Beiträge von Campino

    Aus dem Spoiler-Thread:

    Ich bewerte die Folge rein aus Nostalgie-Gründen... und auch wenn ich "Auferstehung" nach mehrmaligem Angucken 10/10 Punkten gegeben habe, hat mir diese Folge, obwohl ich ihr keine 10 Punkte geben würde, als Erinnerung besser gefallen.

    Wie kann das sein?

    Ich habe diese Folge in vielen Punkten mit Auferstehung verglichen. Auferstehung hat bei mir voll ins Kontor eingeschlagen, weil ich Keller-Fan war, und mich die Folge emotional extrem aufgewühlt hat. Und deswegen hatte es mir damals bei den ersten 2-3 Mal keinen Spaß gemacht, die Folge zu schauen, weil ich gewisse Erwartungen hatte, die nicht erfüllt wurden.

    Bei "Risiko" waren zwar weniger Emotionen dabei, dafür jedoch ein größeres Maß an Erinnerungen... zumindest prozentual, weil ja zwischen Frank und Semir weniger passiert war, als zwischen Semir und André früher.

    Was mir da zb schon besser gefallen hat, war dass Frank zum größten Teil mit offenen Karten gespielt hat, und Semir als Freund gebraucht und nicht benutzt hat. Dazu hat mir die Hintergrundstory zu Frank besser gefallen als bei André, dem ich diesen "Undercover"-Job irgendwie nicht abgenommen hatte, während bei Frank das Thema "Terrorismusbekämpfung" weitaus besser passte, da er vor Cobra 11 ja bei der GSG9 war, wie man aus dem Pilotfilm weiß.

    Die kleineren Anektoden und vor allem sauber gezeigter "Cobra-Karriereverlauf", dass er 96 aufgehört hatte (Finn und Semir hatten das erwähnt), dass er mit Semir nicht klar kam, weil Semir der Ersatz für Ingo Fischer war.... das hat mir gefallen, weil es Kennern sofort auffiel, dass das stimmig ist. Auch Franks meist distanzierter, aber auch impulsiver Charakter war noch sehr gut zu erkennen.

    Und natürlich schön, dass man Frank nicht hat sterben lassen, sondern er eine weitere Chance erhält. Schön wäre gewesen, GERADE WEIL die Endszene ähnlich der mit André in den Alpen gewesen wäre, dass es ein Flashback gegeben hätte, und Semir nicht auf gleiche Weise den zweiten, zurückgekehrten Partner verlieren wollte. Ausserdem habe ich spontan nach dem Hochziehen auf ein "Kaugummi?" von Semir gewartet, aber den Gag hätten wohl nur Hardcore-Fans verstanden

    Was ich auch im Vgl zu Auferstehung besser fand, bzw angenehmer war die Rolle des Partners. Paul hat Frank als ehemaligen Partner von Semir gesehen und Semirs Intuition vertraut, während Ben in "Auferstehung" beinahe schon eifersüchtig auf André war und man das in Verbindung mit Bens Streit bzgl Andrea gebracht hatte. Das fand ich damals ziemlich nervig, dass man da so ein bisschen krampfhaft einen Konflikt heraufbeschwören wollte.

    Deswegen hat mir die Folge ziemlich gut gefallen und mich auch sehr gut unterhalten.... und da sehe ich über den, zwar neuen aber wieder etwas überdrehten Fall, sowie die erneut recht platte Paul/Jenny - Story und das viele MP-Geballere hinweg.

    Großartige schauspielerische Leistung von Johannes Brandrup übrigens. Die Szene im Krankenhaus, als er eindringlich zu sich sagte: "Das Gelände war minenfrei" fand ich sehr beeindruckend. Finde auch dass man an solchen Szenen einen deutlichen Qualitätsunterschied sieht zwischen einem Daniel Roesner und einem Johannes Brandrup.

    PS: Wie kommt Semir nur dazu sich selbst als Türke zu bezeichnen... Hoffe, dass das niemand "daneben" fand :D

    Hamburg - 11:00 Uhr


    Kevins Erinnerungen an die Vorkommnisse in der Nacht waren in einen tiefen Schleier getaucht. Wie ein Traum, an den man sich nicht mehr genau erinnern konnte. Nur sein Kopf brummte und ihm war übel, eine typische Nachwirkung eines Drogentrips. "Na, gut geschlafen?", begrüßte ihn Patrick am Morgen und hatte beschlossen, erstmal nichts von der nächtlichen Rangelei zu sagen. "Ging so... ne Menge komisches Zeug geträumt, und an nichts kann ich mich wirklich erinnern.", murmelte der junge Polizist, als er aus dem Bad heraus kam, die Haare noch feucht und in alle Richtungen stehend.
    Bilder wanderten durch seinen Kopf. Doch seine Schwester und das Gesicht der Frau, die ihn erstochen hatte, waren die einzigen Dinge, was völlig klar und präsent war. Kevin wusste, dass er die Frau kannte. Aber in seiner Namensschublade ließ sich nichts zuordnen, und auch konnte er nicht sagen, in welchem Verhältnis er zu der Frau stand. War sie ihm feindlich gesinnt? Hatte sein Unterbewusstsein ihm das durch den Traum vermitteln wollen? Immerhin hatte seine Schwester ihn zärtlich gestreichelt, ihn geküsst... während die Frau, als sie erschienen war, ihn kaltblütig ermordet hat. Der junge Polizist verzweifelte langsam daran, zu solchen Gedanken keine eindeutige Aussage zu treffen... und niemand würde ihm helfen können.


