Beiträge von Campino

    Kennst du das Gefühl, wenn du was schlimmes (oder Schönes) erfährst und du das Gefühl hast, es würde sich alles drehen, schwanken und du würdest den Halt verlieren.

    Fühlt sich im Auto sitzend so an, als würdest du schleudern, rutschen, die Kontrolle verlieren, obwohl du noch gar nicht losgefahren bist.

    So wars geplant :D

    Köln - 14:00 Uhr


    Ben fuhr gerade mit seinem Dienstwagen, den die beiden Polizisten auch privat nutzen durften, vor dem Krankenhaus vor. Carina hatte einige Stunden bei ihm geschlafen und sich danach ein wenig in seinem Badezimmer frisch gemacht, bevor er sie zurück ins Krankenhaus fuhr. "Wenn du willst, gehe ich mit.", bot Ben der jungen Frau an, die ein Gespräch mit dem Arzt, der ihre Mutter gestern noch behandelt hatte, führen sollte, um alles weitere jetzt abzuklären. Sie hatte sich etwas gefasst, der erste brutale Schock war jetzt der Traurigkeit, aber auch der Gewissheit gewichen, dass es ihrer Mutter jetzt vermutlich besser ging, als vorher. Das Vergessen verschwunden, bildete sich Carina ein, dass sie sich jetzt wohl fühlte, und, wo sie auch immer war, wieder an alle schönen Dinge in ihrem Leben erinnern konnte, während sie im Gegensatz dazu die weniger schönen einfach vergessen hatte.
    "Nein, wirklich nicht. Ich... ich muss das alleine schaffen. Du hast schon soviel für mich getan.", sagte sie und lächelte ein wenig, was ihr schon leichter fiel, als gerade eben noch. Ben nickte, er wollte sich nicht aufdrängen aber Carina das Gefühl geben, für sie da zu sein. "Okay. Du kannst mich ja anrufen... wenn du willst." Sie nickte und umarmte den Polizisten nochmal, bevor sie ausstieg und Ben nochmal zu winkte, bevor sie das Krankenhaus betrat. Der war sich immer noch nicht im klaren, welche Gefühle das wirklich waren, die er zu Carina in den letzten Tagen entwickelt hatte...


    Gerade, als er den Motor seines Wagens wieder startete, klingelte das Telefon. Auf dem Display prangte groß "SEMIR", und Ben war wenig erstaunt... wie immer, wenn einer der beiden mal einen Tag frei hatte, passierte irgendetwas, was den Urlaub abrupt beendete. "Hätte mich auch gewundert, wenn du mich nicht an meinem freien Tag anrufen würdest.", meldete er sich ein wenig schelmisch. Doch dann war er erschrocken, über Semirs Stimmlage. Sie klang erschöpft, sie klang traurig... sie klang hoffnungslos. Und später, als Ben zu Jenny unterwegs war, hatte er sich eingebildet, ihr Weinen im Hintergrund zu hören. "Kannst du zu Jenny in die Wohnung kommen? Es ist dringend... es geht um Kevin." "Was ist passiert?", fragte Ben sofort und spürte, wie er das Auto aus der Kontrolle zu verlieren schien, obwohl er noch wie angewurzelt auf dem Parkplatz des Krankenhauses stand. "Komm bitte... ich erkläre es dir hier."
    Ben verlor keine Zeit. Als er auf vor Jennys Haus sowohl Semirs BMW, als auch den Privatwagen von ihrem bekannten Mediziner Roland Meisner dort stehen sah, der normalerweise ein begnadeter Tatortmediziner war, und von Ben immer scherzhaft als "Leichenschnippler" tituliert, erschrak er nochmals. Dass er im Halteverbot parkte, war ihm völlig egal, er sprintete zur Haustür und riss beinahe die Klingel ab. Semirs Stimme erklang an der Gegensprechanlage. "Ben? Ich mache auf." Nach dem Signalton drückte der Polizist die Tür auf und war so schnell er konnte bei Jenny in der Wohnung.


    Zunächst war er beinahe erleichtert, dass Meisner nicht vor einer Leiche kniete, sondern vor dem Sofa auf dem Jenny lag. Die junge Polizistin hatte jeglichen Arzt abgelehnt, doch kam nicht mehr aus einer Spirale aus Wut, Verzweiflung und Weinen heraus. Semir hatte dann Meisner angerufen, der auch eine allgemeinmedizinische Ausbildung hatte und Rückgriff auf diverse Beruhigungsmittel. Weil Jenny den Pathologen auch kannte, wehrte sie sich letzendlich nicht. Der Mediziner war ebenfalls geschockt von Semirs Nachricht, dass Kevin in Kolumbien angeblich den Tod gefunden hatte, doch er legte sein Augenmerk jetzt erstmal auf Jenny, die alsbald schläfrig wurde und sich auf ihre Couch im Wohnzimmer legte.
    "Was ist passiert?", fragte Ben nochmals, genauso wie am Telefon und Semir zog ihn am Arm in Richtung Küche. "Annie war eben hier...", begann er langsam und Bens Augen wurden tellergroß. "Annie? Alleine?" Der erfahrene Polizist schüttelte den Kopf. "Nein, nicht alleine. Aber...", er stockte kurz ... "aber leider auch ohne Kevin." Ben sah zu Semir herunter, den Mund halboffen und es schien sich in seinem Kopf schon eine Art dunkle, böse Vorahnung abzuzeichnen. "Ne...", sagte er, als wolle er den Gedanken verscheuchen, bevor Semir ihn ausformulierte. "Kevin ist in Kolumbien angeblich eine Brücke heruntergestürzt im Kampf gegen einen Drogenboss, der Annie zuerst festgehalten und die beiden dann später verfolgt hatte."


