ich hole sie ab…versprochen…“ strahlte er und legte auf.