    "Heute bekommst du die erste Gelegenheit zur Rache.", sagte Patrick dann und sein Freund blickte auf. "Rache?" Er konnte ein spitzbübisches Grinsen beobachten und ein überzeugtes Nicken. "Ich hab die zwei Typen bestellt. Mit einem hübschen Druckmittel." Kevins Herzschlag beschleunigte sich etwas und er sah sein Gegenüber mit festem Blick an. "Welches Druckmittel?" "Das wirst du noch früh genug erfahren. Wichtig ist, dass die zwei kommen werden... und wir werden sie überraschen. Und sie werden für Janines Tod bezahlen."
    Als er Janines Namen nannte, spürte Kevin die Wut in sich, die er direkt nach ihrem Tod mit sich getragen hatte. An einen kleinen Zeitraum nach ihrem Tod konnte er sich noch erinnern, bevor das Bilderbuch in seinem Kopf immer undeutlicher wurde, bis ganze Seiten rausgerissen und kleingeschnitten waren. Ohja, er hatte sich Rache geschworen... er hatte darüber nachgedacht, dem Mörder und den anderen beiden Vergewaltigern seiner Schwester gegenüber zu stehen, ihnen die Kehle zu zu drücken oder eine Waffe in den Mund zu drücken. Er dachte damit, er würde den Dämon und die Alpträume besiegen. In dieser Wut verlor er sich in Selbstzerstörung mit Drogen und Alkohol, doch auch wenn diese Wut, dieses Gefühl jetzt wieder aufflammte... es fühlte sich anders an als früher. Die Aussicht auf diese Rache ließ Kevin seine Frage nach dem Druckmittel schnell vergessen.


    Parkhaus - 12:00 Uhr


    Ben spürte seinen Herzschlag, als er den BMW auf der vierten Ebene parkte und locker am Kotflügel lehnte. Er hasste Warten generell, aber in so einer Situation fiel es ihm doppelt schwer. Immer wieder sah er auf die Uhr, immer wieder blickte er sich um. Keine Schritte waren zu hören, kein Auto kam. Obwohl das Parkhaus zentral gelegen war, war sehr wenig Betrieb und das oberste, nämlich das 4. Parkdeck war fast leer. Semir, der im schräg und nur ein wenig nach unten versetzte, dritten Parkdeck sich versteckt und einen guten Blick auf Ben hatte, war nicht weniger nervös. Er jedoch konzentrierte sich vor allem darauf, seinen Partner nicht aus den Augen zu lassen, während er seine Umgebung nicht ausreichend beobachtete.
    Die Nervosität des jungen Polizisten nährte sich aber vor allem aus der Unsicherheit bezüglich seines Freundes Kevin. Lebte er wirklich noch? Würde er jetzt hier auftauchen? Hatte er tatsächlich etwas mit Jennys Entführung zu tun? Ben hatte keine Ahnung, was ihn hier erwarten würde... als er plötzlich zusammenfuhr. Ein lautes Knallen, Schüsse waren vom Parkdeck nebenan zu hören. "Semir!!", rief er laut und begann sofort zu rennen. Zu Fuß wäre er schneller auf dem anderen Parkdeck, als noch vorher ins Auto zu steigen. Mit der Waffe in der Hand rannte Ben um die Ecke, und verspürte von einem Karatetritt, der aus sicherer Deckung kam, plötzlich einen stechenden Schmerz in der Nierengegend, die ihn taumeln und hinfallen ließ. Die Waffe fiel klappernd zu Boden.


    "Fuck...", stöhnte Ben und wollte sich gerade wieder aufrichten, doch sein Angreifer, der ihn in dem Moment nur von schräg hinten sah, war schneller. Ein gezielter Tritt in die Seite ließ Ben wieder zurückfallen und hustend drehte er sich auf den Rücken. Sein Herz setzte aus, als er schmerzerfüllt die Augen öffnete... und es war nicht die Mündung der Waffe, in die er sah, die ihn schockierte... sondern der Mann, der die Waffe hielt. "Kevin...", flüsterte der Polizist tonlos. Er lebte... er war tatsächlich da. Aus Fleisch und Blut stand sein Freund, mit dem er mehrere Fälle gelöst hatte, der ihm das Leben gerettet hatte, ihm gegenüber und bedrohte ihn. "Jetzt bezahlst du!", konnte er die unverkennbare monoton klingende Stimme hören... doch er hörte auch ganz klar eine Unsicherheit.
    Kevin wusste, dass er das Gesicht kannte, als er Ben nicht nur auf einem Bild sondern in der Realität sah. Er beobachtete ihn auf dem Parkdeck, und als die Schüsse, die Patrick auf Semir abfeuerte, um Ben zu einem hektischen Handeln zu zwingen, fielen reagierte der Polizist so wie vermutet. Es waren die Erzählungen von Patrick, denen Kevin vertraute und die Ben in Kevins Kopf wirklich in die Schublade von Janines Mörder schob. Sein Kopf funktionierte nicht, die Zuordnungen waren verschoben und als Ben vor ihm lag, hatte der Hass, der jahrelang in Kevin drin saß, die Kontrolle übernommen. Er zielte dem Polizisten auf den Kopf und legte den Finger um den Abzug.


    Doch Ben wehrte sich. Eigentlich hatte er vorgehabt, Kevin anzusprechen... egal, was passiert war, aber irgendwie musste er ihn von seinem Vorhaben abbringen. Wollte ihn ansprechen nach seinen Beweggründen. Doch er konnte nicht, er war so perplex und überfordert von der Situation. Und als sein Freund auch noch die Waffe auf ihn richtete, setzte der Selbstschutzreflex ein. Mit einem Fußtritt unter die Hand entwaffnete Ben Kevin, und die Knarre flog in ungefähr die gleiche Richtung, wie Kevins Waffe. Der wollte sich dann auf seinen Kontrahenten stürzen, was dieser wiederrum mit dem Knie abwehrte und beide Männer rollten für einen Moment gegenseitig über den Boden, bis beide sich nochmal erhoben und sich gegenüber standen.
    "Kevin, hör auf mit der Scheisse! Erkennst du mich nicht?", schrie Ben beinahe verzweifelt. Er kannte diesen Mann nicht, der ihm gegenüber stand... Kevins Augen strahlten puren Hass aus, so hatte er seinen Freund nur einmal gesehen... als er Peter Becker gegenüber stand, dem Mörder seiner Schwester und die Waffe auf ihn richtete. In Kevins Kopf drehte sich alles... spielte der Typ auf frühe Zeiten an? Als sie gemeinsam Musik machten, was Patrick ihm erzählte und woran er sich noch erinnern konnte?