    Ben legte eine Hand vor den Mund, drehte sich von Semir weg und ging einige Schritte durch die Küche... eine typische Reaktion des Polizisten, der seine Wut, seine Trauer und Entsetzen meistens in Bewegung versuchte, zu verbergen oder auszudrücken. Mit beiden Händen stützte er sich auf das Fensterbrett und sah durch die Scheibe hinaus in den kalten, trüben und wolkenverhangenen Nachmittag. Semir wusste, dass Ben ebenfalls ein sehr enges Verhältnis zu Kevin hatte, im Gegensatz zu seinem besten Freund wusste er aber, wie es sich anfühlte einen engen Partner zu verlieren. Dreimal hatte Semir dieses Gefühl der Ohnmacht schon erlebt, einmal war es, im Falle von André, unbegründet. Die anderen beidem Male war sein Partner, Tom und Chris, in seinen Armen gestorben. Vor allem bei Tom, mit dem Semir ein sehr enges freundschaftliches Verhältnis hatte, war es schwer zu ertragen...
    Bei Kevin war das Verhältnis anders. Es war kein Verhältnis dass sich die drei regelmäßig ausserhalb der Arbeit sahen, miteinander essen und trinken gingen, dass man gemeinsame Interessen hatte. Zwischen Semir und Kevin war das Verhältnis, seitdem der junge Kollege leichtsinnig sein Leben für Semir aufs Spiel gesetzt hatte, ein brüderliches. Sie wussten, dass sie sich aufeinander verlassen konnten, und doch war es immer wieder zerrüttet worden, wie jetzt zuletzt durch Kevins Hilfe für Annie. "Annie hatte noch jemanden dabei... ein Kerl, der Kevin in Kolumbien geholfen hatte. Ein Fremdenführer oder so. Der hatte gesagt, dass der Fluss, in den Kevin gestürzt sei, keine Überlebenschance böte."


    Semir sprach in Bens Rücken, er sprach vorsichtig, denn er sah, wie die breiten Schultern des Polizisten bebten. "Das heißt, sie haben Kevin gar nicht gefunden?" Kopfschütteln bei seinem besten Freund. "Nein, haben sie nicht." "Also könnte er noch leben?" Ben hatte sich zu Semir umgedreht, doch dessen Gesichtsausdruck war verkniffen. "Ben... welchen Grund gäbe es für diesen Juan, uns anzulügen und die Sache schlimmer zu machen, als sie ist? Sie wurden dort von schwer bewaffneten Rebellen verfolgt. Selbst wenn, beim unwahrscheinlichen Falle, dass Kevin den Fluss überlebt hat..." "Hör auf Semir!", unterbrach Ben seinen Partner, und seine Stimme wurde emotional aufgebracht. "Hör auf! Kevin ist nicht tot! Das kann einfach nicht sein!!" Semir spürte, dass sein Partner jetzt gerade die surreale Information über Kevins Tod erst bewusst wahrnahm, und er versuchte ihn zu beruhigen. "Ben... jetzt mach mal langsam." "Kevin wird Vater! Der hätte sich doch nie in eine solche Gefahr begeben! DAS KANN NICHT SEIN, SEMIR!!"
    Der Polizist ging einen Schritt auf seinen Partner zu, und jetzt lösten sich auch bei ihm jegliche Emotion. Semir war nicht so nahe am Wasser gebaut wie sein Partner, eine Schwäche darin gab er höchstens vor seiner Frau zu, wo er kein Problem hatte zu weinen. Doch Ben war anders, und jetzt musste er von seinem Partner in den Arm genommen werden. Meisner, der gerade zur Küche kam, befürchtete, gleich die nächste Beruhigungsspritze aufzuziehen.


    "Ist schon okay... Semir.", sagte Ben nach einer Minute leise, als würde er mit sich selbst reden, und löste die Umarmung wieder. Er spürte selbst, dass er kurzzeitig die Kontrolle verloren hatte, als er sich jetzt von seinem Partner wieder löste, und sich die Tränen, die sich in den Augen gesammelt hatten, wegwischte, bevor sie den Weg über die Wange fanden. "Wir müssen dorthin... wir müssen ihn suchen.", sagte er dann sofort zu seinem Partner. "Ich denke genauso wie du... aber ich weiß auch, dass wir ihn dort niemals finden werden. Die Brücke ist eine von hunderten irgendwo im Dschungel... im Dschungel wo sich angeblich Rebellen rumtreiben sollen, von dem Drogenkartell ganz zu schweigen." Die beiden Männer sahen sich an, und es wurde wieder klar, dass Semir zwar den gleichen emotionalen Gedanken hatte wie Ben, allerdings rationaler darüber nachdachte. "Wir müssen die kolumbianische Botschaft anrufen, damit die Behörden dort reagieren."
    Ben reagierte nicht auf die letzten Worte. Er sah stumm an Semir vorbei auf das kleine, in diesem Moment so zerbrechlich wirkende Geschöpf auf der Couch, zusammengerollt mit geschlossenen Augen, als versuche Jenny ihren Bauch und ihr Kind vor dem Rest der bösen Welt zu schützen. Die Wangen waren gerötet und noch immer klang manchmal ein leises Schluchzen aus ihrem Mund. Dem jungen Polizisten zerbrach das Herz, er stand Jenny so nahe nachdem er sie getröstet hatte, als Kevin unschuldig im Gefängnis war, auch wenn es dabei zu einer Affäre gekommen ist. Trotzdem verstanden sie sich so gut, und es tat Ben unglaublich weh, sie so zu sehen. Was sie an Trauer und Schmerz empfand, gerade den Vater ihres Kindes, den Mann an ihrer Seite, verloren zu haben, konnte weder er noch sein bester Freund Semir auch nur im Ansatz nachvollziehen...

    @nicci77

    Susan hat, aufgrund ihres Berufes sehr viel praktische Erfahrung und bringt diese aufgrund ihrer enormen Detailverliebtheit in den Storys sehr realistisch rüber.

    Vielleicht sind unrealistische, weniger detailliert beschriebene und eher allgemein einfach gehaltene Stories besser geeignet für dich. Auch solche wirst du hier sicher finden. ;)

    Viel Spass beim weiteren schmöckern

    Oder habe ich dich in deinem ersten Posting falsch verstanden? ;)

    Hast du wohl, und es wundert mich nicht.

    Ist aber auch nicht von Belang, da du mich sowieso, wie immer wenn du im Bezug auf mich etwas schreibst, von oben herab behandelst (Leute im Kreis). Aber das ist eben deine Art, wie du dich als "Administrator" hier zeigst. Wäre schön, wenn in Zukunft in Forenbelangen sich eher Simon dbzgl zu Wort melden würde, der kommuniziert wenigstens als "Admin zu User", und nicht als "Gott zu Vollidioten". Viel Spaß noch, denn wo ich nicht gewollt bin, habe ich mich noch nie besonders lange aufgehalten

    Dann hoffe ich, dass weder du noch der RA deinen Unterhalt damit verdienen.

