„Verdammt! Das kann doch nicht sein. Ich weiß genau, das Semir nicht auf die Frau geschossen hat! Warum behauptet dieser Gruber das? Was ist mit den Videobändern?“ keimte in Ben die Hoffnung auf. Hartmut nickte. „Also die Bänder habe ich gesichtet. Allerdings muss ich dich enttäuschen! Man sieht den Überfall und auch den Schusswechsel. Nur bringt es nichts.“ erklärte Hartmut. „Leider befindet Semir sich genau im toten Winkel. Man sieht nur seinen linken Fuß, mehr nicht. Tut mir Leid Ben.“ erklärte Hartmut. „Ohhhh Mann!“ stieß Ben aus und fuhr mit seinen Händen durch die Haare. „Das kann doch einfach nicht wahr sein! Es muss doch etwas geben! Irgendwas, das Semirs Unschuld beweist.“ fauchte er verzweifelt. Hartmut sah ihn an. „Warum fragst du Gruber nicht einfach, warum er es behauptet?“ wollte er von Ben wissen. Ben sah ihn an. „Ja, du hast Recht…ich werde ihn fragen. Danke Hartmut und du suchst weiter nach Beweisen für Semirs Unschuld!“ rief Ben und schon verschwand der junge Hauptkommissar. Hartmut sah ihm eine ganze Weile nach und dann schüttelte er den Kopf. „ Ich heiße Hartmut und nicht Merlin! Wo soll ich denn Spuren und Hinweise finden, wenn es keine gibt…“knurrte er. Doch dann widmete er sich wieder der Arbeit. Doch irgendwie fühlte er sich hilflos. Sicher, Semir hatte nicht auf die Frau geschossen. Zumindest nicht absichtlich, das sagte ihm sein Menschenverstand, doch was wenn er durchgedreht ist? Jeder in der PAST wusste doch wie sehr Semir unter der Trennung von der Familie litt. Was wenn er den Kopf verloren hatte und einfach in die Richtung von Frau Gruber geschossen hatte. Vielleicht hatte er sie als Gegner gesehen und wollte sie nur kampfunfähig schießen? Nein….nein nicht Semir! Er war gefasst und er hatte bisher nie versagt. Vielleicht sollte er mal mit Semir sprechen um die Umstände aus seiner Sicht zu sehen. Ja, warum eigentlich nicht? Er war doch auch ein Freund von ihm und er war felsenfest von der Unschuld von Semir überzeugt. Es konnte nicht anders sein. Er griff zum Handy und wollte gerade Semir seinem Besuch ankündigen, als das Telefon klingelte. „KTU Freund!“ meldete er sich. „Hallo Hartmut, Frank hier. Ich bin gerade mit der Autopsie der Frau Gruber fertig und du wolltest doch wissen wenn ich etwas Merkwürdiges gefunden habe.“ kam von dem Anrufer. „Ja, Frank…super das du anrufst. Ich krieche nämlich auf dem Zahnfleisch.“ gab Hartmut bekannt. „Nun, leider gibt es nicht wirklich gute Nachrichten. Die Frau starb eindeutig an den Verletzungen, die das Geschoss verursacht hat.“ berichtete Frank. Hartmut legte auf ohne etwas zu sagen. Die Schlinge zog sich verdammt eng um Semirs Hals.
Semir versuchte Ruhe zu finden und schaltete den Fernseher ein um sich abzulenken. Das Telefon klingelte und das Display zeigte eine unbekannte Nummer an. Er drückte weg. Kurz danach läutete sein Handy. Dieselbe Nummer wurde angezeigt. Diese verdammten Presseleute geben einfach nicht auf. Er musste sich beherrschen, um nicht abzuheben und den Anrufer anzubrüllen. Semir ging in die Küche um sich einen Kaffee zu machen. Während er das Wasser in die Maschine laufen ließ sah er aus dem Fenster. Immer noch standen einige Fahrzeuge vom Fernsehen vor seinem Grundstück. Er hing seinen Gedanken nach und stützte sich auf dem kalten Herd ab. Was war nur passiert? „Haben Sie die Frau absichtlich erschossen?“ riss ihn eine Stimme aus den Gedanken. Semir drehte sich erschrocken um. Dabei fielen ihm zwei Tassen von der Arbeitsplatte und schepperten auf den Fliesenboden wo sie in tausend Stücke sprangen. Vor ihm stand eine ca. dreißigjährige Frau. „Wie kommen Sie in mein Haus?“ fragte er anstatt auf die Frage einzugehen. „Warum beantworten Sie mir meine Frage nicht zuerst?“ wollte sie wissen. „Wer sind Sie?“ hakte Semir nach. „Gut, dann kommen wir erst den Höflichkeitsfloskeln nach. Mein Name ist Cordula Reiners…ich bin vom Kölner Tagesblatt. Und ich will wissen, warum Sie die Frau erschossen haben!“ forderte sie. „Verlassen Sie sofort mein Haus!“ fauchte Semir sie an. „Herr Gerkan, sagen Sie mir was passiert ist. Jetzt haben Sie die Chance dazu. Wenn Sie mir nicht erzählen was ich wissen will, dann drucke ich das, was mir mein Informant gesagt hat. Das wird sehr übel für Sie werden.“ lächelte Cordula. Semir stellte sich dicht vor ihr. Die Frau überragte ihn mit einem halben Kopf. „Wollen Sie mir drohen?“ fragte er leise. „Nein, ich möchte Ihnen lediglich den Rat geben sich der Presse offen zu zeigen. Wenn Sie nichts getan haben, dann brauchen Sie auch nichts befürchten. Die Presse kann ein guter Freund sein, oder aber ein schlimmer Feind. Sie haben es in Ihrer Hand.“ gab Cordula sachlich zurück. „Raus!“ forderte Semir sie auf. Er packte sie am Arm und stieß sie zur Tür. „Raus!“ wiederholte er. Dann öffnete er die Tür und stieß die Frau hinaus. Er schlug die Tür zu und schloss ab. „Sie wollen also Lügen lesen? Gut, das können Sie haben! Polizist erschießt Frau aus Rache! Wie ist es damit?“ hörte er die Frau. Semir atmete tief ein. Er wusste genau, das die Zeitungen schreiben würden, was ihnen eine größere Auflage versprechen würde. Egal was er dieser Frau erzählen würde. „Herr Gerkan, ich will Ihnen doch nichts Böses! Sie haben die Chance alles richtig zu stellen!“ kam nun von ihr. Doch Semir ließ sich nicht umstimmen. Er durfte und er wollte kein Interview geben. Nicht solange nicht feststand warum und wie die Frau verletzt wurde.