    Die Vernunft war in Kevins Kopf ausgeschaltet, und er griff sein Gegenüber an. Einem Faustschlag konnte Ben ausweichen, dem Knie gegen die Rippen nicht, doch der Polizist hielt einiges aus... dafür hatte er zuviele Schlägereien mit Verbrechern erlebt. Er konterte seinerseits mit Schlag in Kevins Magen, und stieß ihn von sich weg. Der Polizist merkte, dass es ihm im Kopf wesentlich schwerer fiel, zuzuschlagen, als Kevin. Ihm schien diese moralische Komponente, gerade einen Freund zu schlagen, völlig abhanden zu sein. Spätestens jetzt spürte Ben, dass Kevin ihn nicht erkannte... oder schlicht nicht als der Typ, der er war. "Hör auf damit! Das bist nicht du! Du bist..." Polizist wollte er sagen, und damit einen vielleicht entscheidenden Hinweis für Kevin geben, doch der schnitt ihm mit einem schnellen Tritt auf den Oberkörper die Luft ab.
    Ben fiel durch den brutalen Tritt nach hinten zu Boden, wo er auch noch mit dem Kopf aufschlug, was ihn für kurze Zeit benommen machte. Kevins Herz pumpte rasend schnell, wie gestern abend während seines Traums, als er Ben das Knie auf die Brust setzte und den Polizisten am Hals griff und zudrückte. "Du hast meine Schwester getötet, du Bastard!!", zischte er, während Ben begann zu würgen, als er spürte dass er keine Luft mehr bekam. Sein Körper begann zu beben, er krallte seine Fingernägel in Kevins Unterarm, um den Griff zu lösen, doch sein Freund entwickelte in der Wut eine unbändige Kraft.


    Das konnte nicht sein... es konnte einfach nicht sein. Das waren die letzten Gedanken, die Ben durch den Kopf gingen, bevor um ihn herum alles schwarz wurde. Was war nur mit Kevin geschehen... was war nur passiert? Sein Zappeln wurde langsamer als der Polizist die Augen verdrehte und sein Körper erschlaffte. Kevin sah dem Mann ins Gesicht, als plötzlich Bilder seinen Kopf durchzuckten. Bilder von dem Typ mit der Wuschelfrisur, wie er Kevin mit einem Bier zuprostete... wie er, mit gleichem verzerrtem Gesichtsausdruck, in einem zerstörten Auto saß und Kevin bei ihm war und seine Hand hielt. Blitzartig öffneten sich die Hände um Bens Hals und Kevin wich von dem leblosen Körper zurück. Für einen Moment starrte er, völlig entgeistert, auf Ben herab und in seinem Kopf herrschte plötzlich Chaos... ein paar Gedanken, nur ein paar Gefühlsregungen die er beim Anblick des Mannes hatte, lösten keinen Hass aus, sondern ein positives Gefühl. Er konnte es sich nicht erklären... waren das postive Gefühle von damals, als er noch dachte, es sei sein Freund? Aber in der Jugend hatte er keinen Autounfall miterlebt.
    Kevins Kopf begann plötzlich wieder zu schmerzen, zu brennen und er fasste sich mit den Händen an eben diesen. "Scheisse... scheisse...", murmelte er, als er plötzlich keinerlei Genugtuungsgefühl hatte, einen der Schuldigen für Janines Mord umgebracht zu haben. Er geriet in Panik, nahm die Waffe vom Boden auf und begann zu laufen, bis sich ihm Timo im zweiten Parkdeck mit gezückter Waffe entgegenstellte...

    Köln - 6:30 Uhr


    Normalerweise war es ein langanhaltender Weckton, der Semir aus den schönsten Schlummerträumen riss. Diesmal war es der Benachrichtigungston seines Handys, und er riss Semir auch nicht aus irgendwelchen Träumen... der erfahrene Polizist lag seit mindestens anderthalb Stunden wach, wälzte sich herum und dachte nach. Über die Theorien, die er gestern zusammen mit Ben aufgestellt hatte, und darüber, welche am wahrscheinlichsten war. Doch jede der Gedanken enthielt unbekannte Fragen, Fragen auf die sie keine Antwort hatten und Wahrscheinlichkeiten, die für beide Polizisten schwer vorstellbar waren. Und immer wieder ein Name: Kevin. Was hatte er damit zu tun? Wie hing er drin? Und auf welcher Seite stand er?
    Semir würde niemals an einem Freund zweifeln. Würde er hören, dass Ben eine Bank überfallen hatte, würde er das sofort bestreiten und er würde er ein Video davon sehen, wäre er überzeugt dass Ben einen guten Grund dazu hatte. Das Gleiche hätte für Tom gegolten, das gleiche galt für André. Und obwohl er sehr gut mit Kevin befreundet war... diese Art des sicheren Vertrauens in das Gerechtigkeitsgefühl und moralische Festigkeit, dass er bei all seinen Partnern hatte, konnte er bei Kevin nicht aufbringen. Sei es wegen seiner Vergangenheit, seiner Art oder seiner "Herkunft" von der Straße...