    Ein Passus in den Nutzungsbediengungen, dass der User selbst für seine Avatare haftet reicht. Kriegen alle gebacken, aber egal.

    Wie gesagt... kein Bedarf an einer Diskussion mit dir, da mir das "Wie" ganz und gar nicht passt.

    Eigentlich diskutiere ich ja gar nicht mit dir, weil ich mir die Diskussionspartner gerne selbst aussuche.

    Aber es klingt logisch, dass 99,9% aller deutschen Internet-Foren es falsch und gegen das Gesetz tun, und nur der AfC11-Fanclub macht es richtig. Ja doch, klingt logisch.

    Immer noch unnötig, um nicht zu sagen lächerlich.

    In jedem, ich betone, JEDEM Internet-Forum sind jegliche Bilder erlaubt, die im Internet sowieso irgendwo veröffentlicht sind, solange deren Nutzung nicht eindeutig eingeschränkt ist (durch begrenzten Zugang bspw). Dieser Nachweis alleine genügt, um das Foto als Avatar nutzen zu dürfen.

    Ich meine nicht die Menge, sondern das Produkt "Paul Renner", das man beworben hat.

    Bei Alex hat man immer wieder auf dessen Hintergrund hingewiesen, seine Vergangenheit usw. Das wsr einfach ein Appetitanreger, der die Zuschauer bis zur zweiten Staffel " ernährt" hat.

    Diesen Anreger gibts bei Paul überhaupt nicht, und das ist nicht Roesners Schuld. Paul ist einfach ein "völlig normaler Typ" ohne bisher erkennbare Ecken, Kanten oder Charakteristischen Besonderheiten, an die man sich klammern oder die man hätte bewerben können.

    Bei Alex waren die Zuschauer vorher gespannt "Wie ist sein Hintergrund" "Wie klappt das mit Semir" und "Wie wirkt sich sein Trauma auf den Alltag aus." Paul ist einfach der nette blonde Typ, der Wassersport mag und sich auf Anhieb mit Semir versteht.

    Das ist mMn zu glatt, zu wenig und wurde dwmentsprechend zwar sehr viel, aber ziellos beworben.

    Nocal, Fussball kann aufgrund der Zeiten nicht als Ausrede herhalten.

    Die Paul-Ära ist quotenmässig einfach ziemlich schwach angelaufen, was mMn vor allem daran liegt, dass man seitens RTL den Zuschauern den neuen Partner in keinster Weise hat schmackhaft gemacht hat.

    Jenny's Wohnung - 13:15 Uhr


    Die Stimmung in der schön eingerichteten Wohnung war surreal. Jenny weinte an Semirs Schulter, war kaum zu beruhigen und zitterte am ganzen Leibe. Annie hatte das Gefühl, sie hätte keine Tränen mehr, soviel hatte sie seit gestern nachmittag geheult, und sie fühlte sich unendlich schlecht der jungen Polizistin gegenüber. Semir spendete Jenny Trost, hatte sie in den Arm genommen, über den Kopf gestreichelt und ihr einfach den Freiraum gegeben, den sie brauchte, sie weinen lassen, während er selbst unter Schock stand. Er hatte zwei, zählte man den damals geglaubten Tod von André noch mit, bereits drei Kollegen verloren, und es war jedes Mal, als würde man ihm das Herz herausreißen. Damals war er aber jedes Mal dabei, was diesmal anders war. Vermutlich fühlte es sich deswegen so brutal für den erfahrenen Kommissar an. Er war nicht da, um ihm zu helfen... er konnte nichts tun, er war völlig im Unklaren.
    Und was noch viel schlimmer für Semir war: Das letzte, was er von Kevin in Erinnerung hatte war, dass er den jungen Polizisten auf der Dienststelle mit einem Faustschlag niedergestreckt hatte. Aus einem Grund und in einer Situation, die er vermutlich jederzeit verteidigen würde, die sich jetzt in diesem Moment aber unverzeihlich anfühlte. Mit Semir zusammen hatte der junge Kevin damals seinen ersten Fall, als Amtshilfe bei er Mordkommission. Und jetzt hatten sie sich im Streit verloren. Es war für Semir schwer zu ertragen, auch wenn er diesen Eindruck nur in Form einer ziemlich versteinerten, traurigen Miene nach aussen trug.


    Juan ließ, genau wie Semir, Jenny die Zeit. Das Erste, was dem Kolumbianer aufgefallen war, war dass dieser fremde kleine Mann eine silberne Waffe am Gürtel trug. Was in Kolumbien, vor allem in seinen Kreisen, nichts ungewöhnliches war, war in Deutschland selten und konnte eigentlich nur eins bedeuten... der Mann war Polizist. Während er wartete, hin und wieder Annie tröstete, lief sein Gehirn auf Hochtouren. Bisher ging er davon aus, dass Kevin wie er selbst in illegalen Geschäften steckte. Dessen Art und Weise vermittelte diesen Eindruck einfach. War der junge Mann vielleicht schon im Visier der Polizei, und sie waren gerade in ein Verhör geplatzt? Allerdings sprach der geschockte und beinahe resignierende Gesichtsausdruck des Mannes dafür, dass er Kevin eher privat gekannt hatte.
    Jenny wurde langsam ruhiger, der erste Ausbruch der Gefühle versiegte und noch immer fühlte es sich nicht real an, was sie gerade erfahren hatte. Semir hatte ihr angeboten, einen ihrer erfahrenen Notfallseelsorger anzurufen, doch stumm schluchzend schüttelte sie den Kopf. Sie hatte sich auch von der breiten Schulter des Polizisten ein wenig gelöst, und konnte dieser Frau, die bei ihr im Raum stand, nicht in die Augen sehen. Semir dagegen spürte, dass Annies Tränen mehr als ehrlich waren, dafür hatte er eine zu gute Menschenkenntnis.


