Moin! Bin neu hier, aber ein alter Cobra-Hase und dachte mir, ich geb ab sofort auch mal meinen Senf dazu
Also:
Punkt 1 - als Erklärung zur Story und für die Jüngeren unter euch: es gab 1997 einen Film mit dem Titel "The Game", wo Michael Douglas ein absolutes A**** spielt, der zu seinem Geburtstag von allen Bekannten und Verwandten mehr oder weniger reingelegt wird, den Spiegel vorgezeigt bekommt, Personen aus seiner Vergangenheit wieder trifft, absurde Situationen erlebt und am Ende vom Hochhaus springt -- und durch ein Glasdach in einem Luftkissen inmitten eines Ballsaals landet --- wo seine Verwandten und Bekannten auf ihn warten und ihm HAPPY BIRTHDAY wünschen. Na, klingelt's ?
Übertragen auf die Cobra: Knop hat sich dort der Idee bedient und das Ganze auf Semir umgemünzt, Geburtstag, Vergangenheit etc. Oder warum reden Paul und Ben hier immer vom "Game" ?
Für mich keine neue Ära, einfach nur eine schon bekannte Geschichte auf die Cobra umgeschrieben, wie schon so oft, bei 380 Folgen auch kein Wunder #nohate.
Brainstorming am Story-Tisch: hey, wir brauchen jemanden aus der Cobra-Vergangenheit, wen nehmen wir denn da am besten, der noch nicht tot ist ?? Quoten sind grad nicht die besten -- sag mal, hat der Tom Beck grad was vor ? Was, der hat Tour-Pause und seine Serie is auch Ende ? Ja sauber, lass den reinschreiben, zieht dann auch nen paar Zuschauer an Sein Auftritt passte rein, keine Frage, ist aber halt pures Marketing, einen alten, sehr gut angekommenen Partner wieder zurück zu holen, vor allem im Staffelauftakt und wenn es nur für zwei Szenen ist. Punkt Ende, mehr darf man da nicht hinein interpretieren. Vielleicht noch einen Folgeauftritt in der zweiten Folge, um die PAST nochmal zu sehen, aber das wars dann auch
Punkt 2 - ich sehe es nicht ganz so eng, wenn die Cobra-Historie falsch zitiert oder eventuell auch gar nicht beachtet wird. Ich kann mir nach 350 Folgen auch nicht alles merken (also vielleicht 95 % und das meiste sind Stunts ). Ich bin schon zufrieden, wenn Gerkhan mit h geschrieben wird und nicht wie früher auch gerne mal als Gerkan, da sträuben sich mir die Haare. Wenn natürlich der junge Schauspieler Semir größer ist als der momentane Schauspieler Semir ... wirds für mich auch kritisch (geschrumpft im Dienstwagen oder was ??). Aber wenn das Casting nichts anderes abwirft ... und er hat seine Sache ja auch gut gemacht. Ja, Erdogan kann nicht alles wissen aus 23 Jahren, muss er aber auch nicht, dafür sind die Leute hinter der Kamera zuständig. Und da denke ich, dass auch ein Tozza weiß, worauf es ankommt, den kenn ich auch schon seit mindestens seit 14 Jahren von der Cobra her. Erdo ist zwar Consulting Producer, aber wie er was in welcher Form im Jahr 2002 oder 2007 gedreht hat und was das für Auswirkungen auf 2019 hat, dafür sind Angestellte bei AC verantwortlich und nicht er (und nein, auch kein Herr Joha ).
Speziell ehemalige Kameramänner, und das sind beide, Franco und Paschy, wissen halt, wie man stimmungsvolle, zur Szenerie passende Bilder einfängt, hier größtenteils im Dunkeln. Und das zeigen sie zur Genüge. Wenn dann noch Erdogan auf 120 % läuft, tröstet das über die Inhaltsfehler und (mich) störenden Sachen hinweg (wer hält seiner Mutter den Totenschein des Vaters ins Gesicht, direkt als erstes nach 26 Jahren ohne Kontakt ???).
Punkt 3 - Fazit: für mich ist diese Folge kein Meisterwerk, aber auch kein Flop. 80/20 würde ich sagen. Und ich bin Fan der ersten Stunde, seit 1996 - ich weiß, wovon ich rede .
Pro:
- Erdogans Spiel. Das ist einfach seit 23 Jahren sowas von gewachsen, man glaubt es kaum. Je oller, je doller. Die Kamera braucht nur sein (älter gewordenes) Gesicht einzufangen, er guckt gedankenversunken geradeaus oder in den Teich - und man ist als alter Cobra-Hase absolut ergriffen. So ein weiter Weg von 1996 "WIE WAR DAS NOCHMAL ? COBRA VIPER ODER WAS ????" zu jetzt 2019 Steht im Hausflur, türkisch angehauchtes Sentimental-Streichorchester aus dem Hause Reich/Messerschmidt dreht auf, Rückblende setzt ein, sein Vater stirbt, Schnitt zurück auf Erdos ergriffenes Gesicht - Kloß im Hals des Zuschauers. Steht mit Andrea, seiner Liebe seit 20 Jahren, vorm Geburtstagstisch, netter Wortwechsel, er dreht sich um, Orchester dreht auf, Mutter kommt auf ihn zu, Schnitt zurück auf sein ergriffenes Gesicht - Kloß im Hals des Zuschauers. Da verzeihe ich auch gerne mal, dass keine 12 Autos geflogen oder 2 Tanklaster explodiert sind, wenn ich solche Szenen mit einem Erdogan Atalay in Höchstform sehen darf!
- Inszenierung, wie bereits hier erwähnt, absolute Top-Leistung hinter der Kamera. Ich lobe nicht alles in den Himmel - aber man merkt die Mühe und den Enthusiasmus dahinter ohne Wenn und Aber.
Contra:
- wenn die Musik zu sehr auf die Drama-Drüse drückt, Bsp. am Ende am Grab. Da ist dann noch Zeitlupe involviert und die türkische Trümmerfrau klammert sich an ihren Sohn, den sie ja 26 Jahre lang absolut gehasst, aber jetzt ach wieder so lieb hat, weil sie ihn ja kurz vor knapp aus der Erde hat ausbuddeln müssen. Und das Ganze im Moonshine von Köln-Kalk. Nee sorry, solche Momente, exerziert bis zum Geht-nicht-mehr, die passen für mich einfach nicht zur Cobra. Kürzer ja, so in die Länge gezogen nein. Das ist zwar Drama auf hohem Niveau und das wollen Tozza und Paschmann ja auch verkaufen, aber für mich ist es bei einer Serie wie der Cobra zuviel des Guten.
- warum solch eine Geschichte mit der Mutter erst nach 23 Jahren Sendezeit ? War vorher dafür keine Zeit oder was ? Verstehe ja, dass das nicht zur Comedy-Schiene passen würde, aber man hatte doch sagen wir 300 Folgen Zeit, das IRGENDWIE reinzubauen. Alle Welt redet von Background erzählen und den Charakter formen, aber bevor wir Mama Gerkhan kennen lernen, sind erstmal zwei Brüder, drei Cousins und ein Schwippschwager aus der Familie dran ?? Ist nur eine Kleinigkeit, aber es wirkt so konstruiert, weil man ja erst frisch Pauls Eltern eingebunden hatte und nun anscheinend unbedingt einen Gegen-Part liefern wollte.
So, das war mal wieder viel Text, sorry freue mich auf Reaktionen