    Es fiel Semir einfach schwer zu 100% zu sagen: "Kevin tut sowas nicht... und wenn, gibt es einen plausiblen Grund." Hatte er wirklich Jenny entführt? Wofür? Rache an ihnen nehmen, weil sie ihn in Kolumbien gelassen hatten? Es war so schwer vorstellbar. Und genau diese Gedanken ließen ihn nicht mehr schlafen, nachdem die hartnäckigste Müdigkeit durch 3 Stunden Schlaf besiegt war. Nun gab sein Handy Töne von sich, die auf eine Nachricht hindeuteten. Da Semir sowieso wach war, drehte er sich zum Nachttisch und nahm sein Smartphone in die Hand. Als er den Absender sah, saß er senkrecht im Bett. Nur wenige Sekunden nachdem er die Nachricht gelesen hatte, war er bereits auf dem Weg ins Badezimmer, mit den Fingern schnell Ben's Nummer wählend.
    "Wasn... wir haben gesagt, wir treffen uns um 8...", murmelte ein verschlafener Ben durch den Hörer. "Ich hab eine Nachricht von Jennys Handy bekommen.", sagte Semir aufgeregt, aber leise, um Andrea oder die Kinder im Kinderzimmer nicht zu wecken. "Von Jenny?" "Nein! Von ihrem Handy. Pass auf: 'Polizistinnenübergabe, 12 Uhr, Parkhaus Hauptbahnhof Hamburg. Ben kommt allein auf Deck 4.'" "Was? Warum wollen die uns Jenny jetzt einfach zurückgeben?", fragte Ben und war mit einem Schlag hellwach. "Du, keine Ahnung. Ich habe eher das Gefühl, dass das eine Falle ist." "Ja, davon kannst du ausgehen. Sollen wir die Kavalerie benachrichtigen?" Semir dachte für einen Moment nach, als er sich gerade einen Pullover überzog. "Ich will Jenny nicht gefährden... wir gehen allein. Ich geb dir dann Schutz."


    Es dauerte nur eine halbe Stunde, und Semir parkte vor Bens Wohnung. Der verabschiedete sich mit einem Kuss von Carina, die ebenfalls gerade aufstand und von der Tür aus noch kurz Semir zuwinkte. Die junge Blondine hatte sich in das private Umfeld der Kommissare komplett eingelebt, ging hin und wieder mit Andrea shoppen oder die vier verbrachten einen Abend miteinander. Als Ben nun zu Semir ans Auto gelaufen kam, starrte er auf sein Handy. "Schreibst du Timo?", fragte Semir sofort, doch sein bester Freund schüttelte den Kopf. "Ne, Simon. Der hat heute Geburtstag." "An sowas denkst du in so einer Situation?", fragte der erfahrene Kommissar verblüfft. "Ich hab dafür so ne Erinnerungs-App, du unmoderner Mensch. Soll ich ihn von dir auch gratulieren?" Semir verzog den Mund gespielt zu einer Schnute: "Ja, mach halt."
    Als er den Wagen auf die Hauptstraße Richtung Autobahn lenkte, sah er zu seinem Partner, der das Handy immer noch in der Hand hielt. "Wir sagen Timo nichts." "Wie? Warum? Er kann uns doch helfen." Der erfahrene Polizist wog den Kopf hin und her. "Ich weiß nicht... ich... will nicht dass er sich heute in Gefahr begibt." "Aber wir müssen ihm wenigstens Bescheid sagen. Er macht sich doch auch Sorgen um Jenny. Ausserdem war er doch auch mit in den Schlachthof." "Ja... aber..." Semir seufzte: "Ich hab heute irgendwie ein schlechtes Gefühl."


    Ben ließ es sich aber nicht nehmen, Timo unterwegs anzurufen. Sie hatten ihn miteinbezogen, da fand er es unfair, ihm einfach sowas zu verschweigen, nachdem er ihnen auch geholfen hatte. Nach mehrerem Läuten nahm der junge Polizist den Hörer ab. "Hey Timo. Ähm... wir haben heute morgen eine Nachricht von Jennys Handy bekommen. Scheinbar will sich der Entführer mit uns treffen." "Wirklich? Dann... dann lebt sie auf jeden Fall noch?", war Timos erster Gedanke und seine Stimme klang aufgeregt. "Ja, denken wir. Wir sollen den Entführer im Parkhaus am Hauptbahnhof treffen... aber er will nur uns beide treffen. Verstehst du?" "Ihr wollt mich nicht dabei haben?" Timos Stimme wechselte nun von aufgeregt in enttäuscht.
    Ben presste kurz die Lippen zusammen und sah zu Boden. "Das hat mit Wollen nichts zu tun, Timo. Wir wollen einfach kein Risiko eingehen. Für dich und vor allem für Jenny. Das willst du doch auch nicht, oder?" "Nein... natürlich nicht.", murmelte es aus Bens Telefon. "Pass auf... schau dass du irgendwo unerkannt in der Nähe bist. Falls es brenzlig wird, alarmieren wir zuerst dich, okay?" Er hoffte, damit Timo doch irgendwie einbinden zu können, und er wäre sofort da, wenn man Jenny befreite. Timo sagte zu und versicherte, irgendwo unerkannt im Auto zu warten.


    "Das war gut.", meinte Semir nickend, als Ben das Gespräch beendet hatte. "Timo ist noch jung. Ich hab seine Unerfahrenheit gespürt und gestern im Kühlraum hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Da wussten wir aber noch nicht, wie gefährlich der Typ da bei Kevin ist... falls es Kevin war." Sie waren bei ihren Theorien die ganze Zeit davon ausgegangen, dass Kevin noch lebte, obwohl es dafür, bis auf Timos Sichtung, keinen Beweis gab. "Aber jetzt wissen wir es. Deswegen lassen wir ihn erstmal aus dem Schussfeld." Ben nickte dann doch zustimmend... gegen Semirs Bauchgefühl wollte er sich nicht auflehnen. Die Fahrt nach Hamburg kam beiden Polizisten elendig lange vor...