    "Was... was ist denn überhaupt passiert? Warum... warum ist er von einer Brücke gestürzt?", fragte der Polizist mit versucht ruhiger Tonlage. Stockend begann Annie zu erzählen... den Grund ihrer Flucht, was dort hinten passiert war, wobei sie bezüglich ihrer Art der Geldbeschaffung einige Details weglies. Als sie auf Santos zu sprechen kam, übernahm Juan dann das Wort, wobei er relativ neutral berichtete. Er erzählte von der Flucht, Kevins Idee sich zu trennen und von dem Kampf auf der Brücke. "Ihr standet da oben, und konntet ihm nicht helfen?", fragte der erfahrene Polizist, der selbst soviele gefährliche Situationen erlebt hatte. "Es war zu weit weg... ich konnte Santos mit einem Schuss noch ablenken... aber...", sagte Juan langsam und zuckte mit den Schultern, während Jenny erneut die Tränen in die Augen stiegen, während sie sich die Situation auf der Brücke vorstellte. Der Polizist konnte Juan nicht mal einen Vorwurf machen, denn er erinnerte sich selbst zurück. Er hatte Carlos Berger schon im Visier auf dem Speedboot bei Sa Calobra und drückte nicht ab, aus Angst, André zu verletzen. Sein Zögern bezahlte sein Partner beinahe mit dem Leben... damals glaubte Semir, André wäre gestorben. Die Selbstzweifel und Vorwürfe, die er sich gemacht hatte, hätten ihn damals beinahe zerbrochen.
    "Wer sind sie überhaupt...?", fragte Semir dann in Juans Richtung, nachdem dieser die Geschichte geendet hatte, dass er Annie nicht alleine fliegen lassen wollte in ihrem Zustand. "Privater Reiseführer. Kevin hatte mich angeheuert, ihn bei der Suche nach Annie zu unterstützen." "Soso, Reiseführer. Und die Reiseführer dort haben allesamt Erfahrung damit, sich mit Drogenkartellen anzulegen?" Das kriminalistische Gespür in ihm war geweckt, aber Juan verzog keine Miene. "Ich war bei der Armee... und in Kolumbien ist es von Vorteil, wenn man sich zu verteidigen weiß, Senor." Semir beließ es dabei und nickte nur skeptisch.


    Er hatte die Hände immer noch auf die bebenden Schultern von Jenny gelegt, und konnte nun ihre leise, tränenerstickte Stimme hören. "Habt ihr... habt ihr ihn... habt ihr Kevin danach gefunden?" Es war eine quälende Ungewissheit, soweit weg zu sein vom Ort des Geschehens, genauso wie Semir ihm nicht helfen zu können und einfach nur die Nachricht überbracht zu bekommen, dass Kevin tot sei. Alles entsprang Jennys Fantasie, und diese Fantasie gaukelte ihr furchtbare Bilder vor. Juan schüttelte den Kopf: "Wir mussten fliehen, sonst hätte Santos uns erwischt." "Das heißt, ihr wisst gar nicht sicher, dass Kevin tot ist?", fragte Semir schnell, und auch Jenny schaute auf. Sie kannte natürlich auch die Geschichte um André, der 14 Jahre für tot gehalten wurde und plötzlich quicklebendig in Köln auftauchte.
    "Ich kenne diesen Fluss, und ich kenne diese Brücke. Und deswegen weiß ich, dass ihre Hoffnung umsonst ist. Es war gerade Regenzeit in Kolumbien. Der Fluss dort ist kein Fluss wie der Rhein, sondern ein reißendes Monster, mit Felsen, Steinen, Strudel und Stromschnellen." Juan tat es in der Seele weh zu sehen, wie Jenny unter diesen Beschreibungen litt, aber er wollte keinesfalls eine falsche Hoffnung erzeugen. "Wenn er den Sturz überlebt hat... der Fluß macht keine Gefangenen. Glauben sie mir, Senorita...", wandte er sich jetzt direkt an die junge Polizistin. "Ich kenne ihren Freund zwar nur drei Tage, aber glauben sie mir... wenn ich irgendeine Hoffnung gehabt hätte, dass man diesen Fluß überleben kann..." Seine Stimme stockte und er seufzte auf. Er hatte keine Möglichkeit gehabt ihn zu suchen, ausser er hätte Annie alleine fliegen lassen. Und selbst dann wäre es für ihn alleine lebensgefährlich gewesen.


    Trotzdem fragte Semir nochmal: "Wieso haben sie sich getrennt? Wenn sie diesen Santos doch kannten, wussten sie doch, wozu er fähig war." Juan seufzte und nun breitete sich auch in seinem Bauch ein beklemmendes Gefühl aus. "Kevin hatte mir am Abend zuvor erzählt... dass er alles in Deutschland aufgegeben hatte, um Annie zu retten." Jenny blickte zu Juan danach zu Semir. Ihr Freund hatte wirklich geglaubt, alles verloren zu haben. Ihre Beziehung, die Freundschaft zu Ben und Semir, seinen Job. Weil sie ihn vor die Wahl gestellt hatte, und er sich gegen sie entschieden hatte, dachte er, dass er nichts mehr zu verlieren hatte. Das, in Verbindung mit seinem teuflischen Dämon, den Jenny kannte, hatte wohl dazu geführt, dass er sich für Annie opferte. "Er hat gesagt, dass ihm Annies Rettung wichtiger ist, als sein Leben." Annie begann wieder leise zu weinen, und Jenny packte eine unglaubliche Traurigkeit. Stumm strich sie mit der Hand über ihren Bauch.
    "Dass er... dass er Vater werden würde, wusste er zu diesem Zeitpunkt scheinbar nicht.", gab der Kolumbianer leise zu. "Ich hab es ihm erst Nachts geschrieben...", schluchzte Jenny leise und nickte. "Am Morgen danach war er komplett verändert... er sagte aber nicht, was vorgefallen war." Das passte wiederum ganz hervorragend zu Kevin...