    Hamburg - 0:10 Uhr


    Patricks Herz polterte, überschlug sich... so sehr war der Mann, der bei Kevin stets besonnen und abgeklärt auftrat, in Rage. Sein wahres Gesicht, diese unbändige Wut, die sich in ihm aufgestaut hatte, trat zum Vorschein. Er trug die bewusstlose Jenny wieder nach unten ins Kellerverlies, wobei er spürte wie ihm warmes Blut aus der Nase floss. Immer noch murmelte er Flüche über die junge Frau, und die Lust ihr weh zu tun, ihr ein weiteres Trauma an zu tun, wuchs mit jeder Stufe, die er nach unten schritt. Unten angekommen ließ er die bewusstlose junge Frau unbarmherzig auf die harte Matratze fallen, wo sie bewegungslos liegen blieb. Ihr Kopf hatte während des Transportes an Patricks Schulter gelegen, wo der Verbrecher jetzt einen Blutfleck feststellte.
    Grob griff er der jungen Frau an den Hinterkopf und spürte dort etwas warmes, klebriges, was sich an seiner Hand als Blut herausstellte. Der Sturz gegen die Wand hatte wohl eine größere Verletzung zur Folge, die Patrick von dem leblos wirkenden Körper zurückweichen ließ, bevor er ihren Puls fühlte... immerhin, sie lebte noch. "Verdammter Mist...", murmelte er. Würde Jenny jetzt sterben, wäre ein Großteil seiner Rache beim Teufel. Die Lust auf seine persönliche Revanche gegen die junge Frau war verflogen...


    Ausserdem wurde er durch ein lautes Poltern wieder auf das Erdgeschoss aufmerksam. Verdammt, was war denn heute Nacht nur los. Patrick spürte, wie sein Plan langsam aus den Fugen geriet und sich immer mehr Komplikationen aufstellten. Er warf noch einen kurzen Blick auf den bewusstlosen Frauenkörper, dann eilte er wieder nach oben... nicht ohne Jenny wieder an den Wandring zu fixieren und die Tür fest zu verschließen. Schon als er im obigen Flur angekommen war, konnte er ein Schluchzen, ein Weinen vernehmen, und er fand Kevin zusammengesackt an der zugesperrten Tür zu seinem Foto-Archiv. Für einen Moment blieb er fassungslos stehen. Was tat er da? Hatte er einen Verdacht? Warum, zum Teufel, war er so aufgelöst? Die Pillen... er fantasierte.
    Patrick machte einen Schritt auf Kevin zu und wollte ihm von hinten unter die Arme greifen, um ihn wieder auf die Beine zu bringen. "Kevin... hey. Ganz ruhig! Du hast einen Alptraum. Das sind die Pillen, die du eben genommen hast. Komm, bleib ganz...", doch weiter kam er nicht. Gerade als er den jungen Polizisten wieder hochgezogen hatte, packte den auf einmal eine scheinbar unbändige Kraft. Er packte Patrick am Kragen und drückte ihn gegen die Wand, so dass dieser völlig überrascht davon, sich erstmal nicht wehren konnte.


    "Was hast du mit dem Kind gemacht?", zischte Kevin in einer fremden Stimme und wirrem Blick. Patrick sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an... atemlos und sprachlos. Woher wusste er von dem Kind? Tausend Gedanken strömten dem Verbrecher durch den Kopf. Er hatte damals bei seiner Observation mitbekommen, was passiert war. Dass Jenny das Kind verloren hatte. Und er war davon ausgegangen, dass auch Kevin von dem Kind wusste, weswegen er Jenny mit Kevins angeblichen Rachegedanken schocken konnte. Doch warum erinnerte sich der Polizist plötzlich an das Kind... und warum machte er ihn, Patrick, für den Tod des Kindes verantwortlich.
    "Kevin... was... was für ein Kind meinst du?", fragte er scheinheilig und lächelte dabei gequält. "Es ist hier... ich kann es hören!", wurde er von seinem damaligen Freund angeschrien. Jetzt sah Patrick klar... Kevin hörte in seiner Halluzination das Kind. Die Drogen riefen eine Erinnerung in seinem Unterbewusstsein hervor, die er durch den Sturz eigentlich vergessen hatte... dass Jenny ihm von dem gemeinsamen Kind erzählt hatte. Er wusste nicht, dass es tot war... aber er hörte es hier. Er wusste, dass es existiert, hatte aber keine Erinnerung daran. Nur die Drogen und sein jetziger Geisteszustand ließen ihn scheinbar dichter an den Erinnerungen sein, als er war wenn er clean war. Für Patrick war das eine Warnung... er durfte Kevin keine Drogen mehr geben.


    "Kevin, beruhig dich. Hier ist kein Kind! Du halluzinierst.", sagte er eindringlich und ruhig. Langsam fand er seine Beherrschung wieder und das Perplexe wich der Berechnung. Doch sein Gegenüber sah ihn weiter mit irrem Blick an. "Du lügst... was machst du hier mit mir?" Kevin war nicht Herr seiner Sinne, er wusste immer noch nicht ob er wachte oder träumte. Das Baby-Geräusch war verschwunden, doch noch immer stand er unter dem Eindruck des umgestürzten Kinderbettchens, der Holzklötze und der unbekannten Frau, die ihn gerade eben erstochen hatte. Auch den Kragen von Patrick, den er gewaltsam in der Hand hielt, konnte er ganz deutlich spüren, sowie Patricks Atem und seine Stimme. "Lass mich los!", sagte sie, doch sie drohte nicht.
    Patrick schaute zur Seite, als die Tür aufging und sein Freund Carsten hereinkam, der gerade von der Schicht kam. Ihm bot sich das Schauspiel, dass Kevin Patrick am Kragen hatte und gegen die Wand drückte, dabei einen drohenden wirren Blick hatte. Carstens erste Gedanken waren, dass ihr Spiel aufgeflogen sei. Der Polizist hatte sich erinnert und griff seinen Freund nun an, doch er schien den Heimgekommenen gar nicht wahr zu nehmen, gar nicht zu regestrieren.