    "Mir hat er es gesagt... aber ich war... ich war so perplex als er sich von uns trennte... und er war so entschlossen. Ich war mir... ich war mir sicher, dass er es schaffen würde, Santos zu entkommen.", stammelte Annie leise und wischte sich die Tränen mit den Händen aus den Augen. "Er hat doch immer alles geschafft, was er wollte...", flüsterte sie leise hinzu, und hatte vor ihren Augen den starken, selbstbewussten Kevin von früher, den Fels in der Brandung, der seine Schwester beschützte, bei dem Annie sich rundum sicher fühlte. Das Bild zerbrach in kleine Stücke. "Warum hat er sich von euch getrennt, wenn er es wusste...?", fragte Jenny fassungslos und mit leiser, kaum durchdringender Stimme. "Warum hat er sich von euch getrennt? Warum hat er das getan??" Sie wurde lauter und blickte Semir an, griff den Polizisten an den Armen. "WARUM? Warum hat er das getan??", schrie sie und wurde dann wieder von einem Weinkrampf ergriffen...
    Juan und Annie beobachteten sie stumm, während Semir sie wieder in den Arm nahm. "Jenny... ich weiß nicht, was ich tun soll...", flüsterte die unglückliche rothaarige Frau und fühlte sich unendlich hilflos. "Es ist... vielleicht besser, wenn ihr jetzt geht.", sagte Semir vorsichtig. Er hatte die Geschichte gehört, er war selbst fix und fertig. Juan nickte und legte Annie eine Hand auf die Schulter, als die beiden langsam die Wohnung verließen, während Jenny weinend, leise gegen Semirs Schulter flüsterte: "Warum hat er das getan? Warum..." Der wiederum schluckte und presste kurz die Lippen aneinander: "Weil er das getan hat, was er glaubte bei seiner Schwester versäumt zu haben...", sagte Semir leise. Und er fühlte, dass er versagt hatte. Vor Kevins Dämon hatten sie ihn alle nicht retten können...

    Bin ob der heutigen Folge echt zwiegespalten, denn es gab einige Sachen, die mir gut gefallen haben, andere weniger.

    + Guter, bodenständiger Fall mit großem Bezug zur Autobahn (Busentführung)
    + Gut portionierter Humor
    + Stille Momente zum Nachdenken, vor allem bzgl Pauls Vater
    + Haupt-Entführer war ein cooler Antiheld, der andere irre amüsant, bzw amüsant irre (wobei ich persönlich den noch böser dargestellt hätte, in dem er die Geisel an der Heckscheibe tatsächlich erschiesst). Nur der dritte recht blass


    Zuviele Dinge waren mir dann aber doch übel aufgestoßen

    - Der Bereichsleiter agierte viel zu übertrieben und durchsichtig
    - Explosion zu Beginn völlig unnötig, da hätte man dann solln wenigstens nen Tanklaster einbauen wie früher. So fahren drei Autos ineinander und eins explodiert plötzlich. Da es im weiteren Verlauf keine Explosion mehr gab, musste die wahrscheinlich irgendwie eingebaut werden, sonst hätte man gar keine gehabt.
    - Dass der Bus wegen der Schlägerei abgedrängt wird, war völlig unlogisch. Man riskiert damit das Leben aller Geiseln. Immerhin hat danach niemand applaudiert :whistling:
    - Das Verhalten von Pauls Nichte war mir viel zu unrealistisch, dass sie angesichts der Gefahr immer noch dem Entführer helfen wollte... sorry, das war zuviel, dafür war sie auch noch zu jung.
    - Dass Semir den Verdächtigen in den Kofferraum packte, war weder von der Dramaturgie noch von der Story her nötig. Sollte das lustig sein?
    (Kleines) - Paul Renner... man vergleicht einen Partner immer an seinem Vorgänger, und da hat Paul (in meinen Augen) das Problem, dass man Alex direkt ein sehr starkes Profil, einen sehr starken Charakter aufzeichnete. Das fehlt bei Paul (noch) völlig. Er spielt gut, und ist sympathisch, aber sein Charakter noch völlig farblos und belanglos. Kann ja mit der Zeit noch kommen, aber momentan greift das bei mir noch nicht.


    5/10 Punkten.

    EDIT: Na gut, ich beziehe als Vergleich nicht nur die Alex-Ära ein, sondern auch die Ben-Ära, und nachdem ich gerade eben noch die ersten 10 Minuten von Hundstage geguckt habe || erhöhe ich auf 6/10...

    Köln - 12:30 Uhr


    9 Stunden in der Luft war keine angenehme Sache. Annie hatte zwar weder Flug- noch Platzangst, aber der Weg zurück nach Deutschland kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie saß, zusammengekauert am Fenster, blickte hinaus in die schwarze Nacht bis sie ungewöhnlich schnell, weil sie ja mit der Zeit flogen, den hellblauen Horizont und dann die Sonne sehen konnte. Es war ein wunderschönes Naturschauspiel, das Neuanfang und Hoffnung symbolisierte und eigentlich sollte dieses Symbol auch für Annies Heimkehr stehen... nach diesem schlimmen Abenteuer, von Kevin gerettet wieder zurück zu kommen zu ihren Freunden, die Drogen hinter sich lassen und vielleicht sogar ihr Leben grundlegend ändern. Das Symbol hätte so schön gepasst, wenn statt Juan Kevin neben ihr sitzen würde.
    Die Strahlen der Sonne brachen sich in den Tränen, die nun erneut aus ihren Augen die Wangen herunterliefen, als die junge Frau darüber nachdachte. Juan saß neben ihr, den ganzen Flug über still was nicht zu seinem impulsiven Wesen passte, und nicht Kevin. Er war von der Brücke gestürzt, von der der Kolumbianer überzeugt war, dass man sie nicht überleben kann... und wenn doch, hätte derjenige im wilden Rio Cauca keine Chance. Sie konnten ihn nicht suchen, sie mussten fliehen... Kevin wollte es so.