    Patrick aber regestrierte natürlich seinen besten Freund, und bemerkte dessen Blick. Im ersten Affekt wollte Carsten zum abgesperrten und versteckten Tresor, wo er seine Waffe aufbewahrte, da er dachte, er müsse eingreifen und Kevin erledigen. Doch Patrick signalisierte mit einem Blick sofort: "Nein!" Denn er merkte, dass von Kevin keine Gefahr ausging, dessen Illusion langsam zusammen zu sacken schien, wie er selbst. Seine Beine zitterten und gaben langsam nach, sein wütender Blick wich erneut Verzweiflung, und langsam sackte er vor Patrick zu Boden, wobei er dessen Kragen losließ. Patrick selbst allerdings griff Kevin an den Handgelenken, damit dieser nicht auf den Boden aufschlug. "Los, helf mir ihn wieder auf die Couch zu legen.", sagte er zu seinem Freund, der dem zusammengebrochenen Polizisten sofort unter die Arme griff.
    "Puh... was war das, zum Teufen?", zischte Patrick leise in der Küche, als man Kevin wieder auf das Sofa verbracht hatte, wo er zitternd und leise stöhnend liegen blieb. "Die Pillen... die hat er scheinbar nicht vertragen." "Nicht vertragen? Ich dachte, der hätte sich erinnert!!" "Jaja! Beruhig dich.", herrschte Patrick seinen Freund an, musste aber zugeben, dass er sich selbst noch nicht ganz beruhigt hat. "Ich glaube, dass er im Rausch näher an seinen Erinnerungen dran ist. Wir dürfen ihm keine Drogen mehr geben. Und wir müssen jetzt aufpassen, wenn er wieder wach wird. Ich weiß nicht, ob er sich nicht doch plötzlich an etwas erinnert. Aber das müssen wir jetzt abwarten bis morgen früh."


    Carsten presste die Lippen aufeinander. "Wäre es nicht besser, die Sache jetzt zu beenden?" "Nein!", sagte Patrick sofort. Er spürte, trotz dieses Zwischenfalls, dass er nah am Ziel war. "Wir warten bis morgen früh. Der wird nicht nach diesem Trip wie ein Stehaufmännchen sofort hochspringen und uns festnehmen. Wenn er sich erinnert, haben wir immer noch die Gelegenheit. Wir müssen jetzt die Nerven behalten." Carstens Skepsis beruhigte das nicht... aber er vertraute seinem Freund.

    Schade dass es dir egal ist und du so überaus empfindlich reagierst, denn die Frage ging an dich als Autorin. Und auf die Frage bin ich gekommen, weil du andere Fehler, ähnlich wie Rechtschreibefehler, immer unter die Autorenfreiheit fasst.

    Deswegen die Frage nach dem fehlenden g an dich als Autorin. Aber wenn dir solche Fragen bzgl deiner Story "latte" sind, dann ist das halt so. Ich bin es von mir gewohnt, Fragen/Kritik zu meinen Storys oder Schreibweisen zu beantworten. Aber das hält halt jeder anders :) nichts für ungut.

    Über den Inhalt kann ich nichts sagen, aber mir ist nur in der Übersicht aufgefallen, dass sich im Titel ein Schreibfehler eingeschlichen hat und bei "Erinnerung" das g fehlt.

    Oder fällt das unter "Autorenfreiheit?" ;) dann wäre hier allerdings ein g zuviel.

    Hamburg - 23:50 Uhr


    Kevin konnte das Geräusch eines schlagenden Herzens hören, als stehe er direkt neben dem schlagenden Muskel. Es schlug langsam und gleichmäßig, als er sich auf der unbequemen Couch zur Seite drehte. Er wusste, dass er auf Trip war, er hatte die Pillen ja selbst mit Alkohol genommen, damit die Wirkung beschleunigt wird. War er wach, oder träumte er? Er hatte doch eben geträumt, er saß auf dem Dach der Lagerhalle und spürte Ruhe und Zufriedenheit... wo war dieses Gefühl jetzt hin? Der junge Polizist sah die Welt plötzlich durch eine Glocke, einen Schleier, verschwommen und alles um ihn drehte sich. Alle Geräusche um ihn waren dumpf, als schwebe er unter Wasser, als würde er ertrinken. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit, obwohl er halb verdreht auf der Couch lag, und die Augen halb geöffnet hatte.
    Lautes Poltern, Geschrei war in seinem Kopf zu hören. Was sollte dieses Geschrei? Warum dieser Krach? Er hatte doch vorhin noch so friedlich geschlafen. Und wo kam dieser Lärm überhaupt her? Er sah Schemen, er hörte eine Frau und fühlte auf einmal eine Vertrautheit in sich aufsteigen. Obwohl er niemanden erkannte, und nicht sah, was in dem Raum, in dem Kevin lag und gerade unter Drogen stand, passierte... er hatte das Gefühl, er müsse aufstehen und helfen. Jemanden beschützen. Aber er konnte nicht, er lag auf der Couch und war unfähig sich zu bewegen. Und immer noch konnte er nicht zwischen Traum und Realität unterscheiden.