    Annie hatte ein paar Mal versucht zu schlafen, im Dämmerlicht der Nachtbeleuchtung, doch immer wieder brachen bedrohliche Bilder über sie herein. Von den Männern, die bei ihr waren als sie still da lag und einfach alles über sich ergehen ließ, nur um Geld zu bekommen und sich das nächste Pulver, die nächsten Pillen oder am Ende den nächsten Schuss setzen zu können. Bilder von Kevin, wie er leichenblass, bewusstlos oder sogar tot am Ufer eines Flusses lag, die abstehenden Haare triefnass am Kopf angelegt. Annie konnte an den nackten Füßen die Steine spüren, über die sie lief, konnte seine nasse kalte Haut spüren als sie ihn schüttelte und flehte, er möge wieder aufwachen, aufstehen und mit ihr das Land verlassen.
    Immer wieder schreckte sie hoch, und Juan wiederholte fast mechanisch, dass sie einen Alptraum hätte. Die junge Frau fühlte sich so elend, das schlechte Gewissen drückte ihr auf die Seele und immer, wenn sie daran dachte Jenny nachher sagen zu müssen, dass ihr Freund, der Vater ihres Kindes, in Bogota umgekommen war, bei dem Versuch sie zu retten legte sich ein eiserner Ring um ihre Brust, der ihr das Atmen erschwerte und immer wieder die Tränen in die Augen trieb. Dann krallte sie sich mit den Fingern in die Lehne des Sitzes, und sie versuchte das Suchtgefühl, das langsam wieder aufkam, zu unterdrücken.


    Das Flugzeug landete pünktlich, Juan besorgte einen Mietwagen um auf dem schnellsten Weg nach Köln zu fahren. Es war auch dem Kolumbianer im Inneren ein Bedürfnis Kevins Freundin zu informieren, denn auf sonderbare Art und Weise fühlte er sich mit dem jungen Draufgänger verbunden, irgendwie verantwortlich. Er hatte mehr Erfahrung mit Santos, mit dem Dschungel und den Begebenheiten... und er hätte ihn nicht alleine lassen dürfen, nicht zulassen dürfen dass sie sich trennen.
    Auch die Fahrt nach Köln verlief ruhig, Juan war bereits öfters in Deutschland, weswegen er die Gegend und natürlich auch die Sprache konnte. Seine Beifahrerin wurde Kilometer für Kilometer unruhiger, je dichter sie sich Köln und damit der unausweichlichen Katastrophe näherten. "Du hast Angst davor, die Nachricht zu überbringen, hmm?", fragte er dann irgendwann, als sie gerade die Abfahrt Köln nahmen und die junge Frau nickte. Sie war schon einmal an Jennys Haus, als sie die Hausfassage mit einer Spraydose verunzierte, nachdem sie erfahren hatte dass Kevin Polizist war und sie wies Juan den Weg durch die Innenstadt in ein Gebiet mit renovierten Altbauhäusern, wo jeweils 2, 3 oder 4 Wohneinheiten untergebracht waren. Vor einem Haus, wo ein silberner BMW geparkt war, hielt der Kolumbianer an.


    Der Weg nach oben, nachdem sie durch die Tür geschlüpft waren als dort gerade ein Mann das Haus verließ, war für Annie wie ein Kreuzweg. Sie zitterte, wie Juan, vor Kälte, weil sie ja noch die kurzärmelige Kleidung von Bogota an hatten, und es hier gerade mal knapp unter 0 war. Doch Annies Zittern hatte auch einen anderen Grund... sie hatte Angst. Angst vor der Reaktion Jennys, Angst davor zu sagen, was passiert war. Juan ging mit, den er wollte die junge Frau nicht alleine lassen... man konnte nie wissen, wie eine liebende Freundin auf den Tod des Freundes reagierte. Wenn einer seiner Männer zu Tode kam, war auch er es, der zur Familie ging um zu sagen, was passierte. Er war es, in gewisser Weise, beinahe gewohnt.
    Als die junge Frau klopfte, liefen schon wieder die Tränen, den der Druck der Klammer um ihre Brust wurde immer stärker. Sie hatte das Gefühl, sich festhalten zu müssen, als sich die Tür öffnete, und Annie der Frau gegenüberstand, die ein Kind in sich trug von dem Mann, in den Annie selbst immer noch verliebt war, und den beide Frauen gestern für immer verloren hatten. Äusserlich sah man Jenny diesen Umstand noch nicht an, Annie blickte in diesem Moment auch eher direkt in das Gesicht der Polizistin, und hatte zuerst keine Worte.


    Die fand Jenny dann aber... zögerlich, erst langsam realisierend was es zu bedeuten hatte, wenn Annie mit einem fremden Mann vor der Tür stand und feuchte Augen hatte, sowie Tränenspuren im Gesicht... statt mit Kevin dort zu sein, der fehlte. Das versteinerte Gesicht löste sich erst langsam mit einem Kopfschütteln in Zeitlupe. "Nein...", flüsterte sie fassungslos und hielt sich die Hände vor den Mund. Ihre Reaktion ließ Annie sofort wieder erzittern, ihre Augen füllten sich. "Wo ist er... wo ist Kevin?", fragte Jenny und spürte, wie auch ihre Augen sich langsam mit Tränen füllten. "Es tut mir so leid...", sagte die rothaarige Frau beinahe im Flüsterton, leise und stockend. "Nein... das kann nicht sein.", stammelte die Polizistin.
    Aufgeschreckt durch die Wortfetzen, die bis ins Wohnzimmer gut hörbar waren, kam nun auch Semir zur Tür und erblickte Annie, sowie den fremden Mann hinter ihr. In erstem Affekt, als er die Frau erblickte, die Schuld für das Pflaster an seinem Hals war, dass er am späten Nachmittag endlich loswerden würde, wollte er sie anschreien und rauswerfen. Sein Blick wurde auch sofort ablehnend. "Was ist hier los? Was ist passiert?" Dann sah er Jennys Reaktion, die am ganzen Leib zitterte, aber noch in einer Art Schockstarre war.


    Annie bekam kein Wort mehr heraus. Sie begann zu weinen und versuchte etwas zu sagen, doch ihre Worte blieben tonlos. "Was ist passiert?", fragte Semir nun deutlicher in einem Ton, den er bei einer weinenden Frau eigentlich niemals anschlagen würde, aber der Eindruck von der Tat, die Annie getan hatte, war noch zu frisch. "Er... er ist von einer Brücke gestürzt... es... es tut mir so leid... ich...", stammelte Annie, ihre Worte vermengt mit Schluchzen. Dann löste sich Jennys Schockstarre in einem "Nein", die Tränen liefen und ein Weinkrampf nahm von ihr Besitz. Sie klammerte sich an den, nur ein wenig kleineren Semir, der sie sofort in den Arm nahm, und dessen Gesichtsausdruck versteinerte, als er realisierte, was Annie gerade gesagt hat. Wäre er verletzt und noch in Kolumbien, hätte sie das doch sofort gesagt, wären sie überhaupt nicht hier. Ohne dass Annie es wirklich definitiv aussprach wussten Jenny und Semir, dass Kevin tot war. Der Mann verharrte ebenfalls in der Schockstarre, als er die weinende Jenny im Arm hielt. "Komm... komm Jenny.", sagte er dann irgendwann leise und nahm die junge Frau bei der Hand. Er hatte Befürchtung um ihr Ungeborenes bei einem solchen Schock und führte sie zunächst aufs Sofa, während Juan Annie mit leichtem Druck in die Wohnung schob. Sie konnten jetzt nicht einfach verschwinden, und Annie war ausser Stande noch weitere Erklärungen abzugeben.
    Semir hielt die sitzende, und um Fassung ringende Jenny fest im Arm, die leise immer wieder sagte: "Er hat versprochen, zurück zu kommen... er hat es mir versprochen..."

    Jenny's Wohnung - 12:30 Uhr


    Jenny hatte zum ersten Mal seit Tagen wieder gut geschlafen. Sie fühlte sich morgens nicht wie gerädert, sie stand um 9 Uhr auf und das Einzige, was ihr noch zu schaffen machte, war die Übelkeit am Morgen. Doch diesmal hatte sie den Magen unter Kontrolle, ohne sich übergeben zu müssen, die frühstückte etwas Leichtes und sah immer wieder auf ihr Handy. Das Gespräch mit Kevin gestern Nachmittag hatte ihr unglaublich viel Kraft gegeben. Die Angst davor, dass Kevin unglücklich sei über das Kind, dass er sich nicht bereit fühlte für ein Kind oder die es in ihrer Beziehung einfach zu früh war... weggeblasen. Sie spürte auf einmal, dass ein gemeinsames Kind eine Chance war, ihre Beziehung noch zu vertiefen, die so schwierig war mit diesem komplizierten Mann.
    Manchmal hatte Jenny das Gefühl, den Mann in ihrem Bett nicht zu kennen. Tage kamen, da war er so schweigsam, so verschlossen. Er saß von Feierabend bis zum Abendessen, und bis spät in die Nacht auf dem Balkon der kleinen Wohnung und blickte über die Nachbarshäuser, antwortete nur kurz und knapp, wenn Jenny ihn etwas fragte. Er teilte sich seiner Freundin nicht mit... was bedrückte ihn, bedrückte ihn überhaupt etwas, was war los? Von einem auf den anderen Tag war dann wieder alles in Ordnung... Kevin lachte mit ihr, scherzte, und behandelte die junge Frau wie eine Königinn. An diesen Tagen war sie die glücklichste Frau der Welt.


    Dass es mit Kevin nicht einfach wurde, wusste sie. Sie wusste von seiner Vergangenheit, seinen Drogenproblemen die letzten Spätsommer nach einem Einsatz beinahe eskalierten, von seinen Depressionen die in, im Drogenrausch unabsichtlichen Selbstmordversuchen endeten. Kevin war kurz davor die Kontrolle zu verlieren, und Jenny rettete ihn. Sie verliebten sich, sie stellten sich selbst auf eine harte Prüfung durch und wurden auf Prüfungen gestellt. Jennys Vergewaltigung, Kevins Verhaftung... und eine kurze Affäre zwischen Jenny und ihrem Kollegen Ben, bevor sie mit Kevin endgültig zusammen kam. Danach dachte die junge Polizistin, sie und der ehemalige Kriminelle würden alles schaffen, jede Prüfung, die sich ihnen in den Weg stellte.
    Sie verglich ihren Freund in ihren Tagebucheinträgen oft mit einem Straßenkater, dem es schwer fiel, sich von seiner Straße und seiner Freiheit zu verabschieden, und der in seinem Charakter so speziell war, dass es dauern würde, bis sie Herzenspartner werden würden. Doch kurz bevor die Sache mit Annies Verschwinden aufkam, und sich Kevins Dämon wieder meldete, hatte Jenny das Gefühl, den Straßenkater endgültig gezähmt zu haben. Sie planten einen gemeinsamen Urlaub, sogar über den Kauf eines Hauses hatten sie gesprochen, und der Polizist erkannte sich selbst nicht. Er, der unangepasste Rebell der Polizei, "drohte" zum Spießer mit Haus und Garten zu werden. Der Gedanke war ihm selbst hin und wieder unbehaglich, aber Jenny verscheuchte dieses ungute Gefühl durch ihre Liebe zu ihm... eine Liebe, die er nie so verspürt hatte, ausser in der Beziehung mit Annie.


    Immer wieder sah die junge Polizistin auf die Küchenuhr. Sie hatte im Internet gesucht, wann die Maschine aus Bogota am heutigen Tag in Frankfurt landen würde, rechnete noch zwei Stunden für die Fahrt von Frankfurt hierher... eigentlich müsste er demnächst eintrudeln. Sie war voll Vorfreude darauf, doch je weiter die Zeit voranschreitete, desto unruhiger wurde die junge Frau. Immer wieder entsperrte sie, mit einem Wisch über das Display, ihr Handy um zu sehen, ob er vielleicht irgendeine Nachricht geschrieben hatte... dass der Flieger Verspätung hätte, dass er im Stau stand... nichts. Verspätung hätte er ja gestern abend schon geschrieben, bzw bei Ihnen Nachts.
    Die Ungewissheit ließ ihr keine Ruhe... sie wählte die Nummer der Dienststelle und dahinter Andrea's Durchwahl. "Hallo Andrea... ähm, kannst du mal etwas für mich rausfinden?" "Schieß los." "Kannst du mal sehen, ob auf der schnellsten Strecke zwischen Frankfurt und Köln irgendwo Stau ist, was von Google Maps nicht angezeigt wird?" Sie konnte ein wenig die Verwunderung in der Stimme von Semirs Frau feststellen. "Ähm... ja. Wartest du auf Kevin?" "Ja... er hat gestern gesagt, dass er heute zurück kommt. Aber... eigentlich müsste er schon da sein." Die junge Frau hörte Andrea's schnelle Finger über die Tastatur tippen. "Nein, Jenny... zwischen Frankfurt und Köln läuft alles. Kein Stau, kein Unfall." Innerlich nickte Jenny, bedankte sich bei ihrer Freundin und legte wieder auf.