    Sein Herzschlag beschleunigte sich. Dumpf und etwas schneller pumpte der Muskel das vergiftete Blut durch die Venen, hämmerte laut gegen seinen Kopf. Der Lärm im Raum verstummte, und nun zeigten die Drogen ihre Nebenwirkungen. Der schöne Traum war vorbei und Kevin unterschied nicht mehr zwischen Wachsein und Schlafen. Während die Geräusche um ihn leiser wurden, begann sich ein Rauschen in seinem Ohr zu manifestieren und die Decke über ihm, an die er jetzt starrte, begann zu schwingen. Es war, als käme die Decke nach unten zu ihm, und schwang dann wieder hoch. Schweiß brach ihm aus, er spürte ihn aus den abstehenden Haaren rinnen, spürte ihn auf seinen Armen, seiner Brust. Auf einmal kam es ihm vor, als wären seine Arme und Beine rechts und links fixiert und er lag hilflos da...
    Zu dem pochenden Herzschlag kam nun ein Poltern, ein Klopfen als würde jemand mit spitzen Schuhen auf den Holzdielen neben ihm hin und her gehen. Panisch drehte Kevin den Kopf nach links und konnte die Gestalt sehen. "Janine...", flüsterte er und wusste nicht, ob er es wirklich sagte oder nur im Traum flüsterte. Seine kleine Schwester stand neben ihm, strich ihm mit dem Finger vom Hals abwärts über seine nackte Brust bis zum Gürtel. Das musste ein Traum sein, dachte Kevin... er hatte eben noch ein Shirt an. Aber... mein Gott, er konnte den Finger genau spüren. Und genau in Janines Augen sehen, die jetzt an ihm vorbeiwanderte und ihm den Rücken zukehrte.


    Dann drehte sie sich um... und Kevin erstarrte. Sein erster Reflex war zu schreien, doch der Mund war ihm wie zugeschnürt. Sie kam zurück, doch ihr Gesicht war auf einmal leichenblass und ihr Mund war, wie ihre durchgeschnittene Kehle, blutüberströmt, trotz dass sie wie in Trance Kevin anlächelte und wieder zu seinem Kopf spazierte. Er konnte nicht wegsehen, er konnte den Kopf nicht drehen, und schreien konnte er auch nicht. Eine diabolisch klingende Stimme, die ganz nah an seinem Ohr zu sein schien, flüsterte: "Mörder... Mörder...", ohne dass Janine den Mund bewegte oder dicht an seinem Ohr war. Erst jetzt kam sie näher, ihr bluttropfender Mund beugte sich über Kevins Gesicht und drückte ihm ihre Lippen auf seine. Er konnte den eisenartigen Geschmack genau erkennen.
    Doch als sich Janine wieder erhob, hatte sich ihr Gesicht verändert und Kevin blickte in ein Frauengesicht, dass er nicht erkannte... aber genau wusste, dass er es kannte. Ihr Mund immer noch blutverschmiert, die Kehle immer noch von einem blutigen Cut durchtrennt, doch die Haare waren nun dunkelbraun statt schwarz, und es war nicht mehr das jugendliche Gesicht seiner kleinen Schwester, sondern das Gesicht einer jungen Frau. Auch sie lächelte, sie lächelte beinahe verliebt und sah Kevin an. Wieder hörte er das Flüstern... "Mörder..." er wusste, er kannte die Frau... aber er erkannte sie nicht. Das Messer, das sie plötzlich in ihren Händen hielt, blitzte und Kevins Herzschlag hatte sich mittlerweile weiter beschleunigt. Das konnte kein Traum sein... in einem Traum fühlt man keine Berührung, dachte Kevin. Doch in der Realität verändern sich keine Gesichter, und es kann niemand mit einer durchgeschnittenen Kehle ein Messer erheben. Als die, für Kevin zwar bekannte, aber nicht erkannte Frau zustach, spürte er das kalte Metall in seine Brust eindringen, und ein Stöhnen verließ die Lippen des Polizisten... jedoch konnte er keinen Schmerz verspüren.


    Mit einem Mal schien er wach zu werden, als würde er aus einem Alptraum erwachen. Er hatte das Shirt wieder an, er lag alleine auf der Couch und kein Messergriff ragte aus seiner Brust... doch sein Herzschlag spürte er immer noch. Der junge Polizist sah sich im Raum um, immer noch bewegte sich alles und es schien nichts verändert im Vergleich zu seinem Drogentrip. Doch konnte es sein, dass plötzlich alles vorbei war? Normalerweise klangen diese Symptome langsam ab, wurden schwächer und schwächer bis man wieder klar sah, anders als bei einem normalen Alptraum, bei dem man wach wurde und wusste: Alles ist wieder gut.
    Doch es war nicht alles gut, das spürte Kevin als ihn auf einmal eine sonderbare Traurigkeit befiel. Er hatte plötzlich eine Klammer um die Brust, ein beklemmendes Gefühl als sei er auf einer Beerdigung, als würde ihm gerade jemand etwas schrecklich trauriges erzählen. Mit wackeligen Beinen stand er auf und wankte durch den Raum, als er das leise Wimmern eines Babys vernehmen konnte... das, was er schon einmal im Auto hörte und eben, als der Traum noch gut war, und der Trip noch angenehm. Es war kein wildes Schreien von einem Baby, das Hunger hatte... es war eher ein verzweifeltes Weinen, das auf große Angst oder Einsamkeit schließen ließ, und es weckte in Kevin das Gefühl, ihm helfen zu müssen. Sein Herzschlag beschleunigte sich wieder...


    Er setzte langsam einen Fuß vor den anderen, er stolperte und fiel der Länge nach auf den Boden, er rappelte sich wieder auf. Das Wimmern und Weinen wurde lauter, je näher Kevin zur Tür wankte, es wurde herzzerreissender, je näher er dem Geräusch kam. Furchtbare Angst konnte Kevin in dem Weinen spüren, was in ihm selbst eine unglaubliche Traurigkeit auslösten, die er sich immer noch nicht erklären konnte. Er griff an die Klinke einer Tür, doch diese gab nicht nach, er rüttelte wild. Plötzlich verharrte der junge Polizist, sein Herzschlag hämmerte mittlerweile bedrohlich schnell. "Das ist mein Kind...", flüsterte er mit zitternder Stimme und wusste nicht, warum er es sagte. Es war einfach ein Gedanke, der ihm durch den Kopf fuhr, ohne dass er ihn denken wollte.
    Er stolperte in den Flur. "Das ist mein Kind...", sagte er erneut, fiel erneut und begann zu weinen. Die Traurigkeit übermannte den Polizisten und schluchzend rappelte er sich erneut auf, um sich in den nächsten Raum zu schleppen, in dem ein umgestürztes Gitterbettchen lag. Daneben einige Spielzeugwürfel aus Holz, auf denen verschiedene Buchstaben standen. Wie erstarrt stand Kevin vor diesen Dingen und sah zu Boden, als die Holzklötze sich langsam bewegten und in eine Reihe legten, bis die Buchstaben auf den Würfeln das Wort "Mörder" formten. Entsetzt schüttelte der Polizist den Kopf und fiel vor dem Bettchen, immer noch schluchzend, auf die Knie. "Ich... ich habe es umgebracht. Ich... ich habe mein Kind... mein Kind umgebracht..."