    Der Minutenzeiger ihrer Küchenuhr raste weiter über das Ziffernblatt. Als nächstes wählte Jenny die Nummer von Bens Handy. "Hallo Ben... warum flüsterst du?" "Hey Jenny... warte, ich gehe kurz ins Büro." Die Polizistin hörte, wie Ben durch den Raum tapste, dann wie eine Tür langsam und vorsichtig geschlossen wurde. Seine Stimme sprach jetzt normal, aber gedämpft. "Carina schläft auf meiner Couch. Ihre Mutter ist heute morgen gestorben, und sie wollte nicht alleine sein. Wie geht es dir?", fragte er dann, denn er wusste ja, dass Jenny eigentlich noch krank geschrieben war. "Oh, mir geht es schon besser... sag mal, hast du heute eine Nachricht von Kevin bekommen." "Hmm, jetzt wo du es sagst... moment."
    Für einen Moment war es ruhig auf der Leitung, scheinbar schaute Ben gerade auf seinem Handy nach. "Nein... eigentlich hat er mir morgens immer geschrieben. Komisch." "Ja, aber er soll heute heimfliegen...", sagte die junge Frau. "Vielleicht konnte er vorher nicht mehr. Er war gestern abend um halb sieben unserer Zeit das letzte Mal online... wann ging der Flieger?" "Eigentlich erst abends... also gegen zwei Uhr Nachts bei uns, glaube ich." Eine Zeitspanne von über 6 Stunden, in der Kevin nicht auf sein Handy guckte, oder zumindest den Messenger ausließ... das war ungewöhnlich. "Ach Jenny, mach dir keine Sorgen. Sein Akku wird wohl leer sein... wer weiß, wo er die ganze Zeit gehaust hat, ob er dort Strom hatte.", versuchte Ben die junge Frau ein wenig zu beruhigen. "Ja, das wirds wohl sein. Ich... ich meld mich einfach, wenn er da ist, okay?" "Mach das... bis dann."


    Die junge Frau fühlte sich nicht beruhigter, als sie das Gespräch beendet hatte... im Gegenteil. Nun wählte sie Kevins Nummer, doch die Stimme aus der Hörmuschel sagte ihr sofort, dass der Gesprächspartner nicht zu erreichen sei. Das war nun wirklich eigenartig, denn normalerweise hatte der Polizist die Mailbox angeschaltet. Oder hatte das mit dem Ausland zu tun? Aber eigentlich dürfte er gar nicht mehr im Ausland sein? Aber das Handy war zuletzt im Ausland eingebucht...
    Jennys Gedanken flogen durch ihren Kopf, flogen von rechts nach links und wieder zurück... und langsam fühlte sich ihr Magen nun doch an, als würde er sich ganz langsam auf den Kopf drehen, denn in ihr wuchs Angst. Eine nicht rational erklärbare Angst kam plötzlich in ihr auf. Als es klingelte, schreckte sie hoch, und die Vorfreude drang zurück in ihren Kopf. Sie flitzte auf Socken zur Sprechanlage: "Hallo?" Die Enttäuschung folgte sofort: "Hier ist Semir... störe ich?" "Ähm... nein, natürlich nicht... komm ruhig rein." Sie betätigte den Summer, und der Polizist trat in das Mehrfamilienhaus ein. An der Wohnungstür klopfte er, und Jenny öffnete ihm. "Na, das ist ja eine Überraschung.", sagte Jenny und lächelte, doch es wirkte gequält, denn zu lächeln war ihr nicht zu Mute.


    "Ja... ich war zufällig hier in der Nähe, und wollte mal wissen, wie es dir geht." Jenny bot ihm die Couch an, und der Kommissar setzte sich. "Mir gehts wieder besser. Morgen komm ich wieder arbeiten.", sagte sie. Ein wenig scheute sie sich davor, Semir zu sagen, dass Kevin wieder zurückkam, denn sie wusste ja, wie Semir auf seinen Kollegen gerade zu sprechen war, und fand es für sinnvoller, das Thema jetzt nicht anzuschneiden. Doch das tat der erfahrene Polizist von sich aus. "Ich wollte noch sagen... dass du keine Angst haben brauchst. Also... ich für meinen Teil und auch Andrea, wir hegen jetzt keinen Groll gegen Kevin. Natürlich war ich enttäuscht, geschockt und habe immer noch nicht wirklich viel Verständnis dafür, was er getan hat... aber er gehört, wie du auch, zur Familie. Da brauchst du also nicht zu befürchten, dass es da... Probleme gibt." Semir war es wichtig, dass Jenny das wusste, und sie nickte dankbar.
    "Davor hatte ich wirklich ein wenig Angst, dass ihr euch nicht mehr zusammenrauft. Das wäre schwierig für mich geworden... deswegen bin ich froh, dass es nicht so ist." Für einen Moment konnte sie wieder lächeln, und die beiden umarmten sich für einen Moment.


    Dann klopfte es... Jenny schreckte hoch. Scheinbar war jemand unten durch die Haustür gekommen, als eine Mitbewohnerin das Haus gerade verlassen hatte. Eine Mischung aus Vorfreude und seltsamer Befürchtung durchflutete Jennys Körper, als sie aufstand und zur Tür ging. Ersteres Gefühl verschwand sofort, nachdem sie die Tür geöffnet hatte, und das zweite Gefühl wurde stärker, schlimmer, unangenehmer. Vor ihrer Tür stand ein muskulöser, dunkelhäutiger Mann im braunen Shirt und schulterlangen schwarzen Haaren. Jenny kannte ihn nicht, jedoch die Person, die bei ihm war. Die roten Haare waren nicht zu verkennen, und die rot verheulten Augen, mit denen Annie Jenny jetzt anblickte, die frischen Tränenspuren, die sich quer durch ihr Gesicht zogen, versetzten Jenny einen Schlag in den Magen...

    @silli

    Exakt daran habe ich auch gedacht :D

    An sich interessant, aber "brutalster Folterknecht Europas", den Semir da undercover vertritt ist mal wieder meilenweit überrissen... Warum nicht einfach nen gewöhnlichen Profikiller wie bei " Der Joker", und man könnte annährend die Story verfolgen, die man hier vorhat...