    Campino hat vorgeschaut:

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    Ich bewerte die Folge rein aus Nostalgie-Gründen... und auch wenn ich "Auferstehung" nach mehrmaligem Angucken 10/10 Punkten gegeben habe, hat mir diese Folge, obwohl ich ihr keine 10 Punkte geben würde, als Erinnerung besser gefallen.

    Wie kann das sein?

    Ich habe diese Folge in vielen Punkten mit Auferstehung verglichen. Auferstehung hat bei mir voll ins Kontor eingeschlagen, weil ich Keller-Fan war, und mich die Folge emotional extrem aufgewühlt hat. Und deswegen hatte es mir damals bei den ersten 2-3 Mal keinen Spaß gemacht, die Folge zu schauen, weil ich gewisse Erwartungen hatte, die nicht erfüllt wurden.

    Bei "Risiko" waren zwar weniger Emotionen dabei, dafür jedoch ein größeres Maß an Erinnerungen... zumindest prozentual, weil ja zwischen Frank und Semir weniger passiert war, als zwischen Semir und André früher.

    Was mir da zb schon besser gefallen hat, war dass Frank zum größten Teil mit offenen Karten gespielt hat, und Semir als Freund gebraucht und nicht benutzt hat. Dazu hat mir die Hintergrundstory zu Frank besser gefallen als bei André, dem ich diesen "Undercover"-Job irgendwie nicht abgenommen hatte, während bei Frank das Thema "Terrorismusbekämpfung" weitaus besser passte, da er vor Cobra 11 ja bei der GSG9 war, wie man aus dem Pilotfilm weiß.

    Die kleineren Anektoden und vor allem sauber gezeigter "Cobra-Karriereverlauf", dass er 96 aufgehört hatte (Finn und Semir hatten das erwähnt), dass er mit Semir nicht klar kam, weil Semir der Ersatz für Ingo Fischer war.... das hat mir gefallen, weil es Kennern sofort auffiel, dass das stimmig ist. Auch Franks meist distanzierter, aber auch impulsiver Charakter war noch sehr gut zu erkennen.

    Und natürlich schön, dass man Frank nicht hat sterben lassen, sondern er eine weitere Chance erhält. Schön wäre gewesen, GERADE WEIL die Endszene ähnlich der mit André in den Alpen gewesen wäre, dass es ein Flashback gegeben hätte, und Semir nicht auf gleiche Weise den zweiten, zurückgekehrten Partner verlieren wollte. Ausserdem habe ich spontan nach dem Hochziehen auf ein "Kaugummi?" von Semir gewartet, aber den Gag hätten wohl nur Hardcore-Fans verstanden :D

    Was ich auch im Vgl zu Auferstehung besser fand, bzw angenehmer war die Rolle des Partners. Paul hat Frank als ehemaligen Partner von Semir gesehen und Semirs Intuition vertraut, während Ben in "Auferstehung" beinahe schon eifersüchtig auf André war und man das in Verbindung mit Bens Streit bzgl Andrea gebracht hatte. Das fand ich damals ziemlich nervig, dass man da so ein bisschen krampfhaft einen Konflikt heraufbeschwören wollte.

    Deswegen hat mir die Folge ziemlich gut gefallen und mich auch sehr gut unterhalten.... und da sehe ich über den, zwar neuen aber wieder etwas überdrehten Fall, sowie die erneut recht platte Paul/Jenny - Story und das viele MP-Geballere hinweg.

    Großartige schauspielerische Leistung von Johannes Brandrup übrigens. Die Szene im Krankenhaus, als er eindringlich zu sich sagte: "Das Gelände war minenfrei" fand ich sehr beeindruckend.

    Die Behauptung ist falsch. Ich habe mir nirgends aus einer Szene den Ablauf der nächsten 40 Minuten zusammengereimt. Die Szene schien mit der Folge danach nicht viel gemein zu haben, war mir aber egal... ich habe mich über die Szene geärgert, und abgeschaltet.

    Und somit gibt es überhaupt keinen Zusammenhang.

    Valentina triffts ganz gut. Man hat den Charakter Jenny zurückentwickelt, von der, von Bonraths Tod geprägten Erwachsenen zurück zum pubertärenden Teenie, mit Paul als passenden Gegenstück.

    Wenn man sich die Szene unter der Dusche zwischen Alex und Jenny zurück ins Gedächtnis ruft, plus alles was an kleinen "Annäherungen" zwischen den beiden danach passiert ist und es mit gestern vergleicht... dann war das gestern schon ziemlich plump, ohne Spannung und völlig vorhersehbar, schon bei dem Satz von Dana: "Ich würde gerne mal mit Paul Streife fahren" und Jennys Gesichtsausdruck.

    Mal abgesehen, dass das schauspielerisch von beiden ziemlich mau war. Dieses "Hänseln" und "Necken" war einfach viel zu aufgesetzt. Dass Kathrin Heß das eigentlich besser kann, hat sie schon gezeigt... mehrfach. Schade, dass man einen potentiellen Nebenhandlungsstrang mit so einem Tempo ziemlich unrealistisch jeden Reiz nimmt.